298/A(E) XXVIII. GP
Eingebracht am 22.05.2025
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Parlamentarische Materialien
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Barbara Neßler, David Stögmüller, Freundinnen und Freunde
betreffend Aufwachsen in Frieden und Sicherheit garantieren
BEGRÜNDUNG
Die Bundesjugendvertretung (BJV) hat im vergangenen Jahr einen Fokus auf das Thema „Aufwachsen in Frieden und Sicherheit“ gelegt und zusammen mit ihren Mitgliedsorganisationen ein umfassendes Positionspapier ausgearbeitet.[1]
Während junge Generationen mit dem Versprechen des Friedens in Europa aufwuchsen, haben der russische Angriffskrieg in der Ukraine und die Eskalation des Nahost-Konflikts schmerzlich aufgezeigt, dass Frieden nicht selbstverständlich ist. Krieg zählt heute zu den größten Sorgen junger Menschen, doch ihre Anliegen werden zu selten gehört.
In den letzten Jahren wuchs gerade auf der internationalen Ebene der Politik das Verständnis dafür, dass junge Menschen nicht nur von globalen Krisen betroffen sind, sondern auch eine Schlüsselrolle als Gestalter:innen von internationaler Friedens- und Sicherheitspolitik spielen.
Frieden und Sicherheit bedeuten jedoch mehr als die Abwesenheit von Krieg. Für Frieden und Sicherheit müssen der Mensch und die Sicherung seiner Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen. Dazu gehören neben politischer und wirtschaftlicher Sicherheit auch Sicherheit in den Bereichen Ernährung und Gesundheit, Umwelt und Klima. Frieden und Sicherheit sind daher nicht bloß ein Zustand, sondern müssen als Prozess abnehmender Gewalt und wachsender Gerechtigkeit begriffen werden.
Obwohl Österreich in keinen Konflikt direkt involviert ist, braucht es auch hierzulande den aktiven Einsatz für Frieden und Konfliktprävention. Sicherheit und Konfliktprävention müssen als umfassende Konzepte verstanden werden, die soziale Stabilität, das Wohlbefinden der Bürger*innen und Maßnahmen zur Stärkung von Inklusion fördern.
Globale Herausforderungen wie der Klimawandel, Pandemien, Terrorismus, gewalttätiger Extremismus, die Verbreitung von Desinformation und Hassrede sowie kriegerische Auseinandersetzungen bedrohen auch in Österreich sozialen Frieden und Sicherheit.
Im Jahr 2015 schuf der UN-Sicherheitsrat mit der Agenda Jugend, Frieden und Sicherheit und der dazugehörigen Resolution erstmals einen rechtlichen Rahmen, der die Beteiligung junger Menschen an Friedens- und Konfliktlösungsprozessen fördert. Die Resolutionen des UN-Sicherheitsrats zu Jugend, Frieden und Sicherheit verpflichten alle UN-Mitgliedsstaaten, die aktive Teilhabe junger Menschen auf allen Entscheidungsebenen in Bezug auf Frieden und Sicherheit sicherzustellen.
Jetzt liegt es an der Bundesregierung, einen Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung dieser Resolution und Agenda zu erstellen und zu verabschieden!
Eine wirkungsvolle Umsetzung der Agenda Jugend, Frieden und Sicherheit erfordert ihre systematische Verankerung in der österreichischen und europäischen Sicherheits- und Jugendpolitik sowie konkrete Maßnahmen zur Förderung der Partizipation junger Menschen in Friedens- und Sicherheitsprozessen.
Dazu zählen im Bereich der europäischen und internationalen Zusammenarbeit zum Beispiel mehr Beteiligungsmöglichkeiten für junge Menschen in Krisen- und Konfliktregionen, um den Aufbau stabiler und inklusiver Gesellschaften zu fördern aber auch die aktive Förderung von Beteiligungsstrukturen in internationalen Organisationen.
Darüber hinaus benötigt es aber, nicht nur in Konfliktregionen, sondern auch in Österreich, mehr Möglichkeiten für Partizipation und sozialer Teilhabe. Menschen, die systematisch ausgeschlossen werden und nicht mitbestimmen dürfen, haben nicht nur weniger Möglichkeiten auf allen Ebenen, sondern entwickeln unter Umständen ein schwindendes Interesse für die Gesellschaft, in der sie leben. Dabei spielen insbesondere finanzielle Ausstattung und personelle Ressourcen für bedürfnisorientierte Beteiligungsmöglichkeiten eine wesentliche Rolle. Politische Partizipation muss durch Jugendbeiräte in für Frieden und Sicherheit relevanten Ministerien gewährleistet werden.
