250/A(E) XXVIII. GP
Eingebracht am 25.04.2025
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Parlamentarische Materialien
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Leonore Gewessler, Freundinnen und Freunde
betreffend dauerhafte Entschuldungsmöglichkeit innerhalb von drei Jahren für überschuldete Verbraucher:innen
BEGRÜNDUNG
Im Jahr 2021 wurde mit dem Restrukturierungs- und Insolvenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (RIRUG) eine bedeutende Reform der österreichischen Insolvenzordnung umgesetzt. Eine der zentralen Neuerungen war die Einführung einer verkürzten Entschuldungsdauer von drei Jahren (Abschöpfungsverfahren mit Tilgungsplan), die sowohl für Unternehmer:innen als auch für Verbraucher:innen gilt. Diese Maßnahme entsprach den Empfehlungen der EU-Richtlinie (EU) 2019/1023, die eine Gleichbehandlung aller Schuldner:innengruppen vorsieht.
Allerdings ist die Anwendung dieser 3-jährigen Entschuldungsmöglichkeit für Verbraucher:innen derzeit bis zum 16. Juli 2026 befristet. Wenn der Gesetzgeber nicht rasch handelt, wird danach für diese Gruppe wieder die längere Entschuldungsdauer von fünf Jahren gelten. Diese Befristung wurde ursprünglich mit der Notwendigkeit begründet, die wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie rasch zu bewältigen, zum damaligen Zeitpunkt konnte zurecht von einer Entspannung der Lage nach fünf Jahren ausgegangen werden. Im Licht der fortgesetzten multiplen Krisen, ist ein Auslaufen der Regelung und somit eine erneute Verschärfung für betroffene Privatpersonen nicht zu rechtfertigen.
Die Dringlichkeit dieses Antrags bestätigt sich auch durch die aktuellen Zahlen: So nahmen 2023 21.645 Menschen Kontakt mit den Schuldenberatungen auf, ein Anstieg um 17% im Vergleich zum Vorjahr und so viele wie seit 12 Jahren nicht mehr. Insgesamt haben 60.539 Menschen Hilfe der Schuldenberatungen angenommen. Neben dem Hauptgrund für Überschuldung, der Arbeitslosigkeit oder Einkommensverschlechterung (32%), ist insbesondere der Anstieg des Überschuldungsgrundes „Lebenshaltungs- und Wohnkosten“ (von 5% auf 12% binnen eines Jahres) dramatisch[1]. Seit 2021 steigen die Insolvenzen, auch auf Grund der steigenden Lebenshaltungskosten an. Im Jahr 2023 gab es 8.857 eröffnete Privatkonkurse, ein Anstieg um 8% gegenüber 2022[2].
Die Entschuldungsmöglichkeit innerhalb von 3 Jahren bedeutet eine echte zweite Chance für Betroffene. Eine Ungleichbehandlung zwischen Unternehmer:innen und Privatpersonen ist sachlich nicht zu rechtfertigen: Bürgen zum Beispiel Partner:innen privat für Kredite des Unternehmens des/der anderen Partner:in, kann sich das Unternehmen binnen drei Jahren entschulden, mithaftende Partner:innen aber erst in fünf Jahren, obwohl sie in den meisten Fällen am Konkurs komplett unschuldig und unbeteiligt sind.
Der Gesetzgeber ist daher gefordert, die Befristung der 3-jährigen Entschuldungsmöglichkeit für Verbraucher:innen aufzuheben und die Regelung dauerhaft beizubehalten. Eine Rückkehr zur längeren Entschuldungsdauer würde nicht nur eine Ungleichbehandlung zwischen Unternehmerinnen und Verbraucherinnen darstellen, sondern auch die soziale und wirtschaftliche Integration überschuldeter Personen verschlechtern.
Ein funktionierendes Insolvenzsystem muss sich an Gerechtigkeit, Effektivität und ökonomischer Vernunft orientieren. Die 3-jährige Entschuldung für alle Schuldner:innen ist ein wichtiger Bestandteil davon und darf nicht wieder zur Ausnahme werden.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz sowie die Bundesministerin für Justiz, wird ersucht, dem Nationalrat zeitnah, jedenfalls binnen eines angemessenen Zeitraums vor Ablauf der aktuellen Befristung einen Vorschlag zur Änderung der Insolvenzordnung vorzulegen, mit dem sichergestellt wird, dass die Möglichkeit der Entschuldung im Abschöpfungsverfahren mit Tilgungsplan innerhalb von drei Jahren auch für Verbraucher:innen dauerhaft und ohne Lücke erhalten bleibt. Die derzeitige Befristung ist aufzuheben.“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Konsumentenschutz vorgeschlagen.