452/A(E) XXVIII. GP
Eingebracht am 24.09.2025
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Parlamentarische Materialien
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Meri Disoski, Freundinnen und Freunde
betreffend Selbstbestimmung statt Strafandrohung: Schwangerschaftsabbruch raus aus dem Strafgesetz
Die sogenannte Fristenregelung, wonach ein Schwangerschaftsabbruch innerhalb der ersten drei Schwangerschaftsmonate nicht strafbar ist, trat am 1. Jänner 1975 in Kraft. Zwar ist ein Schwangerschaftsabbruch, der etwa innerhalb der ersten drei Monate ab Beginn der Schwangerschaft nach ärztlicher Beratung durch einen Arzt oder eine Ärztin vorgenommen wird, straflos (§ 97 Abs. 1 Z 1 StGB); doch bleibt der Schwangerschaftsabbruch eine Straftat gemäß 96 StGB und gilt somit als grundsätzlich verboten.
Er ist damit der einzige medizinische Eingriff, der überhaupt im Strafgesetzbuch als Straftatbestand aufgeführt wird. So bleibt der Schwangerschaftsabbruch ein Eingriff mit einem stigmatisierenden und tabuisierenden Alleinstellungsmerkmal, der die Normalisierung in der Gesellschaft erschwert. Zu den Folgen gehören gravierende Versorgungslücken und damit einhergehend unzumutbare Hürdenläufe für ungewollt Schwangere. Diese gesetzliche Konstruktion ist damit überholt, vermittelt Betroffenen das Gefühl staatlicher Bevormundung und ist im Sinne der reproduktiven Selbstbestimmung entschieden abzulehnen.
Was 1975 ein historischer Meilenstein im Kampf für Frauenrechte war, ist 50 Jahre später ein bitteres Symbol des Stillstands. Es ist höchste Zeit, Schwangerschaftsabbrüche endlich rechtlich neu zu regeln – und sie aus dem Strafgesetz zu streichen. Damit würde Österreich endlich zu den modernen Ländern Europas wie beispielsweise Frankreich aufschließen. Dort ist der Schwangerschaftsabbruch bereits seit 1975 gesetzlich straffrei und die Freiheit zur Abtreibung seit 2024 in der Verfassung garantiert.
Das Recht auf Zugang zu einem sicheren Schwangerschaftsabbruch ist ein grundlegendes Menschenrecht. Jede dritte Frau erlebt mindestens einmal im Leben eine ungewollte Schwangerschaft. Für Millionen Menschen ist der Schwangerschaftsabbruch also eine grundlegende medizinische Behandlung. Ob eine Schwangerschaft fortgesetzt oder beendet wird, muss allein von der betroffenen Frau entschieden werden können. Eine selbstbestimmte Entscheidung über den eigenen Körper darf nicht länger unter Strafandrohung stehen.
Die derzeitige Rechtslage führt nicht nur zu Verunsicherung und Stigmatisierung von Frauen, sondern belastet auch Ärztinnen, Ärzte und Beratungsstellen. Diese gesellschaftliche und rechtliche Ausgrenzung gilt es zu überwinden. Sowohl zahlreiche Frauenorganisationen als auch internationale Konventionen und eine breite Mehrheit der Bevölkerung fordern die dringend notwendige Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs sowie die Kostenübernahme durch die Sozialversicherung. Öffentliche Krankenhäuser müssen die Durchführung von Abbrüchen österreichweit gewährleisten – sicher, anonym und ohne gesellschaftliches Stigma.
Die bisherige Konstruktion, nach der Abbrüche allgemein verboten bleiben, und nur unter bestimmten Bedingungen nicht bestraft werden, spiegelt längst nicht mehr die gesellschaftliche Realität wider. Mit der Streichung von § 96 StGB wird somit endlich ein überfälliger Schritt vollzogen: Weg von der Kriminalisierung hin zu einer klaren, modernen Regelung, die die Selbstbestimmung, Gleichstellung und Menschenrechte in den Mittelpunkt stellt.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, die Bundesministerin für Frauen, Wissenschaft und Forschung, und die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesvorschlag zu unterbreiten, wonach der Schwangerschaftsabbruch innerhalb der ersten drei Monate nach Beginn der Schwangerschaft nach vorhergehender ärztlicher Beratung durch eine Ärztin oder einen Arzt mit Einwilligung der Schwangeren, entkriminalisiert und außerhalb des Strafgesetzbuches geregelt wird. In Fällen nach derzeit § 97 Abs. 1 Ziffer 2 und 3 StGB muss der Abbruch weiter auch danach möglich und straffrei sein.
Dafür sollen
- § 96 StGB, der Schwangerschaftsabbrüche mit Einwilligung der Schwangeren generell unter Strafe stellt, in seiner derzeitigen Form gestrichen, und
- die Begleitregeln des § 97 StGB (insb. Fristen, Handlungspflichten und Benachteiligungsverbote) sowie notwendige begleitende Verbotsregelungen ins Gesundheitsrecht überschrieben werden.“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gleichbehandlungsausschuss vorgeschlagen.