148 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVIII. GP

 

Bericht

des Bildungsausschusses

über die Regierungsvorlage (128 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz, das Anstellungserfordernisse-Grundsatzgesetz und das Hochschulgesetz 2005 geändert werden

Durch den verstärkten Familiennachzug in den letzten Jahren hat ein starker Zuzug von Angehörigen von Asyl- und subsidiär Schutzberechtigten nach Österreich stattgefunden. Damit verbunden war vor allem eine vermehrte Migration von Kindern und Jugendlichen. Viele der Familien kamen zunächst nicht nach Europa, sondern wurden in Lagern aufgenommen die (hauptsächlich) in der Türkei und dem Libanon eingerichtet wurden. Mit ihrer Ankunft in Österreich sind viele der Kinder schulpflichtig.

Eine besondere Herausforderung, die sich bei diesen Kindern und Jugendlichen stellt, liegt darin, dass viele von ihnen aus einem anderen Kulturkreis nach Österreich kommen und keinerlei Vorerfahrung aus einem beständigen Bildungssystem haben, wie es in Österreich etabliert ist. Die Vermittlung von grundlegenden Kompetenzen, die für den Einstieg in die Schullaufbahn essentiell sind, hat nicht stattgefunden. Neben dem Fehlen von Vorläuferfertigkeiten für Sprache und Schrift sowie fehlenden sozialen Kompetenzen kommt in vielen Fällen Analphabetismus in einem Alter, in dem Kinder und Jugendliche in Österreich bereits alphabetisiert sind, hinzu – zum Teil auch in der Erstsprache. Dies führt das Bildungssystem zu einer starken Überlastung, vor allem in den Stadtregionen.

Die Bundesregierung hat sich daher bereits im Regierungsprogramm darauf verständigt, sogenannte Orientierungsklassen zu ermöglichen. Das Konzept der Orientierung sieht vor, dass mit allen Kindern, die nicht über ausreichende schulische Vorerfahrungen verfügen, ein Orientierungsgespräch geführt wird. Bei diesen Orientierungsgesprächen werden allfällige schulische Vorerfahrungen, der Alphabetisierungsstand und weitere für den Schulalltag wichtige Informationen erfasst. Anschließend wird über die Notwendigkeit von Orientierung („Orientierungsunterricht) entschieden.

Im Mittelpunkt dieser Unterstützung und Betreuung stehen die Vermittlung

          a) grundlegenden Wissens über das Funktionieren des Systems „Schule“ in Österreich

          b) erster Vorläuferfertigkeiten für Sprache und Schrift und

           c) von Grundwerten und Grundregeln für das Zusammenleben in einer demokratischen Gesellschaft, (zB Respekt, Gleichberechtigung, Toleranz, Partizipation, Gemeinschaft, Verantwortung und Selbstbestimmung).

Weiters soll auch die Arbeit mit den Eltern als Schulpartner intensiviert werden. Sie sollen dabei ua. verpflichtend über bestehende Regeln und Pflichten in der Gesellschaft und im schulischen Kontext informiert werden und Informationen über das österreichische (Schul-)system erhalten. Die Beachtung der zur Verfügung gestellten Informationen und Maßnahmen ist entscheidend für eine erfolgreiche Zusammenarbeit aller Beteiligten und Integration der Schülerinnen und Schüler. Sollten Eltern dieser Verpflichtung nicht nachkommen, werden sie entsprechend der bestehenden gesetzlichen Regelungen sanktioniert. Diese Vorbereitung dient auch der Unterstützung der Schulen bei der Integration der neu aufzunehmenden Schülerinnen und Schüler. Dabei sollen durch eine enge Abstimmung mit dem Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) dessen Erfahrungen einbezogen werden um „Doppelgleisigkeiten“ zu vermeiden und inhaltlich gleiche Informationen sprachlich gleich zu kommunizieren.

Der Besuch einer Orientierungsklasse soll zeitlich befristet erfolgen und höchstens sechs Monate dauern. Der Übertritt in eine Deutschförderklasse soll flexibel dann erfolgen können, wenn bei den betroffenen Kindern und Jugendlichen die notwendigen Voraussetzungen geschaffen wurden.

Der Orientierungsunterricht bereitet zugewanderte, quereinsteigende Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter ohne ausreichende institutionelle (vor-)schulische Erfahrung auf den Einstieg in das Schulsystem vor. Die Rückstufung aus einer Deutschförderklasse in eine Orientierungsklasse ist daher nicht zulässig.

 

Der Bildungsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 25. Juni 2025 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Mag. Martina von Künsberg Sarre die Abgeordneten Barbara Neßler, Nico Marchetti, Paul Stich sowie der Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA und der Ausschussobmann Abgeordneter Hermann Brückl, MA.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: V, S, N, G, dagegen: F) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Bildungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (128 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2025 06 25

              Mag. Martina von Künsberg Sarre                                        Hermann Brückl, MA

                                  Berichterstattung                                                                          Obmann