150 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVIII. GP
Bericht
des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie
über den Antrag 198/A der Abgeordneten Leonore Gewessler, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Regelung der Elektrizitätswirtschaft (Elektrizitätswirtschaftsgesetz – ElWG) und ein Bundesgesetz zur Definition des Begriffs der Energiearmut für die statistische Erfassung und für die Bestimmung von Zielgruppen für Unterstützungsmaßnahmen (Energiearmuts-Definitions-Gesetz – EnDG) erlassen werden sowie das Energie-Control-Gesetz geändert wird
Die Abgeordneten Leonore Gewessler, BA, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 24. April 2025 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:
„Das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) wurde in der vergangenen Legislaturperiode vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) erarbeitet und bereits im Jänner 2024 zur Begutachtung veröffentlicht. Im Anschluss an die Begutachtung wurden die Stellungnahmen der Stakeholder eingearbeitet und zwischen BMK und Bundesministerium für Finanzen intensiv verhandelt.
Das neue Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) schafft einen zeitgemäßen Rechtsrahmen für den österreichischen Strommarkt und bringt klare Regeln für den gezielten und schnellen Ausbau der Stromnetze. Diese Regeln sind dringend notwendig, um die Energiekosten langfristig zu senken, das Stromnetz effizienter zu machen und den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu beschleunigen. Die Marktteilnehmer:innen brauchen mehr Transparenz über verfügbare Netzanschlusskapazitäten, die Möglichkeiten zur Eigenversorgung mit grünem Strom müssen weiter ausgebaut und besser abgesichert werden und die Rechte von Endkund:innen gestärkt.
Die Energiekrise hat gezeigt, dass Energiearmut aktiv bekämpft werden muss. Deshalb enthält der Gesetzesentwurf die Vorgabe, dass schutzbedürftigen Haushalten für ein Verbrauchskontingent von 2.900 kWh pro Jahr nicht mehr als 5 Cent pro kWh Strom verrechnet werden dürfen.
Das ElWG muss auch deshalb so rasch als möglich umgesetzt werden, weil gegen Österreich ist wegen mangelnder Umsetzung der Elektrizitätsbinnenmarkt-Richtlinie ein Vertragsverletzungsverfahren anhängig ist. Die Europäische Kommission hat dazu bereits eine begründete Stellungnahme abgegeben. Somit kann die Europäische Kommission im Zuge des laufenden Verfahrens jederzeit Klage beim EuGH erheben, was zu einer Verurteilung und damit zu sehr hohen finanziellen Sanktionen für die Republik Österreich führen könnte. Eine rasche Umsetzung des ElWG ist somit für alle Beteiligten in der Elektrizitätswirtschaft, für die Dekarbonisierung in Österreich und um Strafzahlungen zu vermeiden von höchster Priorität.
Allgemeiner Teil
In den Schlussfolgerungen vom 19. und 20. März 2015 verpflichtete sich der Europäische Rat zum Aufbau einer Energieunion, die sich auf fünf Dimensionen erstreckt: Energieversorgungssicherheit – ein vollständig integrierter Energiebinnenmarkt – Energieeffizienz – Verringerung der CO2 Emissionen – Forschung, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit.
Zur Umsetzung der Energieunion und der europäischen Klima- und Energieziele legte die Europäische Kommission im November 2016 das acht Legislativvorschläge umfassende Maßnahmenpaket „Saubere Energie für alle Europäer“ vor. Das Gesetzgebungsverfahren zu den Legislativakten konnte in der ersten Hälfte 2019 abgeschlossen werden. Maßgebliches Regelwerk für die Umgestaltung des EU-Energiemarktes bilden die Richtlinie (EU) 2019/944 (Elektrizitätsbinnenmarkt-RL), mit der die bisherige Richtlinie 2009/72/EG betreffend den Elektrizitätsbinnenmarkt neu gefasst wurde, und die Verordnung (EU) 2019/943 (Elektrizitätsbinnenmarkt-VO), eine Neufassung der Verordnung (EG) 714/2009 über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel.
Der Elektrizitätsmarkt hat sich seit der Verabschiedung des 3. Energiebinnenmarktpaketes im Jahr 2009 stark gewandelt. Mit der fortschreitenden Dekarbonisierung des Energiesystems und der Entwicklung neuer Technologien vollzieht sich ein Prozess der zunehmenden Dezentralisierung der Energieerzeugung, der neue Marktakteure schafft.
Ziel der neuen Vorschriften ist es, die Marktregeln an diese Gegebenheiten anzupassen und so – durch die Herstellung der Kohärenz mit dem Fördersystem des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) – zur Erreichung der europäischen und nationalen Energie- und Klimaziele, insbesondere dem Ziel, den Gesamtstromverbrauch ab dem Jahr 2030 zu 100% national bilanziell aus erneuerbaren Energiequellen zu decken und die Klimaneutralität Österreichs bis 2040 zu erreichen, beizutragen.
In Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/944 werden die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher gestärkt und ihre aktive Teilnahme am Energiemarkt gefördert. Die bereits im Zuge des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzespaketes geschaffene Möglichkeit, Energie in Energiegemeinschaften dezentral zu erzeugen, diese zu verbrauchen oder zu verkaufen, wird durch die Einführung des „aktiven Kunden“ erweitert, der zudem über die gemeinsame Energienutzung erzeugten Strom aus erneuerbaren Quellen mit anderen aktiven Kunden teilen kann. Auch Lieferverträge mit dynamischen Energiepreisen sollen die aktive Teilnahme am Strommarkt fördern, indem der Verbrauch an Marktsignale angepasst werden kann.
Darüber hinaus sollen die neuen Bestimmungen in Umsetzung der Verordnung (EU) 2019/941 über die Risikovorsorge im Elektrizitätssektor auch zukünftig eine sichere und zuverlässige Versorgung mit Elektrizität gewährleisten.
Die neuen Vorschriften enthalten weiters Nachschärfungen bei Verfolgung, Verjährung und Zuständigkeit in Angelegenheiten der Verordnung (EU) 1227/2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarktes (REMIT), um die vollständige Umsetzung der Verordnung in ihrer geänderten Fassung sicherzustellen.
Durch die Schaffung der Grundlagen für die statistische Erfassung und Beobachtung von Energiearmut im Energiearmuts-Definition-Gesetz soll die Anzahl von Haushalten, die von Energiearmut betroffen sind (energiearme Haushalte), geschätzt werden können.
Die Novelle des Energie-Control-Gesetzes (E-ControlG) dient im Wesentlichen der Anpassung der Organzuständigkeiten, Verweise und der Terminologie an die neuen Vorschriften.
Eckpunkte und Inhalt
Mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzespaket wurden bereits Teile der Richtlinie (EU) 2019/944 umgesetzt. Das vorliegende Gesetzespaket enthält jene legistischen Maßnahmen, die erforderlich sind, um die Richtlinie (EU) 2019/944 vollständig umzusetzen und das nationale Elektrizitätsrecht an die unionsrechtlichen Entwicklungen anzupassen. Zum Teil kommt Österreich mit den zu beschließenden Bestimmungen auch seiner Umsetzungsverpflichtung aus der Überarbeitung der Richtlinie (EU) 2019/944 durch die Richtlinie (EU) 2024/1711 nach. Darüber hinaus sollen bestehende rechtliche Unklarheiten beseitigt werden und harmonisierte Regelungen durch die weitestgehende Vermeidung der doppelstöckigen Umsetzung über Grundsatz- und Ausführungsgesetze geschaffen werden.
Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG)
1. Festlegung von Regelzone, Regelblock und Regelzonenführer in Durchführung der Verordnung (EU) 2017/1485 (System Operation Guideline – SO GL)
2. Rechte von Endkundinnen und Endkunden
a. Umfassende Informations- und Mitteilungspflichten;
b. Recht auf Lieferverträge mit dynamischen Energiepreisen (Umsetzung von Art. 11 der Richtlinie (EU) 2019/944);
c. Recht auf Aggregierungsvertrag (Umsetzung von Art. 13 der Richtlinie (EU) 2019/944);
d. Recht auf Nutzung eines Vorauszahlungszählers;
e. Recht auf gutes Kundenservice und ordentliches Beschwerdemanagement (Umsetzung von Art. 10 Abs. 9 der Richtlinie (EU) 2019/944);
f. Vergleichsinstrumente für die Lieferung und Abnahme von Strom („Tarifkalkulator“) (Umsetzung von Art. 14 der Richtlinie (EU) 2019/944);
3. Intelligente Messgeräte („Smart Meter“)
a. Recht auf (vorzeitige) Ausstattung mit einem intelligenten Messgerät;
b. Verkürzung der Installations- und Aktivierungsfrist;
c. Viertelstundenauslesung als Standardeinstellung mit grundsätzlicher Möglichkeit des Opt-Outs für Speicherung und Übertragung von Viertelstundenwerten, Monats- und Tageswerten;
4. Dezentrale Versorgung
a. Eigenversorgung: Erzeugung, Verbrauch, Speicherung und Verkauf von Energie aus erneuerbaren Quellen sowie Teilnahme an Flexibilitätsdienstleistungen (gemeinsame Umsetzung von Art. 15 der Richtlinie (EU) 2019/944 und Art. 21 der Richtlinie (EU) 2018/2001);
b. Last- und Einspeisesteuerung durch Aggregierung
c. Erweiterung des Anwendungsbereiches von Direktleitungen;
5. Bürgerenergie/gemeinsame Energienutzung
a. Einführung von Bestimmungen zur gemeinsamen Energienutzung, welche den Austausch von Strommengen innerhalb sämtlicher Bürgerenergieformen regeln;
b. Peer-to-Peer Verträge: Verträge zwischen aktiven Kunden über die gemeinsame Nutzung von erzeugtem Strom aus erneuerbaren Quellen;
c. Ergänzung von gemeinschaftlichen Erzeugungsanlagen um die Möglichkeit der Speicherung von Energie;
6. Vollständige Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/944 betreffend Energiespeicherung
7. Netzbetrieb
a. systematische Trennung von Netzanschluss und ‑zugang;
b. Umsetzung neuer Aufgaben der Verteilernetzbetreiber;
c. Konsolidierung der Pflichtenkataloge der Netzbetreiber (z. B. in Bezug auf Datenverwaltung, Digitalisierung);
8. Systemnutzungsentgelte
a. Festlegung von Grundsätzen und Aufwertung der Rolle der Regulierungsbehörde in Umsetzung der Rechtsprechung des EuGH;
b. Zusammenführung des Netzzutrittsentgelts und des Netzbereitstellungsentgelts als Netzanschlussentgelt; Aufgehen des bisherigen Systemdienstleistungsentgelts im Regelleistungsentgelt;
9. Sicherheit und Zuverlässigkeit der Versorgung
a. Marktgestützte Beschaffung von Flexibilitätsleistungen im Verteilernetz (Umsetzung von Art. 32 Abs. 1 und 2 der RL (EU) 2019/944);
b. Beschaffung nicht frequenzgebundener Systemdienstleistungen (Umsetzung von Art. 31 Abs. 7 und Art. 40 Abs. 5 und 6 der RL (EU) 2019/944);
c. Anpassung der Beschaffung von Regelreserve an die Verordnung (EU) 2017/2195;
10. Nachschärfungen bei Verfolgung, Verjährung und Zuständigkeit in Angelegenheiten betreffend die Verordnung (EU) 1227/2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarktes (REMIT).
Energiearmuts-Definitions-Gesetz
1. Verankerung einer Definition von Energiearmut für die statistische Erfassung;
2. Festlegung von Indikatoren, die für die statistische Erfassung und Messung von Energiearmut heranzuziehen sind;
3. Festlegung von Zielgruppen (unterstützungswürdige Haushalte) für
a. Maßnahmen zur Bekämpfung von Energiearmut und
b. Förderungen im Bereich klimarelevanter Investitionen;
4. Regelung der Zuständigkeit und des Verfahrens zur Feststellung der Unterstützungswürdigkeit.
Energie-Control-Gesetz (E-ControlG)
1. Anpassung von Organzuständigkeiten, Verweisen und Terminologie an das Elektrizitätswirtschaftsgesetz;
2. Klarstellung, dass auch die Regulierungsbehörde zur Amtshilfe verpflichtet ist;
3. Detaillierung der Verfahrensregeln durch Verpflichtung
a. zur Erlassung von Bescheiden unter Auflagen, Bedingungen oder Befristungen, sofern für die Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben erforderlich sowie
b. zur Durchführung von öffentlichen Begutachtungsverfahren vor Erlassung von Verordnungen.
Kompetenzrechtliche Grundlagen
Die im ElWG geregelte Materie ist über weite Teile dem Kompetenztatbestand des Art. 12 Abs. 1 Z 2 (Elektrizitätswesen) des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) zuzuordnen. Um diese Regelungen als unmittelbar anwendbares Bundesrecht zu erlassen, wird eine im Verfassungsrang stehende Kompetenzdeckungsklausel statuiert.
Besonderer Teil
Zu Artikel 1: Elektrizitätswirtschaftsgesetz
Durch dieses Bundesgesetz wird insbesondere die Richtlinie (EU) 2019/944 umgesetzt. Aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit und Rechtsbereinigung wird das Elektrizitätswirtschafts- und ‑organisationsgesetz 2010 aufgehoben und als Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) neu erlassen. Die Erläuterungen beziehen sich daher auf jene Änderungen, die in Bezug auf das bisherige ElWOG 2010 erfolgen.
Zu den Bestimmungen im Einzelnen:
Zu § 1 (Kompetenzgrundlage und Vollziehung):
Hier erfolgt eine Anpassung der Kompetenzdeckungsklausel an die Neuregelung bzw. Änderung, da es sich um Angelegenheiten handelt, die nicht vom Kompetenztatbestand „Elektrizitätswesen“ des Art. 12 Abs. 1 Z 2 B-VG oder anderen Kompetenztatbeständen des Bundes erfasst sind. Zu den vergaberechtlichen Bestimmungen zählen jedenfalls die §§ 83 Abs. 2 und 5, 112 Abs. 2 und 4, 131, 136 und 139. Bei den diesen Bestimmungen zugrundeliegenden Vorgaben der Richtlinie (EU) 2019/944 handelt es sich um leges speciales im Verhältnis zur Richtlinie 2014/25/EU über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG, ABl. Nr. L 94 vom 28.03.2014 S. 243, die hinsichtlich bestimmter Aspekte besondere Regelungen, aber keine generelle Ausnahme von der Anwendung der Richtlinie 2014/25/EU vorsehen.
Zu § 4 (Bundes-Public Corporate Governance Kodex):
Die Leistungen der Elektrizitätswirtschaft sind für weite Teile der Bevölkerung und des Unternehmenssektors von Bedeutung. Die Corporate Governance der Elektrizitätsunternehmen entscheidet über deren positiven, fairen und transparenten Beitrag zur gesamtwirtschaftlichen Effizienz und Wettbewerbskraft Österreichs in einer Weise, die allgemein anerkannt, geschätzt und akzeptiert ist. Nach Beschluss der Bundesregierung stellen die Regelungen des Kodex eine Selbstbindung des Bundes dar, deren Beachtung den Organen des Bundes bei der Wahrnehmung von Anteilseigner- und Überwachungsfunktionen obliegt. In Bezug auf die von den obersten Verwaltungsorganen mit diesen Aufgaben betrauten Personen ist der Kodex rechtlich eine Weisung, die notwendigen Maßnahmen zu dessen Umsetzung vorzunehmen. Erfasst sind Unternehmen, die gemäß Art. 126b B-VG der Kontrolle durch den Rechnungshof unterliegen. Ausgenommen sind Aktiengesellschaften, die gemäß § 243c UGB einen in Österreich oder am Börsenplatz allgemein anerkannten Corporate Governance Kodex (Österreichischer Corporate Governance Kodex ÖCGK) anzuwenden haben (vgl. Pkt. 4.2. B-PCGK 2017).
Zu § 5 (Ziele und Grundsätze des Elektrizitätsmarktes):
Abs. 1 Z 2 stellt auf das Ziel des EAG, bis 2030 100% (national bilanziell) Strom aus erneuerbaren Quellen zu erreichen, ab. In Z 7 sind unter Regeln insbesondere auch die auf Basis der Verordnung (EU) 2019/943 erlassenen und jeweils geltenden Netzkodizes und Leitlinien zu verstehen.
Das Ziel der erhöhten Transparenz für alle Marktteilnehmer gemäß Abs. 1 Z 15 kommt materiell insbesondere in den §§ 91, 93, 109, 110, und 115 zum Ausdruck.
