589/A(E) XXVIII. GP

Eingebracht am 19.11.2025
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Olga Voglauer, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Bio- und Tierwohlkriterien bei der Lebensmittelbeschaffung: nicht abschwächen, sondern umsetzen!

 

 

BEGRÜNDUNG

 

Bereits seit Monaten ließen Anfragebeantwortungen die Vermutung aufkommen, dass die Kriterien zur nachhaltigen öffentlichen Beschaffung (naBe) im Lebensmittelbereich abgeschwächt werden könnten. Seit 5. November ist nun klar: Das ist tatsächlich der Plan. Durch einen Zeitungsartikel[1] wurde bekannt, dass das 55% Ziel für Bio bis 2030 gestrichen werden soll, dass Tierwohlvorgaben verschwinden und zahlreiche Schlupflöcher für die verbleibenden Regelungen eingeführt werden sollen.

 

Das, obwohl sich gerade das BMLUK selbst bereits auf den Weg gemacht hat, zumindest die Bio-Quote einzuhalten und die Einhaltung auch intern zu kontrollieren und ausweisen zu können. Anstatt diese Erfahrung nun aber zu teilen und etwa Warenwirtschaftssysteme auf weitere Ressorts auszurollen oder bei der Etablierung langfristiger Lieferbeziehungen mit landwirtschaftlichem Know-How zu unterstützen, soll der Kahlschlag erfolgen.

 

Gestrichen werden sollen gemäß dem geleakten Entwurf u.a.

-       Die Vorgabe, dass ab 2030 min. 55% der Lebensmittel in Bio-Qualität beschafft werden müssen (nur die 30% Quote, die bereits jetzt gilt, würde bleiben)

-       Die Vorgabe, dass min. 50% und ab 2030 100% des Schweinefleischs und aller Verarbeitungsprodukte in Tierwohlqualität eingekauft werden müssen

-       Die Vorgabe, dass sämtliches Rindfleisch und alle Verarbeitungsprodukte in Tierwohlqualität gekauft werden müssen

-       Die Vorgabe, dass Eier, Milch und Milchprodukte, sowie Schweine- und Rindfleisch und Verarbeitungsprodukte allesamt aus Produktion mit gentechnikfreier Fütterung stammen müssen

 

Alle diese Vorgaben betreffen Betriebe, die in höchste Tierhaltungsstandards und ökologische Produktion investiert haben. Sie betreffen Betriebe, die – entsprechend der österreichischen Zielsetzungen zur Erhöhung des Bio-Anteils in der Landwirtschaft und zur Erhöhung des Tierwohlanteils – in den nächsten Jahren umstellen wollen. Sie betreffen Betriebe, die sich von anerkannten Qualitätsprogrammen zertifizieren lassen: Gemäß den gesetzlichen Bio-Vorgaben und den höheren Standards der österreichischen Bio-Verbände, gemäß den AMA-Gütesiegel Programmen zu Mehr Tierwohl, Alm- oder Weidehaltung, gemäß dem Label „ohne Gentechnik hergestellt“ der Arge Gentechnikfrei.

 

Diese Bio-, Tierwohl- und Gentechnikfrei-Betriebe stellen die Vorreiter:innen in der österreichischen Landwirtschaft hin zu allerhöchsten Standards dar. Sie sichern die Qualitätsproduktion und den „Feinkostladen Europas“.

 

Die Beschaffung durch die öffentliche Hand könnte mit dem Einkaufsvolumen von ca. 76 Mio. Euro allein durch den Bund (ein Vielfaches, wenn die Landeseinrichtungen einberechnet werden) diese Qualitätsproduktion in den Bereichen Bio, Tierwohl und Gentechnikfreiheit deutlich vorantreiben, indem ein stabiler Absatzmarkt garantiert und so das Risiko für die umstellenden Bäuerinnen und Bauern reduziert wird.

 

Dafür müsste die Bundesregierung und insbesondere der Landwirtschaftsminister jedoch aktiv an der Umsetzung arbeiten, nachdem in den letzten Jahren bekannt wurde, dass es mit der Ausgabe von Weisungen nicht getan ist. Einige Möglichkeiten wären:

·         Runder Tisch mit den großen beschaffenden Ministerien (BMJ, BMLV, BMI), der BBG und den Branchenvertreter:innen von Bio-, Tierwohl- und Gentechnikfrei-Betrieben, um zu klären wie die Bedürfnisse sowohl der beschaffenden Institutionen als auch der Lieferant:innen (bei denen aufgrund eines Umstiegs auf Bio und Tierwohl Kosten anfallen) in Verträgen berücksichtigt werden können

·         Rechtliche und praktische Unterstützung für die Etablierung vergaberechtskonformer direkter Lieferbeziehungen zwischen konkreten Justizanstalten und Kasernen mit regionalen Lieferant:innen für konkrete Produktgruppen, insbesondere im Tierwohlbereich (Notwendigkeit von mehrjährigen Abnahmegarantien, damit Bäuer:innen umstellen und somit Verfügbarkeit gegeben ist)

·         Initiierung und Unterstützung von Pilotprojekten von großen beschaffenden Institutionen zur Umsetzung der Bio-, Tierwohl- und Gentechnikfrei-Vorgaben durch ein sektionsübergreifendes Team des BMLUK

·         Einsatz für entsprechende Budgets der beschaffenden Ministerien für die Lebensmittelbeschaffung. Die Mehrkosten im gesamten Bundesbudget für die Einhaltung der Bio-Quote liegen ersten Schätzungen zufolge bei weniger als 1 Euro pro Österreicher:in und Jahr. Das sollte uns der Gewinn für Tierwohl und gesunder Umwelt wert sein.

 

Offensichtlich will die Bundesregierung aber, anstatt weiter an der vollständigen Umsetzung der Nachhaltigkeitsvorgaben zu arbeiten, die wichtigsten Kriterien schlicht abschaffen.

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft, wird aufgefordert, die aktuell gültigen Kriterien für Lebensmittel im Aktionsplan nachhaltige Beschaffung unverändert beizubehalten, und statt an einer Abschwächung der Kriterien aktiv an einer ambitionierten Umsetzung insbesondere der Bio-, Tierwohl- und Gentechnikfrei-Kriterien in der Lebensmittelbeschaffung in allen Dienststellen der Bundesministerien zu arbeiten.“

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft vorgeschlagen.



[1] https://www.derstandard.at/story/3000000295116/bio-und-regionalitaet-in-oeffentlichen-kuechen-hungert-der-bund-die-nachhaltigkeit-aus?ref=article