412/A XXVIII. GP
Eingebracht am 24.09.2025
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möglich.
Antrag
der Abgeordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Mag. Heinrich Himmer, Mag. Martina von Künsberg Sarre,
Kolleginnen und Kollegen,
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 (UG) geändert wird
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
Das Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 50/2025, wird wie folgt geändert:
1. § 40d Abs. 1 lautet:
„(1) Die Universität für Weiterbildung Krems ist berechtigt, Universitätslehrgänge, das ordentliche Masterstudium Psychotherapie und Doktoratsstudien anzubieten.“
2. In § 71c Abs. 3 wird nach der Wortfolge „Im Studium Humanmedizin“ die Wortfolge „und im Masterstudium Psychotherapie“ eingefügt.
3. In § 71c Abs. 4 wird nach dem Wort „Zahnmedizin“ die Wortfolge „sowie das Masterstudium Psychotherapie“ eingefügt.
4. In § 71c Abs. 5 erster Satz wird nach der Wortfolge „Im Studium Humanmedizin“ die Wortfolge „und im Masterstudium Psychotherapie“ und nach dem Wort „ärztlichen“ die Wortfolge „und psychotherapeutischen“ eingefügt.
5. In § 71c Abs. 5 zweiter Satz wird nach der Wortfolge „im Studium Humanmedizin“ die Wortfolge „und im Masterstudium Psychotherapie“ eingefügt.
6. § 71c Abs. 5 letzter Satz lautet:
„75 vH der Gesamtstudienplätze für Studienanfängerinnen und -anfänger stehen
1. den Inhaberinnen und Inhabern in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse,
2. den Angehörigen von Personengruppen im Sinn der Personengruppenverordnung sowie
3. den Absolventinnen und Absolventen einer fachlich einschlägigen Studienberechtigungsprüfung nach § 64a, sofern diese entweder selbst wenigstens fünf zusammenhängende Jahre unmittelbar vor der Ablegung der Studienberechtigungsprüfung ihren Hauptwohnsitz in Österreich hatten oder mindestens eine gesetzliche Unterhaltspflichtige oder einen gesetzlichen Unterhaltspflichtigen haben, bei der bzw. dem dies der Fall ist,
zur Verfügung.“
7. In § 143 Abs. 95 Z 4 wird die Wortfolge „mit 1. Oktober 2026“ durch die Wortfolge „mit dem auf die Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2025 folgenden Tag“ ersetzt.
8. Dem § 143 wird folgender Abs. 107 angefügt:
„(107) § 40d Abs. 1, § 71c Abs. 3, 4 und 5 sowie § 143 Abs. 95 Z 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2025 treten mit dem auf die Kundmachung folgenden Tag in Kraft.“
Begründung:
Ziel der Novellierung ist die Aufnahme des mit dem Wintersemester 2026/27 beginnenden Masterstudiums Psychotherapie in die Regelung für bestimmte, dem deutschen Numerus clausus unterliegende Studienrichtungen.
Der Europäische Gerichtshof erklärte 2005 die damalige Zugangsregelung, wonach nicht in Österreich ausgestellte Reifezeugnisse nur dann zum Hochschulzugang berechtigen, wenn gleichzeitig eine entsprechende Studienberechtigung im Ausland nachgewiesen wird, für unionsrechtswidrig. Die daraufhin erforderliche Neuregelung erfolgte dergestalt, dass für die Studien Humanmedizin sowie Zahnmedizin feste Quoten für Inhaberinnen und Inhaber österreichischer Reifezeugnisse zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung der österreichischen Bevölkerung eingeführt wurden. Die Quotenregelung für das Studium Zahnmedizin entfiel mit der Novelle BGBl. I Nr. 8/2018.
In der Humanmedizin kam es nach dem Wegfall des Herkunftslandprinzips 2005 zu einem Ansturm internationaler Studierender (insbesondere aus Deutschland), der dazu führte, dass die Zahl der deutschen Studierenden im ersten Studienjahr von vorher 3,8 % der Studierenden auf 35,6 % stieg. Dies war in Verbindung mit dem mangelnden Verbleib der überwiegenden Zahl der deutschen Absolventinnen und Absolventen geeignet, die Gesundheitsversorgung in Österreich zu gefährden. Daher wurde letztendlich auch die Quotenregelung für das Fach Humanmedizin von der Europäischen Kommission anerkannt.
