270/A XXVIII. GP
Eingebracht am 13.05.2025
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ANTRAG
gem. §75 Abs. 1 GOG-NR
des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA
und weiterer Abgeordneter
Magnus Brunner (ÖVP) war von 6. Dezember 2021 bis 20. November 2024 Finanzminister der Republik Österreich. In seiner Amtszeit hat Brunner die vom ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz und seinem Vorgänger als Finanzminister Gernot Blümel begonnene „Koste es, was es wolle“-Politik fortgesetzt. Statt im Rahmen des Budgetrechts politische Zielsetzungen für die Zukunft Österreichs und die Zukunft unserer Kinder vorzunehmen, wurde außerhalb des rechtlich zulässigen Rahmens ein Potemkin’sches Dorf errichtet, um vom Versagen der ÖVP abzulenken.
Von „Koste es, was es wolle“ hin zum Rekordschuldenstand
Seit und wegen Finanzminister Brunners Wirken erfüllt Österreich mit seiner umstrittenen Finanz- und Budgetpolitik keines der geforderten EU-Konvergenzkriterien (Maastricht-Kriterien) mehr. Diese Konvergenzkriterien legen u.a. fest:
· Das öffentliche Defizit darf nicht mehr als 3 Prozent des BIP betragen.
· Der öffentliche Schuldenstand darf nicht mehr als 60 Prozent des BIP betragen.
· Die Inflationsrate darf maximal 1,5 Prozent über jener der drei preisstabilsten Mitgliedstaaten des Vorjahres liegen.
Allein im letzten Amtsjahr Brunners erhöhte sich der öffentliche Schuldenstand Österreichs um 22,6 Mrd. Euro auf 394,1 Mrd. Euro (!). Die Schuldenquote stieg von 78,5 Prozent auf 81,8 Prozent – ein absoluter Rekordwert. Wollte Brunner zunächst ein Defizit unter der Maastricht-Grenze von 3 Prozent des BIP erzielen, so wurden es schlussendlich 4,7 Prozent des BIP! Lag im März 2024 die Defizitprognose noch bei 2,9 Prozent, erhöhte das BMF am 3. Oktober 2024 – also nur wenige Tage nach der Nationalratswahl 2024 – die Defizitprognose auf 3,3 Prozent. Als Gründe dafür wurden die ausbleibende Konjunkturerholung, die schwer abschätzbaren Effekte der Hochwasserkatastrophe und die Erhöhung des Klimabonus genannt. Bezüglich der Schuldenquote wurde die Prognose des Finanzministeriums auf 79,3 Prozent des BIP erhöht (2023: 77,8 Prozent).
Die Ursachen der Budgetkatastrophe liegen in einer völlig falschen, geradezu hysterischen Corona-Politik, die geleitet war vom Einsperren der Bürger, dem Zusperren der Betriebe und dem Aussperren der Arbeitnehmer. Der Schaden für Österreich und seine Bürger wurde damit für viele nur hinausgezögert. Die Ursachen liegen weiters in der ohne jede Bedachtnahme auf die wirtschaftliche Lage in Österreich und auf die österreichische Neutralität mitgetragenen Sanktionspolitik gegenüber Russland, die die Preise – vor allem im Bereich der Energie – explodieren ließ. Sie liegen in einer verfehlten Klimapolitik, die – ebenso von der EU kritiklos übernommen – de facto eine Deindustrialisierungspolitik darstellt. Und sie liegen in der durch diese Faktoren massiv angefachten Inflation, die von der vergangenen Regierung unter Führung der ÖVP auf völlig falsche Weise bekämpft wurde, nämlich durch das Verteilen von inflationstreibenden Geldgeschenken nach dem Gießkannen-prinzip anstelle von preisdämpfenden Eingriffen.
