351/A(E) XXVIII. GP

Eingebracht am 18.06.2025
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Peter Wurm

und weiterer Abgeordneter

betreffend Wiedereinführung der abschlagsfreien Pensionen mit 540 Beitragsmonaten für alle Berufsgruppen

 

 

Mit 1. Jänner 2022 wurde die sogenannte Hacklerregelung abgeschafft, obwohl sie langjährig Versicherten mit mindestens 540 Beitragsmonaten aus Erwerbstätigkeit einen abschlagsfreien Pensionsantritt mit 62 Jahren ermöglicht hatte. Diese Regelung wurde durch den pauschalen Frühstarterbonus ersetzt, der – unabhängig vom tatsächlichen Pensionsantrittsalter – einen geringen monatlichen Zuschlag für Versicherte mit mindestens 25 Jahren Beitragszeit vorsieht. Der Bonus ist sozial-politisch nicht treffsicher, belohnt keine durchgehende Erwerbstätigkeit und bringt deutlich weniger Leistung für jene, die am längsten ins System eingezahlt haben.

 

Der Vorarlberger AK-Präsident Hubert Hämmerle (ÖAAB) bezeichnete damals den Frühstarterbonus als „Schlag ins Gesicht jener, die am längsten in die Pensions-versicherung eingezahlt haben“, wie das Online-Medium „vol.at“ berichtete:

 

„‘[…] Das ist teurer und belohnt in Wahrheit all jene, die in Frühpension gehen. Wo liegt da der Sinn?‘, fragt AK-Präsident Hubert Hämmerle. Die Hacklerregelung sei der Regierung Kurz von Beginn an ein Dorn im Auge gewesen. Sie sieht vor, dass Arbeitskräfte nach 45 ‚echten‘ Beitragsjahren mit 62 Jahren in Pension gehen können, ohne Abschläge zu erleiden. Das kostet jährlich 30 Millionen Euro. Geld, das ohnedies von den Versicherten selbst eingezahlt wurde, so die AK. Weil Präsenzdienst und Zivildienst nicht angerechnet werden, erreichen nur wenige die Abschlagsfreiheit. ‚Und die haben sich das – weiß Gott – verdient‘, betont Hämmerle. […]

 

‚War nicht ein großes Argument gegen die Hacklerregelung ihre angebliche Unfinanzierbarkeit?‘, fragt Hämmerle. Jetzt entscheide sich die Bundesregierung für ein deutlich teureres Gießkannenprinzip, das alle belohne, egal, wie viel sie gearbeitet haben. Denn Voraussetzung für den ‚Frühstarterbonus‘ sind lediglich 25 Versicherungsjahre, die Auszahlung des Betrags soll unabhängig vom Zeitpunkt des Pensionsantritts geschehen.

 

Dass die Regierung mit dem Frühstarterbonus zudem Hackler und Frauen gegeneinander ausspiele, sei besonders perfide, so der Präsident der Arbeiterkammer: ‚Auch die AK ist der Ansicht, dass Frauen für ihre geleistete Arbeit eine höhere Pension gebührt. Aber Wege gäbe es da viele. Man könnte ja Kinderbetreuungszeiten stärker bewerten‘, schlägt Hämmerle vor. Denn die niedrigen Frauenpensionen hängen mit den Berufsunterbrechungen durch Familienarbeit und den langen Durchrechnungs-zeiten zusammen. Die AK zeige das schon lange auf.‘

 

Die neue Regelung zeige in den Augen von Hämmerle überdeutlich, wie viel der Regierung tatsächlich geleistete Arbeit wert ist: ‚Sie ist ein glatter Wortbruch und ein Schlag ins Gesicht der wirklichen Hackler.‘" [1]

 