Auch Bildung und Information müssen systematisch als Werkzeuge für Frieden und Sicherheit genutzt werden und um Ungleichheiten in der Gesellschaft gezielt entgegen zu wirken.
Verteidigungs- und Militärpolitik ist in Österreich besonders auf den Grundwehrdienst junger Menschen gestützt. Alleine deshalb sollten junge Menschen auch aktive Mitgestaltungsmöglichkeiten bekommen. Doch eine ausgewogene Verteidigungspolitik darf nicht auf militärische Stärke allein setzen, sondern muss Frieden, Nachhaltigkeit und Diversität fördern. Eine zeitliche Gleichstellung zwischen Bundesheer und Zivildienst würde einen modernen, umfassenden Sicherheitsansatz besonders in den Vordergrund rücken.
Ein stabiles Klima und eine intakte Natur sind wesentliche Voraussetzungen für Frieden und Wohlstand. Obwohl junge Menschen am wenigsten zur planetaren Krise beitragen, leiden sie am stärksten unter ihren Folgen und müssen letztlich die Lösungen umsetzen. Junge Menschen stehen dadurch im Zentrum einer nachhaltigen Zukunft. Sie müssen an Lösungsfindung aktiv beteiligt und gleichzeitig in Maßnahmen zur Steigerung der Resilienz stärker berücksichtigt werden.
Kriminelle, radikale oder extremistische Einstellungen und Handlungen wirken jenseits sicherheitsrelevanter Aspekte tief in unsere Gesellschaften hinein. Das subjektive Unsicherheitsgefühl wird durch radikale Tendenzen im Allgemeinen verstärkt. Zusätzlich wird diese Dynamik durch die mediale Berichterstattung und den politischen Diskurs stark angeheizt. Die emotionale Aufladung der Thematik fördert wiederum Polarisierungen und reaktionäre Tendenzen, die offenen, demokratischen Gesellschaften entgegenwirken.
Es braucht deshalb einen differenzierteren Blick auf die komplexen Ursachen von Kinder- und Jugenddelinquenz und stärkere präventive Ansätze. Flächendeckend leistbare und niederschwellig zugängliche Angebote zu sozialarbeiterischen, therapeutischen und bildungspolitischen Maßnahmen für junge Menschen würden viele Probleme an der Wurzel angehen. Eine Senkung der Strafmündigkeit ist keine Lösung.
Junge Menschen leben zunehmend in einer digitalisierten Welt, wo Online-Aktivitäten auch reale Auswirkungen haben können. Es gilt also auch hier den Datenschutz für junge Menschen aufrechtzuhalten und zu stärken, Ressourcen gegen Desinformation, Hassrede und Gewalt im Netz bedarfsgerecht zu gestalten und zur Verfügung zu stellen und aktiv an der Entwicklung von Maßnahmen und technischer Lösungen zur Regulierung von algorithmischen Bias von KI-Systemen zu arbeiten.
Als Querschnittsmaterie in all diesen Bereichen muss die Gleichberechtigung der Geschlechter eine zentrale Rolle einnehmen. Insbesondere für Frauen und Kinder stellt Gewalt im sozialen Umfeld ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Doch auch im öffentlichen Raum sind Frauen und LGBTQIA*-Personen auf besondere Weise von Gewalt betroffen. Genderspezifische Gewalt muss deshalb als sicherheitspolitisches Thema überall mitgedacht werden.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Familie und Jugend sowie die Bundesministerin für Europäische und internationale Angelegenheiten, wird aufgefordert, unter Einbindung von Jugendvertretungen und relevanten Fachministerien bis spätestens Ende 2025 einen Nationalen Aktionsplan zur umfassenden Umsetzung der UN-Sicherheitsratsresolution „Jugend, Frieden und Sicherheit“ auszuarbeiten und zu beschließen. Dabei müssen das Aufwachsen im Frieden und die aktive Partizipation junger Menschen im Mittelpunkt stehen sowie Punkte wie
· die Europäische und internationale Zusammenarbeit;
· die Partizipation und soziale Teilhabe junger Menschen;
· Bildung und Information zu Frieden und Sicherheit;
· Verteidigung und Militär;
· Klima, Umwelt und Sicherheit;
· Delinquenz, Radikalisierung und Extremismus;
· Digitalisierung und Sicherheit und
· Frauen und Geschlechtergerechtigkeit
berücksichtigt werden.“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Familie und Jugend vorgeschlagen.