Mit Wintersemester 2026/27 wird die psychotherapeutische Ausbildung in Österreich mit dem Masterstudium Psychotherapie gemäß Psychotherapiegesetz 2024 (PThG 2024), BGBl. I Nr. 49/2024, akademisiert. Psychotherapie ist als Fachgebiet eng mit der Gesundheit der österreichischen Bevölkerung verbunden, wobei ein ausreichendes Angebot in Österreich wichtig für eine entsprechende Gesundheitsversorgung ist. Eine breite Verfügbarkeit und Nutzung von Psychotherapie ist entscheidend, um psychische Erkrankungen in der Bevölkerung zu reduzieren.
Die Entwicklungen im Fach Humanmedizin können als Vergleich für mögliche künftige Entwicklungen im Masterstudium Psychotherapie dienen. Da eine ähnliche Entwicklung wie in der Humanmedizin im Bereich des voraussichtlich besonders nachgefragten Masterstudiums Psychotherapie zu erwarten ist, ist es auch bei diesem Studium erforderlich, Maßnahmen zur Sicherung der künftigen österreichischen Gesundheitsversorgung zu treffen. Eine solche präventive Maßnahme ist gemäß der Judikatur des EuGH zulässig, wenn eine Ungewissheit hinsichtlich des Vorliegens oder der Bedeutung der Gefahren für die öffentliche Gesundheit bleibt (EuGH 13.04.2010, Rs C-73/08, Bressol, Rn 70).
Aus diesen Gründen wird mit der Verortung der Psychotherapie in Abs. 5 für das Masterstudium Psychotherapie die Quotenregelung wie bei der Humanmedizin eingeführt und es können auch in diesem Fachbereich Studienplätze iSd Abs. 5a für Aufgaben im öffentlichen Interesse gewidmet werden.
Diese sichernde Maßnahme steht auch in einem größeren internationalen Kontext. Am 26. März 2025 veröffentlichte die EU eine gemeinsame Mitteilung über die Europäische Strategie für eine Union der Krisenvorsorge (JOIN(2025) 130 final). Mit der Strategie sollen die Mitgliedstaaten unterstützt und die Fähigkeit Europas verbessert werden, sich abzeichnende Bedrohungen zu verhindern und darauf zu reagieren. Das übergeordnete Ziel der Union in der Krisenvorsorge besteht darin, eine sichere und resiliente EU mit den Fähigkeiten zu schaffen, die erforderlich sind, um Bedrohungen und Gefahren unabhängig von ihrer Art oder ihres Ursprungs zu antizipieren und zu bewältigen. Die EU-Strategie verfolgt einen integrierten gefahrenübergreifenden, behördenübergreifenden und gesamtgesellschaftlichen Ansatz.
Gemäß § 71c Abs. 2 UG idF BGBl. I Nr. 50/2024, der nun gleichzeitig mit der Ausweitung der Quotenregelung auf das Masterstudium Psychotherapie in Kraft treten soll, sind in diesem Studium bis zu 500 Studienplätze für Studienanfängerinnen und -anfänger pro Studienjahr zur Verfügung zu stellen. Die Finanzierung dieser Studienplätze an öffentlichen Universitäten wird über Ergänzungen der jeweiligen Leistungsvereinbarungen sichergestellt. Die Studienplätze sind nach einem festgelegten Schlüssel auf die zehn beteiligten Universitäten aufgeteilt. Um vorhandene Ressourcen effizient zu nutzen, haben die Universitäten sich nach Möglichkeit zu Verbünden zusammengeschlossen.
Mit der Neufassung des § 40d Abs. 1 UG wird die gesetzliche Grundlage zur Durchführung des (ordentlichen) Masterstudiums für Psychotherapie an der Universität für Weiterbildung Krems (UWK) geschaffen. Die UWK zählt damit zu jenen Universitäten, die künftig das Masterstudium Psychotherapie anbieten werden. In den vergangenen zehn Jahren wurden regelmäßig zwischen 100 und 150 neue Studierende pro Jahr im außerordentlichen Studium Psychotherapie (MSc) zugelassen. Der Bereich Psychotherapie der UWK verfügt über eine qualifizierte Personalausstattung und klinische Anbindung.
