304/A(E) XXVIII. GP
Eingebracht am 22.05.2025
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Parlamentarische Materialien
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten David Stögmüller, Agnes-Sirkka Prammer, Freundinnen und Freunde
betreffend langfristige Assistenzeinsätze im Inland jetzt beenden!
BEGRÜNDUNG
Zu den Kernaufgaben des Bundesheeres gehören die Hilfeleistung bei Elementarereignissen und Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfanges sowie die Mitwirkung an der Aufrechterhaltung von Ordnung und Sicherheit im Inneren. In diesen Fällen handelt das Bundesheer allerdings ausschließlich in Assistenz und benötigt dafür einen gesonderten Auftrag.
Viele dieser Assistenzeinsätze erfolgen ad hoc und dienen der kurzfristigen Bewältigung akuter Ereignisse – etwa bei Hochwasser, Waldbränden, Pandemien, großflächigen Schneeräumungen, Lawinen oder Sturmschäden. Gleichzeitig gibt es jedoch Dauereinsätze, die bereits seit Jahren laufen. Diese sind mit erheblichen Nachteilen verbunden.
Langfristige Assistenzeinsätze verursachen hohe Kosten, verschlechtern die militärische Ausbildung und binden Personal, das für Auslandseinsätze dringend benötigt wird. Sie führen nicht nur zu erheblichen Mehrkosten für das Landesverteidigungsministerium und den Bund, sondern auch zu einem sinkenden Ausbildungsstand der Soldatinnen und Soldaten sowie zu einer sehr niedrigen Verfügbarkeit für sicherheitspolitisch hochrelevante Auslandseinsätze.
Während die Einsätze vor wenigen Jahren verhältnismäßig waren, hat der russische Angriffskrieg in der Ukraine die sicherheitspolitische Weltlage stark verändert. Neben dieser sicherheitspolitischen Entwicklung verschärft auch die angespannte Budgetlage die Dringlichkeit – es muss gespart werden. Es scheint deshalb höchste Zeit geboten, langfristige Assistenzeinsätze schnellstmöglich zu beenden.
Dazu gehören beispielsweise der Assistenzeinsatz an der burgenländisch-ungarischen Grenze, der seit 2015 läuft und der Einsatz für den Objektschutz zur Botschaftsüberwachung in Wien, der seit 2020 aktiv ist.
Als der Assistenzeinsatz 2015 an der Grenze eingesetzt wurde, reisten monatlich rund 131.500 Geflüchtete nach Österreich ein. Bereits 2016 sank die Zahl auf 153.068 im ganzen Jahr.[1] In den Jahren darauf fielen die Zahlen sukzessive ab, 2024 stellten in Österreich 10.311[2] neu eingereiste Personen einen Asylantrag.
Trotz dieses massiven Rückgangs bleibt der Assistenzeinsatz aufrecht, seine sicherheitspolitische Grundlage ist längst entfallen. Der Rechnungshof bezifferte die Kosten für Grenz- und Unterstützungsleistungen zwischen Mitte 2015 und 2017 auf insgesamt 272,92 Mio. Euro, davon rund zwei Drittel aus dem Regelbudget des Verteidigungsministeriums.[3]
Obwohl eine gesonderte Fremden- und Grenzpolizeiliche Einheit in der Polizei geschaffen wurde, reichte diese Einheit laut Innenministerium nicht aus, um den Assistenzeinsatz zu beenden.
Auch der seit 2020 laufende Objektschutz-Einsatz in Wien, ursprünglich zur Entlastung der Polizei während der COVID-19-Pandemie und wegen erhöhter Terrorbedrohung eingerichtet, ist weiterhin aktiv – obwohl inzwischen mit 32.000 Beamt:innen (davon 7.700 in Wien) ein historischer Höchststand bei der Polizei erreicht wurde. Und auch hier wurde eine neue Polizeieinheit – die „Objektschutzpolizisten“ – die einzig die Aufgabe des Objektschutzes erfüllen, eingerichtet.
Der Rechnungshof kritisierte bereits, dass weder das Innen- noch Verteidigungsministerium systematische Evaluierungen dieser Einsätze durchführen. Effektivität und Ressourceneinsatz bleiben damit weitgehend ungeprüft.
Bei diesen Einsätzen werden aber nicht nur personelle Ressourcen ineffizient eingesetzt, sie führen in ihrer ungeplanten Langfristigkeit auch zu einer Verschlechterung in der militärischen Ausbildung – ein Zustand, den wir uns sicherheitspolitisch nicht mehr leisten können.
2016 und 2017 attestierte der Rechnungshof, dass sich bei der Grundausbildung das Betreuungsverhältnis zwischen Ausbilder:innen und Grundwehrdienern von durchschnittlich 1:8 auf 1:25 (Q1 2016) verschlechterte, später auf 1:12. Zudem seien Kaderausbildungen ausgefallen – mit negativen Auswirkungen auf die Führungsfähigkeit des Bundesheeres. Auch Pionierkräfte, eigentlich zentral für Katastropheneinsätze, waren durch Assistenztätigkeiten gebunden, wodurch die Einsatzfähigkeit bei Naturkatastrophen eingeschränkt war.[4]
Der Rechnungshof zeigte noch einen weiteren Aspekt auf, dem finanziell in der aktuellen Situation höchste Priorität beigemessen werden sollte. In den Assistenzeinsätzen werden Einsatzprämien gezahlt, die das Doppelte des regulären Soldes betragen können. Der Rechnungshof wies darauf hin, dass dies zusätzlich zu einer geringeren Attraktivität von Auslandseinsätzen führte. 2018 wurden daher Auslandseinsatz-Zulagen um bis zu 28,57 % erhöht – 1,43 Mio. EUR jährlich mehr als eine indirekte Folge der Assistenzeinsätze im Inland.
Das Bild ist eindeutig. Weder finanz- noch sicherheitspolitisch können wir uns die langfristigen Assistenzeinsätze leisten. Im Kontext massiv gesunkener Flüchtlingszahlen und deutlich gestärkter Polizeistrukturen, ist der Einsatz auch keinesfalls mehr verhältnismäßig. Sie müssen deshalb schnellstmöglich beendet werden.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Landesverteidigung, der Bundesminister für Inneres und der Bundesminister für Finanzen, werden aufgefordert, alle langfristigen Assistenzeinsätze des Bundesheeres im Inland – insbesondere an der Grenze und im Bereich des Objektschutzes in Wien – schnellstmöglich zu beenden und durch zivile Sicherheitsstrukturen zu ersetzen.
Der Einsatz von Soldatinnen und Soldaten ist mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden – sowohl in absoluten Zahlen als auch in Form von damit in Zusammenhang stehenden Missständen in Ausbildung von Soldatinnen und Soldaten und Unterbesetzung bei sicherheitspolitisch wichtigen Auslandseinsätzen. Soforthilfe durch das Bundesheer ist notwendig, der strukturelle Ersatz von Polizei durch Militär nicht!“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Landesverteidigungsausschuss vorgeschlagen.
[1] Assistenz– und Unterstützungsleistungen des Bundesheeres zum Grenzmanagement, Bericht des Rechnungshofes: https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/III/191/imfname_844252.pdf
[2] Detail-Statistik – Kennzahlen BFA, 2024 – 1.-4. Quartal: https://www.bmi.gv.at/301/Statistiken/files/2024/Detailstatistik_BFA_Kennzahlen_1-4_Quartal_2024_final.pdf
[3] Assistenz– und Unterstützungsleistungen des Bundesheeres zum Grenzmanagement, Bericht des Rechnungshofes: https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/III/191/imfname_844252.pdf
[4] Ibid.