Das Ergebnis ist, dass die österreichische Wirtschaftsleistung zwei Jahre in Folge um jeweils rund ein Prozent zurückgegangen ist – und für das laufende Jahr sieht die Prognose kaum besser aus. Das zunächst erwartete Wachstum für das laufende Jahr ist bereits wieder abgeblasen. Die Österreichische Nationalbank hat die Prognose am 25. März 2025 auf -0,1 Prozent des BIP gesenkt. Gleichzeitig zieht die Inflation nach einem kurzfristigen Rückgang wieder an. Unsere Heimat ist in einer Rezession gefangen.[1]
Die rechtswidrige Abkehr von „Budgettransparenz“ und „Budgetwahrheit“
Die grob fahrlässig herbeigeführte Wirtschaftskrise hat zu einem Explodieren des Budgetdefizits geführt. Dass es so weit kommen konnte, liegt am schuldhaften Verstoß des Bundesministers a.D. für Finanzen Magnus Brunner gegen die Bestimmung des Art. 51 Abs. 8 Bundesverfassungsgesetz:
„Bei der Haushaltsführung des Bundes sind die Grundsätze der Wirkungsorientierung insbesondere auch unter Berücksichtigung des Ziels der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern, der Transparenz, der Effizienz und der möglichst getreuen Darstellung der finanziellen Lage des Bundes zu beachten.“[2]
Das Budget(recht)[3] hat keine rein neutrale Bedarfsdeckungsfunktion, sondern steht bereits der Verfassung wegen im Dienst politischer Zielsetzungen (vgl Korinek/Holoubek, Staatliche Privatwirtschaftsverwaltung, 179). Das B-VG unterscheidet daher zwischen „Zielen“ und „Grundsätzen“ der Haushaltsführung.
Die Verpflichtungen gem. Art. 13 Abs. 2 und Abs. 3 B-VG sind als „Ziele“ der Haushaltsführung vorgesehen und richten sich an Bund, Länder und Gemeinden gleichermaßen (s dazu die Kommentierung zu Art. 13 B-VG). Dagegen gelten die in Art. 51 Abs. 8 B-VG genannten „Grundsätze“ unmittelbar nur für die Haushaltsführung des Bundes. Der Begriff der Haushaltsführung des Bundes umfasst insb. die auf Grundlage der Art. 51 bis Art. 51d B-VG entfaltete Staatstätigkeit (Stöger, Art. 51 B-VG, in Kneihs/Lienbacher, Rz 85), und zwar sowohl auf Ebene der Gesetzgebung als auch der Vollziehung (Lödl, JRP 2008, 109). Die Budgetgrundsätze sind sohin nicht ausschließlich Vorgabe für insbesondere BFG, BFRG und für gesetzliche Budget-provisorien (Art. 51a Abs. 4 B-VG), sondern auch für deren Vollzug, was etwa §§ 3a und 7 Abs. 5a BMG (BGBl 1986/76 idgF) sowie § 5 Abs. 2 BHG 2013 deutlich machen.
Mit Art. 51 Abs. 8 B-VG werden die für das österreichische Verfassungsrecht zuvor bloß interpretativ als „idealtypische Postulate“ (Hengstschläger, Budgetrecht, 132) abgeleiteten Budgetgrundsätze positivrechtlich festgelegt und ergänzt (Hengst-schläger, Art. 51 B-VG, in Korinek/Holoubek et al, Rz 76; Stöger, Art. 51 B-VG, in Kneihs/Lienbacher, Rz 84).
Entgegen jeder gebotenen Transparenz wurde das sich anbahnende Budgetdesaster im Vorfeld der Nationalratswahl 2024 von Finanzminister Brunner über Wochen und Monate geleugnet. Statt eine möglichst getreue Darstellung der finanziellen Lage des Bundes zu liefern, wurde das Problem negiert und so einer rechtlichen wie auch politischen Bewertung bewusst entzogen:
Kurier, 2. August 2024
„Bleiben Überraschungen aus, verabschiedet sich Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) Anfang November Richtung Brüssel und wird EU-Kommissar. Auf seinen Nachfolger wartet eine heikle Aufgabe: Er muss die Staatsfinanzen sanieren. Laut den neuen EU-Fiskalregeln muss Österreich von 2025 bis 2027 wohl mindestens 2,2 Milliarden Euro pro Jahr einsparen. […]
Das BMF geht jedenfalls von einer besseren Performance in der Rückrunde aus: ‚Die in der Vergangenheit beschlossenen Maßnahmen im Kampf gegen die unterschiedlichen Krisen bilden sich nun im Budgetvollzug ab. Hierbei kam es zu keinen Überraschungen‘, heißt es. Positiv sei, dass die Inflationsrate erstmals seit drei Jahren unter drei Prozent liege. Und: Die wichtigen Ratingagenturen Morningstar sowie Fitch würden Österreich ein sehr stabiles Rating ausstellen.“[4]
Kleine Zeitung, 17. August 2024
„Kleine Zeitung: Kommen wir zu Ihrer Bilanz als Finanzminister: Experten sehen das Budget in struktureller Schieflage und ein Sparpaket dringend nötig. Sie auch?
