378/A(E) XXVIII. GP
Eingebracht am 10.07.2025
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Parlamentarische Materialien
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Elisabeth Götze, Barbara Neßler, Freundinnen und Freunde
betreffend Kinder- und Jugendschutz muss in die Gewerbeordnung
BEGRÜNDUNG
Mit dem Bundesverfassungsgesetz über die Rechte der Kinder hat der Nationalrat 2011 das umfassende Wohl von Kindern und Jugendlichen zu grundlegenden Staatszielen erklärt. Dennoch zeigt sich, dass dieser umfassende Schutz von Kindern und Jugendlichen in der Realität immer noch lückenhaft ist. So fehlen zum Beispiel in der Gewerbeordnung Qualitätskriterien für Gewerbetreibende, deren Angebot sich an Kinder oder Jugendliche richtet.[1] In diesem Sinne soll Kinderschutz in der Gewerbeordnung verankert werden.
Das betrifft insbesondere § 69 GewO. Hier wird festgelegt, dass der zuständige Bundesminister gesetzlich ermächtigt wird, zur Vermeidung einer Gefährdung von Leben oder Gesundheit von Menschen oder von Belastungen der Umwelt durch Verordnung festzulegen, welche Maßnahmen die Gewerbetreibenden bei der Gewerbeausübung zu treffen haben. Dies betrifft die Einrichtung der Betriebsstätten und die Produkte und Leistungen, die sie anbieten: Waren, die sie erzeugen oder verkaufen oder deren Verkauf sie vermitteln, die Einrichtungen oder sonstigen Gegenstände, die sie zur Benützung bereithalten, oder die Dienstleistungen, die sie erbringen. Der Schutz von Kindern und Jugendlichen ist in der Bestimmung nicht explizit angeführt. Daher kann der zuständige Minister auch keine entsprechende Verordnung erlassen, um den Schutz von Kindern und Jugendlichen im Rahmen der Gewerbeausübung sicherzustellen. Dies soll geändert werden.
Darüber hinaus soll eine Gewerbeberechtigung für das Abhalten von Freizeit- oder Lernaktivitäten mit Kindern nur Personen zulassen, die keine einschlägigen Vorstrafen aufweisen. Weiters sollen die Gewerbebehörden bei Einzelunternehmen die Vorlage der Strafregisterbescheinigung „Kinder- und Jugendfürsorge“ von jenen Personen verlangen, bei denen der Kund:innenkreis primär aus Kindern und Jugendlichen besteht oder Jugendliche als Mitarbeiter:innen (zB Lehrlinge) eingesetzt werden. Deshalb sollen die Regelungen der Unbescholtenheit nach § 13 GewO angepasst und der bestehende Katalog um kinderschutzrelevante Straftaten erweitert werden.[2]
Schon nach dem geltenden Recht wird den Sorgfaltspflichten eines „ordentlichen Unternehmers“ eine große Rolle eingeräumt. Demnach ist es wichtig, die unternehmerischen Tätigkeiten gewissenhaft auszuüben und die spezifischen Risiken zu beachten. Wenn mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet wird oder der Unternehmenszweck sogar auf diese Zielgruppe ausgerichtet ist, braucht es in diesem Sinne auch eine besondere Qualitätssicherung und entsprechende Schutzmaßnahmen. Deshalb sollen Präventionsmaßnahmen ausgearbeitet werden, die bestmöglich sicherstellen, dass Kinder und Jugendliche im Rahmen von unternehmerischen Tätigkeiten keinen Übergriffen ausgesetzt sind. Dafür soll die verpflichtende Implementierung von Kinderschutzkonzepten[3] vorgesehen werden. Durch einen solchen Prozess werden etwaige Risiken analysiert, eine klare Haltung gegen Gewalt eingenommen, der rechtliche Rahmen definiert, Verantwortlichkeiten und Abläufe fixiert, Einstellungskriterien festgelegt, Verhaltensrichtlinien bzw. ein Verhaltenskodex formuliert, ein Beschwerdemanagement entwickelt sowie ein Interventionsplan erarbeitet. Ein Kinderschutzkonzept bewirkt, dass das Risiko für Kinder und Jugendliche in der Organisation minimiert wird. Weiters werden die Mitarbeitenden geschützt, weil sie Abläufe kennen und wissen, was zu tun ist und wer zu informieren ist, wenn sie sich Sorgen um ein Kind machen. Und schließlich wird dadurch auch die Organisation selbst geschützt. Jedenfalls sind Kinder und Jugendliche über zuständige Ansprechpersonen zu informieren.
