539/A XXVIII. GP

Eingebracht am 16.10.2025
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ANTRAG

 

des Abgeordneten Mag. Norbert Nemeth

und weiterer Abgeordneter

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des Nationalrats (Geschäftsordnungsgesetz 1975) und das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB) geändert werden (Wahrheitspflicht-Novelle)

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem Bundesgesetz vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des Nationalrats (Geschäftsordnungsgesetz 1975) und das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB) geändert werden (Wahrheitspflicht-Novelle)

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Artikel 1

Änderung der Geschäftsordnung des Nationalrats

 

Das Bundesgesetz vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des Nationalrats (Geschäftsordnungsgesetz 1975), BGBl. Nr. 410/1975, zuletzt geändert durch das BGBl. I Nr. 32/2025, wird wie folgt geändert:

 

§ 91 Abs. 4 lautet wie folgt:

(4) Der Befragte hat ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber binnen vier Wochen nach Übergabe der Anfrage an den Präsidenten mündlich oder schriftlich wahrheitsgemäß zu antworten. Die Frist kann unter Angabe von Gründen um weitere vier Wochen verlängert werden. Ist dem Befragten eine Erteilung der gewünschten Auskunft nicht möglich, so hat er dies in der Beantwortung zu begründen. Auf mündliche Beantwortungen finden die Bestimmungen der §§ 19 Abs. 2 und 81 sinngemäß Anwendung.“

 

 

 

 

 

Artikel 2

Änderung des Bundesgesetzes vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen

 

Das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, zuletzt geändert durch das BGBl. I Nr. 50/2025, wird wie folgt geändert:

 

§ 288 Abs. 3a lautet wie folgt:

„(3a) Nach Abs. 1 ist auch zu bestrafen, wer eine der dort genannten Handlungen bei der Beantwortung einer Anfrage gem. § 91 Geschäftsordnung des Nationalrates begeht.

 

Begründung

 

Allgemeiner Teil

 

Art. 52 Abs. 1 B-VG normiert die Befugnis von Nationalrat und Bundesrat, „die Geschäftsführung der Bundesregierung zu überprüfen, deren Mitglieder über alle Gegenstände der Vollziehung zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen“. Dieses Interpellations- bzw. Fragerecht ist Ausdruck des Prinzips der Gewaltenteilung vor dem Hintergrund einer möglichst ausgeglichenen Machtverteilung zwischen den Staatsgewalten. Das Recht der Mitglieder des Nationalrates und des Bundesrates, Anfragen an die Bundesregierung bzw. einzelne ihrer Mitglieder zu richten, ist ein zentrales Instrument der Kontrolle der Vollziehung durch die Gesetzgebungsorgane.

 

Durch die in Art. 22a B-VG normierte Informationsfreiheit, die jedermann „gegenüber den mit der Besorgung von Geschäften der Bundesverwaltung oder der Landes-verwaltung betrauten Organen das Recht auf Zugang zu Informationen“ zugesteht, besteht seit dem Inkrafttreten am 1. September 2025 eine unsachliche Doppel-gleisigkeit, was die Fragerechte von Abgeordneten anbelangt. Dies gilt insbesondere, wenn diese als „public watchdogs“ im Sinn der Rechtssprechung des EGMR Auskünfte begehren.

 

Ein Abgeordneter zum Nationalrat, der eine parlamentarische Anfrage an ein Mitglied der Bundesregierung richtet, bekommt – in der Regel nach Ausschöpfung der maximalen Frist von zwei Monaten – eine im Ministerkabinett formulierte Antwort. Wer eine Frage gestützt auf die Informationsfreiheit stellt, bekommt „ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber binnen vier Wochen“ eine Antwort, wobei sich die Qualität der Antwort dahingehend hervorhebt, dass Originalunterlagen und -dokumente zu übermitteln sind und eine politische Bewertung dem Empfänger überlassen wird. Die Frist kann unter Angabe von Gründen um weitere vier Wochen verlängert werden.

 

Gesichert wird eine hohe Qualität der Anfragebeantwortung im Rahmen der Informationsfreiheit durch einen niederschwelligen und kostengünstigen Instanzen-zug. Die parlamentarische Interpellation kennt hingegen keinen Instanzenzug. Einem Abgeordneten bleibt lediglich die Möglichkeit eine unzureichende Beantwortung im Rahmen einer Debatte über die schriftliche Beantwortung einer Anfrage zu rügen und den Antrag zu stellen, dass der Nationalrat die Beantwortung nicht zur Kenntnis nehmen wolle.

 

Unterschiedliche Qualitäten der Beantwortung von Fragen im Rahmen der Interpellation sieht die Verfassung nicht vor und es stellt sich angesichts dessen die Frage, ob es nicht sogar verfassungswidrig ist, dass im Untersuchungsausschuss strafbewährt spontane Antworten gegeben werden müssen, wohingegen bei der Beantwortung von parlamentarischen Anfragen nach reiflicher Überlegungs-möglichkeit unrichtige Auskünfte ohne Sanktion bleiben.

 

 

Besonderer Teil

 

Zu Artikel 1 (Geschäftsordnungsgesetz 1975):

 

Zu § 91 Abs. 4:

 

Der Fristenlauf bei der Beantwortung von parlamentarischen Anfragen soll an jenen bei der Beantwortung von Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz angeglichen werden. Der Befragte hat ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber binnen vier Wochen nach Übergabe der Anfrage an den Präsidenten mündlich oder schriftlich zu antworten. Die Frist kann unter Angabe von Gründen um weitere vier Wochen verlängert werden.

 

Die Antwort hat wahrheitsgemäß zu erfolgen. Diesen Maßstab legt die Verfahrens-ordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse bereits an, wenn es um die mündliche Befragung von Auskunftspersonen geht. Er gilt auch für die Erstattung von falschen Befunden oder Gutachten durch Sachverständige. Eine schriftliche Anfragebeantwortung von Mitgliedern der Bundesregierung, hat diesem Anspruch jedenfalls zu genügen.

 

Zu Artikel 2 (Strafgesetzbuch – StGB):

 

Zu § 288 Abs. 3a:

 

An Mitglieder der Bundesregierung soll der gleiche Maßstab gelegt werden wie an Sachverständige, die auf Grund ihrer besonderen Sachkunde unter Wahrheitspflicht stehen. Ein Mitglied der Bundesregierung, welches wider besseres Wissen bei der Beantwortung einer Anfrage gem. § 91 Geschäftsordnung des Nationalrats nicht wahrheitsgemäß antwortet, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

 

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird beantragt, diesen Antrag dem Geschäftsordnungsausschuss zuzuweisen sowie eine erste Lesung innerhalb von drei Monaten durchzuführen.