Die Abs. 2 bis 4 dienen der Umsetzung von Art. 3 der Richtlinie (EU) 2019/944.
Mit Abs. 5 wird Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2019/944 umgesetzt.
Zu § 6 (Begriffsbestimmungen):
Zu Z 5 (Aggregierung): Durch die Wortfolge „und bzw. oder“ soll zum Ausdruck gebracht werden, dass im Rahmen der Aggregierung eine gemeinsame Bündelung von Verbrauch und oder Erzeugung zulässig ist. Die Tätigkeit hat sich nicht auf entweder den Verbrauch oder die Erzeugung zu beschränken. Die spezifischen Auftragsinhalte zwischen Endkundin oder Endkunden und Aggregator sind Gegenstand des jeweils abgeschlossenen Aggregierungsvertrages.
Zu Z 10 (berechtigter Dritter): Die Rolle eines berechtigten Dritten kann z. B. Lieferanten, Aggregatoren, Netzbetreibern, Energiegemeinschaften oder Betreibern von gemeinschaftlichen Erzeugungsanlagen zukommen. Berechtigt ist eine Partei stets nur für jene Angelegenheiten, in denen die Endkundin oder der Endkunde ihre Dienstleistungen in Anspruch nimmt.
Zu Z 29 (Endkunde): Der Bezug von Strom für Ladepunkte begründet die Eigenschaft als Endkunde, wodurch der Anwendungsbereich des Elektrizitätsrechts endet. Diese Klarstellung wird insbesondere in Hinblick auf die Entscheidung VwGH 18.09.2019, Ro 2018/04/0010 vorgenommen.
Zu Z 36 (Energiespeicheranlage): Darunter fallen etwa Batterien, Pumpspeicher und Konversionsanlagen, zu denen auch Elektrolyseanlagen zählen. Auch E-Fahrzeuge können in Verbindung mit einer bidirektionalen Ladeinfrastruktur als Energiespeicheranlagen fungieren.
Zu Z 43 (Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft): Die Begriffsbestimmung wurde im Vergleich zum ElWOG 2010 geringfügig adaptiert. Der Begriff des teilnehmenden Netzbenutzers soll überall dort zur Anwendung gelangen, wo es aufgrund des Regelungsinhalts auf die Eigenschaft als Netznutzer ankommt und nicht primär auf die Beziehung zur Gemeinschaft.
Zu Z 95 (Liefervertrag): Der Begriff des Liefervertrages entspricht der Umsetzung des Elektrizitätsversorgungsvertrages gemäß Art. 2 Z 12 Richtlinie (EU) 2019/944. Die unionsrechtliche Terminologie wurde an jene des nationalen Elektrizitätsrechts angepasst.
Zu Z 96 (Liefervertrag mit dynamischen Energiepreisen): Mit dieser Begriffsbestimmung wird Art. 2 Z 15 der Richtlinie (EU) 2019/944 umgesetzt, wobei die unionsrechtliche Terminologie an jene des nationalen Elektrizitätsrechts angepasst wurde.
Zu Z 97 (Liefervertrag mit fester Laufzeit und Festpreisen): Mit dieser Begriffsbestimmung wird Art. 2 Z 15a der Richtlinie (EU) 2019/944 umgesetzt, wobei die unionsrechtliche Terminologie an jene des nationalen Elektrizitätsrechts angepasst wurde.
Zu Z 104 (Netzanschlusspunkt): Die anzuschließende Anlage des Netzbenutzers kann eine Stromerzeugungsanlage, eine Verbrauchsanlage, eine Energiespeicheranlage, eine Verteilernetzanlage oder eine Kombination aus den genannten Anlagen sein.
Zu Z 119 (Primärregelreserve): Der Begriff wird an die Definitionen in der Verordnung (EU) 2017/2195 und Verordnung (EU) 2017/1485 angepasst.
Zu Z 129 (Sekundärregelreserve): Der Begriff wird an die Definitionen in der Verordnung (EU) 2017/2195 und Verordnung (EU) 2017/1485 angepasst.
Zu Z 132 (Sonstige Marktregeln): Sonstige Marktregeln sind gemäß § 22 Z 1 E-ControlG von der Regulierungsbehörde zu erstellen.
Zu Z 134 (Standardprodukt): Ein Lieferant kann mehrere Standardprodukte haben, etwa Ökostrom-Produkte, Abnahme-Produkte, Floater oder Festpreis-Produkte.
Zu Z 137 (Stromerzeugungsanlage): Der Begriff leitet sich aus den einschlägigen Definitionen der Verordnung (EU) 2016/631 zur Festlegung eines Netzkodex mit Netzanschlussbestimmungen für Stromerzeuger, ABl. L 11 2 vom 27.4.2016 S. 1 (vgl. Art. 2 Nr. 5 und 17) ab.
Zu Z 138 (Stromerzeugungseinheit): Bei einer Stromerzeugungseinheit kann es sich beispielsweise um einen Maschinensatz eines Wärme- oder Wasserkraftwerkes, eine Windturbine oder einen Wechselrichter mit dazugehörigem Photovoltaik-Generatorfeld handeln.
Zu Z 145 (Technische und organisatorische Regeln für Betreiber und Benutzer von Netzen): Technische und organisatorische Regeln für Betreiber und Benutzer von Netzen sind gemäß § 22 Z 2 E-ControlG von der Regulierungsbehörde zu erstellen.
Zu Z 158 (Verbrauchseinheit): Dabei kann es sich um verschiedene Typen von Lasten, beispielsweise eine Wärmepumpe, Ladepunkte oder einen Energiespeicher handeln.
Zu Z 162 (Verteilernetz): Durch die Klarstellung in Bezug auf geschlossene Verteilernetze wird Art. 38 Abs. 2 erster Satz der Richtlinie (EU) 2019/944 umgesetzt.
Zu Z 168 (vollständig integrierte Netzkomponente): Das Marktintervall, innerhalb dessen Bilanzgruppenabweichen abzurechnen sind, dauert gemäß Art. 35 Verordnung (EU) 2017/2195 fünfzehn Minuten. Im regulären Betrieb müssen die Lade- und Entladezeiten der betreffenden Netzkomponente innerhalb dieses Intervalls liegen, damit es sich dabei um eine vollständig integrierte Netzkomponente handeln kann, die eine Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot des Betriebs von Energiespeicheranlagen durch den Netzbetreiber gemäß § 83 Abs. 1 Z 1 darstellt.
Zu § 8 (Einteilung des Regelblocks und der Regelzone):
Die Verordnung (EU) 2017/1485 zur Festlegung einer Leitlinie für den Übertragungsnetzbetrieb (System Operation Guideline – SO GL) regelt den regulären Betrieb der Übertragungsnetze. Wesentlicher Bestandteil der Verordnung sind die Betriebsvereinbarung für die europäischen Synchrongebiete. Österreich ist Teil der Continental Europa SA.
Im Zuge dieser Vereinbarungen mussten nach Art. 141 Abs. 2 der Verordnung auch Leistungs-Frequenz-Blöcke (Art. 3 Abs. 2 Z 18 der Verordnung) von den Übertragungsnetzbetreibern eines Synchrongebiets vereinbart und durch alle Regulierungsbehörden genehmigt werden. Im Zuge des in Abs. 1 genannten Verfahrens werden demnach die Regelblöcke sowie die darin enthaltenen Regelzonen festgelegt.
Zu Abs. 2: Der in der Betriebsvereinbarung gemäß Art. 119 und Art. 120 der Verordnung (EU) 2017/1485 benannten Übertragungsnetzbetreiber ist Regelzonenführer und somit Regelzonenführer im Sinne des Gesetzes.
Zu § 9 (Aufgaben des Regelzonenführers):
Zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit, zu der der Regelzonenführer gemäß Z 3 verpflichtet ist, soll auch der Einsatz von Flexibilitätsleistungen geprüft und diese im Bedarfsfall beschafft und eingesetzt werden.
Zu § 10 (Neue Aufgaben aus Netzkodizes und Leitlinien):
Die Bestimmung soll eine klare Zuordnung künftiger Aufgaben aus entweder neuen oder überarbeiteten Netzkodizes und Leitlinien ermöglichen, die im sich laufend weiter entwickelnden europäischen Energiebinnenmarkt zu erwarten sind. Die Zuordnung erfolgt mittels Bescheid durch die Regulierungsbehörde, wobei unter Bedachtnahme auf das bestehende Aufgabenportfolio entweder der Regelzonenführer oder ein Übertragungsnetzbetreiber für zuständig zu erklären sind.
