344/A(E) XXVIII. GP
Eingebracht am 18.06.2025
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Alma Zadić, Freundinnen und Freunde
betreffend Gemeinnützige Leistung statt Ersatzfreiheitsstrafe im Verwaltungsstrafrecht
BEGRÜNDUNG
Im September 2007 wurde die gemeinnützige Leistung anstelle einer Ersatzfreiheitstrafe unter dem Motto „Schwitzen statt Sitzen“ eingeführt (§§ 3 und 3a StVG). Wer seine Geldstrafe nicht zahlen kann, soll nicht ins Gefängnis, sondern gemeinnützige Arbeit erbringen. Seither können gerichtlich verurteilte Personen, deren Ersatzfreiheitstrafe nicht länger als neun Monate dauert, die Freiheitsstrafe im Verhältnis „1 Tag Freiheitsstrafe = 4 Stunden gemeinnützige Arbeit“ eintauschen. Bei Verwaltungsstrafen besteht diese Möglichkeit nicht.
Im Oktober 2012 erkannte der Verfassungsgerichtshof, dass diese Möglichkeit auch jenen Personen zustehen soll, gegen die eine Strafe im finanzstrafrechtlichen Verwaltungsverfahren verhängt wurde. Der Verfassungsgerichtshof begründete seine Entscheidung damit, dass das Finanzstrafgesetz ja gerade auf das Strafvollzugsgesetz verweise, in dem die Möglichkeit der gemeinnützigen Leistung anstelle einer Ersatzfreiheitstrafe vorgesehen sei. Außerdem sei es die Intention des Gesetzgebers gewesen, mit der Schaffung der gemeinnützigen Leistung im gerichtlichen Verfahren der Sozialschädlichkeit von kurzen Freiheitsstrafen begegnen zu können. Die Ersatzfreiheitstrafen im finanzstrafrechtlichen Verfahren würden in denselben gerichtlichen Gefangenenhäusern vollzogen werden. Es sei also grundsätzlich von der gleichen Sozialschädlichkeit auszugehen.
Nur im Bereich der verwaltungsstrafrechtlichen Ersatzfreiheitsstrafe besteht nach wie vor Handlungsbedarf. Kurze Gefängnisstrafen sind immer schlecht. Der deutsche Rechtswissenschaftler Franz von Liszt bezeichnete Gefängnisse einst als „Hochschule des Verbrechens“. In diesem Zusammenhang ist es auch nachrangig, ob es sich beim Gefängnis um eine Justizanstalt oder ein Polizeiliches Anhaltezentrum handelt. Dazu kommen mittelbare negative Begleiteffekte. Häftlinge können ihren Erwerb nicht mehr fortführen, ihnen droht der Jobverlust.
Seitens der zuständigen Verwaltungsbeamt:innen wird im Fall der Ausweitung der Möglichkeit gemeinnütziger Leistungen ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand befürchtet, der mit den zur Verfügung stehenden Personalressourcen nicht zu bewerkstelligen wäre. Doch wäre hier eine Lösung des Problems durchaus möglich. Der Verein Neustart vermittelte 2023 erfolgreich österreichweit über 2.179 Personen die Möglichkeit, anstelle einer gerichtlichen Ersatzfreiheitsstrafe eine gemeinnützige Arbeit zu leisten.[1] Hinzu kommen mehrere tausend Fälle der Vermittlung gemeinnütziger Tätigkeit im Rahmen von Diversion im gerichtlichen Strafverfahren. Die Strukturen wären also bereits vorhanden, das Modell grundsätzlich ausbaufähig.
Mit Mehrkosten ist dabei nicht zu rechnen, denn laut Justizministerium betragen die Kosten für einen Hafttag bereits 183 Euro pro Häftling. Es ist anzunehmen, dass das BMI auf eine ähnliche Zahl kommt.
Das Bundeskanzleramt hatte im Jahr 2017 bereits in einem Ministerentwurf (320/ME XXV GP) die Möglichkeit einer Erbringung gemeinnütziger Leistungen statt des Vollzugs von Ersatzfreiheitsstrafen vorgesehen (§ 54b Abs. 2 VStG-E). In der WFA wurde konstatiert, dass mit dem Vorschlag keine Mehrbelastung für den Bundeshaushalt verbunden sei.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler, wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der die gemeinnützige Leistung als Alternative zur Ersatzfreiheitsstrafe auch im Bereich des Verwaltungsstrafrechts vorsieht.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verfassungsausschuss vorgeschlagen.