Die Abschaffung der Hacklerregelung wurde 2020 auch von der SPÖ massiv kritisiert. In der Plenarsitzung vom 17. November 2020 brachte die SPÖ sogar einen Dringlichen Antrag ein, in welchem sie die damalige Bundesregierung aufforderte, die abschlags-freie Pension nach 540 Beitragsmonaten beizubehalten und diese auszuweiten. Rainer Wimmer (SPÖ), der den Antrag seitens seiner Fraktion einbrachte, warf der Regierung einen „sozialpolitischen Fehltritt“ vor. Hierzu geht aus der bezughabenden Parlamentskorrespondenz hervor:

 

„In seiner Begründung des Dringlichen Antrags unterstrich Rainer Wimmer (SPÖ), dass die Abschläge sozialpolitisch nicht gerechtfertigt seien. Er warf dem Bundeskanzler ‚Pensionsraub‘ vor und nannte dessen Vorgehen ‚unverfroren, respektlos und menschenverachtend‘. Die Wiedereinführung von Abschlägen würde eine wesentliche Kürzung bis zu rund 4.500 € bedeuten; das seien mehr als 100.000 € für die gesamte Pension, so sein weiteres Argument für die Beibehaltung der geltenden Hacklerregelung. Der SPÖ-Abgeordnete sprach in diesem Zusammenhang von einer Pensionskürzung, die ‚schäbig‘ sei.“[2]

 

Diese Kritik ist berechtigt – umso unverständlicher ist es, dass die SPÖ als Teil der aktuellen Bundesregierung keine Schritte zur Wiederherstellung dieser Gerechtigkeit gesetzt hat.

 

Hinzu kommt, dass Beamte und bestimmte Bedienstete der Post und Bahn bisher von dieser Möglichkeit ausgenommen waren, obwohl sie ebenfalls jahrzehntelang Beiträge leisten. Auch eine rückwirkende Korrektur für jene Versicherten, die trotz 540 Beitragsmonaten vor 2020 mit Abschlägen in Pension gehen mussten, ist aus Gründen der Gleichbehandlung geboten.

 

Gerade angesichts steigender Lebenserhaltungskosten und wachsender Altersarmut ist es notwendig, dass das Pensionssystem verlässlich und gerecht bleibt. Die Wiedereinführung der Hacklerregelung – erweitert und modernisiert – ist ein klares Zeichen der Anerkennung für Lebensleistung.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, die „Hacklerreglung“ in ihrer abschlagsfreien Variante wieder in Kraft zu setzen und zu ihrer Verbesserung dem Nationalrat unverzüglich eine Regierungsvorlage zu übermitteln, mit der

  1. die mit 1.1.2020 geltende Regelung grundsätzlich als Basis wieder in Kraft gesetzt wird und im wiedereinzuführenden § 236 Abs. 4b ASVG (welcher durch Art. 1 Z 2, BGBl. I Nr. 28/2021 aufgehoben wurde) und den analogen Bestimmungen im GSVG und BSVG Zeiten des Präsenz- und Zivildienstes als Beitragsmonate der Erwerbstätigkeit anerkannt werden,
  2. der abschlagsfreie Ruhebezug bei 540 Beitragsmonaten analog den Bestimmungen des § 236 Abs. 4b ASVG für Beamtinnen und Beamte sowie für definitiv gestellte Bedienstete der Post und Bahn geregelt wird, sowie,
  3. alle Pensions- und Ruhegenussleistungen mit 1.1.2020, die auf § 15 APG (Kontoerstgutschrift) beruhen oder die mit einem Stichtag ab 1.1.2014 und vor 1.1.2020 gewährt wurden und somit Abschläge bis zu 12,6 Prozent trotz 540 Beitragsmonaten aufweisen, neu berechnet und die sich ergebenden Differenzen rückwirkend mit dem 1.1.2020 ohne Abschläge ausbezahlt werden,
  4. die Anrechnung des Wehr- und Zivildienstes bei der Anerkennung der Beitragsmonate für die Bezugsberechtigten verpflichtend berücksichtigt wird.“

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird ersucht, diesen Antrag dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zuzuweisen.



[1]           https://www.vol.at/ak-statt-hacklerpension-teure-giesskanne/6809911

[2]    https://www.parlament.gv.at/aktuelles/pk/jahr_2020/pk1206