Zu § 11 (Zusammenfassung der Netzbenutzer in Bilanzgruppen):
§ 11 ist als Nachfolgeregelung zu § 85 ElWOG 2010 konzipiert. Netzbenutzer können sich auch mittelbar, etwa über ihren Lieferanten oder einen Aggregator, einer Bilanzgruppe anschließen.
Zu § 12 (Aufgaben des Bilanzgruppenkoordinators):
Z 3 bezieht sich auf die Vergabe von Energy Identifikation Codes (EIC) an Unternehmen mit Sitz in Österreich gemäß dem ENTSO-E EIC Reference Manual. Zur Erfüllung seiner Verpflichtung hat sich der Bilanzgruppenkoordinator bei ENTSO-E als Local Issuing Office (LIO) autorisieren zu lassen. Der Ernennung weiterer Stellen als LIO steht diese Verpflichtung nicht entgegen, sie stellt jedoch sicher, dass die Funktion innerhalb des Marktgebiets jedenfalls ausgeübt wird.
Die in Z 9 geregelte Einrichtung einer Plattform für Abmeldungen oder Kündigungen sowie der Mitarbeit bei der Ausarbeitung und Adaptierung von Regelungen im Bereich Kundenwechsel, Abwicklung und Abrechnung war in § 76 Abs. 4 ElWOG 2010 als Aufgabe der Verrechnungsstelle verankert und zählt nunmehr zu den Aufgaben des Bilanzgruppenkoordinators.
Zu § 13 (Anforderungen an und Benennung des Bilanzgruppenkoordinators):
Zuständige Behörde für die Anzeige der Benennung und die Aberkennung der Berechtigung zur Ausübung der Tätigkeit eines Bilanzgruppenkoordinators ist nunmehr die Regulierungsbehörde, zumal es sich nicht mehr um eine Grundsatzbestimmung handelt. Der auf Grundlage des ElWOG 2010 benannte Bilanzgruppenkoordinator nimmt die Aufgabe nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes weiterhin wahr. Eine neuerliche Anzeige der Benennung an die Regulierungsbehörde ist nicht erforderlich (siehe § 181 Abs. 4).
Neu ist, dass der Bilanzgruppenkoordinator der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegt (Abs. 5).
Zu § 14 (Anforderungen an und Registrierung von Bilanzgruppenverantwortlichen):
Die Auflistung der Finanzvergehen für den Ausschluss von der Ausübung der Tätigkeit eines Bilanzgruppenverantwortlichen in Abs. 7 erfolgt in Anlehnung an § 93 Abs. 5 GWG 2011, der sich wiederum auf die Gewerbeausschlussgründe des § 13 GewO 1994 stützt.
Unter die Ausnahmebestimmung des Abs. 10 zählt insbesondere die Bilanzgruppe für die Ermittlung der Netzverluste, zu deren Einrichtung die Netzbetreiber gesetzlich verpflichtet werden.
Zu § 16 (Pflichten der Bilanzgruppenverantwortlichen):
Bei Z 12 handelt es sich um eine Übergangsregelung, die bis zur flächendeckenden Übermittlung von Viertelstundenwerten zur Anwendung gelangen soll.
Zu § 17 (Marktkommunikation und Datenverwaltung):
Der bisherige § 19a ElWOG 2010 zur Umsetzung von Art. 23 und 24 der Richtlinie (EU) 2019/944 soll erweitert und angepasst werden. Durch die überarbeitete Bestimmung soll die Relevanz des standardisierten und gemeinsamen Vorgehens noch stärker zum Ausdruck gebracht werden. Abs. 1 enthält nunmehr einen konkreten Aufgabenkatalog.
In Abs. 2 wird klargestellt, dass in Bezug auf Abs. 1 Z 2, 3 und 4 technische Schnittstellen und technische Dokumentationen festzulegen bzw. zu erarbeiten sind.
Abs. 6 stellt klar, dass die Verantwortung für die gesetzeskonforme Aufgabenerfüllung auch im Fall einer Übertragung bei den originär verpflichteten Netzbetreibern bleibt. Im Falle einer Aufgabenübertragung unterliegt der Dritte dem Auskunfts- und Einsichtsrecht der Regulierungsbehörde gemäß § 160.
Zum 3. Teil (Endkundinnen und Endkunden):
Die Vorreihung der Bestimmungen zu den Rechten von Endkundinnen und Endkunden, die sich im ElWOG 2010 erst im 9. Teil fanden, soll ihre hohe Wichtigkeit zum Ausdruck bringen. Durch die Bestimmungen des 3. Teils soll auch das in Art. 28 der Richtlinie (EU) 2019/944 geforderte hohe Schutzniveau, insbesondere bei der Transparenz der Lieferbedingungen, allgemeinen Informationen und Streitbeilegungsverfahren, gesichert werden.
Zu § 18 (Elektronische Kommunikation):
Gemäß dieser Bestimmung gilt bei Neuverträgen mit Endkundinnen und Endkunden die elektronische Kommunikation als vereinbart. Die Vereinbarung der elektronischen Kommunikation kann von den Vertragsparteien jedoch jederzeit widerrufen werden. In diesem Fall gilt die Kommunikation in Papierform als vereinbart, die grundsätzlich unentgeltlich ist. Die Kommunikation in Papierform gilt gemäß § 42 nicht für die Verbrauchs- und Abrechnungsinformation.
Mit Informationsblätter und Rechnungsinformationen sind jene gemäß § 20 Abs. 3 und § 43 gemeint.
Vertragsrelevante Inhalte im Sinne des Abs. 4 sind jene, die die Abrechnung betreffen bzw. jene, die eine Änderung oder Beendigung des Vertrags zur Folge haben. Vertragsrelevante Inhalte müssen klar von Werbung oder anderen Informationen (z. B. Änderung von Kontaktdaten der Kundenhotlines) unterscheidbar sein.
Zu § 19 (Recht auf freie Lieferantenwahl):
Die freie Lieferantenwahl gemäß Abs. 1 folgt auf § 75 Abs. 1 ElWOG 2010.
In Umsetzung von Art. 4 der Richtlinie (EU) 2019/944 sieht Abs. 2 das Recht der Endkundinnen und Endkunden auf mehr als einen Stromliefervertrag zur selben Zeit vor, wobei je Zählpunkt nur ein Liefervertrag abgeschlossen werden kann. Im zählpunktbezogenen Liefersystem muss jeder Zählpunkt einer Bilanzgruppe zugeordnet werden können. Abs. 3 setzt das gleichlautende Recht für Abnahmeverträge um. Soweit in den Bestimmungen des 3. Teils nicht anders bestimmt, sind diese auf Abnahmeverträge nicht anwendbar.
Unter Verträge über Stromdienstleistungen gemäß Abs. 4 fallen insbesondere Aggregierungsverträge.
Durch Abs. 4 wird Art. 15 Abs. 2 lit. c der Richtlinie (EU) 2019/944 umgesetzt. Die Möglichkeiten des sog. „Aktiven Kunden“ gemäß Art. 15 der Richtlinie sind nicht auf einen bestimmten Teil der Endkundinnen und Endkunden begrenzt, sondern stehen diesen grundsätzlich offen. Dies kommt auch an anderen Stellen des Gesetzentwurfs (z. B. Abs. 3 dieser Bestimmung in Bezug auf Abnahmeverträge gemäß Art. 15 Abs. 2 lit. b der Richtlinie, das Recht auf einen Aggregierungsvertrag in Bezug auf Art. 15 Abs. 2 lit. a der Richtlinie) zum Ausdruck.
Abs. 5: Wie in Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie vorgesehen, dürfen Endkundinnen und Endkunden in Ausübung ihrer diesbezüglichen Rechte keine diskriminierenden Anforderungen, Verfahren oder Entgelte auferlegt werden. Die Verrechnung von Kosten ist nur zulässig, wenn tatsächlich ein sachlich gerechtfertigter Aufwand dahintersteht. Das Diskriminierungsverbot gemäß Abs. 5 bezieht sich auf die in dieser Bestimmung genannten Verträge.
§ 19 begründet keinen Kontrahierungszwang.
