143/A(E) XXVIII. GP

Eingebracht am 26.03.2025
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

des Abgeordneten Mag. Harald Stefan

und weiterer Abgeordneter

betreffend Regelung bei Befangenheit von Richtern

 

Die Unparteilichkeit und Objektivität der Justiz sind Grundpfeiler eines funktionierenden Rechtsstaats. Die gegenwärtige Regelung zur Befangenheit von Richtern in Österreich weist jedoch erhebliche Mängel auf, die das Vertrauen der Bevölkerung in die Rechtsprechung nachhaltig beeinträchtigen können. Daher ist eine Reform dringend erforderlich.

 

Das Recht auf einen unabhängigen und unparteiischen Richter

 

Das Recht auf ein faires Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Richter ist ein grundlegendes Prinzip der Rechtsstaatlichkeit und wird durch Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) garantiert. Diese Bestimmung verpflichtet Österreich, sicherzustellen, dass jeder Angeklagte von einem unvoreingenommenen Richter beurteilt wird. Die aktuelle Rechtslage, die es dem Richter erlaubt, über seine eigene Befangenheit zu entscheiden, widerspricht diesem Grundsatz und gefährdet die objektive Rechtsprechung.

 

Selbstentscheidung des Richters über seine eigene Befangenheit

 

Nach der derzeitigen Gesetzeslage entscheidet in Österreich der betroffene Richter selbst über einen gegen ihn gerichteten Befangenheitsantrag. Dies stellt einen offensichtlichen Interessenkonflikt dar, da kein neutraler Dritter über die Frage der Unparteilichkeit entscheidet. „Neben Österreich dürfen in Europa nur noch in Russland die Richter selbst über sogenannte substanziierte Ablehnungsanträge entscheiden“, kritisierte Ex-Justizminister und Anwalt Dieter Böhmdorfer in einem „Krone“-Artikel vom 05.03.2024.[1] Ein transparenteres Verfahren würde mehr Objektivität gewährleisten und das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz stärken.

 

Beispiele: Zweifel an der Unparteilichkeit des Richters

 

Ein prominentes Beispiel für die Schwächen der aktuellen Regelung ist der Prozess gegen den ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz. Hier wurde der Richter Michael Radasztics für die Leitung des Verfahrens bestimmt, obwohl bereits vor Prozessbeginn Vorwürfe einer potenziellen Befangenheit gegen ihn erhoben wurden. Kritiker wiesen darauf hin, dass er in der Vergangenheit Äußerungen tätigte, die als nachteilig für Kurz interpretiert werden konnten. Trotz dieser Bedenken wurde er nicht von der Führung des Verfahrens entbunden, da er selbst über seinen eigenen Befangenheitsantrag entschied.

 

Neben dem Fall Kurz gibt es weitere Fälle, in denen die Befangenheitsregelung problematisch war - einer davon der Buwog-Prozess (Karl-Heinz Grasser): Hier wurden immer wieder Vorwürfe der Parteilichkeit gegen einzelne Justizvertreter laut. Die Befangenheitsregelung führte dazu, dass Unklarheiten erst sehr spät im Verfahren thematisiert wurden, wodurch der gesamte Prozess in der öffentlichen Wahrnehmung infrage gestellt wurde.

 

Reformvorschläge zur Verbesserung der Befangenheitsregelung

 

Um die Objektivität der Justiz zu gewährleisten, sind folgende Änderungen an der Befangenheitsregelung erforderlich:

 

Vor diesem Hintergrund ist eine Reform der Befangenheitsregelung notwendig, um die Glaubwürdigkeit der Justiz zu bewahren und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Unparteilichkeit der Rechtsprechung zu stärken. Die derzeitige Praxis birgt erhebliche Risiken für den Rechtsstaat und erfordert eine rasche gesetzliche Anpassung.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert dem Nationalrat eine Regierungsvorlage, die folgende Punkte für eine Neuregelung der Befangenheitsregel für Richter beinhaltet

zuzuleiten.“

 

 

In formeller Hinsicht wird ersucht, diesen Antrag dem Justizausschuss zuzuweisen.



[1]   https://www.krone.at/3278608