Magnus Brunner: Wir sollten in Österreich diese Fragen etwas seriöser diskutieren und uns als EU-Mitgliedstaat nicht schlechter reden, als wir tatsächlich sind. Die Fakten sind: Österreich gehört zu den zehn wohlhabendsten Staaten der Welt und in der EU liegen wir auf Platz vier. Unsere Verschuldung – und ja, mir wäre auch lieber gewesen, es hätte keine Krisen gegeben – liegt mit fast 80 Prozent des BIP im EU-Durchschnitt. Das ist weit von Staaten wie Italien, Frankreich oder Spanien entfernt, die bei über 100 Prozent liegen. Gegen sieben Staaten wurde 2024 ein EU-Defizitverfahren eröffnet– Österreich ist nicht dabei. Und unser Triple-A-Rating wurde gerade bestätigt.“[5]
Aussendung der Parlamentsdirektion, 12. September 2024
„Das Budget sei maximal transparent, unterstrich Brunner, der daher keine Notwendigkeit für einen ‚neuen Budgetentwurf‘ sah. Sowohl auf der Homepage als auch in Form von regelmäßigen Berichten könne man sich genau über die Budgetsituation informieren.“[6]
Am 29. September 2024 fand die Nationalratswahl statt – der Wendepunkt in Bezug auf die Höhe des Budgetdefizits laut Auskunft des Finanzministeriums.
Austria Presse Agentur, 3. Oktober 2024
„Das Finanzministerium hat seine Defizitprognose für das Budget des Jahres 2024 auf 3,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erhöht. Dieses bewegt sich damit über der Maastricht-Grenze von drei Prozent. […]“
Der Standard, 7. Oktober 2024
„Gravierend sind die Abweichungen in der Schuldenquote. […] Österreichs Schuldenstand wird laut Wifo im kommenden Jahr auf 82,4 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen. Im Finanzministerium erwartete man noch bei der Budgetvorstellung für heuer einen Wert von 76,5 Prozent.“[7]
Austria Presse Agentur, 8. Oktober 2024
„‘Wir spüren die wirtschaftliche Verschlechterung in ganz Europa‘, so der Noch-Finanzminister, der als designierter EU-Kommissar für Migration bald nach Brüssel umziehen soll. Dass das österreichische Budgetdefizit erst nach der Nationalratswahl nach oben korrigiert wurde, liegt laut Brunner am Datum der Veröffentlichung der Prognosen, diese würden ‚verkündet, wenn sie verkündet werden, immer im Frühjahr und im Herbst‘“. Österreich habe seine Zahlen der EU-Kommission zuvor vorgelegt, und es sei kein Defizitverfahren eröffnet worden.“
Der Standard, 6. November 2024
„Österreichs Budget- und Finanzpolitik kommt nicht zur Ruhe. Der Fiskalrat hat am Dienstag seine neue Prognose für die Entwicklung des heimischen Haushalts in den Jahren 2024 und 2025 vorgestellt. Das Gremium erwartet für heuer ein Defizit von 3,9 Prozent, was deutlich jenseits der relevanten Maastricht-Grenze von drei Prozent liegt. Im kommenden Jahr soll die Neuverschuldung Österreichs sogar bei über vier Prozent liegen. […] „Wir glauben einfach die Werte des Finanzministeriums nicht“, so Fiskalratschef Christoph Badelt.“[8]
Mit 1. Dezember 2024 wird Magnus Brunner EU-Kommissar für Inneres und Migration.