Das Kinderschutzkonzept kann unter anderem im Bereich des gewerberechtlichen Betriebsanlagenrechts als Teil des Genehmigungsbescheids (Auflagen) Teil des Genehmigungskonsenses werden. Mit einem Schutzkonzept zeigt die Organisation, dass sie Kinderschutz ernst nimmt und Prävention in der Praxis umsetzt. Das ist auch für Eltern als potenzielle Kund:innen ein Qualitätsmerkmal und kann die Attraktivität der Angebote noch erhöhen.
Durch dieses umfassende Paket wird die Gewerbeordnung „fit für den Kinderschutz“. Neben der Sicherheit von Kindern und Jugendlichen profitieren auch die Unternehmen selbst, deren Reputation bei Fällen einer Kinderrechtsverletzung stark leidet.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wirtschaft, Energie und Tourismus, wird ersucht, zum Schutz des Kindeswohls im Rahmen der Gewerbeausübung eine Regierungsvorlage auszuarbeiten, mit welcher der Schutz von Kindern und Jugendlichen erhöht wird:
· In der Regierungsvorlage ist zum einen § 69 GewO dahingehend zu ändern, dass der Schutz von Kindern und Jugendlichen in der Bestimmung verankert wird.
· Darüber hinaus sollen Personen von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen werden, deren Angebot sich an Kinder und Jugendliche als Konsument:innen bzw. Klient:innen richtet und die wegen eines einschlägigen an Kindern oder Jugendlichen begangenen Delikts von einem Gericht verurteilt worden sind.
· Zudem sollten für Gewerbe, bei denen Kinder und Jugendliche Konsument:innen bzw. Klient:innen sind oder als Mitarbeiter:innen tätig sind, von Gewerbetreibenden verpflichtend Kinderschutzkonzepte vorgelegt werden. Dabei soll ein Kinderschutzkonzept eine Schutz- und Risikoanalyse umfassen, aus der ein institutionelles Schutzkonzept abgeleitet wird. Dazu hat die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz entsprechende Vorlagen hinsichtlich der Mindestinhalte zur Verfügung zu stellen.
Darüber hinaus wird der Bundesminister für Wirtschaft, Energie und Tourismus aufgefordert, in der Regierungsvorlage sicherzustellen, dass für gewerbliche Betriebsanlagen, in denen Kinder und Jugendliche Konsument:innen bzw. Klient:innen sind oder es jugendliche Mitarbeiter:innen gibt, entsprechende Auflagen durch die zuständige Behörde vorgeschrieben werden können.“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie vorgeschlagen.
[1] Die Tatsache, dass die Rechte von Kindern und Jugendlichen auch in der Arbeitswelt noch unzureichend Berücksichtigung finden, ist erst bei der letzten Überprüfung der Umsetzung der VN-KRK in Österreich durch die VN-Kinderrechtskommission hervorgehoben worden. Committee on the Rights of the Child, CRC/C/AUT/CO/5-6, 10. Februar 2020, insbesondere Rz 22ff; 29.
[1] Für nähere Informationen zu Kinderschutzkonzepten siehe beispielsweise https://www.schutzkonzepte.at/ueber-schutzkonzepte/.
[2] Darunter fallen etwa die Delikte nach §§ 92, 206, 207, 207a StGB.
[3] Ein Kinderschutzkonzept ist ein Organisationsentwicklungsprozess nach internationalen Standards, bei dem sich Organisationen, Vereine, Firmen oder Einzelunternehmer:innen mit möglichen Risiken für Kinder und Jugendliche in ihrem Angebot auseinandersetzen und Maßnahmen definieren, um diesen identifizierten Risiken zu begegnen. Hierfür gibt es bereits viele passende Vorlagen und Leitfäden, die genutzt werden können.