53/A(E) XXVIII. GP
Eingebracht am 26.02.2025
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Parlamentarische Materialien
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Olga Voglauer, Freundinnen und Freunde
betreffend Tierhaltungskennzeichnung für tierische Produkte
BEGRÜNDUNG
Tiere werden in der Landwirtschaft auf sehr unterschiedliche Art und Weise gehalten. Stroheinstreu und Auslauf versus Beton-Vollspaltenboden oder Anbindehaltung: Für das Tier macht dies einen großen Unterschied. Obwohl auch sehr tierfeindliche Haltungen rechtlich noch erlaubt sind – zum Teil mit Übergangsfristen bereits auf längere Sicht abgeschafft – ist dies nicht allen Konsument:innen bekannt. In der Werbung wird schließlich suggeriert, dass Tiere, die Fleisch, Milch oder Eier liefern, ständig auf der Weide oder im Stroh gehalten werden.
Dabei ist Konsument:innen Tierschutz wichtig: Etwa 90% bestätigen dies in einer Umfrage der AK aus 2023. Dementsprechend haben auch viele Supermärkte bereits Tierwohl-Labels entwickelt. Geworben wird mit FairHof oder Fair zum Tier, mit Eiern vom Wanderhuhn oder dem Schnitzel vom Ötscherblickschwein. Bei jedem einzelnen Marketing-Label müsste der:die Konsument:in einzeln rechechieren, welche Kriterien wirklich dahinter stecken, und ob es eine externe und regelmäßige Kontrolle gibt. Tierschutz- und Umweltorganisationen übernehmen dann die Aufgabe, für etwas Orientierung im Labeldschungel zu sorgen – auch diese Information muss man als Konsument:in aber erst aktiv suchen.
Seit Jahren wird darum gerungen, den in der Landwirtschaft gehaltenen Tieren ein besseres Leben zu ermöglichen. Tierschutzorganisationen prangern regelmäßig und zu Recht die schlechten Bedingungen und das enorme Leid an, das durch Tierhaltung im gesetzlichen Mindeststandard entsteht. Bäuerinnen und Bauern stehen allerdings unter enormem Preisdruck durch Lebensmittelindustrie und –handel. Mit den derzeitigen Erzeuger:innenpreisen ist der erhöhte Arbeitsaufwand und der geringere Ertrag etwa durch langsamer wachsende Rassen für sie nicht finanzierbar.
Aktuelles Beispiel sind die bevorstehenden Verbesserungen in der Schweinehaltung. Die Haltung in Vollspaltenbuchten wird abgeschafft, ein neuer Standard für die Zukunft ist erst noch zu definieren. Aus Sicht der Grünen muss Stroh und Auslauf für alle Schweine vorgeschrieben sein, um eine tiergerechte Haltung zu ermöglichen. Klar ist aber auch: Dafür ist deutlich mehr Platz pro Schwein notwendig, und es fällt deutlich mehr Arbeit an, wenn ein Stall mit Stroh regelmäßig ausgemistet werden muss.
Es braucht also auch Wertschätzung finanzieller Natur am Markt für Bemühungen um höhere Tierschutzstandards in der Landwirtschaft. Dafür ist es notwendig, den Konsument:innen klare Informationen zu geben. Es braucht eine einheitliche Tierhaltungskennzeichnung auf der Verpackungsvorderseite.
In Deutschland wurde bereits 2019 von Seiten des Lebensmitteleinzelhandels eine einheitliche vierstufige Haltungskennzeichnung („Haltungsform“) eingeführt. Mit der Einführung einer verpflichtenden fünfstufigen Kennzeichnung für Schweinefleisch, wurde auch das freiwillige System – das alle Fleischsorten und Milch umfasst – auf ein fünfstufiges System umgebaut.
In dieser Kombination aus Druck von Konsument:innenseite und NGOs sowie der Notwendigkeit, sich für den Export nach Deutschland auf eine Haltungskennzeichnung einzustellen, intensivierte sich in den letzten Jahren auch in Österreich die Debatte um eine Tierhaltungskennzeichnung, und befürworteten erstmals sowohl der Lebensmitteleinzelhandel als auch die Tierhalterverbände eine einheitliche Tierhaltungskennzeichnung. Mittlerweile ist die Umsetzung einer Tierhaltungskennzeichnung auch in der Vision 2028+ des Landwirtschafts-ministeriums verankert.
Nach zahlreichen Gesprächen und Vorarbeit der AMA Marketing, Vertreter:innen der Wertschöpfungskette und von Tierschutzorganisationen, beauftragte das Gesundheitsministerium unter Minister Johannes Rauch 2024 das Unternehmen IVM Consulting mit der Ausarbeitung einer Lösung für eine Tierhaltungskennzeichnung mittels einer Verordnung. Auch wenn der Prozess nicht mehr zum Abschluss kam, wurde doch auch hier intensive Vorarbeit in Richtung einer „freiwillig-verpflichtenden“ Kennzeichnung gemacht, die mit dem EU-Binnenmarkt vereinbar ist. Das Konzept des BMSGPK wurde auf
https://www.verbrauchergesundheit.gv.at/Lebensmittel/Kennzeichnung/kennz.html veröffentlicht.
Es ist nun notwendig, diese Vorarbeiten zu einem Abschluss in Form einer gesetzlichen Grundlage und Umsetzung auf Verordnungsbasis zu bringen, um endlich für Transparenz für Konsument:innen, ein besseres Leben für Tiere, und faire Einkommen für Bäuer:innen zu sorgen.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Gesetzesvorlage zuzuleiten, welche die Einführung einer mit dem EU-Binnenmarkt vereinbaren Tierhaltungskennzeichnung auf Basis einer Verordnung ermöglicht.
Die Tierhaltungskennzeichnung auf Verordnungsbasis soll raschest möglich eingeführt werden und mindestens folgenden Vorgaben entsprechen:
· Sie soll „freiwillig-verpflichtend“ sein, das heißt: Wenn für ein tierisches Produkt eine Aussage bezüglich Tierwohl, Tierschutz oder Tierhaltung getroffen wird (etwa durch Labels, Markennamen, etc.), dann muss zum Schutz vor Verbraucher:innentäuschung auch die in der Verordnung geregelte Tierhaltungskennzeichnung auf der Verpackungsvorderseite aufscheinen.
· Sie soll fünfstufig sein. Nach Vorbild der deutschen Haltungsform-Kennzeichnung soll die oberste Stufe Produkten aus biologischer Produktion vorbehalten sein. Die einzelnen Stufen sollen sich voneinander deutlich unterscheiden, sodass für Verbraucher:innen der Mehrwert jeder einzelnen Stufe eindeutig erkennbar ist.
· Die Festlegung der Haltungsstufen sowie des Kontrollsystems soll mit Beteiligung sowohl der Wertschöpfungskette (Produktion, Verarbeitung, Handel) als auch von Tierschutz- und Konsument:innenschutzorganisationen erfolgen, wobei Vertreter:innen der Wertschöpfungskette und der zivilgesellschaftlichen Organisationen einander in ihrer Entscheidungskompetenz gleichgestellt sind.
· Sie soll grundsätzlich für Fleisch und Wurstwaren sowie Milch und Milchprodukte an allen Verkaufsstellen gelten bzw. einsetzbar sein, d.h. sowohl im Supermarkt als auch in der Gastronomie.
Die Bundesregierung wird weiters aufgefordert, sich für eine Branchenvereinbarung zur flächendeckenden Nutzung der Tierhaltungskennzeichnung einzusetzen, wobei die Einführung schrittweise erfolgen kann.“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft vorgeschlagen.