529/A(E) XXVIII. GP

Eingebracht am 15.10.2025
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Parlamentarische Materialien

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Elisabeth Götze, Ralph Schallmeiner, Freundinnen und Freunde

 

betreffend rechtlicher Klarstellungen in Bezug auf barrierefreien Umbau von gemieteten Geschäftslokalen

 

 

BEGRÜNDUNG

 

Mit dem Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG) von 2006 wurde normiert, dass nach § 2 Abs. 2 Menschen mit Behinderungen beim Zugang der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, nicht diskriminiert werden dürfen.

 

Dieser Diskriminierungsschutz gilt auch für sogenannte „mittelbare Diskriminierungen“, bei denen ein Mensch auf Grund der Behinderung zwar nicht unmittelbar benachteiligt wird, aber „durch dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sowie Merkmale gestalteter Lebensbereiche“ (BGStG § 5 Abs. 2) diskriminiert wird. Dies betrifft insbesondere auch die Diskriminierung durch bauliche Barrieren, beispielsweise Stufen in oder vor Geschäftslokalen. Zur Beseitigung der Barrieren hat der Gesetzgeber eine gesetzliche Übergangsfrist eingeräumt, die mit dem 1.1.2016 ausgelaufen ist. Seit diesem Zeitpunkt stellen bauliche Barrieren jedenfalls eine mittelbare Diskriminierung dar.

 

Fast zehn Jahre nach Ende der Übergangsfrist sind sehr viele Geschäftslokale immer noch nicht barrierefrei. Die Gründe dafür sind vielfältig, ein wesentlicher ist aber die Rechtslage, die entsprechende Adaptionen erschwert: Viele Geschäftslokale sind an Inhaber:innen vermietet. Ist das betreffende gemietete Geschäftslokal nicht barrierefrei, kann nur gegen den:die Inhaber:in, also den:die Mieter:in, ein Schlichtungsverfahren und in der Folge eine Klage eingeleitet werden. Eine Klagsmöglichkeit gegen den:die Vermieter:in eines nicht barrierefreien Geschäftslokals besteht nicht, da ja keine direkte Geschäftsbeziehung mit der klagenden Partei (meist dem Menschen mit Behinderung) besteht.

 

Gewerbliche Mieter:innen von nicht barrierefreien Geschäftslokalen müssen also damit rechnen, aufgrund  von Barrieren auf Schadenersatz geklagt zu werden. Um hier einen rechtskonformen Zustand herstellen zu können und damit auch möglichen Schadenersatzansprüchen zu entgehen, möchten gewerbliche Mieter:innen häufig die Barrieren in Geschäftslokalen entfernen. Doch die Rechtslage dazu ist für gewerbliche Mieter:innen und Vermieter:innen sehr unübersichtlich und uneindeutig.

 

Ob gewerbliche Mieter:innen eine Barriere beseitigen dürfen und in wie weit die Vermieter:innen zustimmen müssen hängt davon ab, ob das entsprechende Mietobjekt in den Voll- oder Teil-Anwendungsbereich des MRG fällt oder ob es sich um eine freie Miete nach ABGB handelt. Darüber hinaus sind Fragen der vertraglichen Risikozuweisung entscheidend dafür, wer gegebenenfalls einen Umbau durchführen darf und wer die Kosten dafür tragen muss.

 

Wiewohl in der Fachliteratur davon ausgegangen wird, dass die Beseitigung von Barrieren auf Kosten der Mieter:innen in vielen Fällen zulässig sein wird, können auf Grund der vielen verschiedenen Beurteilungskriterien diese Fragen häufig nur im konkreten Einzelfall unter Beiziehung von Expert:innen beantwortet werden, und selbst dann sind wegen der unklaren Rechtslage häufig Gerichtsurteile notwendig.[1]

 

Um die Unklarheiten zu beseitigen, soll deshalb in den relevanten Gesetzen normiert werden, dass gewerbliche Mieter:innen Barrierefreiheitsmaßnahmen in Geschäftslokalen jedenfalls auf eigene Kosten setzen dürfen und dass bei Auszug keine Verpflichtung zum Rückbau der Maßnahmen besteht.

 

Dies würde es gewerblichen Mieter:innen erleichtern, einen rechtskonformen Zustand herzustellen und das Risiko von Schadensersatzzahlungen wegen mangelnder Barrierefreiheit würde fallen. Für die Vermieter:innen ergibt sich durch Barrierefreiheitsmaßnahmen der Mieter:innen bei Geschäftslokalen ein Wettbewerbsvorteil, da sie bei Beendigung des Mietvertrags und erneuter Vermietung ein barrierefreies Geschäftsobjekt am Markt anbieten können.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 


 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wirtschaft, Energie und Tourismus, wird aufgefordert, entsprechende gesetzliche Änderungen vorzu-schlagen, mit denen klargestellt wird, dass Mieter:innen von Geschäftslokalen, in denen Güter und Dienstleistungen angeboten werden, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, bauliche Maßnahmen zur Schaffung von Barrierefreiheit auch ohne Zustimmung des:der Vermieter:in setzen dürfen, um ihren Verpflichtungen aus dem BGStG nachkommen zu können. Weiters soll klargestellt werden, dass bei Auszug auf Seiten des:der Mieter:in keine Verpflichtung zum Rückbau dieser Maßnahmen besteht.“

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie vorgeschlagen.



[1] Vgl. Vonkilch, Andreas (2016): Anwendbarkeit des Verbotes der mittelbaren Diskriminierung durch

bauliche Barrieren ab 1. Jänner 2016 auch bei Bestandsgebäuden:

Auswirkungen auf bestehende Mietverhältnisse, in Wohnrechtliche Blätter Heft 4 ab S. 119.