448/A(E) XXVIII. GP
Eingebracht am 24.09.2025
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Parlamentarische Materialien
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Meri Disoski, Freundinnen und Freunde
betreffend Österreich muss sich für einheitliche EU Position zur Verbesserung der Situation in Gaza und den Nahost-Friedensprozess einsetzen
BEGRÜNDUNG
Am 7. Oktober 2023 griff die Terrororganisation Hamas Israel mit einer beispiellosen Brutalität an. Tausende Raketen wurden abgefeuert, bewaffnete Kämpfer drangen in israelische Ortschaften und Kibbuzim ein, überfielen Häuser und ermordeten mehr als 1.200 Zivilist:innen und Sicherheitskräfte. Es kam zu Folterungen, Vergewaltigungen, Verstümmelungen, Plünderungen und Brandanschlägen. 251 Kinder, Frauen und Männer wurden in den Gazastreifen verschleppt. Noch immer befinden sich 48 Menschen in der Gewalt der Hamas, von denen nur ein Teil am Leben sein soll. Dieses Massaker war der größte Massenmord an Jüdinnen und Juden seit der Shoah. Es markiert eine Zäsur für Israel und für jüdische Gemeinschaften weltweit und ist auf das Schärfste zu verurteilen. Die alleinige Verantwortung für diesen Angriff trägt die Hamas. Die israelische Regierung hat jedoch nach dem Versagen ihrer Sicherheitsdienste eine militärische Großoffensive gestartet, deren Folgen katastrophal sind.
Der Krieg in Gaza mit seinen katastrophalen Auswirkungen belastet inzwischen das Verhältnis zwischen Israel und der internationalen Staatengemeinschaft schwer. Auch wenn klar ist, dass Israels Existenzrecht unangetastet bleibt, die Hamas als Terrororganisation sofort entwaffnet und zerstört werden muss und die Palästinenser:innen einen zukünftigen demokratischen Staat neben Israel nur ohne die Hamas aufbauen können, müssen das Völkerrecht und die Menschenrechte uneingeschränkt eingehalten werden.
Mit der Operation „Eiserne Schwerter“ verfolgt Israel das Ziel, die Hamas zu zerschlagen und die Geiseln zu befreien. Zugleich wurde der Krieg in Gaza zu einem Konflikt, dessen humanitäre Auswirkungen ein kaum vorstellbares Ausmaß angenommen haben. Seit Beginn des Krieges am 7. Oktober 2023 starben nach UN-Angaben rund 65.000 Menschen durch israelische Angriffe, mehr als 165.000 wurden verletzt.[1] Die Zivilbevölkerung leidet unter systematischer Vertreibung, Hunger und fehlender medizinischer Versorgung. Kinder sind in besonderem Maße betroffen. Hilfsorganisationen berichten von Menschen, die bei der Verteilung von Nahrungsmitteln erschossen wurden. Seit Ende Mai 2025 sollen über 1000 Menschen in der Nähe von Hilfskonvois und Verteilzentren getötet worden sein. Auch Mitarbeiter:innen humanitärer Hilfsorganisationen und Journalist:innen sind gezielt getroffen worden. Laut Reporter ohne Grenzen wurden seit Oktober 2023 mehr als 200 Medienschaffende in Gaza getötet. Das UN-Nothilfebüro OCHA dokumentiert, dass im Jahr 2024 fast die Hälfte der weltweit 383 getöteten Hilfskräfte in Gaza ums Leben kam.
Die katastrophale Ernährungslage hat sich so verschärft, dass FAO, UNICEF, WFP und WHO bis Ende September 2025 für über 640.000 Menschen im Gazastreifen die Einstufung „katastrophale Ernährungssicherheit“ (IPC-Phase 5) erwarten. Fast die gesamte landwirtschaftliche Fläche in Gaza ist zerstört oder unzugänglich[2]. Die Verwendung von Hunger als Kriegswaffe stellt einen eklatanten Bruch des Völkerrechts dar. Israel trägt als Besatzungsmacht die Verantwortung für den Schutz der in Gaza lebenden Bevölkerung, einschließlich ihrer Versorgung mit Nahrung, Wasser und medizinischer Hilfe.
Am 16. September 2025 begann die israelische Armee eine Großoffensive auf Gaza-Stadt, trotz massiver internationaler Kritik. Hunderttausende Menschen flohen Richtung Süden, viele bereits zum wiederholten Male. Die verbliebene Bevölkerung hat kaum noch Zugang zu lebensnotwendigen Ressourcen. Internationale Expert:innen sowie Vertreter:innen der Vereinten Nationen bezeichnen die Krise in Gaza als „vermeidbar und menschengemacht“.
