497/A XXVIII. GP

Eingebracht am 15.10.2025
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ANTRAG

der Abgeordneten Barbara Neßler, Meri Disoski, Ralph Schallmeiner, Freundinnen und Freunde

 

 

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fortpflanzungsmedizingesetz geändert wird  

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Bundesgesetz, mit dem das Fortpflanzungsmedizingesetz geändert wird

 

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Das Bundesgesetz, mit dem Regelungen über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung getroffen werden (Fortpflanzungsmedizingesetz FMedG), BGBl. Nr. 275/1992, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 58/2018, wird wie folgt geändert:

1.    § 2 Abs. 1 entfällt.

2.    In § 2 Abs. 2 entfällt die Wendung „ferner“

3.    Nach § 2 Abs. 2 Z 3 wird folgende Z 3a eingefügt:

3a. eine Schwangerschaft bei einer alleinstehenden Frau ab dem vollendeten 25. Lebensjahr innerhalb der biologisch-reproduktiven Phase herbeigeführt werden soll oder

4.    Im § 26 erhält der Text des zweiten Absatz 7 die neue Absatzbezeichnung „(8)“ und es wird dem neuen Abs. 8 folgender Absatz 9 angefügt:

(9) § 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2026 tritt mit 1. Jänner 2026 in Kraft.

 

Begründung:

 

2015 wurde das Fortpflanzungsmedizingesetz (FmedG) beschlossen, das die Rahmenbedingungen zur Nutzung künstlicher Befruchtung festlegt. Bereits 2012 hat die Bioethikkommission empfohlen, die Methoden der medizinisch unterstützen Fortpflanzung für alleinstehende Frauen innerhalb der biologisch-reproduktiven Phase zu öffnen[1] und dies 2014, 2023 und 2025 erneut bekräftigt. Die Familienplanung gehört zum Grundrecht auf Privat- und Familienleben und ist in Österreich durch Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) entsprechend verfassungsrechtlich abgesichert. Das Grundrecht auf Privatsphäre umfasst ebenso die selbstbestimmte Entscheidung für eine medizinische Behandlung. Die medizinisch unterstützte Fortpflanzung für alleinstehende Frauen ist daher ein Grundrecht dieser Frauen, das weder in die Grundrechte noch Grundfreiheiten anderer eingreift – ein Verbot der künstlichen Befruchtung für alleinstehende Frauen zur Unterstützung der eigenen Familienplanung ist laut Bioethikkommission daher „sachlich unangebracht“[2].

 

Eine moderne, liberale und pluralistische Gesellschaft mit ihren unterschiedlichen Lebens- und Familienformen muss sich auch in der Gesetzgebung widerspiegeln: Die „klassische“ Familie aus Vater, Mutter, Kind ist in Österreich längst nicht mehr maßgebend, den Kinderwunsch einer Frau auf ein spezifisches Familienmodell zu beschränken, ist daher unrecht. Darüber hinaus definiert die Kommission für die Entwicklung eines Kindes nicht die Zusammensetzung der Familie, sondern die innerfamiliäre Beziehungsqualität als entscheidend. Kinder alleinstehender Frauen entwickeln sich genauso gut wie Kinder in sogenannten „traditionellen“ Familien[3]. Alle anderen Behauptungen wären ein Affront gegen alle alleinerziehenden Mütter dieses Landes – in Österreich sind immerhin etwa 83 % der Alleinerziehenden Frauen[4]. Zumal es alleinstehenden Frauen hierzulande wiederum erlaubt ist, ein Kind zu adoptieren. Die Einschränkung von IVF-Behandlungen zur künstlichen Befruchtung auf ausschließlich in der Ehe, eingetragenen Partnerschaften oder Lebensgemeinschaften lebende Frauen aufgrund entwicklungspsychologischer Bedenken und des Kindeswohls ist schlicht nicht begründbar, sondern beruht einzig auf konservativen Ideologien und Familienbildern, die eine Partnerschaft fälschlicherweise noch immer als „Garant für Kindeswohl“ erachten[5] und Frauen ihr Recht auf Selbstbestimmung und selbstverantwortliche Familienplanung absprechen. Die meisten Länder – darunter Belgien, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Luxemburg, die Niederlande, Portugal, Spanien oder Schweden[6] – machen es vor und ermöglichen alleinstehenden Frauen die künstliche Befruchtung. Österreich darf nicht – einmal mehr – Europas Schlusslicht bleiben.

 

§2 Abs. 1 FmedG ist somit im Sinne der reproduktiven und körperlichen Autonomie der Frau zu streichen, § 2 Abs. 2 ist durch den neu eingefügten Z 4 FmedG zu ergänzen.

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Familie und Jugend vorgeschlagen.



[1] Stellungnahme der Bioethikkommission zu „Reform des Fortpflanzungsrechts“ (2012). S. 45

[2] Einfrieren von Eizellen – Stellungnahme der Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt an den Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen – 25. September 2023. S. 1

[3] Stellungnahme der Bioethikkommission zu „Reform des Fortpflanzungsrechts“ (2012). S. 33.

[4] https://www.oesterreich.gv.at/de/themen/familie_und_partnerschaft/familie-und-kinderfuersorge/alleinerziehung/Seite.490100

[5] Stellungnahme der Bioethikkommission zu „Reform des Fortpflanzungsrechts“ (2012). S. 41.

[6] European Atlas of Fertility Treatment Policies 2024 - Fertility Europe