317/A(E) XXVIII. GP

Eingebracht am 22.05.2025
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Barbara Neßler, Agnes-Sirkka Prammer, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Aufwachsen in Frieden und Sicherheit durch mehr Präventionsarbeit garantieren

 

BEGRÜNDUNG

 

Die Bundesjugendvertretung (BJV) hat im vergangenen Jahr einen Fokus auf das Thema „Aufwachsen in Frieden und Sicherheit“ gelegt und zusammen mit ihren Mitgliedsorganisationen ein umfassendes Positionspapier ausgearbeitet.[1]

 

Während junge Generationen mit dem Versprechen des Friedens in Europa aufwuchsen, haben der russische Angriffskrieg in der Ukraine und die Eskalation des Nahost-Konflikts schmerzlich aufgezeigt, dass Frieden nicht selbstverständlich ist. Krieg zählt heute zu den größten Sorgen junger Menschen, doch ihre Anliegen werden zu selten gehört.

 

In den letzten Jahren wuchs gerade auf der internationalen Ebene der Politik das Verständnis dafür, dass junge Menschen nicht nur von globalen Krisen betroffen sind, sondern auch eine Schlüsselrolle als Gestalter:innen von internationaler Friedens- und Sicherheitspolitik spielen.

 

Frieden und Sicherheit bedeuten jedoch mehr als die Abwesenheit von Krieg. Für Frieden und Sicherheit müssen der Mensch und die Sicherung seiner Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen. Dazu gehören neben politischer und wirtschaftlicher Sicherheit auch Sicherheit in den Bereichen Ernährung und Gesundheit, Umwelt und Klima. Frieden und Sicherheit sind daher nicht bloß ein Zustand, sondern müssen als Prozess abnehmender Gewalt und wachsender Gerechtigkeit begriffen werden.

 

Obwohl Österreich in keinen Konflikt direkt involviert ist, braucht es auch hierzulande den aktiven Einsatz für Frieden und Konfliktprävention. Sicherheit und Konfliktprävention müssen als umfassende Konzepte verstanden werden, die soziale Stabilität, das Wohlbefinden der Bürger:innen und Maßnahmen zur Stärkung von Inklusion fördern.

 

Globale Herausforderungen wie der Klimawandel, Pandemien, Terrorismus, gewalttätiger Extremismus, die Verbreitung von Desinformation und Hassrede sowie kriegerische Auseinandersetzungen bedrohen auch in Österreich sozialen Frieden und Sicherheit.

 

Im Jahr 2015 schuf der UN-Sicherheitsrat mit der Agenda Jugend, Frieden und Sicherheit und der dazugehörigen Resolution erstmals einen rechtlichen Rahmen, der die Beteiligung junger Menschen an Friedens- und Konfliktlösungsprozessen fördert. Die Resolutionen des UN-Sicherheitsrats zu Jugend, Frieden und Sicherheit verpflichten alle UN-Mitgliedsstaaten, die aktive Teilhabe junger Menschen auf allen Entscheidungsebenen in Bezug auf Frieden und Sicherheit sicherzustellen.

 

Jetzt liegt es an der Bundesregierung, einen Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung dieser Resolution und Agenda zu erstellen und zu verabschieden!

 

Kriminelle, radikale oder extremistische Einstellungen und Handlungen wirken jenseits sicherheitsrelevanter Aspekte tief in unsere Gesellschaften hinein. Das subjektive Unsicherheitsgefühl wird durch radikale Tendenzen im Allgemeinen verstärkt. Zusätzlich wird diese Dynamik durch die mediale Berichterstattung und den politischen Diskurs stark angeheizt. Die emotionale Aufladung der Thematik fördert wiederum Polarisierungen und reaktionäre Tendenzen, die offenen, demokratischen Gesellschaften entgegenwirken.