Aussendung des Finanzministeriums, 16. Dezember 2024
„Finanzministerium legt Zahlen zum Konsolidierungsbedarf vor [...] Für den 4-jährigen Referenzpfad ohne EU-Defizitverfahren ergibt sich ein Gesamt-konsolidierungsbedarf von insgesamt 24,1 Milliarden Euro. Bei dem 7-jährigen Referenzpfad ohne EU-Defizitverfahren ergibt sich bis 2028, für 4 Jahre, ein Einsparungsvolumen von 12,1 Milliarden Euro und insgesamt bis zum Ende der Laufzeit ein Gesamtkonsolidierungsbedarf von 18,1 Milliarden Euro.“[9]
Kurier, 6. Februar 2025
„Hanno Lorenz, Ökonom bei der wirtschaftsliberalen Agenda Austria, sagt: Besagtes Budgetdefizit von 19,1 Milliarden mag zwar etwas geringer als geplant ausgefallen sein. Der Wert entspricht aber gleichzeitig einem massiven Anstieg von 11,1 Milliarden gegenüber 2023, als das Defizit gerade einmal acht Milliarden Euro groß war. Das ist mehr als eine Verdopplung. Eine gute Nachricht sieht anders aus.“[10]
Der Standard, 21. März 2025
„Der neue Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) erwartet für das heurige Jahr ein weiteres Schrumpfen der Wirtschaftsleistung. Durch die anhaltende Rezession würden sich die Probleme mit dem Budget weiter zuspitzen, sagt er im STANDARD-Interview. Ziel müsse dennoch sein, ‚möglichst rasch unter drei Prozent Budgetdefizit zu kommen, selbst wenn das heuer nicht machbar ist‘. Denn ohne eine Sanierung des Budgets ‚würden uns die Zinszahlungen für die Staatsschulden auffressen‘.“[11]
Kurier, 25. März 2025
„[Der Chef des Staatsschuldenausschusses] Badelt rechnet mit vier bis fünf Milliarden an weiterem Konsolidierungsbedarf, [Finanzminister] Marterbauer sogar mit sechs Milliarden. Das macht in Summe alleine heuer bis zu rund 12 Milliarden Euro. [...] Badelt rechnet mit vier bis fünf Milliarden an weiterem Konsolidierungsbedarf, Marterbauer sogar mit sechs Milliarden. Das macht in Summe alleine heuer bis zu rund 12 Milliarden Euro.“[12]
Der Standard, 25. März 2025
„Finanzstaatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP) gestand zuletzt bereits ein, dass das Konsolidierungsvolumen wohl nicht reichen wird, und fügte an: ‚Wir werden notfalls wie andere Länder auch mit einem Defizitverfahren umgehen können.‘“[13]
Ende März 2025 gab die Statistik Austria das finale Budgetdefizit Österreichs für 2024 bekannt - inklusive der Zahlen von Ländern und Gemeinden:
· Das Defizit betrug im Vorjahr somit 4,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).
· Im Jahr 2024 gab die öffentliche Hand um rund 22,5 Milliarden Euro mehr aus, als sie eingenommen hat.
· Der Schuldenstand der Republik erhöhte sich bis zum Jahresende 2024 auf 394,1 Mrd. Euro. Jeder Österreicher, jede Österreicherin hat somit statistisch gesehen rund 42.850 Euro Schulden.
Verstoß gegen den Grundsatz der Transparenz gem. Art. 51 Abs. 8 B-VG
Der Grundsatz der Transparenz[14] soll insbesondere gewährleisten, „dass die maßgeblichen budgetären Umstände nachvollziehbar dargestellt sind (Budget-klarheit)“ (RV 203 BlgNR 23. GP 8; vgl Schwab, FS 75 Jahre Bundesverfassung, 444). Damit sind in diesem Grundsatz auch die „klassischen“ Grundsätze der Einheit und Vollständigkeit, der Bruttobudgetierung und der Budgetkontinuität enthalten (RV 203 BlgNR 23. GP 8). Außerdem soll der Transparenzgrundsatz „die Erkennbarkeit der haushaltspolitischen Ziele, die zeitnahe Veröffentlichung von Informationen bzgl. Budgeterstellung und -vollzug, das Berichtswesen (sowohl verwaltungsintern als auch gegenüber dem NR und der Öffentlichkeit) und die unabhängige Erstellung des Bundesrechnungsabschlusses« umfassen“ (RV 203 BlgNR 23. GP 8).
