552/A(E) XXVIII. GP

Eingebracht am 16.10.2025
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Mag. Gernot Darmann

und weiterer Abgeordneter

betreffend Ja zu Datenschutz und Meinungsfreiheit - Nein zur EUChatkontrolle 

 

 

Die von der Europäischen Kommission im Mai 2022 vorgelegte „Verordnung zur Prävention und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern“ (COM(2022) 209 final)[1], auch bekannt unter dem Namen „EU‑Chatkontrolle“, stellt einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte der Bürger dar. Durch die geplante Verpflichtung von Anbietern digitaler Kommunikationsdienste, sämtliche privaten Nachrichten, Bilder und Videos automatisiert nach Verdachtsmomenten zu durchsuchen und an Behörden weiterzuleiten, wird ein System flächendeckender Überwachung geschaffen.

 

Damit wird die private Kommunikation der gesamten europäischen Bevölkerung der Generalkontrollfantasie der EU unterworfen. Ein solcher Schritt verstößt gegen die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens, auf Schutz personenbezogener Daten und auf freie Meinungsäußerung gemäß den Artikeln 7, 8 und 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie gegen das in Artikel 48 der Charta verankerte Prinzip der Unschuldsvermutung.[2]

 

Die Europäische Union verfolgt immer aggressivere politische und regulatorische Strategien, die auf zentrale Datenerfassung, zensurartige Inhaltskontrolle und automatisierte Überwachung von privater Kommunikation hinauslaufen. Die geplante Chatkontrolle ist Ausdruck dieser Entwicklung hin zu einem krakenartigen Überwachungsgebilde, in dem technologische Systeme eingesetzt werden, um private Lebensbereiche und Kommunikationsmittel systematisch zu erfassen. Unter dem Vorwand des Kinderschutzes wird ein technisches Überwachungssystem etabliert, das – einmal eingeführt – kaum mehr begrenzbar ist und den Weg zu weitergehenden Zensur- oder Kontrollinstrumenten ebnet.

 

Selbst die europäischen Datenschutzinstitutionen haben ein vernichtendes Urteil über den Verordnungsentwurf der EU‑Kommission abgegeben. In ihrer gemeinsamen Stellungnahme vom Juli 2022 warnen der Europäische Datenschutzbeauftragte (EDPS) und der Europäische Datenschutzausschuss (EDPB), dass die geplante Chatkontrolle in ihrer derzeitigen Form erhebliche Gefahren für den Schutz personenbezogener Daten und die Privatsphäre der Bürger darstellt. Der Entwurf berge laut genannten Institutionen mehr Risiken für Einzelpersonen und damit für die Gesellschaft im Allgemeinen als für Straftäter. Darüber hinaus „besteht die Gefahr, dass der Vorschlag die Grundlage für ein allgemeines und unterschiedsloses Scannen des Inhalts praktisch aller Arten von elektronischer Kommunikation werden könnte“. Beide Institutionen sehen darin eine strukturelle Aushöhlung zentraler Datenschutz-prinzipien, insbesondere der Vertraulichkeit der Kommunikation und der Integrität von Ende‑zu‑Ende‑Verschlüsselung.[3]

 

Auch technisch ist der Vorschlag höchst problematisch, weil automatisierte Erkennungssysteme nicht zuverlässig zwischen rechtmäßigen und rechtswidrigen Inhalten unterscheiden können. Mehrere Untersuchungen belegen hohe Fehlerquoten der vorgesehenen Technologien. Dies führt dazu, dass unschuldige Bürger zu Unrecht ins Visier von Ermittlungen geraten. Zudem wäre die Erkennung verschlüsselter Inhalte nur durch das Schwächen oder Umgehen von Verschlüsselungstechnologien möglich, was die Datensicherheit insgesamt gefährden würde.[4]

 

Neben erheblichen rechtsstaatlichen Bedenken zeichnet sich auch eine gesellschaftliche und technologische Schieflage ab. Mehrere Kommunikationsdienste, darunter der Anbieter Signal[5], haben angekündigt, den europäischen Markt zu verlassen, sollte eine anlasslose Inhaltsüberwachung verpflichtend werden. Auch der Messengerdienst WhatsApp warnt vor den verheerenden Auswirkungen der Chatkontrolle für die Meinungsfreiheit und Privatsphäre.[6] Eine Einschränkung der Messengerdienste würde die Wahlfreiheit europäischer Nutzer und die digitale Souveränität Europas erheblich beeinträchtigen.

 

Die geplante EU-Chatkontrolle ist kein isoliertes Phänomen, sondern fügt sich in eine Reihe von übergriffigen EU-Regulierungen ein, die zu umfassender Inhaltskontrolle und Zensur führen – etwa den Digital Services Act (DSA)[7], der Plattformen verpflichtet, Inhalte einseitig zu moderieren, oder den Digital Markets Act (DMA)[8]. Zusammen bilden diese Regelwerke die Grundlage eines sich stetig verdichtenden Netzes zentraler Überwachung der europäischen Bürger. Die EU entwickelt sich zunehmend zu einem autoritären Gebilde, das durch zentralisierte Kontrolle, umfassende Überwachung und zunehmende Einschränkungen der Meinungsfreiheit geprägt ist und sich damit immer weiter von seinen ursprünglichen Grundprinzipien entfernt. Die Überwachungspläne der EU-Kommission treffen einmal mehr nur völlig unbescholtene Bürger, beschneiden die Meinungsfreiheit und verletzen weitere Grundrechte. Folgerichtig sind diese abzulehnen.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, auf europäischer Ebene mit Nachdruck gegen die Einführung der sogenannten EU-Chatkontrolle (COM(2022) 209 final) aufzutreten und alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die verpflichtende oder anlasslose Durchleuchtung privater Kommunikationsinhalte zu verhindern, sowie den Schutz der Grundrechte auf Privatsphäre und Meinungsfreiheit uneingeschränkt zu gewährleisten.“

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird ersucht, diesen Antrag dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zuzuweisen.



[1]    https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=CELEX:52022PC0209 (aufgerufen am 16.10.2025)

[2]    https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=oj:JOC_2012_326_R_0391_01 (aufgerufen am 16.10.2025)

[3]    https://www.derstandard.at/story/2000137899622/chatkontrolle-eu-datenschuetzer-kritisieren-geplante-messenger-ueberwachung (aufgerufen am 16.10.2025)

[4]    https://www.heise.de/news/Deutsches-Ja-zu-Chatkontrolle-CCC-Co-warnen-vor-Grundrechtsgefaehrdung-10712007.html (aufgerufen am 16.10.2025)

[5]    https://www1.wdr.de/nachrichten/eu-chatkontrolle-signal-app-100.html (aufgerufen am 16.10.2025)

[6]    https://www.handelsblatt.com/technik/it-internet/ende-der-verschluesselung-whatsapp-warnt-vor-eu-chatkontrollesorge-um-privatsphaere/100160304.html (aufgerufen am 16.10.2025)

[7]    https://eur-lex.europa.eu/eli/reg/2022/2065/oj/deu (aufgerufen am 16.10.2025)

[8]    https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32022R1925 (aufgerufen am 16.10.2025)