419/A XXVIII. GP

Eingebracht am 24.09.2025
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ANTRAG

 

des Abgeordneten MMag. Dr. Michael Schilchegger

und weiterer Abgeordneter

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die äußeren Rechtsverhältnisse islamischer Religionsgesellschaften (Islamgesetz 2015) und das Bundesgesetz vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) geändert wird (Scharia-Verbotsnovelle)

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die äußeren Rechtsverhältnisse islamischer Religionsgesellschaften (Islamgesetz 2015) und das Bundesgesetz vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) geändert werden (Scharia-Verbotsnovelle)

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Artikel 1

Änderung des Bundesgesetzes über die äußeren Rechtsverhältnisse islamischer Religionsgesellschaften

 

Das Bundesgesetz über die äußeren Rechtsverhältnisse islamischer Religions-gesellschaften (Islamgesetz 2015), BGBl. I Nr. 39/2015, zuletzt geändert durch das BGBl. I Nr. 146/2021, wird wie folgt geändert:

 

Im 1. Abschnitt wird nach § 2. folgender § 2a samt Überschrift angefügt:

 

Verbot der Anwendung islamischen Rechts (Scharia)

 

§ 2a. (Verfassungsbestimmung) Verträge und sonstige Rechtsakte sind insoweit nichtig, als darin eine unmittelbare oder mittelbare Anwendung der islamischen Rechtsordnung (Scharia) vereinbart oder angeordnet wird. An ihrer Stelle sind erforderlichenfalls die entsprechenden Bestimmungen des österreichischen Rechtes anzuwenden.“

 

Artikel 2

Änderung des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht

 

Das Bundesgesetz vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR - Gesetz), BGBl. Nr. 304/1978, zuletzt geändert durch das BGBl. I Nr. 147/2022, wird wie folgt geändert:

 

In Abschnitt I wird nach § 6 folgender § 6a samt Überschrift angefügt:

 

„Unbeachtlichkeit des islamischen Rechts (Scharia)

 

§ 6a. (Verfassungsbestimmung) Anstelle einer islamischen Rechtsordnung oder Teilrechtsordnung sind die österreichischen Sachnormen (Rechtsnormen mit Ausnahme der Verweisungsnormen) anzuwenden. Dies gilt auch bei Rechtswahl der Parteien.“

 

 

Begründung

 

Österreichs Rechtsordnung fußt auf dem Bundes-Verfassungsgesetz und dem Prinzip der Trennung von Staat und Religion. Dieses Fundament sichert Rechtsfrieden, Gleichheit vor dem Gesetz und Rechtssicherheit für alle Bürger und Unternehmen.

 

Klassische Normen des islamischen Rechts („Scharia“) sind mit diesen Grundwerten unvereinbar: Im Strafrecht sieht die Scharia drakonische Körper- und Todesstrafen vor – etwa Steinigung oder Amputation –, die diametral zur Konventionsgarantie des Artikel 3 der EMRK stehen, der Folter und unmenschliche Behandlung untersagt.

 

Auch im Privatrecht etabliert die Anwendung der Scharia bestimmte Strukturen, die mit der österreichischen Gleichbehandlung unvereinbar sind:

 

·         Frauen werden gegenüber Männern im Schadenersatzrecht sowie im Eherecht, Erbrecht und in Verfahrensrechten benachteiligt,

·         Nicht-Muslime werden gegenüber Muslimen diskriminiert, was der Freiheit der Religionsausübung entgegensteht,

 

Solche Normen stehen fundamentalen Grundsätzen des österreichischen Verfassungsrechts entgegen (Art 7 B-VG, Artikel 14 der EMRK u.a.)

 

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat im Urteil Refah Partisi u.a./Türkei vom 13. Februar 2003[1] (Bsw 41340/98, Rz 40, 125 ff) klar ausgesprochen, dass die islamische Rechtsordnung mit den Grundprinzipien einer demokratischen, säkularen Rechtsordnung unvereinbar ist, weil sie durch die EMRK garantierte Freiheitsrechte missachtet. Dieses Urteil liefert einen europäischen Referenzpunkt und belegt die Notwendigkeit einer eindeutigen nationalen Regelung.

 

Diese Einschätzung deckt sich im Übrigen mit Aussagen des Bundeskanzlers Dr. Christian Stocker (ÖVP) im ORF-Sommergespräch 2025, „Wir dürfen die Scharia einfach nicht als Rechtsordnung akzeptieren, weder in Teilen noch im Gesamten für Streitschlichtung in einer freien Demokratie.[2]

 

Der gegenständliche Gesetzesantrag gewährleistet in diesem Sinne, dass die Scharia niemals – auch nicht auf Basis einer Vereinbarung oder eines Vereinsstatuts – Bestandteil der österreichischen Rechtsordnung sein kann. Mit einer solchen Regelung setzt der Gesetzgeber ein klares Bekenntnis zu Rechtsstaatlichkeit, Gleichbehandlung und zum säkularen Charakter des Staates und etabliert einen normativen Anker, der die Integrität des österreichischen Rechts wahrt und Grund- und Freiheitsrechte schützt – unabhängig von Geschlecht, Religion oder Herkunft.

 

Zu § 2a IslamG: Diese Bestimmung beabsichtigt den Ausschluss der Anwendung des islamischen Rechts („Scharia“) durch österreichische Behörden und Gerichte infolge eines gesetzlichen Verbots, das eine absolute Nichtigkeit gemäß § 879 Abs. 1 ABGB begründet. Das Verbot wendet sich ausschließlich gegen die Anwendung der Scharia. Soweit es der hypothetische Parteiwillen jener Parteien zulässt, die von der Verbotsnorm betroffen sind, ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht notwendigerweise von einer Gesamtnichtigkeit des Privatrechtsaktes, sondern von einer Teilnichtigkeit auszugehen (vgl. OGH 6 Ob 195/18x mwN). Anstelle der nichtigen Bestimmung tritt das dispositive österreichische Recht.

 

Eingriffe in die Vertragsautonomie sind der österreichischen Rechtsordnung nicht fremd (vgl. § 879 ABGB, § 87 EheG, §§ 6, 9 KSchG, §§ 16 Abs. 2, 30 Abs. 3 MRG, § 82 GmbHG usw.).

 

Fallbezogen ist die Anordnung der Nichtigkeit notwendig und verhältnismäßig, um den säkularen Rechtsstaat zu schützen und der Entstehung islamistischer Parallel-gesellschaften in Österreich entgegenzuwirken (EGMR 13.02.2003, Bsw 41340/98, Rz 40, 125 ff1).

 

Zu § 6a IPRG: Diese Bestimmung enthält die notwendige Ergänzung des § 2a IslamG verankerten Verbots bei der Anwendung des internationalen Privatrechts. Andernfalls könnte das Verbot nach dem Grundsatz der stärkeren Beziehung zu einem Staat, in dem islamisches Recht gilt oder durch eine dahingehende Rechtswahl umgangen werden. § 6a IPRG schließt diese Umgehungsmöglichkeit aus.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird ersucht, diesen Antrag dem Verfassungsausschuss zuzuweisen.

 

Gleichzeitig wird die Abhaltung einer ersten Lesung binnen 3 Monaten verlangt.



[1]   https://hudoc.echr.coe.int/eng#{%22itemid%22:[%22001-60936%22]}

[2]   https://www.youtube.com/watch?v=qBl4ieISKDI