518/A(E) XXVIII. GP
Eingebracht am 15.10.2025
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Parlamentarische Materialien
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Elisabeth Götze, Freundinnen und Freunde
betreffend Kostenwahrheit bei Ultra Fast Fashion - Anbieter und Plattformen in die Pflicht nehmen
BEGRÜNDUNG
Fast Fashion war gestern, Ultra Fast Fashion ist heute. Es geht immer noch schneller und noch billiger. Mehr als 1000 Billigstprodukte bringt die chinesische Billigmode-Plattform Shein täglich (!) auf den Markt und spült sie mit aggressiver Werbung in die Warenkörbe österreichischer Konsumtent:innen.[1] Die ebenfalls chinesische Dumping-Plattform Temu hat eine ähnlich große Anzahl täglicher Produktneuheiten und auch sie bringt diese mittels omnipräsenter Werbeschaltungen unter das Volk. Dieses Geschäftsmodell des Vertriebs von Wegwerfprodukten fördert Überkonsum, verkürzt Lebenszyklen von Kleidung und verursacht eine massive Flut an Paketen und Textilabfällen.
In der EU fallen jährlich 12,6 Millionen Tonnen Textilabfälle an. Gleichzeitig werden weniger als 1% dieser Textilien tatsächlich wieder zu neuer Kleidung recycelt.[2] In Österreich beläuft sich die Menge der behandelten Textilabfälle auf rund 220.000 Tonnen pro Jahr.[3] Und während die Umsätze von Temu, Shein und Co massiv wachsen, ist der österreichische Einzelhandel massiv unter Druck. Darüber hinaus entstehen riesige Mengen an Abfall, sowohl bei Textilien als auch bei der Verpackung. All das stellt Österreich vor enorme Herausforderungen - wirtschaftlich ebenso wie ökologisch. Es gilt, faire Rahmenbedingungen für den Einzelhandel zu schaffen sowie Maßnahmen zu setzen, die das Entstehen von Abfall vermeiden und Kreislaufwirtschaft unterstützen.
Im September gaben die Abgeordneten des EU-Parlaments endgültig grünes Licht für neue Maßnahmen zur Vermeidung und Verringerung von Textilabfällen in der gesamten EU und für eine Novellierung der EU-Abfallvorschriften.[4] Hersteller müssen künftig die Kosten für Sammlung, Sortierung und Recycling von Alttextilien tragen.[5] Das soll im Rahmen neuer Systeme der erweiterten Herstellerverantwortung (EPR), die von jedem Mitgliedstaat innerhalb von 30 Monaten nach Inkrafttreten der Richtlinie eingerichtet werden müssen, geschehen.
Klar ist aber, dass weder europäische Textilunternehmen noch der europäische Einzelhandel weitere 2-3 Jahre warten können, bis Ultra Fast Fashion endlich Einhalt geboten wird. Die Textilbranche kritisiert die schleppende Gesetzgebung gegenüber Plattformen wie Shein, Temu und AliExpress.[6] Und die europäische Wirtschaft fordert Sofortmaßnahmen.[7]
In Frankreich steht ein Anti-Ultra-Fast-Fashion Gesetz bereits kurz vor der Beschlussfassung (zuletzt wurde es bei der EU-Kommission notifiziert, die wohlwollend darauf reagierte).[8] Eckpunkte dieses Gesetzes sind:
· Informationspflichten über soziale Auswirkungen und Umweltauswirkungen (auch im Hinblick auf die Lieferung) sowie die geografische Herkunft der Herstellung des Kleidungsstücks oder der Textilien
· Der Importeur muss einen Bevollmächtigten in Frankreich benennen.
· Für Bekleidung, Heimtextilien und Schuhe mit schlechter Umweltleistung werden Strafen verhängt, ab dem Jahr 2025 bis 5 Euro pro Artikel (max. aber 50% des Kaufpreises), bis 2030 schrittweise Anhebung auf bis zu 10 Euro pro Artikel (max. aber 50% des Kaufpreises).
· Die Verwendung des Begriffs „kostenlose Lieferung“ wird untersagt.
· Verbot von Werbung in klassischen Medien für Artikel oder Marken der Fast-Fashion-Mode (das wurde vom Senat auch auf kommerzielle Influencer:innen ausgeweitet)
· Jede Werbung für Ultra-Fast-Fashion-Produkte muss über deren Umweltauswirkungen informieren und von einer Botschaft begleitet werden, die zu nachhaltigeren Konsummustern ermutigt, wie dem Kauf von Second-Hand-Produkten oder dem Mieten.
· Steuer auf kleine Pakete (unter 2 kg), die von Unternehmen außerhalb der Europäischen Union geliefert werden, in Höhe von zwei bis vier Euro. Diese Steuer wird von Marktplätzen und anderen Online-Plattformen mit Sitz außerhalb der EU zu entrichten sein.