Zu § 20 (Allgemeine Lieferbedingungen):
Die Regelung folgt auf § 80 Abs. 1 sowie Abs. 3 und 4 ElWOG 2010. Die Paragraphenüberschrift wurde – im Einklang mit der nunmehrigen Terminologie des ElWG – an die in der Praxis gebräuchliche Bezeichnung angepasst.
Abs. 2 Z 3 wird aufgrund von Art. 10 Abs. 3 lit. e der Richtlinie (EU) 2019/944 ergänzt. Bei gebündelten Produkten im Sinne des Abs. 2 Z 7 handelt es sich um Bündelungen mit anderen Energiedienstleistungen. Abs. 2 Z 8 ist der Umsetzung des Art. 10 Abs. 6 der Richtlinie (EU) 2019/944 geschuldet.
Mit Abs. 3 wird Art. 11 Abs. 1a der Richtlinie (EU) 2019/944 umgesetzt. Die Informationsblätter gemäß Abs. 3 konkretisieren im Wesentlichen die bisher gebräuchlichen Preisblätter. Diese sind per Download auf der Website vor einem Online-Vertragsabschluss oder in Papierform vor einem Vertragsabschluss in einem Kundencenter zur Verfügung zu stellen.
Zu § 21 (Änderung der Allgemeinen Lieferbedingungen):
In dieser Bestimmung werden § 80 Abs. 2, 2a und 2b ElWOG 2010 zusammengeführt. Abs. 1 setzt Art. 18 Abs. 4 der Richtlinie (EU) 2019/944 um.
Die Information über die Änderung der vertraglich vereinbarten Entgelte gemäß Abs. 2 hat in Umsetzung von Art. 10 Abs. 4 der Richtlinie (EU) 2019/944 auch Angaben zu deren Anlass, Voraussetzung, Umfang und erstmaliger Wirksamkeit zu enthalten. Bei der Änderung bzw. bei einem diesbezüglichen Informationsschreiben an Haushaltskundinnen und Haushaltskundinnen sowie Kleinunternehmen handelt es sich nicht um anzeigepflichtige Änderung der Allgemeinen Lieferbedingungen im Sinne des Abs. 1. Abs. 2 letzter Satz sieht eine gesetzliche Preisbindung für die Dauer von drei Monaten nach Lieferbeginn vor, sofern es sich nicht um Verträge für Produkte handelt, deren Wesen einer solchen Bindung entgegenstehen würde. Als Beispiel seien Lieferverträge mit dynamischen Energiepreisen genannt, bei denen sich der Preis laufend an Spotmarktentwicklungen anpasst. Die Auslegung der Vorgängerbestimmung des § 21 Abs. 2 (§ 80 Abs. 2a ElWOG 2010) war bereits mehrfach Gegenstand höchstgerichtlicher Judikatur. Zur Vermeidung von Rechtsunsicherheiten wurde der zumindest teilweise ausjudizierte Wortlaut des § 80 Abs. 2a ElWOG 2010 daher in § 21 Abs. 2 überführt. Bei den Ergänzungen, wonach die für die Entgeltänderung maßgebenden Umstände sachlich gerechtfertigt sein müssen und ihr Eintritt nicht ausschließlich vom Willen des Lieferanten abhängen darf, handelt es sich um Voraussetzungen, die in der Rechtsprechung hinreichend geklärt sind (vgl. OGH 28.9.2021, 5Ob103/21i).
Zu § 22 (Recht auf Lieferverträge mit dynamischen und festen Energiepreisen):
Bei Lieferverträgen mit dynamischen Energiepreisen wird nicht wie üblich ein statischer Preis pro kWh verrechnet, sondern ein Preis, der Preisschwankungen auf Spotmärkten, einschließlich Day-Ahead- und Intraday-Märkte, widerspiegelt. Dies ermöglicht, den Verbrauch gemäß den Echtzeit-Preissignalen anzupassen, wodurch Endkundinnen und Endkundinnen unmittelbar am Markt partizipieren können. Durch die Bestimmung wird Art. 11 der Richtlinie (EU) 2019/944 umgesetzt.
Abs. 1 grenzt den Kreis der zum Angebot eines Liefervertrags mit dynamischen Energiepreisen verpflichteten Lieferanten ein. Die Abs. 2 bis 5 gelten für alle Lieferverträge mit dynamischen Energiepreisen, auch für solche, die von Lieferanten angeboten werden, die gemäß Abs. 1 nicht zum Angebot eines solchen Produkts verpflichtet wären.
Abs. 2 statuiert erhöhte Informationspflichten für Lieferanten, die Lieferverträge mit dynamischen Energiepreisen im Produktportfolio haben. Die Information über Chancen sowie Kosten und Risiken sind leicht verständlich und transparent zu formulieren, als Beispiel kann eine Vergleichsrechnung dienen (Vergleich eines Liefervertrages mit dynamischen Energiepreisen im Vergleich zum bisherigen Produkt anhand des letzten Jahresverbrauchs). Hierbei hat jedenfalls eine transparente und überprüfbare Darstellung der relevanten Produktparameter und deren finanzielle Auswirkungen anhand von repräsentativen Beispielen und Berechnungen aus dem vorangegangenen Kalenderjahr zu erfolgen. Ziel ist, dass Endkundinnen und Endkunden für die hohe Volatilität solcher Produkte sensibilisiert werden und sie eine bewusste Entscheidung für oder gegen ein solches Produkt treffen können. Die Informationspflichten während der Vertragslaufzeit gelten gegenüber Haushaltskundinnen und Haushaltskunden. Abs. 2 letzter Satz ermöglicht für Haushaltskundinnen und Haushaltskunden sowie Kleinunternehmen eine jederzeitige Kündigung – Bindungsfristen sind für derartige Lieferverträge nicht zulässig, eine Kündigung muss auch im ersten Vertragsjahr möglich sein.
Mit Abs. 3 wird klargestellt, dass auf Lieferverträge, denen Produkte zugrunde liegen, die auf Terminmärkten gehandelt werden, ebenso die besonderen Informations- und Kündigungsbestimmungen des Abs. 2 anwendbar sind. Dies gilt für alle Produkte, die bis zu einer quartalsmäßigen Preisanpassung führen. Im Ergebnis werden damit insbesondere Monats- oder Quartalsprodukte umfasst.
Dass eine Information über zu erwartende oder auftretende Preissteigerungen und die Möglichkeit einer zeitnahen Kündigung auch bei Terminprodukten relevant sein kann, zeigt der festgestellte Sachverhalt in der Entscheidung des OGH zu 3 Ob 26/24f vom 3. April 2024 deutlich auf, demzufolge der Kläger sein Verbrauchsverhalten geändert hätte, wäre er über die enormen Preissteigerungen im Rahmen seines Monatsfloaters vom Lieferanten informiert worden.
Die Kündigungsmöglichkeit folgt dem § 80 Abs. 4a letzter Satz ElWOG 2010. Es sollen wie bisher nicht nur Spotmarkt-Produkte, sondern auch Terminmarkt-Produkte wie bspw. Monats- oder Quartalsprodukte unter Einhaltung der in § 24 festgelegten Frist jederzeit von Haushaltskundinnen und Haushaltskunden sowie Kleinunternehmen gekündigt werden können.
Klarstellend ist festzuhalten, dass für Lieferverträge, denen längerfristig gehandelte Produkte zugrunde liegen (Halbjahres- oder Jahresprodukte), die Bestimmungen des § 21 gelten.
Durch eine entsprechende Informationspflicht in einer Verordnung der Regulierungsbehörde gemäß Abs. 4 wäre es beispielsweise denkbar, dass die Lieferanten den Endkundinnen und Endkunden, die einen Liefervertrag mit dynamischen Energiepreisen abgeschlossen haben, das Erreichen oder Überschreiten einer gewissen Preisgrenze automatisiert melden müssen.
Die gemäß Abs. 1 verpflichteten Lieferanten, bei denen es sich aufgrund der Anzahl an belieferten Zählpunkten um Unternehmen in einer Größe handelt, denen ein solches Produktangebot zumutbar ist, werden in Abs. 5 verpflichtet, jedenfalls auch Lieferverträge ohne Echtzeit-Preissignale („Lieferverträge mit festen Energiepreisen“) anzubieten. Klarstellend ist an dieser Stelle festzuhalten, dass Endkundinnen und Endkunden, die Verträge mit festen Energiepreisen abgeschlossen haben, nicht von der Beteiligung an Laststeuerung und gemeinsamer Energienutzung ausgeschlossen werden dürfen (Art. 11 Abs. 1b der Richtlinie (EU) 2019/944). Dies wird dadurch sichergestellt, dass Verträge über Laststeuerung bzw. über die gemeinsame Energienutzung zusätzlich zu den bestehenden Lieferverträgen abzuschließen sind. Die Erlassung einer Verordnung gemäß Abs. 4 ist nicht vom Vorliegen des Berichts gemäß Abs. 6 abhängig.
