157/A(E) XXVIII. GP
Eingebracht am 26.03.2025
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Parlamentarische Materialien
der Abgeordneten Meri Disoski, Freundinnen und Freunde
betreffend Syrien braucht einen inklusiven politischen Übergang unter Einbindung aller ethnischen und religiösen Gruppen und Minderheiten
BEGRÜNDUNG
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Die derzeitige Regierung in Syrien – unter der Führung Ahmed al-Scharaa, von der islamistischen „Allianz zur Befreiung der Levante“, Haiat Tahrir al-Scham (HTS), ist seit fast 100 Tagen an der Macht. Der von den Vereinten Nationen geforderte politische Übergangsprozess lässt bislang auf sich warten. Die wirtschaftliche Situation ist miserabel, die Sicherheitslage fragil.
Über drei Monate nach dem Sturz von Al-Assad erreichten uns am 9. März 2025 Berichte über Gewaltausschreitungen und schwere Massaker an Minderheiten. Es kam zu den bisher heftigsten Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Anhängern des gestürzten Machthabers Baschar al-Assad im Westen des Landes. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden über 1.300 Menschen, darunter etwa 830 Zivilpersonen, getötet. Die meisten davon waren Angehörige der religiösen Minderheit der Alawiten. UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk sprach von Tötungen ganzer Familien mit Frauen und Kindern. Bei Dschihadist:innen, die der sunnitischen Glaubensrichtung angehören, werden Alawit:innen, die vom schiitischen Islam abstammen, nicht selten als „Abtrünnige“ angesehen. Die Sunnit:innen sind mit einem Bevölkerungsanteil von circa 70 Prozent die Mehrheit in Syrien. Assad und seine Familie sind Teil der alawitischen Gemeinschaft und Alawit:innen hatten über fünf Jahrzehnte überproportional viele wichtige Posten in Militär und Regierung in der brutalen Diktatur inne.
Seit dem Sturz von Assad hatte das kurdische Militärbündnis SDF in Nord- und Ostsyrien einen Teil des selbstverwalteten kurdischen Territoriums an protürkische SNA-Milizen verloren. Das türkische Militär griff regelmäßig kurdische Dörfer und zivile Infrastruktur wie den Tishrin-Staudamm an.
Wenige Tage nach dem Gewaltausbruch haben jedoch der syrische Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa und der Oberkommandierende der Syrischen Demokratischen Kräfte, Mazlum Abdi, ein Abkommen zwischen der Übergangsregierung mit den Kurd:innen im Nordosten Syriens unterzeichnet. Dieses umfasst einen Waffenstillstand, eine Integration von Nord- und Ostsyrien in den Staat, die Rückkehr von Vertriebenen, die politische Teilhabe und die gemeinsame Unterstützung gegen die Reste des alten Assad-Regimes. Bilder von zurückkehrenden Kurdinnen und Kurden in Afrin und großen Newroz-Feiern in Damaskus oder Aleppo zeigen zumindest in diesem Bereich eine deutliche Verbesserung der Lage. Es wird weiter sehr genau zu beobachten sein, wie sich die Situation und das Vorgehen der Türkei hier entwickelt.
Es braucht Druck seitens der internationalen Gemeinschaft auf Syriens Übergangsregierung, um einen nachhaltigen und inklusiven Übergangsprozess einzuleiten, aber auch auf die Kräfte, die von außen darauf einwirken, Syrien instabil zu halten.
Um die Verantwortlichen für das furchtbare Massaker an den Minderheiten Syriens so schnell wie möglich zur Rechenschaft ziehen zu können, wäre die Schaffung einer unabhängigen UN-Untersuchungskommission ein erster wichtiger Schritt. Diese soll ihre Arbeit in Syrien ehestmöglich beginnen können. Die begangenen Verbrechen müssen vor Ort dokumentiert, die Täter für ihre Verbrechen und schwere Menschenrechtsverletzungen vor Gericht gestellt werden.
Österreich kann und soll sich hier auf allen Ebenen engagieren, um die Syrerinnen und Syrer nach einer so langen Zeit unter Assads Schreckensherrschaft auf dem Weg zu einem möglichst friedlichen und demokratischen Zusammenleben zu unterstützen. |
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Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten, wird aufgefordert,
- sich auf europäischer und internationaler Ebene für die Schaffung einer unabhängigen Kommission, eingesetzt von den Vereinten Nationen, zur Untersuchung und Dokumentation des Massakers an Minderheiten im März 2025 einzusetzen;
- innerhalb der Europäischen Union und der Vereinten Nationen diplomatische Bemühungen vorantreiben, um demokratische Bestrebungen in Syrien zu unterstützen und einen inklusiven politischen Übergang unter Einbeziehung aller ethnischen und religiösen Gruppen und Minderheiten zu bewerkstelligen;
- weitere schrittweise Sanktionsaussetzungen in Aussicht zu stellen, mit klaren Bedingungen für die Übergangsregierung – wie die Achtung der internationalen Menschenrechtsnormen und des humanitären Völkerrechts sowie Gewährleistung von Sicherheit für alle Syrerinnen und Syrer;
- den Aufbau einer Übergangsjustiz zur Aufarbeitung der Assad-Verbrechen zu unterstützen;
- sich auf europäischer Ebene dafür auszusprechen, dass Syrien nicht auf die Liste sicherer Drittstaaten gesetzt wird, solange das Land keine Sicherheit für seine Zivilbevölkerung garantieren kann;
- weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der humanitären Situation zu leisten, einerseits über den Auslandskatastrophenfonds als auch über die Austrian Development Agency.“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Außenpolitischen Ausschuss vorgeschlagen.