Angesichts dieser diversen Aspekte wird die Funktion des Transparenzgrundsatzes als „Sammelbegriff für eine Vielzahl von Informationsverpflichtungen im Rahmen der Haushaltsführung“ deutlich (Hengstschläger, Art. 51 B-VG, in Korinek/Holoubek et al, Rz 93). Damit werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass das Budget seine Funktionen der Legitimation, Koordination, Steuerung und Kontrolle staatlichen Handelns sowie der Information von Parlament und Öffentlichkeit über dieses Staatshandeln erfüllen kann. Der Transparenzgrundsatz dient demnach auch der Verwirklichung der anderen Budgetgrundsätze sowie der Ziele der Haushaltsführung des Art. 13 Abs. 2 und 3 B-VG. Einschränkend können dagegen Amtsverschwiegen-heit (vgl insb. Art. 20 Abs. 3 B-VG) und Datenschutzvorgaben (vgl. insb. DSGVO, § 1 DSG, Art. 8 EMRK) zu beachten sein, nicht jedoch politisches Kalkül im Vorfeld von Wahlen.
Verstoß gegen den Grundsatz der möglichst getreuen Darstellung der finanziellen Lage des Bundes gem. Art. 51 Abs. 8 B-VG
Die „möglichst getreue Darstellung der finanziellen Lage des Bundes“[15] betrifft „die Anforderungen an die Beschaffenheit des Budget-, Verrechnungs- und Berichts-systems im weitesten Sinn“ und umfasst auch die Budgetwahrheit, die eine möglichst genaue (ziffernmäßige) Veranschlagung der Mittelaufbringungen und Mittel-verwendungen verlangt (RV 203 BlgNR 23. GP 9). Das Erfordernis der möglichst getreuen Darstellung der finanziellen Lage des Bundes („true and fair view“; Hengstschläger, Art. 51 B-VG, in Korinek/Holoubek et al, Rz 101) ist daher eng mit jenem der Transparenz verbunden, bezieht sich aber auf das Wie der zur Verfügung zu stellenden Informationen. Wenngleich die genaue Ausgestaltung der einfach-gesetzlichen Ebene überlassen bleibt und zwar die verfassungsrechtliche Entscheidung für die Kameralistik beseitigt, nicht jedoch das künftige Rechnungs-wesen im Detail festgelegt wird, bedingt der Grundsatz damit dennoch eine weitreichende Veränderung desselben (Steger/Pichler, Haushaltsrecht, 53; Steger, ÖHW 2008, 8). Dabei ist hinzunehmen, dass „viele Haushaltsansätze auf Prognosen [beruhen], die sich als unzutreffend erweisen können“ (so BVerfGE 79, 311 [329 f] – Staatsverschuldung). Allerdings verlangt der Grundsatz der Budgetwahrheit konkrete Regelungen für solche Prognosen im Rahmen der Veranschlagung sowie für die fortlaufende Verrechnung. Nach den Erläuterungen zum BHG 2013 sind unter dem Grundsatz der möglichst getreuen Darstellung der finanziellen Lage insbesondere „die zuverlässige Darstellung über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Bundes für Dritte“, eine „ausreichende Transparenz in Bewertung, Gliederung und Offen-legung“, „klare, richtige und vollständige Informationen“, die „Behandlung der Geschäftsfälle bevorzugt nach wirtschaftlichen Gegebenheiten“ sowie ein „möglichst genauer Ergebnisausweis durch klare Periodenabgrenzung“ zu verstehen (RV 480 BlgNR 24. GP 7).
ÖVP-Postenschacher statt politischer Verantwortungsübernahme
Besonders gegen Ende seiner Amtszeit als Finanzminister und bereits im Wissen um seine anstehende Wahl als EU-Kommissar hat Bundesminister Brunner durch ausweichende und falsche Antworten bei unterschiedlichen Gelegenheiten, speziell in Sitzungen des parlamentarischen Budgetausschusses sowie des Nationsrates, falsche Auskünfte in Bezug auf die österreichische Finanzlage und hier vor allem auf die Höhe des österreichischen Defizits gegeben. Obwohl die Zeichen immer klarer wurden, versuchte man weiterhin ungeniert den Eindruck zu erwecken, dass die budgetäre Lage weit besser sei, als von oppositionellen Nationalratsabgeordneten und diversen Experten befürchtet.
