516/A(E) XXVIII. GP

Eingebracht am 15.10.2025
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Parlamentarische Materialien

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Meri Disoski, Agnes-Sirkka Prammer, Freundinnen und Freunde

 

betreffend das Recht auf Schwangerschaftsabbruch als Menschenrecht und dessen Verankerung in der EU-Grundrechtecharta

 

 

 

BEGRÜNDUNG

 

Das Europäische Parlament hat sich im April 2024 mit deutlicher Mehrheit dafür ausgesprochen, das Recht auf einen legalen und sicheren Schwangerschaftsabbruch in die Charta der Grundrechte der Europäischen Union aufzunehmen. Damit wurde ein starkes Signal für die Stärkung der reproduktiven Rechte von Frauen und gebärfähigen Personen in der EU gesetzt. Dieses Recht schützt nicht nur die körperliche Selbstbestimmung, sondern ist ein zentraler Bestandteil der Menschenwürde und der Gesundheitsversorgung.

Internationale und europäische Institutionen unterstreichen seit Jahren, dass der Zugang zu sicherem Schwangerschaftsabbruch ein grundlegendes Menschenrecht darstellt:

Der Europarat hielt 2022 fest, dass der eingeschränkte Zugang zu sexueller und reproduktiver Gesundheit die Rechtssicherheit und somit ein wesentliches Element der Rechtsstaatlichkeit untergräbt.

Weiters betont die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in ihren Richtlinien von 2022, dass der Zugang zu sicherem Schwangerschaftsabbruch integraler Bestandteil der Gesundheitsversorgung ist.

Im Rahmen des Universal Periodic Review (UPR) des UN-Menschenrechtsrats hat Österreich 2021 die Empfehlung angenommen, den Zugang zu sexuellen und reproduktiven Rechten, insbesondere zu Abtreibung, sicherzustellen, bislang jedoch ohne substanzielle Umsetzung.

Auch die Istanbul-Konvention, der Österreich seit 2014 verpflichtet ist, verpflichtet Staaten, geschlechtsspezifische und strukturelle Gewalt zu bekämpfen, wozu auch die Einschränkung reproduktiver Gesundheitsleistungen zählt.

Im europäischen Vergleich hinkt Österreich deutlich hinterher: Während Frankreich 2024 das Recht auf Schwangerschaftsabbruch ausdrücklich in seiner Verfassung verankert hat, bleibt der Zugang hierzulande durch die fortbestehende Strafrechtsverankerung (§ 96 ff. StGB) rechtlich und strukturell eingeschränkt. In weiten Teilen des Landes – insbesondere in ländlichen Regionen – ist eine wohnortnahe Versorgung nicht gewährleistet; in einzelnen Bundesländern gibt es gar keine Möglichkeit, einen Schwangerschaftsabbruch durchführen zu lassen.

Diese Situation steht im Widerspruch zu Österreichs menschenrechtlichen Verpflichtungen und den europäischen Entwicklungen. Daher ist es dringend notwendig, dass Österreich sich auf europäischer Ebene klar für die Verankerung des Rechts auf Schwangerschaftsabbruch als Grundrecht einsetzt.

In den Beantwortungen parlamentarischer Anfragen zeigten sich zuletzt unterschiedliche Positionen innerhalb der Bundesregierung:

Die Bundesministerin für Frauen, Wissenschaft und Forschung Eva-Maria Holzleitner, erklärte in der Anfragebeantwortung zu der schriftlichen Anfrage (3116/J) ausdrücklich ihre Unterstützung für die Europäische Bürgerinitiative (EBI) „My Voice, My Choice“, die sich für die Verankerung des Schwangerschaftsabbruchs als Grundrecht in der EU einsetzt und europaweit über eine Million Unterstützungsunterschriften, darunter auch die erforderliche Anzahl in Österreich, erhalten hat.

Die Bundesministerin für Europa, Integration und Familie, Claudia Plakolm, führte hingegen in der Anfragebeantwortung zu der schriftlichen Anfrage (3115/J) aus, dass der Einsatz für ein solches Recht „nicht Teil des Regierungsprogramms“ sei.

Dieser Dissens verdeutlicht, dass eine klare Positionierung Österreichs auf internationaler Ebene derzeit fehlt. Angesichts der zunehmenden Versuche in Europa, reproduktive Rechte einzuschränken, darf Österreich nicht schweigen, sondern muss sich aktiv für den Schutz dieser Grundrechte einsetzen.

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

 

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten, wird aufgefordert, sich auf europäischer und internationaler Ebene ausdrücklich und aktiv für die Aufnahme des Rechts auf einen legalen und sicheren Schwangerschaftsabbruch in die Charta der Grundrechte der Europäischen Union einzusetzen. Weiters wird die Bundesregierung ersucht, sich für die Umsetzung der menschenrechtlichen Verpflichtungen Österreichs, insbesondere jene aus dem UPR-Verfahren, dem Europarat und der Istanbul-Konvention, konsequent einsetzen. Darüber hinaus wird die Bundesregierung ersucht, auch auf nationaler Ebene Maßnahmen zu ergreifen, die einen flächendeckenden, wohnortnahen und leistbaren Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen sicherstellen, um die tatsächliche Wahrnehmung dieses Rechts zu gewährleisten. Schließlich soll sie im Rahmen der EU-Minister:innenräte, internationaler Foren und bilateraler Kontakte eine klare österreichische Position für das Recht auf reproduktive Selbstbestimmung vertreten und dabei an der Seite jener Mitgliedstaaten stehen, die sich für die Verankerung des Rechts auf Schwangerschaftsabbruch als Grundrecht einsetzen.“

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Menschenrechte und Volksanwaltschaft vorgeschlagen.