Die Prognose zu prüfungsaktiven Studien, Studiendauer und Absolventinnen bzw. Absolventen gliedert sich wie folgt: Jedes Jahr fangen 500 neue Studierende an, 5 % davon fallen ohne Abschluss aus dem Studium (Dropout). 50 % der Verbleibenden schließen nach vier Semestern ab, die übrigen 50 % nach fünf Semestern. Jährlich werden also 475 Studierende das Masterstudium abschließen. Eine Quote von 75 % Studierenden mit österreichischem Reifeprüfungszeugnis entspricht jährlich 356 Absolventinnen und Absolventen mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit pro Jahr.
Im Studium Humanmedizin sind nach einer vom damaligen BMBWF beauftragten Studie von denjenigen Personen, die im Jahr 2022 ihr Studium abgeschlossen haben, 94 % der österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, aber nur 48 % der deutschen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger nach dem Studium in Österreich erwerbstätig bzw. in einer facheinschlägigen postgradualen Ausbildung. Mit ähnlichen Daten ist auch in der Psychotherapie zu rechnen, weshalb eine Quotenregelung erforderlich ist, damit ein entsprechend hoher Anteil der Absolventinnen und Absolventen des Masterstudiums nach Abschluss des Studiums in Österreich den Beruf ausüben wird. Wie aus den jährlichen Berichten der OECD zur Situation der staatlichen Gesundheitssysteme „Health at a Glance“ hervorgeht, ist gleichzeitig auch nicht abzusehen, dass viele im Ausland ausgebildete Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten nach Österreich zuziehen werden, um hier den Beruf auszuüben, da auch außerhalb Österreichs eine Mangelsituation an qualifizierten Personen in der Psychotherapie besteht.
Im Bachelorstudium Psychologie, das ein wichtiges Zubringerstudium zum Masterstudium Psychotherapie sein wird (siehe auch § 10 Abs. 2 Z 2 PThG 2024), beträgt je nach Studienstandort der Anteil deutscher Studierender bis zu 80 %. Darüber hinaus ist die Anzahl der Zubringerstudien im PThG 2024 deutlich höher als die Anzahl der Studien, die in Deutschland zu einem Masterstudium Psychotherapie berechtigen. Insgesamt wurden im Bachelorstudium Psychologie in Österreich im Studienjahr 2023/24 1.430 Studienanfängerinnen und Studienanfänger zum Studium zugelassen, davon waren 763, also 53 %, ausländische Staatsangehörige. Es ist von ähnlichen Verhältnissen im Masterstudium Psychotherapie auszugehen, daher würde dieses Studium für die langfristige Sicherstellung der Gesundheitsversorgung in Österreich nur unzureichend beitragen, wenn der Anteil von Inhaberinnen und Inhabern österreichischer Reifezeugnisse nicht durch eine Quotenregelung entsprechend gesichert wird.
Zum Bedarf an Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ist anzumerken, dass in Österreich laut dem Österreichischen Bundesverband für Psychotherapie (ÖBVP) jährlich 925.000 Menschen das Gesundheitssystem aufgrund psychischer Erkrankungen in Anspruch nehmen. Davon werden 850.000 Personen Psychopharmaka verschrieben. Etwa 84.000 Personen erhalten kassenfinanzierte Psychotherapie und etwa 70.000 Menschen einen Kostenzuschuss der Krankenkassen für psychotherapeutische Leistungen. Es gibt in Österreich etwa 12.620 staatlich anerkannte Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. 8.000 Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sind in Ausbildung.
In der Berufsgruppe der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ist allerdings in nächster Zeit mit vielen Pensionierungen zu rechnen, wodurch die Versorgungslage verschlechtert wird. So ist zu erwarten, dass in den kommenden zehn Jahren etwa 40 % der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten altersbedingt ihre Tätigkeit einstellen oder zumindest reduzieren werden. In einer Studie der Gesundheit Österreich GmbH aus 2023 mit dem Titel „Versorgungslage und zukünftiger Bedarf im Bereich Psychotherapie“ wurde festgestellt, dass 34,1 % der eingetragenen Psychotherapeutinnen und 37,7 % der eingetragenen Psychotherapeuten über 56 Jahre alt sowie rund 21 % der eingetragenen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten mindestens 65 Jahre alt waren.
