463/A XXVIII. GP
Eingebracht am 24.09.2025
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ANTRAG
der Abgeordneten Markus Koza, Freundinnen und Freunde
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz geändert wird
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
Das Bundesgesetz vom 14. Dezember 1973 betreffend die Arbeitsverfassung (Arbeitsverfassungsgesetz – ArbVG) StF: BGBl. Nr. 22/1974, zuletzt geändert durch das BGBl. 110/2024, wird wie folgt geändert:
1. In § 2 Abs. 2 wird nach Z 6 folgende Z. 6a eingefügt:
„6a. die Festlegung eines über alle Branchen geltenden Mindestlohns pro Arbeitsstunde;“
2. In § 22 wird nach Abs. 1 folgender Abs. 2 eingefügt:
„(2) Ein Mindestlohntarif kann festgesetzt werden, wenn
1. ein bestehender Kollektivvertrag hinsichtlich der vereinbarten Mindestentgelte und Mindestbeträge seit zumindest drei Jahren seit Inkrafttreten des Kollektivvertrags nicht erhöht wurde, oder
2. trotz Bestehens einer kollektivvertragsfähigen Körperschaft auf der Arbeitgeberseite eine Einigung auf einen Kollektivvertrag nachweislich seit zumindest drei Jahren nicht zu Stande gekommen ist.“
3. In § 22 Abs. 3 wird nach dem Wort „darf“ ein Beistrich gesetzt und die Wortfolge „sofern nicht Abs. 2 anzuwenden ist,“ eingefügt.
Begründung:
In Österreich ist mit 94 bis 98 % ein im Europavergleich sehr großer Teil der unselbständig Beschäftigten durch Kollektivverträge abgesichert und profitiert auf diese Weise von kollektivvertraglichen Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern wie etwa Mindestlöhnen, einer 13. und 14. Lohn- oder Gehaltszahlung und zahlreichen branchenspezifischen Regelungen hinsichtlich Arbeitszeit u.Ä. Eine hohe Kollektivvertragsabdeckung schafft nicht nur Klarheit, Transparenz und somit auch (Rechts-)Sicherheit für alle Betroffenen – Arbeitnehmer:innen wie Betriebe – und garantiert gleiche Wettbewerbsbedingungen. Es ist auffällig, dass in Ländern mit einer hohen Kollektivvertragsabdeckung weniger Menschen Löhne unter der Niedriglohngrenze beziehen, als in Ländern mit einer vergleichsweise geringen Abdeckung.
Leider gab es und gibt es aber auch noch Bereiche, die nicht oder nur sehr schlecht von Kollektivverträgen erfasst werden. Unter anderem daraus resultieren auch etwa 120.000 Menschen, die trotz Vollzeiterwerbstätigkeit zu den „Working Poor“ zählen, wie der aktuelle Arbeitsklimaindex ausweist. Angesichts zunehmender sozialer Verunsicherung und steigenden finanziellen Drucks auf Betroffene, erscheint es auch zum Zweck der Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts geboten, Lücken und Schlupflöcher zu schließen, die zur Umgehung kollektivvertraglicher Regelungen genutzt werden können.
Die zu schließenden Lücken und Schlupflöcher betreffen
1. (bisweilen auch neuentstehende) Berufsfelder bzw. Wirtschaftsbereiche, die nicht in der WKO organisiert sind oder werden können; sowie
2. Kollektivverträge, die zwar bestehen, aber auf Grund der fehlenden Bereitschaft der Arbeitgeber:innenvertretung seit Jahren oder Jahrzehnten nicht erneuert, erhöht oder angepasst worden sind. So gibt es etwa in der Steiermark einen Kollektivvertrag aus dem Jahr 1992, der noch immer Lohnhöhen in Schilling vorsieht (Angestellte bei Rechtsanwält:innen).
Folgende Maßnahmen zur Schließung der Lücken und Schlupflöcher sind vorgesehen:
1. Die Schaffung einer ausdrücklichen Möglichkeit für die Sozialpartner, einen einheitlichen (General-) Kollektivvertrag zu vereinbaren und diesen beim Bundeseinigungsamt satzen zu lassen. Auf diese Weise entfalten kollektivvertraglich geregelte Mindestnormen auch in nicht der Wirtschaftskammer angehörigen Betrieben bzw. Wirtschaftsbereichen Rechtswirkung.
2. Die Ausweitung der Möglichkeiten für die Arbeitnehmer:innenseite, beim Bundeseinigungsamt Mindestlohntarife auch bei Bestehen einer kollektivvertragsfähigen Arbeitgeber:innenseite durchzusetzen, sofern ein Kollektivvertrag seit zumindest drei Jahren nicht zu Stande gekommen ist, oder Entgelthöhen eines bestehenden Kollektivvertrags zumindest über drei Jahre nicht angepasst bzw. erhöht worden sind.
Angesichts der hohen Kollektivvertragsabdeckung in Österreich dienen die vorgeschlagenen Regelungen nicht nur der Verbesserung der Situation von Menschen in unzureichend geregelten Niedriglohnfeldern, sondern auch dem Schutz der Kollektivverträgen unterliegenden großen Mehrheit der Betriebe in Österreich vor Konkurrenz durch Betriebe mit mangels Kollektivverträgen wettbewerbsverzerrenden Niedriglöhnen.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales vorgeschlagen.