Bundesminister a.D. Magnus Brunner hat durch das Außerachtlassen der Grundsätze der Haushaltsführung, insbesondere des Grundsatzes der Transparenz sowie des Grundsatzes der möglichst getreuen Darstellung der finanziellen Lage des Bundes, gegen seine Verpflichtung gemäß Art. 51 Abs. 8 B-VG in rechtswidriger Weise und schuldhaft verstoßen.
Auf Grund der vorliegenden Rechtsverletzungen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden
Antrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Nationalrat erhebt gegen Bundesminister a.D. Dr. Magnus Brunner gemäß Art. 142 Abs. 2 lit b B-VG Anklage beim Verfassungsgerichtshof und legt ihm Folgendes zur Last:
Bundesminister a.D. Dr. Magnus Brunner hat
1. durch das fortgesetzte Verschweigen der maßgeblichen budgetären Umstände gegenüber Parlament und Öffentlichkeit vorsätzlich gegen seine Verpflichtung gemäß Art. 51 Abs. 8 B-VG zur Beachtung der Budgettransparenz verstoßen;
2. durch das bewusste Verleugnen der katastrophalen finanziellen Lage des Bundes im Vorfeld der Nationalratswahl 2024, insbesondere indem er keine getreue Darstellung der Budgetsituation geboten hat, vorsätzlich gegen seine Verpflichtung gemäß Art. 51 Abs. 8 B-VG zur möglichst getreuen Darstellung der finanziellen Lage des Bundes (Budgetwahrheit) verstoßen.
Mit der Vertretung der Anklage vor dem Verfassungsgerichtshof wird die Abgeordnete zum Nationalrat Dr. Susanne Fürst beauftragt.“
In formeller Hinsicht wird ersucht, diesen Antrag dem Budgetausschuss zuzuweisen.
[1] https://orf.at/stories/3388675/
[2] Vgl. § 2 Abs 1 BHG
https://ris.bka.gv.at/NormDokument.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20006632&FassungVom=2025-03-02&Artikel=&Paragraf=2&Anlage=&Uebergangsrecht=
[3] Vgl. dazu Wutscher in Kahl/Khakzadeh/Schmid, Kommentar zum Bundesverfassungsrecht B-VG und Grundrechte Art. 51 B-VG, Rz 48 ff
[4] https://kurier.at/politik/inland/nationalratswahl-2024-analyse-magnus-brunner-budget-desaster-oevp/402931646
[5] https://www.kleinezeitung.at/politik/innenpolitik/18760122/der-staat-allein-kann-das-nicht-schaffen
[6] https://www.parlament.gv.at/aktuelles/pk/jahr_2024/pk0908
[7] https://www.derstandard.at/story/3000000239621/die-vermessung-der-luecke-in-finanzminister-magnus-brunners-budget
[8] Der Standard, Printausgabe vom 06.11.2024, S. 1
[9] https://www.bmf.gv.at/presse/pressemeldungen/2024/dezember/zahlen-konsolidierung.html
[10] https://kurier.at/wirtschaft/bund-steuern-defizit-ausgaben-agenda-austria/403007224
[11] Der Standard, Printausgabe vom 21.03.2025, S. 1
[12] https://kurier.at/politik/inland/konsolidierungsbedarf-budget-regierung-badelt-marterbauer-spoe-oevp/403025902
[13] https://www.derstandard.at/story/3000000262714/aus-sechs-werden-zwoelf-milliarden-oesterreichs-budgetloch-doppelt-so-gross-wie-angenommen
[14] Vgl. dazu Wutscher in Kahl/Khakzadeh/Schmid, Kommentar zum Bundesverfassungsrecht B-VG und Grundrechte Art. 51 B-VG, Rz 52 ff
[15] Vgl. dazu Wutscher in Kahl/Khakzadeh/Schmid, Kommentar zum Bundesverfassungsrecht B-VG und Grundrechte Art. 51 B-VG, Rz 60 ff