489/A(E) XXVIII. GP
Eingebracht am 24.09.2025
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Parlamentarische Materialien
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Leonore Gewessler, Freundinnen und Freunde
betreffend ein starkes Klimaschutzgesetz für Bürger:innen, Wirtschaft und Natur
BEGRÜNDUNG
Die Bundesregierung hat in ihrem Regierungsprogramm angekündigt, ein wirksames und modernes Klimaschutzgesetz vorzulegen. Dieses Gesetz soll klare Rahmenbedingungen für die Erreichung der österreichischen Klimaziele schaffen und die notwendigen Strukturen für deren Umsetzung gewährleisten.
In der letzten Legislaturperiode wurde unter Federführung des Klimaschutzministeriums ein Nationaler Energie- und Klimaplan (NEKP) zur EU-Zielerreichung 2030 erarbeitet, den die Regierung beschlossen und nach Brüssel übermittelt hat. Weiters hat das Klimaschutzministerium zahlreiche Gesetze und Förderprogramme initiiert, die in Österreich zu einem deutlichen Rückgang der Treibhausgasemissionen geführt haben. Im Jahr 2022 sind die Emissionen um 5,8 Prozent gesunken, 2023 waren es -6,4 Prozent und im Jahr 2024 waren es -2,4 Prozent. Klimaschutzmaßnahmen, wie die CO2-Bepreisung, der laufende Ausbau erneuerbarer Energie und Förderungen, die den Umstieg auf erneuerbare Heizsysteme oder klimafreundliche Verkehrstechnologien ermöglichen, haben dazu laut Wegener Center der Universität Graz beigetragen.
Zahlreiche Maßnahmen, die im NEKP zur Klimazielerreichung an die EU-Kommission eingemeldet wurden, hat die aktuelle Regierung jedoch gekürzt oder beendet. Darunter sind der Null-Steuersatz für PV-Anlagen, Förderungen für den Heizkesseltausch, für Sanierungen, für Elektromobilität und öffentlichen Verkehr. Gleichzeitig werden klimaschädliche Aktivitäten noch stärker subventioniert, beispielsweise durch die Verdreifachung des Pendlereuros oder die NoVA-Befreiung für Dienstfahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Expert:innen betonen, um die Klimaziele trotzdem zu erreichen, braucht es ordnungsrechtliche Maßnahmen, darunter sektorale Verpflichtungen zur Reduktion der Emissionen bis 2040. Die Wissenschafterin des Jahres Sigrid Stagl schreibt dazu in einem Gastkommentar im Standard: „Entscheidend wird sein, ob es gelingt, ein Klimagesetz mit verbindlichen Zielen zu verabschieden, kostengünstige und sofort wirksame Maßnahmen wie Tempolimits einzuführen, den Straßenausbau kritisch zu hinterfragen und umzusteuern sowie einen zeitnahen Abbau klimaschädlicher Subventionen einzuleiten.“ Finanzminister Marterbauer hat im Zuge der Budgetdebatten erklärt, dass er „weg von teuren Förderungen hin zu budgetschonenden Regulierungen – in Form von Vorgaben, wie man sich zu verhalten hat.“ möchte.
Zuletzt haben jedoch Medienberichte über einen Gesetzesentwurf zum Klimagesetz starke Kritik ausgelöst. Laut Medien enthält der vorliegende Entwurf vage Formulierungen und unverbindliche Absichtserklärungen, statt eines klaren, verbindlichen Fahrplans zur Klimaneutralität 2040.
Schein-Klimaschutz führt Österreich in eine katastrophale Zukunft. Unser Land war in den vergangenen Jahren bereits stark von den Folgen der Klimakrise betroffen. Überflutungen und Starkregenereignisse nehmen massiv zu, und haben im vergangenen Sommer enorme Schäden an Infrastruktur, Landwirtschaft und privaten Haushalten verursacht. Hitzewellen, gefährden nicht nur die Gesundheit der Bevölkerung, sondern beeinträchtigen auch die Produktivität in der Wirtschaft. Der Rückgang der Gletscher und die dramatische Veränderung sensibler Ökosysteme haben Auswirkungen auf Trinkwasserversorgung, Landwirtschaft und Tourismus. Jede weitere Verzögerung von Klimaschutzgesetzen verschärft die ökologischen, sozialen und ökonomischen Kosten der Klimakrise.
