520/A(E) XXVIII. GP
Eingebracht am 15.10.2025
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Parlamentarische Materialien
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Lukas Hammer, Freundinnen und Freunde
betreffend Nationaler Aktionsplan gegen Rechtsextremismus
BEGRÜNDUNG
Ob Waffenfunde bei Neonazis, Aufmärsche der „Identitären Bewegung“ oder brutale Gewaltverbrechen: Rechtsextremismus ist in Österreich nach wie vor ein großes, sogar wachsendes, Problem und eine Bedrohung für eine offene, solidarische und sozial-gerechte Gesellschaft. Und er ist vor allem auch eine physische Bedrohung für jene, die der extremen Rechten als Feindbild dienen – und damit unmittelbar gefährdet sind.
Zunehmende Waffenfunde oder eine Serie an Hate-Crime-Delikten mit Verbindungen in die neonazistische Szene, bei denen Menschen über Dating-Apps systematisch in Hinterhalte gelockt und von maskierten Männern misshandelt, gequält und schwer verletzt wurden, machen deutlich, wie gefährlich und hochgerüstet die rechtsextreme Szene inzwischen ist. Der im Juli präsentierte Verfassungsschutzbericht[1] dokumentiert einen erschreckenden Anstieg rechtsextremer Tathandlungen um 23 Prozent – eine höchst alarmierende und bedrohliche Entwicklung.
Die rechtsextreme und neonazistische Szene fällt nicht nur wegen ihrer zunehmenden Gewaltbereitschaft auf – schwere Körperverletzungen steigen ebenso wie Waffenfunde. Bedrohlich ist zudem das ideologische und strukturelle Zusammenwirken der extremen Rechten mit der FPÖ. Dies wird vor allem im Rechtsextremismusbericht[2] aufgegriffen, der alle zentralen Akteur:innen des Rechtsextremismus in Österreich sowie ihre grenzüberschreitenden Netzwerke dokumentiert. Eine wesentliche Herausforderung zeigt sich dabei in der zunehmenden Differenzierung der Neuen Rechten, die aber zugleich eine Bündelung ihrer Kräfte und eine ideologische Modernisierung durchläuft. Die sogenannte „Mosaik-Rechte“ – ein Netzwerk aus Alternativmedien, Aktivist:innen und parteipolitischem Arm durch die FPÖ – ist mittlerweile fest etabliert. Der digitale Raum dient dabei durch neue Formen rechtsextremer Publizistik (Influencer:innen, Online-Zeitschriften und diverse Plattformen) als Multiplikationsfeld rechtsextremer Ideologie und zur Verbreitung von Verschwörungsmythen.
Diese Entwicklungen führen zu einer gefährlichen Dynamik rechtsextremer Bedrohungsallianzen – und damit zu einer steigenden Gefährdungslage für Demokratie, Rechtsstaat und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Der massive Anstieg des Rechtsextremismus sowie die zunehmende Komplexität seiner Erscheinungsformen erfordern daher verstärkte und umfassende Maßnahmen zur Bekämpfung. Es bedarf daher eines umfassenden, bundesweit gültigen Nationalen Aktionsplans gegen Rechtsextremismus, der auf den neuesten Erkenntnissen der Rechtsextremismusforschung basiert.
Um Rechtsextremismus umfassend zu bekämpfen braucht es ein Bündel an Maßnahmen, die im Aktionsplan aufgenommen werden sollen. Das reicht von Fördermitteln für Monitoring und Forschung über Meldestellen für Opfer rechtsextremer Übergriffe und umfassende Präventionsmaßnahmen bis hin zu Programmen zum Opferschutz und Ausstiegsprogrammen nach dem Modell anderer Länder.
Sowohl das DÖW[3] als auch das Mauthausen Komitee[4] fordern schon länger die sofortige Umsetzung des im Regierungsprogramm verankerten Aktionsplans gegen Rechtsextremismus. Auch der am 8. Oktober 2025 von zahlreichen Personen unterstützte offene Brief an den Bundesminister für Inneres sowie die Bundesministerin für Justiz macht deutlich, dass dieser Aktionsplan längst überfällig ist. Der Kampf gegen menschenfeindliche, demokratiefeindliche Ideologien ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Angesichts aktueller Entwicklungen gilt es daher keine Zeit mehr zu verlieren.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Inneres, wird aufgefordert, einen für die Öffentlichkeit transparent und unter Einbindung von Wissenschaftler:innen, Expert:innen und Zivilgesellschaft erarbeiteten Nationalen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus vorzulegen und dem Nationalrat zuzuleiten. Dieser NAP Rechtsextremismus sollte insbesondere die Erkenntnisse des Rechtsextremismusberichts heranziehen und unter anderem folgende Maßnahmen umfassen:
· Demokratieförderung: Dazu zählen der Ausbau von Bildungs- und Sensibilisierungsprogrammen als zentrale Bausteine der Präventionsarbeit aber auch die gezielte Stärkung von Medienkompetenzen im Umgang mit Desinformation, Verschwörungsideologien und Radikalisierung.
· Schaffung und Absicherung von Ausstiegsprogrammen aus der Neonazi-Szene und anderen rechtsextremen Bewegungen nach dem deutschen Vorbild „exit“.
· Umfassendes Maßnahmenprogramm gegen Hass und Hetze im Internet. Dazu zählen vor allem Maßnahmen auf gesetzlicher Ebene, unter anderem durch strengere Sanktionen für Plattformbetreiber, die ihren Verpflichtungen nach dem Digital Services Act (DSA) nicht nachkommen, aber auch die Einrichtung einer zentralen Meldestelle für rechtsextreme Übergriffe. Die Daten dieser Meldestelle sollen auch für den Verfassungsschutz- und den Rechtsextremismusbericht verfügbar gemacht werden.
· Novellierung und Anpassung antifaschistischer und demokratieschützender Gesetzgebung (insbesondere Verbotsgesetz, Abzeichengesetz und Symbolegesetz) an modernisierte Formen des Rechtsextremismus mit dem Ziel, angemessene Strafhöhen und Verurteilungen bei rechtsextremen Straftaten sicherzustellen.
· Ausbau von Forschung und Monitoring im Bereich des Rechtsextremismus: Langfristige finanzielle und institutionelle Absicherung für Forschung und Monitoring. Dazu zählen unter anderem das Rechtsextremismus-Barometer oder der Rechtsextremismusbericht.
· Opferschutz stärken: Unterstützung von Opfern rechtsextremer Übergriffe und Straftaten nach dem Beispiel anderer Straftatbestände. Dazu zählen auch der leichtere und verbesserte Zugang zu Informationen über Opferrechte in Strafverfahren sowie psychologische Hilfe.
· Entwaffnung von Rechtsextremisten und Neonazis: Der Waffenbesitz muss eingeschränkt und der Entzug waffenrechtlicher Erlaubnisse erleichtert werden.
· Extremismusbekämpfung im Verfassungsschutz stärken: Förderung ziel-gerichteter Sensibilisierungsmaßnahmen zur Bewusstseinsbildung hinsichtlich Extremismusprävention und Deradikalisierung innerhalb der Sicherheits-behörden, Ressourcenausweitung der DSN im Bereich Rechtsextremismus sowie die Stärkung des Bundesweiten Netzwerks Extremismusprävention und Deradikalisierung (BNED) im Bereich des Rechtsextremismus.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für innere Angelegenheiten vorgeschlagen.