In der Überwachung und Berichtslegung gemäß Abs. 6 ist primär auf die Entwicklung der Energiekosten abzustellen, unter Umständen können auch Netzkosten, Abgaben und Steuern in die Betrachtung miteinbezogen werden, solange diese das Ergebnis im Hinblick auf die Auswirkungen der Lieferverträge mit dynamischen Energiepreisen nicht verwässern.
Zu § 23 (Recht auf einen Aggregierungsvertrag):
Die Bestimmung setzt Art. 13 der Richtlinie (EU) 2019/944 um. Der Überbegriff des Aggregators umfasst sowohl Lieferanten, die die Tätigkeit der Aggregierung ausüben als auch unabhängige Aggregatoren, die in keiner Verbindung mit dem Lieferanten der Kundin oder des Kunden stehen. Nur wenn, wie im Fall von Abs. 2 und 5, spezifisch auf den unabhängigen Aggregator Bezug genommen wird, ist nur einer dieser beiden Aggregatorentypen gemeint. Die Abs. 3, 4 und 6 sind demnach unterschiedslos auf den unabhängigen Aggregator und den Lieferanten-Aggregator anwendbar.
Zu § 24 (Kündigungsfristen bei Liefer-, Abnahme- und Aggregierungsverträgen):
§ 24 spiegelt die bisherige Rechtslage wider.
Zu § 25 (Recht auf Wechsel des Lieferanten und des Aggregators):
Die Bestimmung folgt auf § 76 Abs. 1 und 2 ElWOG 2010, wobei neben dem Wechsel des Lieferanten nunmehr auch der Wechsel des Aggregators geregelt wird.
Abs. 1 zweiter Satz wird zur Umsetzung von Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie (EU) 2019/944 ergänzt.
Gemäß Abs. 2 gilt weiterhin, dass der Vorgang des Wechsels maximal drei Wochen in Anspruch nehmen darf. Ab 1. Jänner 2026 muss der technische Vorgang des Wechsels (worunter „der Wechsel im eigentlichen Sinn“ zu verstehen ist) in Umsetzung von Art. 12 der Richtlinie (EU) 2019/944 binnen 24 Stunden abgeschlossen und an jedem Arbeitstag möglich sein. In Umsetzung dieser Vorgabe wird ab 2026 eine vierundzwanzigstündige Frist ab dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Lieferantenwechsels durch den Netzbetreiber verankert.
Durch Abs. 4 und 5 sollen Haushaltskundinnen, Haushaltskunden sowie Kleinunternehmen wie bisher in § 76a ElWOG 2010 einmal jährlich auf die Möglichkeit des Wechsels und das Vergleichsinstrument der Regulierungsbehörde hingewiesen und animiert und dabei unterstützt werden, das passende, günstigste Standardprodukt zu finden. Indem Lieferanten zugleich mit dem Informationsschreiben ein günstigeres Standardprodukt aus der gleichen Produktkategorie anbieten müssen, sofern ein solches verfügbar ist, ist zudem gewährleistet, dass auch jenen Kundengruppen, die das Vergleichsinstrument nicht nutzen (können), eine einfache Möglichkeit aufgezeigt wird, anstelle der Weiterbelieferung zu den bisherigen Bedingungen ein für sie günstigeres Angebot wahrzunehmen. „Günstiger“ bedeutet finanziell vorteilig und stellt auf eine den Energieverbrauch des letzten Vertragsjahres berücksichtigende Analyse unter Heranziehung der Ergebnisse im Vergleichsinstrument der Regulierungsbehörde ab.
Zu § 26 (Verfahrensbestimmungen für Lieferanten- und Aggregatoren):
In dieser Bestimmung werden § 76 Abs. 3 bis 7 ElWOG 2010 neu zusammengeführt und das Verfahren für den Wechsel von Lieferant oder Aggregator gesammelt geregelt.
Anfragen auf Vertragsabschluss, die gemäß Abs. 1 fristgerecht zu beantworten sind, können sich auf einen Liefer-, Abnahme- oder Aggregierungsvertrag beziehen.
Die Details des Verfahrens können gemäß Abs. 6 durch die Regulierungsbehörde mit Verordnung geregelt werden, wobei eine Unterscheidung zwischen Lieferanten- und Aggregatorenwechsel zulässig ist. Die Notwendigkeit einer Differenzierung ergibt sich insbesondere aus der Durchführungsverordnung (EU) 2023/1162 sowie aus dem Netzkodex für Laststeuerungsdienste, der derzeit auf EU-Ebene verhandelt wird.
Zu § 27 (Instrument für den Vergleich von Angeboten für die Lieferung und Abnahme von Strom):
Mit der Bestimmung wird Art. 14 der Richtlinie (EU) 2019/944 umgesetzt. Dabei macht Österreich von Art. 14 Abs. 6 der Richtlinie Gebrauch und sieht von der Vergabe von Vertrauenszeichen an Vergleichsinstrumente ab, da die Regulierungsbehörde verpflichtet wird, ein Vergleichsinstrument, das die Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie erfüllt, zur Verfügung zu stellen. Somit kann die Überwachung der Verfügbarkeit von Vergleichsinstrumenten gemäß Art. 59 Abs. 1 lit. y der Richtlinie entfallen – die Regulierungsbehörde stellt durch das eigene Angebot die Verfügbarkeit sicher.
Zu Abs. 4: Standardprodukte im Sinne von Z 1 dieses Absatzes sind insbesondere jene Produkte, die anhand allgemeiner Vertragsbestimmungen, Preisgestaltung und dergleichen an einen unbestimmten Personenkreis gerichtet sind, worunter auch Tarife für die Grundversorgung gemäß § 30 fallen. Die Meldepflicht gemäß Z 2 und 3 soll gewährleisten, dass die Endkundinnen und Endkundinnen die Preise für ihre in der Vergangenheit abgeschlossenen Standardprodukte mit aktuellen Angeboten nach Z 1 vergleichen und somit Preisvorteile erkennen können. Durch die Meldepflicht wird die Regulierungsbehörde in die Lage versetzt, diese Daten im Vergleichsinstrument zur Verfügung stellen zu können. Die Meldeschwelle von 5% der Haushaltskundinnen und Kleinunternehmenskunden soll dabei die Administrierbarkeit für die Lieferanten sowie die Regulierungsbehörde sicherstellen.
Wenn Lieferanten gesonderte Standardprodukte für aktive Kunden anbieten oder bei Standardprodukten zusätzlich Pauschalbeträge von aktiven Kunden verlangen, so sind diese gesonderten Standardprodukte bzw. Pauschalbeträge der Regulierungsbehörde zu melden.
Zu § 28 (Recht auf Ratenzahlung):
Der bisherige § 82 Abs. 2a ElWOG 2010 wird in eine eigene Bestimmung überführt.
Der Begriff „Rechnung“ in Abs. 1 umfasst sowohl Jahresrechnungen als auch Abschlussrechnungen bei Vertragswechsel (z. B. im Falle eines Aus- bzw. Umzugs). Es ist nicht ausgeschlossen, dass aus einer unterjährigen Rechnung ebenso eine Nachzahlung resultiert, diese darf jedoch gemäß § 40 Abs. 4 nur einmal im Jahr auf Verlangen der Haushaltskundin bzw. des Haushaltskunden erfolgen. Auch für Monatsrechnungen wird nunmehr eine spezifische Ratenzahlungsfrist festgelegt.
Da in der Praxis aufgrund der besseren Planbarkeit 12 Monate bevorzugt in Anspruch genommen werden, soll die Laufzeit entsprechend verkürzt werden. Eine Laufzeit von bis zu 18 Monaten soll nur in Härtefällen zur Anwendung kommen, beispielsweise im Falle sehr hoher Zahlungsrückstände (s. Ratenzahlungs-Verordnung der E‑Control, BGBl. II Nr. 180/2022). Die Regulierungsbehörde kann wie bisher grundsätzliche Regelungen zur Ratenzahlung mittels Verordnung festlegen. Haushaltskundinnen und Haushaltskunden haben das Recht im gesetzlich zulässigen Rahmen eine individuelle Laufzeit zu bestimmen.