Ohne ambitionierte Klimagesetze, die verbindliche Ziele und Meilensteine festlegen, verfehlt Österreich laut Wissenschafter:innen nicht nur seine eigenen Klimaziele, sondern auch die europäischen Verpflichtungen. Expert:innen weisen immer wieder darauf hin, dass es nicht ausreicht, langfristige Zielmarken – etwa für 2040 oder 2050 – zu formulieren. Entscheidend sind klare, überprüfbare Zwischenziele, die sicherstellen, dass der notwendige Transformationsprozess Schritt für Schritt erfolgt und kontinuierlich überprüft werden kann.
Darüber hinaus ist Planungssicherheit für die österreichische Wirtschaft zentral. Jedes erfolgreiche Unternehmen arbeitet mit klaren Zielvorgaben, Meilensteinen und Evaluierungen. Nur so können Investitionen getätigt, Innovationen entwickelt und Wettbewerbsvorteile gesichert werden. Ein wirksames Klimaschutzgesetz erfüllt genau dieselbe Funktion für die gesamte Volkswirtschaft: Es bietet den Rahmen, innerhalb dessen Unternehmen, öffentliche Hand und Gesellschaft ihre Strategien entwickeln und umsetzen können. Die Wirtschaft verlangt zu Recht nach solchen verbindlichen Leitplanken, um nicht im internationalen Wettbewerb zurückzufallen. Denn während andere Länder wie beispielsweise Dänemark ambitioniert vorangehen, riskiert Österreich durch zahnlose, verzögerte und unklare Gesetze, Sicherheit, Wohlstand und Zukunftsperspektive für Bürger:innen und Unternehmen.
Es darf zudem keinesfalls akzeptiert werden, dass die Bundesregierung lieber hohe Strafzahlungen aufgrund verfehlter EU-Klimaziele in Kauf nimmt, anstatt im eigenen Land wirksame Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen. Es ist offensichtlich weitaus sinnvoller, die erforderlichen Mittel direkt in den Ausbau erneuerbarer Energien, in thermische Sanierungen, in den öffentlichen Verkehr und in die Transformation der Industrie zu lenken. Zahlreiche Studien zeigen, dass jeder in Klimaschutz investierte Euro ein Vielfaches an volkswirtschaftlichem Nutzen bringt: So entstehen im Bereich der Erneuerbaren und der Gebäudesanierung tausende neue Arbeitsplätze, die nicht nur CO₂-Emissionen senken, sondern auch die regionale Wertschöpfung stärken[1].
Angesichts der Dringlichkeit der Klimakrise und der wachsenden Belastungen für Österreich ist ein schwaches Klimaschutzgesetz unverantwortlich. Nur ein starkes und verbindliches Klimaschutzgesetz sichert unsere Unabhängigkeit von fossilen Energien, garantiert Planungssicherheit und Investitionen in Österreich und schützt Bürgerinnen und Bürger vor den schlimmsten Auswirkungen der Klimakrise.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft, wird aufgefordert, dem Nationalrat noch in diesem Jahr ein Klimaschutzgesetz zum Beschluss vorzulegen, das
- die Klimaneutralität 2040 im Verfassungsrang verankert;
- das Ziel verankert, die im EU-Klimagesetz festgelegte Reduktion der Emissionen um 48 Prozent bis 2030 durch Klimaschutzmaßnahmen im Inland zu erreichen;
- verbindliche, jährliche Sektorziele für die Bereiche Abfall, Energie (non ETS), fluorierte Treibhausgase, Gebäude, Landwirtschaft und Verkehr bis 2040 festlegt;
- die Zielerreichung jährlich überprüft, damit eine potentielle Verfehlung der Ziele frühzeitig festgestellt werden kann. In diesem Fall müssen zusätzliche Sofortmaßnahmen greifen, die Emissionen rasch reduzieren;
- verpflichtende Vorgaben für die Bundesverwaltung beinhaltet, um die Emissionen von Gebäuden, Beschaffung, Fahrzeugen etc. zu reduzieren;
- Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel beinhalten, die jährlich evaluiert werden;
- die regelmäßige Beteiligung von Bürger:innen, Umweltschutzorganisationen, Jugendvertreter:innen und unabhängigen Wissenschafter:innen an der Erstellung von Klimaplänen sicherstellt;
- einen Rechtsschutz für Bürger:innen und Umweltschutzorganisationen beinhaltet, damit diese die Einhaltung der Klimaziele rechtlich einfordern können.“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Umweltausschuss vorgeschlagen.
[1] z.B. https://kontext-institut.at/inhalte/studie-zukunftsfaehige-industriepolitik/?utm_source=chatgpt.com