171/A(E) XXVIII. GP
Eingebracht am 27.03.2025
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Parlamentarische Materialien
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Sigrid Maurer, Ralph Schallmeiner, Freundinnen und Freunde
betreffend Rechtsanspruch 11./12. Schuljahr auch im inklusiven Setting und mit Nachmittagsbetreuung
BEGRÜNDUNG
Für viele Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf endet die Schulzeit nach neun oder zehn Jahren – unabhängig davon, ob sie die für ein möglichst selbstständiges Leben notwendigen Kompetenzen ausreichend erwerben konnten. Gerade diese jungen Menschen brauchen häufig mehr Zeit und individuelle Förderung, um ihre Potenziale bestmöglich zu entfalten und Perspektiven für ihre Zukunft zu entwickeln.
Ein zusätzlicher Rechtsanspruch auf ein 11. und 12. Schuljahr eröffnet den Jugendlichen die Möglichkeit, länger in einem geschützten schulischen Rahmen begleitet zu werden. Diese Zeit kann genutzt werden, um ihre Fähigkeiten zu stärken, berufliche Orientierung zu finden und den Übergang in Ausbildung oder Beschäftigung bestmöglich vorzubereiten.
Tatsächlich war das Thema eines 11. und 12. Schuljahres für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in der Vergangenheit bereits mehrfach Gegenstand von Diskussionen. Es zeigte sich allerdings, dass es vor allem in Wien wiederholt zu Ablehnungen von Anträgen auf Verlängerung der Schulzeit gekommen ist – während in anderen Bundesländern deutlich großzügiger entschieden wurde. Dieses Ungleichgewicht sorgt nicht nur für große Unsicherheit bei den Betroffenen und ihren Familien, sondern ist auch ein klares Zeichen dafür, dass es verbindliche gesetzliche Regelungen braucht.
Menschen mit Behinderungen und ihre Familien dürfen nicht länger in die Rolle von Bittstellerinnen und Bittstellern gedrängt werden, wenn es um ihr Recht auf Bildung und Teilhabe geht. Ein Rechtsanspruch auf ein 11. und 12. Schuljahr bedeutet, dass diese Entscheidung nicht länger vom Goodwill einzelner Behörden oder Schulen abhängt. Es schafft Rechtssicherheit und die Möglichkeit, selbstbestimmt und planbar den eigenen Bildungsweg zu gestalten.
Diese Jugendlichen haben oft aufgrund der Behinderung höheren Unterstützungsbedarf, der nicht um 12 Uhr Mittag endet. Deshalb ist es umso wichtiger, dass für Jugendliche im 11. und 12. Schuljahr auch ein ganztägiges Angebot mit geeigneter Nachmittagsbetreuung zur Verfügung steht. Nur so wird ein 11. und 12. Schuljahr in der Praxis überhaupt möglich. Und betreuende Angehörige werden damit entlastet und ihre Berufstätigkeit überhaupt denkbar.
Besonders wichtig ist dabei, dass diese zusätzlichen Schuljahre der UN-Behindertenrechtskonvention entsprechend auch im inklusiven Setting absolviert werden können. Denn gelebte Inklusion bedeutet, dass Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung oder sonderpädagogischen Förderbedarf gemeinsam lernen und voneinander profitieren. Ein inklusives Umfeld fördert soziale Kompetenzen und baut Barrieren in den Köpfen ab – auf beiden Seiten.
Um das 11. und 12. Schuljahr sinnvoll zu nutzen, braucht es einen modular aufgebauten Lehrplan, der die notwendige Flexibilität bietet, um gezielt auf die individuellen Bedürfnisse, Interessen und Lebenssituationen der Jugendlichen eingehen zu können. So werden nicht nur schulische Kompetenzen, sondern auch wichtige lebenspraktische Fähigkeiten gestärkt.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Bildung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf für einen Rechtsanspruch auf ein 11. und 12. Schuljahr für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf vorzulegen. Dabei ist sicherzustellen, dass diese zusätzlichen Schuljahre der UN-Behindertenrechtskonvention entsprechend auch im inklusiven Setting absolviert werden können und ein ganztägiges Angebot mit geeigneter Nachmittagsbetreuung zur Verfügung steht. Zudem soll ein passender modular aufgebauter Lehrplan ausgearbeitet werden, der eine individuelle Anpassung an die jeweiligen Bedürfnisse und Lebenssituation der Jugendlichen ermöglicht.“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Bildungsausschuss vorgeschlagen.