 

Es braucht deshalb einen differenzierteren Blick auf die komplexen Ursachen von Kinder- und Jugenddelinquenz und stärkere präventive Ansätze. Flächendeckend leistbare und niederschwellig zugängliche Angebote zu sozialarbeiterischen, therapeutischen und bildungspolitischen Maßnahmen für junge Menschen würden viele Probleme an der Wurzel angehen. Eine Senkung der Strafmündigkeit bzw. einer Verschärfung von Strafen für Jugendliche ist keine Lösung.

 

Extremistische Ideologien jeglicher Art, ob religiös oder politisch motiviert, einen ihre Gewaltbereitschaft, ihr Absolutheitsanspruch und ihre Polarisierung in Freund-Feind. Damit junge Menschen resilient gegenüber extremistischen Erzählungen sind, müssen sie selbst ernst genommen und gestärkt werden. Je weniger Perspektiven junge Menschen für sich sehen, desto eher lassen sie sich auf extremistische Erzählungen, die immer das Narrativ „Wir gegen die anderen“ bedienen, ein.

 

Extremistischen Tendenzen bei Jugendlichen muss mit präventiven Ansätzen begegnet werden. Präventionsarbeit erfordert ein sensibles, langfristiges und ganzheitliches Vorgehen und zielt auf soziales und emotionales Lernen ab, stärkt Ressourcen und fokussiert nicht auf Defizite. Präventionsmaßnahmen sollen zudem nicht nur die Offline-, sondern auch die Online-Welten von jungen Menschen berücksichtigen, weil sie dort oft gewaltverherrlichenden, menschenverachtenden und extremistischen Inhalten ausgesetzt sind, deren Einordnung schwierig sein kann. Präventionsarbeit muss daher auch den kritischen Umgang mit Medieninhalten und Falschinformationen in den Fokus stellen. Gleichzeitig braucht es entsprechende Gesetze und globale Zusammenarbeit, um vor allem soziale Medien und Online-Plattformen bei der Regulierung von radikalen Inhalten und Desinformation stärker in die Verantwortung zu nehmen. Radikalisierungstendenzen deuten immer auch auf Defizite in unseren Gesellschaften hin und betreffen nicht nur junge Menschen. Eine inklusive Politikgestaltung, die soziale Ungleichheiten eindämmt, beugt extremistischen Tendenzen in einer Gesellschaft am umfassendsten vor. Dies umfasst zum Beispiel einen inklusiven Zugang zu Bildung, Ausbildung und Arbeitsmarkt für alle, niederschwellig zugängliche sozialarbeiterische und therapeutische Angebote, starke Partnerschaften zwischen der Zivilgesellschaft und Behörden sowie (internationale) Vernetzung in der Extremismusprävention.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Familie und Jugend sowie der Innenminister, wird aufgefordert, unter Einbindung von Jugendvertretungen und relevanten Fachministerien bis spätestens Ende 2025 einen Nationalen Aktionsplan zur umfassenden Umsetzung der UN-Sicherheitsratsresolution „Jugend, Frieden und Sicherheit“ auszuarbeiten und zu beschließen.

 

Dieser Aktionsplan soll

·         die strukturelle Beteiligung junger Menschen an sicherheits-, bildungs- und gesellschaftspolitischen Entscheidungsprozessen sicherstellen,

·         präventive Maßnahmen zur Stärkung der Resilienz junger Menschen gegenüber extremistischen, menschenverachtenden und gewaltverherrlich-enden Ideologien beinhalten,

·         flächendeckend niederschwellige und leistbare Angebote im Bereich der Jugendsozialarbeit, Therapie, Medienkompetenzbildung und politischen Bildung fördern,

·         spezifische Maßnahmen zur Extremismusprävention in digitalen Räumen entwickeln,

·         Maßnahmen zur Förderung sozialer Gerechtigkeit, Inklusion und Chancengleichheit als langfristige Strategie gegen Polarisierung und Radikalisierung verankern,

·         eine verstärkte Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren sowie internationalen Partnern in der Extremismusprävention sicherstellen.“

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für innere Angelegenheiten vorgeschlagen.



[1] https://bjv.at/wp-content/uploads/2025/03/BJV_Position_Frieden-und-Sicherheit_2025.pdf