Demnach wird bei einer gleichbleibenden Entwicklung der Absolventinnen- und Absolventenzahlen eine Anzahl von etwa 13.125 Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten und somit ein moderates Versorgungsziel von 3,5 % der Bevölkerung erreicht. Derzeit liegt die Versorgungsquote bei 2,6 %. Erstrebenswert ist ein noch höheres Versorgungsziel von fünf Prozent der Bevölkerung, wofür 18.750 Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten notwendig wären. Schon das Ziel von 3,5 % ist aber nur möglich, wenn ein entsprechend hoher Anteil der Absolventinnen und Absolventen der Psychotherapieausbildung in Österreich den Beruf ausübt, wovon bei Studierenden mit österreichischem Bildungshintergrund in weit höherem Maße auszugehen ist. Nach dieser Studie werden zusätzlich jährlich zwischen 1.888 und 2.567 Ausbildungsplätze benötigt, um im Jahr 2040 die Anzahl an Psychotherapeutinnen und ‐therapeuten sicherzustellen, die dem derzeitigen Stand und Versorgungsgrad entspricht. Der konkrete Bedarf an Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten wird zur Sicherstellung der Verhältnismäßigkeit der Quote im Austausch mit der Europäischen Kommission laufend evaluiert.
Nach der Konzeption des PThG 2024 ist für den ersten Ausbildungsabschnitt eine breite Palette an Bachelor- und Diplomstudien vorgesehen, die geeignete Vorstudien für das Masterstudium Psychotherapie sind. Da eine Quotenregelung für alle diese Studien nicht möglich und erwünscht wäre, ist es notwendig, bei der Zulassung zum Masterstudium Psychotherapie abweichend von der allgemeinen Vorschrift des § 64 Abs. 3 im Zulassungsverfahren auf den Ausstellerstaat des Reifezeugnisses abzustellen. Dadurch kann eine ausreichende Nahebeziehung zum österreichischen Bildungssystem und der Verbleib zur Berufsausübung in Österreich erwartet werden. Da das abgeschlossene Masterstudium Psychotherapie die akademische Berufsausbildung auf dem gleichen Bildungsniveau wie das Diplomstudium der Humanmedizin abschließt (danach folgt mit dem 3. Abschnitt bzw. der Turnus- oder Facharztausbildung eine postgraduelle Berufsausbildung), werden hinsichtlich der Quote iHv 75 % dieselben Schlüsse betreffend den Versorgungsgrad für das Gesundheitssystem gezogen wie bei der Grundausbildung der Medizinerinnen und Mediziner.
Nach der Rechtsprechung des EuGH sind bei Maßnahmen wie einer Quotenregelung zugunsten von Personen mit inländischem Bildungshintergrund auch vermeintlich gelindere Mittel wie z.B. Anreizmodelle (etwa Stipendien- und Studiengebührensysteme) zu prüfen. Im Fall Österreichs wäre allerdings der Lenkungseffekt solcher Regelungen denkbar gering, da hierfür wohl Voraussetzung wäre, dass eine allfällige Abschlagszahlung außerordentlich hoch veranschlagt wäre. Da in Österreich innerhalb der Regelstudienzeit für EU- bzw. EWR-Staatsangehörige keine Studienbeiträge erhoben werden, kommt ein derartiges Modell kaum infrage.
Im Sinne der Chancengleichheit und Durchlässigkeit des österreichischen Bildungssystems sollen auch Absolventinnen und Absolventen einer Studienberechtigungsprüfung an einer österreichischen Universität sowohl beim Studium Humanmedizin als auch beim Masterstudium Psychotherapie unter die Quote für Inhaberinnen und Inhaber eines österreichischen Reifezeugnisses und diesen gleichgestellte Personengruppen fallen. Dabei soll ein Wohnsitzerfordernis eingeführt werden, um sicherzustellen, dass Studienwerberinnen und Studienwerber mit Studienberechtigungsprüfung für eine längere Zeitdauer, die mit einem Schulbesuch in Österreich vergleichbar ist, ihren Wohnsitz in Österreich haben.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Digitalisierung vorgeschlagen.