477/A(E) XXVIII. GP
Eingebracht am 24.09.2025
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Parlamentarische Materialien
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Meri Disoski, Freundinnen und Freunde
betreffend Serbiens Protestbewegung braucht und verdient die Unterstützung Österreichs und der EU
BEGRÜNDUNG
Serbiens größte Protestbewegung gegen die Regierung von Alexandar Vučić muss sich gegen immer stärkere Repressionen durch die serbische Regierung zur Wehr setzen. Mit Hilfe von Schlägertrupps und speziellen Einheiten der Polizei geht die serbische Regierung mit zum Teil brutaler Gewalt gegen die Demonstrierenden vor.
Seit dem Einsturz eines Bahnhofvordaches in Novi Sad im November 2024, bei dem 16 Menschen starben, gehen hunderttausende Menschen, angeführt von Studierenden, auf die Straße, um gegen Korruption und für Transparenz und Rechenschaftspflicht zu protestieren. Mittlerweile fordern die Demonstrierenden auch Neuwahlen.
Die serbischen Bürger:innen und Bürger haben ihr Vertrauen in die staatlichen Institutionen verloren, während die Medien mittlerweile fast vollständig von der Regierung unter Kontrolle gebracht wurden und immer wieder deutlich wird, dass staatliche Institutionen durch Netzwerke aus organisierter Kriminalität und Korruption unterwandert sind. In regierungsnahen Medien wird zu Gewalt aufgerufen, gedroht und diffamiert, und gegenüber den wenigen unabhängigen Medien wird der Druck erhöht:
Ende August leakten Investigativ-Journalist:innen des Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) – einem internationalen Netzwerk von Investigativ-Journalist:innen – und dessen serbischen Partner KRIK ein Telefongespräch: Eine Konversation zwischen Stan Miller - CEO des niederländischen Medienkonzernes United Group, zu dem N1 und Nova S gehören, und dem Chef der staatlichen Telekom Srbija, Vladimir Lučić. Auf Wunsch von Präsident Aleksandar Vučić sollte der Einfluss der Sender geschwächt und die Geschäftsführerin von United Media, einem Tochterkonzern der United Group, Aleksandra Subotić, entlassen werden.[1]
Für den EU Beitritt muss der EU-Beitrittskandidat Serbien die Kopenhagener Kriterien erfüllen. Zu diesen gehören institutionelle Stabilität als Garantie für demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, Wahrung der Menschenrechte sowie Achtung und Schutz von Minderheiten. Laut des Europaparlamentariers und Berichterstatters für den aktuellen Fortschrittsbericht zu Serbien, Tonino Picula, gibt es angesichts der aktuellen Entwicklungen keine Möglichkeiten des Vorankommens im EU-Beitrittsprozess. Die Reformen in zentralen Bereichen wie Wahlrecht, Medienfreiheit und Korruptionsbekämpfung kommen laut dem EP Bericht nicht voran. Und solange der serbische Präsident Vučić den Schulterschluss mit Russland sucht, ist eine Annäherung an die EU nicht glaubwürdig, so die Schlussfolgerung im Bericht. Auch Helmut Brandstätter, NEOS Abgeordneter im Europäischen Parlament konstatiert: "Ein Serbien unter dem Vučić-Regime kann dieser EU nicht beitreten" [2].
Die serbische Demokratie steht an einem Wendepunkt. Es liegt auch in der Verantwortung der europäischen Mitgliedstaaten, darunter Österreich, nicht weg zu schauen und sich solidarisch mit den demokratischen Kräften in Serbien zu zeigen, die für Rechtsstaatlichkeit, Transparenz und die Wahrung der Grundrechte eintreten.
Nach den serbischen Parlaments- und Kommunalwahlen im Dezember 2023 haben die EU-Parlamentier:innen mit einer Resolution im Februar 2024 die mutmaßlichen massiven Wahlfälschungen thematisiert und eine "unabhängige Untersuchung durch internationale Rechtsexperten" gefordert.
Die Europäische Union und Österreich müssen im Sinne des Einsatzes für die in den EU Verträgen verankerten europäischen Werte den Druck auf die serbische Regierung erhöhen.
Wahlen sind das einzige legitime Mittel zur Lösung der Krise und die EU sollte Serbien begleitend zum Beitrittsverfahren bei der Vorbereitung von freien und fairen Wahlen verknüpft mit der Unabhängigkeit der Justiz und der Freiheit der Medien unterstützen.
Damit Serbien wieder in eine demokratischere und hoffentlich partnerschaftliche Zukunft in der EU blicken kann.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere die Ministerin für europäische und internationale Angelegenheiten, wird aufgefordert,
· Die brutalen Angriffe auf die Demonstrierenden seitens der serbischen Polizei sowie von Schlägertruppen öffentlich klar zu verurteilen, die Gewährleistung und den Schutz der Versammlungsfreiheit einzufordern;
· bilateral und auf europäischer Ebene diplomatische Bemühungen zu forcieren, die Menschenrechtsverletzungen durch die serbischen Sicherheitsbehörden zu thematisieren und an die serbische Regierung zu appellieren, diese umgehend zu stoppen;
· sich dafür einzusetzen, dass die serbische Regierung dabei unterstützt wird, vor Neuwahlen die Liste der Wahlberechtigten von unabhängigen Institutionen überprüfen zu lassen;
· sich auf europäischer Ebene verstärkt dafür einzusetzen, dass im Rahmen des serbischen Lithiumabbaus durch den Multikonzern Rio Tinto im Jadar-Tal, das 2025 den strategischen EU Status erhalten hat, die gleichen Standards wie in der EU, seien es Umwelt- oder Sozialstandards, eingehalten werden und unabhängiges Monitoring ermöglicht wird;
· sich auf europäischer Ebene für ein verstärktes Engagement der EU in den Bereichen Bildung, kultureller Austausch und Finanzierung einzusetzen, um für junge Menschen die europäische Perspektive erlebbar zu machen.“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Außenpolitischen Ausschuss vorgeschlagen.