148/A(E) XXVIII. GP
Eingebracht am 26.03.2025
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Parlamentarische Materialien
der Abgeordneten Süleyman Zorba, Freundinnen und Freunde
betreffend Ausweg aus der digitalen Abhängigkeit in der Verwaltung - Digitale Souveränität jetzt
BEGRÜNDUNG
Jährlich fließen beträchtliche Lizenzzahlungen in Milliardenhöhe an Technologieunternehmen außerhalb der EU für proprietäre Systeme, auf deren Gestaltung europäische Akteure nur begrenzten Einfluss haben. Nationale und europäische Regulierungen stoßen dabei oft an ihre Grenzen. In einem Marktumfeld, das von wenigen großen Tech-Konzernen dominiert wird, fällt es europäischen und österreichischen Unternehmen zunehmend schwer, wettbewerbsfähig zu bleiben.
Neben dieser wirtschaftlichen Abhängigkeit treten auch politische Herausforderungen zutage. Diskussionen über mögliche Handelskonflikte und das Verhalten globaler Technologiekonzerne gegenüber politischem Druck werfen Fragen nach der Resilienz und Souveränität Europas im digitalen Raum auf. Diese Entwicklungen betreffen nicht nur wirtschaftliche Aspekte, sondern auch die Fähigkeit Europas, eigene digitale Rahmenbedingungen zu gestalten.
Bereits in der vergangenen Legislaturperiode wurde dieses Problem erkannt. Im Juli 2023 wurde im Nationalrat einstimmig eine Entschließung betreffend Stärkung der digitalen Souveränität durch flexibleren und vermehrten Einsatz von Open-Source-Produkten[1] gefasst. In der Roadmap Digitale Dekade[2] aus dem November 2023 wurde Open Source Software (OSS) als strategisches Instrument hervorgehoben. Darin heißt es: „Eine strategische Leitlinie in Österreich ist die Unterstützung des Einsatzes von Open Source Software, da dies zur Sicherung der digitalen Souveränität Österreich und der Union […] einen wesentlichen Beitrag liefern kann.“ Open Source bietet laut dem „Nationalen strategischen Fahrplan für die Digitale Dekade Österreich“[3] entscheidende Vorteile: Es ermöglicht technologische Weiterentwicklungen innerhalb der EU und stärkt gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft.
Die Vorteile von Open Source liegen auf der Hand: Es reduziert nicht nur die technische Abhängigkeit und beendet milliardenschwere Lizenzzahlungen an außereuropäische Konzerne, sondern bietet auch höhere Sicherheitsstandards und schafft wichtige Impulse für die europäische Wirtschaft. Für Österreich und Europa ist das eine klare Win-Win-Situation.
Um diese Potenziale zu nutzen, wurden bereits 2022 erste Schritte unternommen. In den Ministerien wurden Chief Digital Officers (CDOs) eingesetzt, und 2024 erarbeitete eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe „Open Source Software“ einen umfassenden Leitfaden für den Einsatz von OSS in der Bundesverwaltung, der im Februar 2025 veröffentlicht wurde[4]. Dieser beleuchtet sowohl den Software-Auswahlprozess als auch rechtliche Fragestellungen. Die Vorarbeiten für eine breite Nutzung von Open Source in der Verwaltung sind somit bereits abgeschlossen.
Trotz dieser Fortschritte bleibt das aktuelle Regierungsprogramm enttäuschend vage. Zwar finden sich darin Absichtserklärungen wie „Verstärktes Setzen auf Open-Source-Software in Abstimmung mit europäischen Partnern“ oder „Berücksichtigung des Faktors digitale (europäische) Souveränität bei Beschaffungen des Bundes“. Doch konkrete Maßnahmen fehlen völlig. Stattdessen wird auf allgemeine Formulierungen wie „Bewusstseinsbildung zum Thema ‚Digitale Souveränität‘“ verwiesen.
Die Bewusstseinsbildung ist längst erfolgt, ebenso wie die Vorarbeiten zur Umsetzung. Angesichts der aktuellen Herausforderungen – von milliardenschweren Lizenzzahlungen über geopolitische Spannungen bis hin zu einem möglichen Handelskrieg – ist es jetzt dringend an der Zeit, ins Handeln zu kommen. Österreich und Europa müssen ihre digitale Souveränität aktiv vorantreiben, um wirtschaftliche und politische Unabhängigkeit sicherzustellen. Open Source Software bietet dafür eine klare und umsetzbare Lösung – doch ohne konkrete Maßnahmen bleibt das Potenzial ungenutzt.
Schließlich zahlen österreichische und europäische Angebote von Soft- und Hardware auch wieder in den österreichischen und europäischen Haushalt ein und sind somit auch aus Budgetsicht dem laufenden Kapitalabfluss an außereuropäische Konzerne klar vorzuziehen.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert,
- einen konkreten Zeitplan zur Umsetzung der umfassenden digitalen Souveränität der österreichischen Verwaltung - von Software, Hardware über Cloud-Dienste bis hin zu Open Source Plattformen - zu erarbeiten und dem Nationalrat vorzulegen,
- strukturelle und finanzielle Rahmenbedingungen zu schaffen, die es ermöglichen, gezielt die österreichische und europäische Entwicklung von Software, Hardware, Cloud-Diensten und Plattformen voran zu treiben
- Fördermittel für Forschung und Entwicklung im Bereich Open-Source-Software bereitzustellen und
- Förderprogramme für Open-Source zu entwickeln, die insbesondere auf EPU, KMU sowie Start-ups abzielen.“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Digitalisierung vorgeschlagen.
[1] Entschließung 334/E XXVII. GP, https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/E/334/fnameorig_1575666.html
[2] https://www.digitalaustria.gv.at/dam/jcr:54ca89e7-20fb-4cf0-9146-a707cf1bc522/DAA%20Digitale%20Dekade%20EU%202023-28112023.pdf
[3] https://www.digitalaustria.gv.at/dam/jcr:7cddce48-17be-4c53-afdd-2ddb6207bd9a/BMF%20Nationaler%20Fahrplan%202023-final-28112023-fast%20barrierefrei.pdf
[4] https://www.digitalaustria.gv.at/dam/jcr:4bd78022-4427-4c18-92a3-b310836ea141/DA%20OpenSource%20Software-barrierefrei-Standard.pdf