151/A(E) XXVIII. GP

Eingebracht am 26.03.2025
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Parlamentarische Materialien

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Olga Voglauer, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Transparenz über Pestizid-Anwendungen dringend notwendig

 

 

BEGRÜNDUNG

 

 

Trotz der hohen Relevanz für Umwelt und Gesundheit wissen wir in Österreich nichts darüber, wo in welchem Ausmaß welche Pestizide eingesetzt werden. Die bestehende Statistik zu Inverkehrbringungsmengen wird nur auf Wirkstoffgruppen aggregiert veröffentlicht, enthält nur kg-Mengen ohne jegliche Berücksichtigung der Gefährlichkeit der Wirkstoffe, und ist nicht regional auswertbar.

 

Zur Anwendung gibt es in Österreich überhaupt keine zeitnah erfassten Daten, denn: Die Anwender:innen sind zwar (basierend auf EU-Recht, umgesetzt in Landesgesetzen) zu Aufzeichnungen aller Anwendungen verpflichtet. Diese müssen jedoch nicht automatisch an die Behörde übermittelt, sondern nur auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden.

 

Das kritisierte auch der Rechnungshof in seinem Bericht „Pestizidanwendung in der Landwirtschaft“ vom Juli 2024. Er empfiehlt darin sowohl dem Bund als auch dem (als einzigem Bundesland geprüften) Burgenland, sich für die zentrale Sammlung und Auswertung von Daten zur Pestizidanwendung, bzw. für eine bundesweite Ausarbeitung von Formvorgaben für die Anwendungsaufzeichnungen z.B. in einer webbasierten Lösung einzusetzen. Der Rechnungshof weist auch auf die Notwendigkeit einer zeitnahen Veröffentlichung der Daten im Sinne des Gesundheitsschutzes hin.

 

Die EU hat in der „Farm to Fork“-Strategie auch das Ziel ausgegeben, den Einsatz und die Gefährlichkeit von Pestiziden zu halbieren, sowie den Einsatz besonders gefährlicher Pestizide zu halbieren. Das ist aufgrund der stetig besorgniserregenderen Erkenntnisse über die weite Verbreitung von Pestiziden und den massiven Umwelt- und Gesundheitsschäden[1], die Pestizide und ihre Metaboliten (Stoffe, in die sie sich in der Umwelt zersetzen) anrichten, auch dringend notwendig.

Aufgrund der nicht vorhandenen Anwendungsdaten in Österreich kann jedoch nicht einmal nachvollzogen werden, ob und wie stark sich der Gebrauch von Pestiziden verringert.

 

Im Hinblick auf die nächste EU-rechtlich notwendige Erhebung von Pestizid-Anwendungsdaten (für die Jahre 2025-2027) konnte zwar in der zugrundeliegenden Verordnung festgehalten werden, dass die Kulturartenliste über die EU-rechtlich vorgeschriebenen hinausgeht, dass die Daten je Wirkstoff veröffentlicht werden, und dass auch der Behandlungsindex je Kultur veröffentlicht wird (welcher die Gefährlichkeit der einzelnen Substanzen berücksichtigt). Außerdem sind ab dem Jahr 2026 EU-rechtlich die Aufzeichnungen zu Pestizidanwendungen im maschinenlesbaren Format vorgeschrieben, und ab 2028 sind jährlich Statistiken in deutlich höherem Ausmaß an die EU zu übermitteln.

 

Dennoch sind weiterhin keine Pläne bekannt für die Einführung einer Pestizid-Anwendungsdatenbank, trotz der klaren Empfehlung des Rechnungshofs und obwohl das zuständige BML und die zuständigen Bundesländer bereits ein Lastenheft für die Ausschreibung einer Pestizid-Anwendungsdatenbank erarbeitet haben (Projekt PSMDOK).

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft, wird aufgefordert, bis Dezember 2025 gemeinsam mit den Bundesländern eine Pestizid-Anwendungsdatenbank einzurichten, in die alle beruflichen Verwender:innen sämtliche Pestizid-Anwendungen zeitnah verpflichtend einzutragen haben.

 

Diese Pestizid-Anwendungsdatenbank soll insbesondere folgende Merkmale erfüllen:

 

-       Schnittstelle zu den gängigen Agrarmanagementsystemen zur Vermeidung doppelter Aufzeichnungen

-       Öffentlicher Zugang zu aktuellen anonymisierten Daten, mit Auswertungsmöglichkeiten

o   nach Region (Bezirk, Bundesland),

o   nach Kultur,

o   nach Datentyp (jedenfalls Angabe der Wirkstoffmengen, Behandlungsflächen, Behandlungsindex, Behandlungshäufigkeit, Wirkstoffranking je Kultur)

o   nach Bewirtschaftungsform (Unterscheidung bio und konventionell)

o   nach Wirkstoffen (sowohl Darstellung einzeln für jeden Wirkstoff, als auch Gruppierung nach Wirkstoffgruppen und Wirkstoffbereichen)

o   nach Gefährlichkeit (z.B. Substitutionskandidaten)“

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft vorgeschlagen.



[1] Siehe z.B.: Höhere Schädlichkeit von Pestiziden für Insekten als bisher angenommen - https://www.science.org/doi/10.1126/science.ado0251, langfristige Auswirkungen von Glyphosat auf Gehirn und mögliche Zusammenhänge mit neurodegenerativen Krankheiten - https://jneuroinflammation.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12974-024-03290-6, Negative Auswirkungen von Pestiziden auf Nicht-Ziel-Organismen - https://www.nature.com/articles/s41467-025-56732-x, Verbreitung von Pestiziden in der Luft - https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0048969722031096?via%3Dihub