312/A(E) XXVIII. GP
Eingebracht am 22.05.2025
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Sigrid Maurer, Freundinnen und Freunde
betreffend pädagogische Wahlfreiheit zwischen Ziffernnoten und einer kindgerechten Leistungsbeurteilung in der Volksschule sowie Einführung eines individuellen Stärkenportfolios
BEGRÜNDUNG
Gute Bildung beginnt mit einem Blick auf das Potenzial jedes einzelnen Kindes. Doch Ziffernnoten allein sagen wenig über die tatsächliche Entwicklung, die Lernfreude oder die Talente junger Menschen aus – besonders in der Volksschule. Dort, wo Kinder mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen lernen, braucht es differenzierte Rückmeldungen statt früher Einordnungen in Notenskalen.
Moderne europäische Schulsysteme haben diesen Weg längst eingeschlagen: In Ländern wie Finnland oder den Niederlanden ist es seit Jahren üblich, die Lernentwicklung durch individuelle Rückmeldungen und Portfolios zu dokumentieren – mit großem Erfolg. Diese Systeme setzen auf Vertrauen in die pädagogische Expertise vor Ort und stellen das Kind bzw. den jungen Menschen in den Mittelpunkt der schulischen Entwicklung. Österreich sollte diesem Beispiel folgen und eine differenzierte, stärkenorientierte Beurteilung zur gelebten Praxis machen.
Gerade in der Volksschule zeigt sich: Kinder lernen unterschiedlich schnell, auf vielfältige Weise und mit individuellen Stärken. Ein starres Notensystem wird dieser Vielfalt oft nicht gerecht. Es markiert Defizite, wo eigentlich Entwicklung stattfindet und kann demotivierend wirken. Stattdessen braucht es Raum für kindgerechte Beurteilungsformen, die Lernfortschritte, soziale Kompetenzen und persönliche Entwicklungsschritte sichtbar machen. Das stärkt die Kinder – und verbessert die Zusammenarbeit zwischen Pädagog:innen und Eltern.
Wir wollen den Schulen deshalb mehr pädagogischen Freiraum geben: Die Entscheidung über Ziffernnoten oder alternative Formen einer kindgerechten Leistungsbeurteilung soll vor Ort getroffen werden – dort, wo die Kinder unterrichtet werden und die Pädagog:innen ihre Bedürfnisse kennen. Diese Wahlfreiheit stärkt die pädagogische Qualität und fördert innovative Schulentwicklung.
Und wir denken weiter: Am Ende der Pflichtschulzeit soll jede:r Schüler:in ein individuelles Stärkenportfolio in der Hand halten – mit Projektdokumentationen, besonderen Leistungen, Talente-Checks und Kompetenznachweisen. Das zeigt nicht nur, was junge Menschen gelernt haben, sondern auch, worin sie stark sind. Es macht Vielfalt sichtbar – und kann eine wertvolle Orientierung bei der Berufs- oder Studienwahl bieten.
Ein Bildungssystem, das nicht an Defiziten, sondern an Potenzialen ansetzt, ist ein Bildungssystem mit Zukunft. Die Kombination aus kindgerechter Leistungsbeurteilung und Stärkenportfolio ist ein entscheidender Schritt in diese Richtung – differenziert, altersgerecht und fair.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Bildung wird aufgefordert, die schulrechtlichen Rahmenbedingungen dahingehend zu überarbeiten,
· dass Volksschulen künftig die Möglichkeit erhalten, eigenverantwortlich und schulautonom über die Form der Leistungsbeurteilung – Ziffernnoten oder alternative Formen der kindgerechten Leistungsbeurteilung – zu entscheiden;
· dass im Rahmen einer kindgerechten Leistungsbeurteilung individuelle Lernprozesse, persönliche Entwicklungsschritte sowie soziale Kompetenzen systematisch berücksichtigt und dokumentiert werden;
· und dass ein bundesweit einheitlicher Rahmen für ein individuelles Stärkenportfolio geschaffen wird, das Schüler:innen am Ende ihrer Pflichtschulzeit überreicht wird und dokumentierte Leistungen wie Projekte, außerschulisches Engagement sowie Talente- und Kompetenznachweise umfasst.
Ziel ist es, eine altersgerechte, differenzierte und zukunftsorientierte Beurteilungskultur zu etablieren, die die Entwicklung von Persönlichkeiten fördert und Chancengerechtigkeit im Bildungssystem stärkt.“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Bildungsausschuss vorgeschlagen.