Für den österreichischen Einzelhandel besteht aktuell „Gefahr in Verzug“. Die heimischen Betriebe benötigen dringend Rahmenbedingungen, damit mehr Fairness im Wettbewerb mit Plattformen entsteht. Daher sollen die in Frankreich notifizierten Maßnahmen auch rasch in Österreich umgesetzt werden, wobei auf eine Übereinstimmung mit der EU Gesetzgebung zu achten ist. Das Zuwarten auf die EU-Richtlinien wäre für die Branche im Land eine existenzbedrohende Verzögerung.
Insbesondere könnten sofort folgende Regelungen für Fast-Fashion-Anbieter und -Plattformen mit einer Frequenz von täglich mindestens 500 neuen Produkten beschlossen werden:
· Zwingende Benennung von Bevollmächtigten in Österreich durch Fast-Fashion-Anbieter und -Plattformen;
· Informationspflichten bei der Bewerbung von Fast Fashion Produkten, insbesondere über die Herkunft der Produkte, über soziale Auswirkungen (etwa durch Offenlegung der an Näher:innen bezahlten Löhne) und Umweltauswirkungen (CO2-Fußabdruck durch Produktion, Lieferung, Recyclingfähigkeit und Entsorgung) sowie über Alternativen, wie dem Kauf von Second-Hand-Produkten. Diese Werberegeln müssen auch für Unternehmer:innen und Influencer:innen, die im Auftrag der Hersteller / Plattformen für deren Fast Fashion werben, gelten;
· Einhebung von Bearbeitungsgebühren für Pakete, die von Drittstaaten geliefert werden;
· Mitverantwortlichkeit von Plattformen für die Einhaltung von Bestimmungen zur korrekten Deklarierung von Paketen sowie zur korrekten Information bei der Bewerbung von Fast-Fashion-Produkten (ähnlich wie schon in § 12c AWG geregelt);
· Umsetzung der Verpflichtung für Fast-Fashion-Anbieter, die Kosten für Sammlung, Sortierung und Recycling ihrer Produkte als Alttextilien zu tragen;
· Mitverantwortlichkeit von Plattformen wie Temu, AliExpress oder Shein für diese Kostenübernahme.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert ein Maßnahmenpaket umzusetzen, mit dem Fast-Fashion-Anbieter verpflichtet werden Pakete korrekt zu deklarieren, Paket-Bearbeitungsgebühren zu tragen, bei jeder Werbung über Herkunft, soziale Auswirkungen und Umweltauswirkungen ihrer Produkte zu informieren und die Kosten für die Sammlung, Sortierung und das Recycling der von ihnen hergestellten oder vertriebenen Produkte zu tragen. Für Plattformen, deren Geschäftsmodell darin besteht, derartigen Fast-Fashion-Anbietern den Vertrieb ihrer Produkte zu ermöglichen, ist eine Mitverantwortlichkeit für die Einhaltung dieser Verpflichtungen vorzusehen.“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie vorgeschlagen.
[1] https://utopia.de/ratgeber/shein-kritik-ultra-fast-fashion-gefahr_284466/
[2] https://www.europarl.europa.eu/news/de/agenda/briefing/2025-09-08/5/neue-vorschriften-zur-reduzierung-von-textil-und-lebensmittelabfallen; https://www.eea.europa.eu/en/analysis/publications/textiles-and-the-environment-the-role-of-design-in-europes-circular-economy-1
[3] https://www.ara.at/uploads/Dokumente/Presseaussendungen/Factsheet_ARA-Hintergrundgespr%C3%A4ch.pdf
[4] https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20250905IPR30172/neue-eu-vorschriften-zur-reduzierung-von-textil-und-lebensmittelabfallen?utm_source=chatgpt.com
[5] https://www.eu-umweltbuero.at/inhalt/eu-parlament-altkleider-lebensmittelabfaelle-und-fahrzeuge-das-eu-parlament-hat-am-10-09-ueber-eu-vorschriften-zur-reduzierung-von-textil-und-lebensmittelabfaellen-sowie-vorschlaege-zum-lebenszyklus-von-altfahrzeugen-und-kreislaufwirtschaft-abgestimmt-oft?ref=127 ; https://www.agora.at/news/detail/vive-leurope-47-alt-textilien-eine-wertvolle-ressource ; https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-6978-2025-REV-2/en/pdf
[6] https://fashionunited.de/nachrichten/mode/europaische-textilverbande-fordern-die-eu-zu-sofortmassnahmen-gegen-ultra-fast-fashion-auf/2025091563421
[7] https://at.fashionnetwork.com/news/Europaische-textilunternehmen-fordern-gemeinsam-sofortmassnahmen-gegen-ultra-fast-fashion,1764388.html
[8] https://www.vie-publique.fr/loi/293332-proposition-de-loi-fast-fashion-impact-environnemental-mode-jetable# ; https://www.assemblee-nationale.fr/dyn/16/textes/l16b2129_proposition-loi# ; https://www.info.gouv.fr/actualite/dans-lactu-une-proposition-de-loi-pour-freiner-la-fast-fashion