621/A(E) XXVIII. GP

Eingebracht am 20.11.2025
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Alma Zadic, Süleyman Zorba, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Schutz der Konsument:innen vor giftiger Ultra-Fast-Fashion, Schließen rechtlicher Schlupflöcher und Mitverantwortung von Online-Plattformen

 

 

 

BEGRÜNDUNG

 

Der neue Greenpeace-Report[1] zeigt erneut, wie gefährlich Produkte von Ultra-Fast-Fashion-Plattformen wie SHEIN für Konsument:innen sind. Von 56 getesteten Kleidungsstücken überschritten 32 Prozent die in Europa geltenden Grenzwerte für gefährliche Chemikalien,  darunter Blei, Cadmium, Weichmacher und insbesondere PFAS, die sogenannten Ewigkeitschemikalien. Besonders betroffen waren Outdoorjacken: Alle sieben getesteten Jacken enthielten verbotene PFAS, eine Damenjacke sogar in einer 3.269-fachen Grenzwertüberschreitung. Selbst eine Kinderjacke war massiv belastet. Solche Produkte wären im österreichischen Handel illegal und müssten sofort zurückgerufen werden.

PFAS sind für Konsument:innen ein erhebliches Gesundheitsrisiko: Sie bauen sich nicht ab, reichern sich im Körper an und können das Hormon-, Stoffwechsel- und Immunsystem beeinträchtigen. Umweltmediziner Prof. Hans-Peter Hutter betont, dass jede vermeidbare Belastung verhindert werden muss, da PFAS bereits aus vielen anderen Quellen in die Umwelt eingebracht werden.

Besonders problematisch für den Konsument:innenschutz ist, dass Plattformen wie SHEIN, Temu oder AliExpress EU-Regeln systematisch umgehen. Ihre Waren werden direkt aus Asien versendet und gelten so als nicht von ihnen in der EU in Verkehr gebracht. Dadurch fallen zentrale Produktsicherheitsvorschriften weg. Es sind die Konsument:innen selbst, die rechtlich gesehen zu Importeuren werden und so für illegale oder gesundheitsgefährdende Produkte haften, die sie gutgläubig bestellen. Dieses Schlupfloch darf nicht länger bestehen.

Gleichzeitig zeigt sich, dass das Geschäftsmodell vieler Billig-Plattformen auf massenhaften Rechtsverstößen beruht: Während die Anzahl an Lieferungen in die EU und nach Österreich explodiert, sind, Schätzungen der EU-Kommission zufolge, rund 65 Prozent der Sendungen falsch deklariert, häufig unterbewertet oder mit irreführenden Produktangaben versehen, was nicht nur Konsument:innen, sondern auch Zoll, Marktaufsicht und seriösen Handel massiv belastet. Für europäische und österreichische Händler:innen, die alle Sicherheits- und Umweltstandards erfüllen müssen, entstehen gegenüber derartigen Dumping-Plattformen massive Wettbewerbsnachteile. Sowohl aus Sicht des Konsumentenschutzes als auch aus Sicht des fairen Wettbewerbs ist somit auf diese schädlichen Geschäftspraktiken unverzüglich zu reagieren

Frankreich reagiert bereits mit entschlossenen Maßnahmen: Ein Ultra-Fast-Fashion-Gesetz steht vor der finalen Abstimmung, und Schwerpunktkontrollen am Flughafen Paris fanden in über 80 Prozent der Fälle Verstöße gegen EU-Normen; von verbotenen Chemikalien über gefährliches Spielzeug bis hin zu unbrauchbaren Elektrogeräten. Diese Zahlen belegen: Die Verstöße sind keine Einzelfälle, sondern systemsicher Teil des Geschäftsmodells.

Auf EU-Ebene bestehen Instrumente um dagegen vorzugehen. Wesentlich ist, das Instrumentarium des Digital Service Act (DSA) endlich voll auszuschöpfen. Seit 2024 sind sowohl SHEIN als auch Temu als „Very Large Online Platforms“ (VLOPs) im Sinne des DSA eingestuft. Die bereits laufenden Verfahren müssen rasch abgeschlossen werden. Zusätzlich müssen weitere Maßnahmen, bis hin zu europaweiten Sperren, umgesetzt werden um die Flut von giftiger Wegwerfware endlich zu beenden.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, ein Maßnahmenpaket vorzulegen, das Konsument:innen wirksam vor gesundheitsgefährdenden und rechtswidrigen Billig-Importen schützt, rechtliche Schlupflöcher schließt und die Mitverantwortung von Dumping-Plattformen klar regelt. Dieses Maßnahmenpaket soll folgende Elemente beinhalten:

  1. auf EU-Ebene auf einstweilige Maßnahmen gemäß Art. 70 DSA drängen, um weiteren Schaden abzuwenden. Shein und Temu bei anhaltenden Rechtsverstößen vorübergehend zu sperren, bis die über ihre Marktplätze vertriebenen Produkte überprüft sind, könnte so eine Maßnahme sein;
  2. einen raschen Abschluss der laufenden EU-Verfahren nach dem DSA gegen Billig-Plattformen einfordern;
  3. eine Schwerpunktkontrolle aller zu verzollenden Temu- und Shein-Sendungen durch das Bundesministerium für Finanzen, um das Ausmaß der Rechtswidrigkeiten festzustellen und gefährliche Produkte sofort aus dem Verkehr zu ziehen;
  4. einen Musterprozess des VKI gegen Dumping-Plattformen zu initiieren;
  5. eine nationale Verpflichtung für Betreiber elektronischer Marktplätze schaffen, ihre Händler:innen zur korrekten Zollanmeldung zu verpflichten – bei Verstößen sind abschreckende Verwaltungsstrafen vorzusehen;
  6. Dumping-Plattformen gesetzlich verpflichten, dass sie sicherstellen, dass ihre Händler:innen europäische Sicherheits-, Gesundheits- und Umweltstandards einhalten; bei Verstößen soll eine klare Mitverantwortung der Plattform gelten. Werbung für solche Produkte muss transparent über Herkunft, soziale Bedingungen und Umweltauswirkungen informieren;
  7. sich für ein umfassendes PFAS-Verbot und strenge EU-weite Grenzwerte einzusetzen, um Konsument:innen vor gesundheitsschädlichen Produkten zu schützen;
  8. ein EU-Regulierungsmodell für Ultra-Fast-Fashion nach französischem Vorbild voranzutreiben, um gesundheitliche Risiken, Umweltschäden und unfairen Wettbewerb effektiv zu begrenzen.“

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Konsumentenschutz vorgeschlagen.



[1] https://greenpeace.at/presse/greenpeace-test-jacken-von-shein-stark-mit-verbotenen-pfas-giften-belastet/