Abs. 2 bewirkt, dass die Fälligkeit der Nachzahlung auf das Ende der Ratenzahlungsvereinbarung verschoben wird und für die Laufzeit der Ratenzahlungsvereinbarung keine Zinsen anfallen.
Zu § 29 (Recht auf Nutzung eines Vorauszahlungszählers):
Das Recht auf Nutzung eines Vorauszahlungszählers gilt gegenüber Lieferanten und Netzbetreibern. Schutzbedürftige Haushalte gemäß Energiearmuts-Definitions-Gesetz sind von der Entrichtung der Entgelte, die in der Systemnutzungsentgelte-Verordnung durch die Regulierungsbehörde festgesetzt werden, auszunehmen.
Das Recht auf Nutzung eines Vorauszahlungszählers oder eines Zählers mit Vorauszahlungsfunktion stellt eine besondere Maßnahme zum Schutz vor Stromabschaltungen im Sinne des Art. 28a Abs. 3 der Richtlinie (EU) 2019/944.
Zu § 30 (Grundversorgung):
Die Überarbeitung der Preisregelung ist den Erfahrungen und Erkenntnissen aus dem Energiekrisenjahr 2022 und dessen Nachwirkungen im Jahr 2023 geschuldet. Während die Grundversorgungszahlen in den Jahren davor verschwindend gering waren – durchschnittlich zwischen 600 bis 900 im Jahr (s. Tätigkeitsberichte der E-Control, abrufbar auf der Website der E-Control), stiegen sie im Zuge der Energiekrise rapide an und erreichten ihren Höhepunkt im Juni 2023 mit 16.491 gemeldeten Grundversorgungsfällen bei Stromlieferanten (s. E-Control, Belieferung von Haushaltskund:innen mit Energie, Stand: 16.4.2024, S. 5, abrufbar unter: https://www.e-control.at/documents/1785851/1811582/Bericht-Belieferung-von-Haushaltskunden-inkl-Februar-2024.pdf (19.4.2024)).
Angesichts der extremen Preissteigerungen während der Energiekrise rückte der in der Grundversorgungsregelung verankerte Kontrahierungszwang zu Bestandskundentarifen in den Fokus der Aufmerksamkeit. Mit den nunmehr vorgeschlagenen Regelungen soll den Erfahrungen in den letzten Jahren Rechnung getragen und einige Klarstellungen getroffen werden: Mit der Grundversorgung wird das Recht auf die Versorgung zu wettbewerbsfähigen, leicht und eindeutig vergleichbaren, transparenten und diskriminierungsfreien Preisen in Umsetzung des Art. 27 der Richtlinie (EU) 2019/944 verankert, indem hinsichtlich der an Neukundinnen und Neukunden angebotenen Standardprodukte ein allgemeiner Kontrahierungszwang für Lieferanten statuiert wird. Mit dieser Neuregelung soll die Vergleichbarkeit, Transparenz und Nicht-Diskriminierung über den Wettbewerb zwischen den Lieferanten gewährleistet werden.
Die Abs. 2 bis 5 stellen zum einen sicher, dass bei Berufung auf den mit der Grundversorgung verbundenen Kontrahierungszwang Haushaltskundinnen und Haushaltskunden ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen, indem Sicherheitsleistungen oder Vorauszahlungen und die Einrichtung von Prepaymentzählern verlangt werden dürfen. Zum anderen wird zum Schutz der Betroffenen die Höhe der Sicherheitsleistung bzw. Vorauszahlung begrenzt und eine Verpflichtung zur Netzdienstleistung auch im Falle von Zahlungsrückständen vorgesehen.
Es gelten die allgemeinen Kündigungsfristen des § 24.
Durch das Abstellen auf Standardprodukte für Neukundinnen und Neukunden ist klargestellt, dass die Grundversorgung nicht der Versorgung zu (günstigeren) Bestandskundenpreisen in volatilen Energiemarktsituationen dient. Eine solche Situation bedarf besonderer Maßnahmen, wie bspw. die in Reaktion auf die Energiekrise im Herbst 2022 beschlossene Stromkostenbremse gemäß Stromkostenzuschussgesetz, BGBl. I Nr. 156/2022. Für die Sicherstellung der Versorgung von einkommensschwachen (schutzbedürftigen) Haushalten ist nunmehr in § 36 eine eigene Regelung vorgesehen.
Zu § 31 (Auffangversorgung):
Die Auffangversorgung fasst die Tatbestände des (teilweisen) Marktaustritts und die Vermeidung des vertragslosen Zustands aus anderen Gründen, etwa Ablauf des Vertrags oder Kündigungen, zusammen (s. die zuletzt beschlossenen Novellierungen des Tiroler Elektrizitätsgesetzes, LGBl. 7/2024, und des Vorarlberger Elektrizitätswirtschaftsgesetzes, LGBl. 16/2024).
Der Netzbetreiber hat Haushaltskundinnen und Haushaltkunden sowie Kleinunternehmen gemäß Abs. 2 über die bevorstehende Belieferung nach den Regeln der Auffangversorgung und die Möglichkeit des Widerspruchs zu informieren. Er hat gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass im Falle eines Widerspruchs und bei Nicht-Abschluss eines neuen Liefervertrags die Abschaltung droht.
Ein wichtiger Grund gemäß Abs. 3 liegt bspw. im Falle des Zahlungsverzugs vor.
Zu Abs. 6: Die Auffangversorgung ist kein Modell der dauerhaften Versorgung, daher droht nach Ablauf der Vertragslaufzeit (sechs Monate) die Abschaltung.
Zu § 32 (Besondere Bestimmungen für die Auffangversorgung nach Lieferantenausfall):
Diese Bestimmung folgt dem bisherigen § 77a ElWOG 2010. Auch die Ersatzversorgung soll im Rahmen der Auffangversorgung erfolgen.
Zu § 33 (Ernennung des Auffangversorgers):
Der Auffangversorger soll mittels Ausschreibungsverfahren, das von der Regulierungsbehörde nach Maßgabe dieser Bestimmung durchzuführen ist, ermittelt werden. Die erste Ernennung soll bis zum 1. Januar 2026 erfolgen. Die Ernennung zum Auffangversorger gilt für die Dauer von zwei Jahren. Eine jährliche Ausschreibung wäre administrativ zu aufwendig.
Abs. 2: Der Preis für die Auffangversorgung besteht aus zwei Komponenten: (1) aus dem Arbeitspreis, der abzuleiten ist aus den von der Regulierungsbehörde im Rahmen der Ausschreibung festgelegten Spotmarkt- oder Terminmarktprodukten und (2) aus dem Gesamtaufschlag, in welchem alle Kosten des Lieferanten (z. B. Abwicklungskosten, Risikoprämien, Mahngebühren, Ausgleichsenergiekosten etc.) einzupreisen sind. Bei Haushaltskundinnen und Haushaltskunden sowie Kleinunternehmen sind die Spotmarkt- bzw. Terminprodukte über ein Quartal zu glätten, um diese Kundengruppe den monatlichen Preisschwankungen und den in den Wintermonaten tendenziell höheren Marktpreisen nicht direkt auszusetzen.
Abs. 4 Z 1: Der Lieferant muss unter anderem auch an der Börse handeln können, d.h. unter Umständen hohe Sicherheiten hinterlegen können. Relevant sind weiters auch die (absatzabhängigen) Sicherheiten beim Bilanzgruppenkoordinator.
Abs. 4 Z 2: Hinsichtlich des Sitzes in Österreich wird, um eine sachlich nicht gerechtfertigte Einschränkung der Binnenmarktfreiheiten zu vermeiden, darauf abgestellt, dass zum Zeitpunkt der Ernennung ein Sitz in Österreich bestehen muss. Damit wird sichergestellt, dass die verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichen in Österreich greifbar sind.
Nachweise gemäß Abs. 4 Z 3 können auch über Eigenerklärungen erbracht werden.
