585/A(E) XXVIII. GP

Eingebracht am 19.11.2025
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Agnes-Sirkka Prammer, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Go-and-See Visits

 

BEGRÜNDUNG

 

In Österreich leben rund 105.000 Syrerinnen und Syrer. Seit dem Sturz Baschar al-Assads am 7. Dezember 2024 hat die syrische Übergangsregierung unter der Führung des Übergangspräsidenten Ahmed al-Scharaa die Macht übernommen. Viele der syrischen Schutzberechtigten in Österreich fragen sich seither, ob eine Rückkehr in ihr Herkunftsland möglich ist oder die nach wie vor prekäre Sicherheitslage und die durch den 13-jährigen Bürgerkrieg weitgehend zerstörte Infrastruktur eine Rückkehr weiterhin unmöglich machen.

Laut der Asylagentur der Europäischen Union (EUAA) planen mehr als ein Drittel der in der EU lebenden Syrer:innen, nach Syrien zurückzukehren. Kurzfristig können sich das allerdings nur wenige vorstellen, da ihnen Informationen über die Situation in ihrer Heimat fehlen. Tatsächlich sind seit Jahresbeginn rund 700 Syrer:innen aus Österreich ausgereist.

Auch das UNHCR führte jüngst eine Umfrage durch. Von den befragten Syrer:innen äußerten 44 % Interesse an einem Besuch in Syrien, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Für viele sind diese Besuche unerlässlich, um wieder eine Verbindung zu ihrem Heimatland aufzubauen, die aktuellen Bedingungen vor Ort zu verstehen und zu entscheiden, ob eine Rückkehr möglich wäre. Einige Teilnehmer:innen merkten an, dass es selbst dann wichtig sei, persönlich vor Ort zu sein und sich ein eigenes Bild von der Lage zu machen, wenn bereits Familienmitglieder in Syrien leben. Bei solchen Besuchen können sie den Zustand ihrer Häuser überprüfen, feststellen, ob Immobilien beschädigt oder zerstört wurden, die Verfügbarkeit von Arbeits- und Bildungsmöglichkeiten prüfen und Verwaltungsangelegenheiten erledigen, die aus dem Ausland nicht zu erledigen sind.

Aktuell laufen Syrer:innen, die in Österreich internationalen Schutz genießen, Gefahr, ihren Schutzstatus zu verlieren, wenn sie nach Syrien reisen, um sich dort umzusehen. Denn eine solche Reise kann als Hinweis auf den Wegfall des Schutzgrundes gewertet werden. Abhilfe könnten „Go-and-See“-Visits schaffen. Innerhalb eines klar festgelegten Rahmens soll Syrer:innen die Ausreise nach Syrien zum Zweck der Erkundung der Rückkehrmöglichkeiten gestattet werden. Die Interessent:innen müssen den Reisezeitraum und die Reiseroute, der auf eigene Kosten zu finanzierenden Reise, im Vorfeld genau bekannt geben. Erfolgt eine rechtzeitige Rückkehr, haben die betroffenen Personen Rechtssicherheit, dass ihr Schutzstatus weiterhin aufrechterhalten bleibt. Länder wie Dänemark oder Frankreich sind hier bereits als Vorreiter tätig.

Nach Ansicht des UNHCR sind „Go-and-See“-Visits eine wichtige vertrauensbildende Maßnahme für syrische Flüchtlinge, die eine Rückkehr in Betracht ziehen. Sie helfen den Flüchtlingen, faktenbasierte Entscheidungen zu treffen, die eine nachhaltige Rückkehr nach Syrien ermöglichen. Die Besuche ermöglichen es den Flüchtlingen zudem, sich nach ihrer Familie und ihrem Eigentum zu erkundigen sowie das Ausmaß der Zerstörung in ihren Gemeinden und die Gesamtbedingungen an ihrem Herkunftsort zu beurteilen.

Go-and-see-Visits entsprechen zudem der Prioritätensetzung des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA). Dieses räumt der freiwilligen Rückkehr die höchste Priorität ein, noch vor der zwangsweisen Außerlandesbringung. Aus diesem Grund werden seitens des Bundes seit Jahren zahlreiche Maßnahmen im Bereich der freiwilligen Ausreise ergriffen, um umfassend über die konkreten Möglichkeiten zu informieren und die freiwillige Rückkehr intensiv zu fördern und zu unterstützen. Kontrollierte Erkundungsreisen in Form von „Go-and-See“-Visits sind im österreichischen Asylsystem allerdings bislang noch nicht vorgesehen.

Das vielfach geäußerte Bedürfnis der Bundesregierung nach einer besseren Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung manifestiert sich derzeit in medienwirksam durchgeführten, grundrechtlich höchst fragwürdigen zwangsweisen Rückführungen von bisher drei Syrern. Go-and-see-Visits wären demgegenüber ein vernünftiger, menschlicher und sicherheitspolitisch verantwortbarer Schritt: Sie ermöglichen es Syrer:innen, fundierte Entscheidungen über eine mögliche Rückkehr zu treffen, fördern Vertrauen und Transparenz und zeigen, dass Österreich in der Asylpolitik nicht auf Symbolik, sondern auf Lösungen setzt.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Inneres werden aufgefordert, konkrete und nachvollziehbare Voraussetzungen und Prozesse zu definieren, unter deren Einhaltung es rückkehrwilligen Syrerinnen und Syrer ermöglicht wird, auf eigene Kosten kurze Erkundungsreisen nach Syrien zu unternehmen (Go-and-See Visits), ohne dadurch ihren Schutzstatus in Österreich zu gefährden.“

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für innere Angelegenheiten vorgeschlagen.