Währenddessen schreitet die illegale Ausweitung israelischer Siedlungen im Westjordanland unvermindert fort. Im August 2025 genehmigte ein Planungsausschuss den Ausbau im sogenannten E1-Gebiet zwischen Ost-Jerusalem und der Siedlung Maale Adumim. Dieses Projekt würde das Westjordanland faktisch in zwei Teile zerschneiden und einen zusammenhängenden palästinensischen Staat verunmöglichen. Die Regierungsparteien „Religious Zionism“ und „Otzma Yehudit“ treten offen für die vollständige Souveränität Israels über das gesamte Westjordanland ein und rufen zu ethnischen Säuberungen auf. Radikale Siedlerangriffe auf Palästinenser:innen nehmen stark zu. Seit dem 7. Oktober 2023 wurden im Westjordanland 979 Palästinenser:innen getötet und über 9.500 verletzt – überwiegend durch israelische Soldaten.[3]
Besonders alarmierend ist auch, dass sich Antisemitismus in Europa und in Österreich in jüngster Zeit massiv verstärkt. Es ist inakzeptabel, wenn Jüdinnen und Juden in Wien oder anderswo aus Lokalen geschmissen, bedroht oder ausgegrenzt werden. Österreich muss sich klar gegen jede Form des Antisemitismus stellen.
Wir Grüne haben seit Monaten klar betont, dass es Konsequenzen muss, wenn die israelische Regierung humanitäre Hilfe behindert und gegen Völkerrecht verstößt. Verfahren am Internationalen Strafgerichtshof sind anhängig. Es braucht daher einen sofortigen Waffenstillstand, uneingeschränkten Zugang für humanitäre Hilfe, die Freilassung aller Geiseln und konkrete Schritte für einen Friedensprozess, der in eine Zweistaatenlösung mündet. Zugleich muss klar benannt werden, dass die Menschen in Gaza eine Zukunft ohne Terroristen verdienen. Die Hamas muss die Waffen niederlegen und keine Rolle mehr in der politischen Zukunft der Palästinenser:innen spielen.
Die EU-Kommission hat am 17. September 2025 ein Sanktionspaket vorgestellt, das eine teilweise Aussetzung des EU-Assoziierungsabkommens mit Israel, höhere Zölle auf bestimmte Waren, sowie Sanktionen gegen Hamas-Funktionäre, extremistische israelische Siedler und die israelischen Minister Bezalel Smotrich und Itamar Ben Gvir vorsieht. Nur ein koordiniertes Vorgehen, inklusive eines EU-weiten Waffenembargos, kann dazu beitragen, die humanitäre Krise in Gaza zu lindern, die Freilassung der Geiseln zu erreichen und einen politischen Prozess in Richtung einer Zweistaatenlösung einzuleiten.
Der Krieg in Gaza muss beendet, die illegale Siedlungspolitik gestoppt und die Hamas dauerhaft entmachtet werden. Dazu braucht es eine starke Europäische Union und ein starkes Österreich, die glaubhaft für eine Zweistaatenlösung als einzigen Weg zu einem stabilen Frieden zwischen Israel und Palästina eintreten.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Österreichische Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten, wird aufgefordert,
- auf allen Ebenen weiterhin den Dialog zu suchen sowie alle relevanten diplomatischen Mittel einzusetzen, um die sofortige Verbesserung der humanitären Lage in Gaza und die Freilassung der Geiseln zu erwirken; sowie diplomatische Bemühungen für einen dauerhaften Waffenstillstand, für einen Wiederaufbau Gazas unter einer international legitimierten Verwaltung sowie für eine Zweistaatenlösung voranzutreiben und sich für weitere EU Maßnahmen gegen den illegalen Siedlungsbau im Westjordanland einzusetzen;
- sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen und darauf hinzuwirken, dass das von der EU Kommission vorgeschlagene Maßnahmenpaket im Rat die notwendige Mehrheit erhält bzw. wo nötig einstimmig beschlossen werden kann;
- solange nicht auf europäischer Ebene das Sanktionspaket beschlossen ist, auf bilateraler Ebene Sanktionen gegen den israelischen Finanzminister Bezalel Smotrich und gegen den Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben Gvir zu erlassen.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Außenpolitischen Ausschuss vorgeschlagen.
[1] Die Zahlen beziehen sich auf die Angaben des Ministry of Health (MoH) in Gaza. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1417316/umfrage/opferzahlen-im-terrorkrieg-der-hamas-gegen-israel/ (22.9.2025)
[2] https://unicef.at/news/gaza-hungersnot-offiziell-festgestellt/ (22.9.2025)
[3] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1417316/umfrage/opferzahlen-im-terrorkrieg-der-hamas-gegen-israel/ (22.9.2025)