Zu § 34 (Abschaltung der Netzverbindung):
Abs. 1 folgt auf § 82 Abs. 3 ElWOG 2010. Die Bestimmung bezweckt den Schutz vor Stromabschaltungen und ist daher nur im Hinblick auf Stromlieferverträge anzuwenden. Im Rahmen von Mahnungen sind Endkundinnen und Endkunden umfassend über die ihnen nach diesem Bundesgesetz zukommenden Rechte zu informieren. Wird vom Recht auf Ratenzahlung gemäß § 28 Gebrauch gemacht, liegt keine Vertragsverletzung vor. Ein qualifiziertes Mahnverfahren kann im Fall einer vereinbarten Ratenzahlung frühestens mit Ablauf der Ratenzahlungsfrist eingeleitet werden. Da es bei Teilzahlungsbeträgen gemäß § 39 Abs. 5 kein Recht auf Ratenzahlung gibt, kann der Verweis auf § 39 Abs. 5 bei Einmahnung von Teilzahlungsbeträgen unterbleiben.
Abs. 2 entspricht § 82 Abs. 4 ElWOG 2010; Abs. 3 dem bisherigen § 82 Abs. 8 ElWOG 2010. Abs. 3 dient außerdem der Umsetzung des Art. 28a der Richtlinie (EU) 2019/944.
Abs. 4 folgt auf § 82 Abs. 4a ElWOG 2010.
Zu § 35 (Anlauf- und Beratungsstellen):
Um Doppelgleisigkeiten zu vermeiden wird auf die Verpflichtung zur Einrichtung einer Beratungsstelle gemäß § 39 Abs. 1 EEffG verwiesen. Bei der Veröffentlichung von Kontaktdaten reicht die Angabe von Telefonnummer und E-Mail-Adresse aus. Abs. 3 setzt Art. 10 Abs. 9 der Richtlinie (EU) 2019/944 um.
Ein gutes Kundenservice zeichnet sich durch die gute Erreichbarkeit von Kundenberaterinnen und Kundenberatern, kompetente Auskunftserteilung zu den in Abs. 1 genannten Themen sowie leichte Auffindbarkeit von Informationen (z. B. auf Online-Kundenportalen) aus. Die Einhaltung von Abs. 3 ist gemäß § 161 Abs. 1 Z 5 von der Regulierungsbehörde zu überwachen.
Zu § 36 (Gestützter Preis für schutzbedürftige Haushalte):
Vorbild für die Bestimmung ist das Stromkostenzuschussgesetz (SKZG), BGBl. I Nr. 156/2022. Es sollen die eingespielten Prozesse genutzt und für die Zwecke der Umsetzung eines gestützten Preises für schutzbedürftige Haushalte (nach Auslaufen des Stromkostenzuschusses) fortgeführt werden.
Der gestützte Preis soll für die Dauer der Schutzwürdigkeit gewährt werden. Die Dauer der Schutzwürdigkeit ergibt sich aus dem Bescheid gemäß § 9 EnDG. Fallen die Voraussetzungen für die Schutzwürdigkeit weg (bspw. aufgrund der Verbesserung der Einkommenssituation), ist aufgrund der entsprechenden Verweise im EnDG nach den Vorschriften der Fernmeldegebührenordnung bzw. des ORF-Beitragsgesetzes vorzugehen.
Abs. 5 Z 1: Wie beim SKZG sollen mit der Festlegung eines Verbrauchskontingents Einsparungsanreize gesetzt werden. Für Verbräuche, die das Kontingent überschreiten, gibt es keinen Zuschuss, allerdings ist der Preis mit dem oberen Referenzwert begrenzt, s. Abs. 10.
Abs. 5 Z 2 und 3: Der untere Referenzwert bezieht sich auf den Arbeitspreis. Der obere Referenzwert ist dem § 41 Abs. 1 ÖSG 2012 nachgebildet. Da durch den oberen Referenzwert der Beschaffungspreis abgebildet und nicht ein fixer Deckel festgelegt wird, ist anders als beim SKZG nicht davon auszugehen, dass den Lieferanten darüber hinausgehend Beschaffungskosten entstehen. Gegebenenfalls wäre dem durch betriebswirtschaftliche Maßnahmen (z. B. Änderung der Beschaffungsstrategie) entgegenzuwirken.
Zum oberen Referenzwert: Der mengengewichtete Durchschnitt spiegelt jene Preise wider, zu denen tatsächlich gehandelt wird. Durch die Mengengewichtung findet Volatilität Berücksichtigung. Um das Standardlastprofil eines Haushalts zu bedienen, kaufen Lieferanten in der Regel eine Mischung aus Base und Peak ein. Daher wird bei der Berechnung ein Mischverhältnis angenommen, das leicht über jenem liegt, das Händler und Lieferanten in der Praxis ansetzen, um der Volatilität der Preise Rechnung zu tragen. IdR liegt der Anteil von Quartalsfutures für Spitzenlastenergie zw. 10 und 15%.
Die Aliquotierung gemäß Abs. 6 ist insbesondere bei Schlussrechnungen bspw. im Falle eines Umzugs oder Auszugs relevant.
Abs. 10: Schutzbedürftigen Haushalten darf nur ein Arbeitspreis verrechnet werden, der den oberen Referenzwert gemäß Abs. 5 Z 3 nicht übersteigt
Zu § 37 (Besondere Bestimmungen für Lieferverträge mit schutzbedürftigen Haushalten):
Abs. 1: Die Lieferanten haben die Möglichkeit auf dem Weg der Differenzwertermittlung aus dem Gesamtbezug und dem Bezug beim Lieferanten die Menge aus bspw. einer gemeinschaftlichen Erzeugungsanlage oder Energiegemeinschaft zu ermitteln.
Beispiel 1: Verbraucht der schutzbedürftige Haushalt insgesamt 3 500 kWh im Jahr und davon 1 500 kWh aus einer gemeinschaftlichen Erzeugungsanlage und/oder Energiegemeinschaft, gebührt dem schutzbedürftigen Haushalt für die restlichen kWh (= 2 000 kWh) der Zuschuss für den gestützten Preis.
Beispiel 2: Verbraucht der schutzbedürftige Haushalt insgesamt 2 900 kWh im Jahr und davon 1 450 aus einer gemeinschaftlichen Erzeugungsanlage und/oder Energiegemeinschaft, gebührt dem schutzbedürftigen Haushalt für die restlichen kWh (=1 450 kWh) der Zuschuss für den gestützten Preis.
Mit den Abs. 2 bis 11 werden im Wesentlichen die Bestimmungen zur Abwicklung aus dem SKZG übernommen.
Zu § 38 (Sicherstellung der Versorgung von Endkundinnen und Endkunden, die keine Haushaltskundinnen und Haushaltskunden sowie Kleinunternehmen sind):
Wie die jüngere Vergangenheit gezeigt hat, haben Unternehmen aufgrund der Unsicherheiten auf den Energiemärkten keinen Stromlieferanten gefunden bzw. neue Verträge nur zu „prohibitiven“ Konditionen (im Hinblick auf den Preis) angeboten bekommen. Ziel der vorgeschlagenen Regelung ist daher, die Stromversorgung von Unternehmen auch in volatilen Energiemarktsituationen sicherzustellen.
Auf die Kontrahierungspflicht sollen sich Endkundinnen und Endkunden mit einem Stromverbrauch bis zu 1 GWh berufen können, die weder Haushaltskundinnen und Haushaltskunden noch Kleinunternehmen sind und nachweisen können, dass sie von drei Lieferanten binnen zwei Wochen kein Angebot oder ein Angebot zu nicht angemessenen Preisen erhalten haben oder vom Lieferanten abgelehnt wurden.
Der zugewiesene Stromlieferant ist verpflichtet, für die Laufzeit von mindestens sechs Monaten einen Stromliefervertrag zu Marktpreisen (Lieferverträge gemäß § 22 oder sonstige Lieferverträge, die den Preisschwankungen der Großhandelsmärkte unterliegen) abzuschließen. Es gelten die allgemeinen zivilrechtlichen Regeln zum außerordentlichen Kündigungsrecht für beide Vertragsparteien. Bei Unzumutbarkeit der Fortführung des Vertragsverhältnisses, bspw. bei falschen Angaben im Rahmen von Eigenerklärungen, ist die Kündigung mit sofortiger Wirkung zulässig.
Von der Kontrahierungspflicht ausgenommen sind Lieferanten, die ausschließlich Haushaltskundinnen und Haushaltskunden sowie Kleinunternehmen beliefern.
Zu § 39 (Mindestanforderungen an Rechnungen):
Der bisherige § 81 ElWOG 2010 wird um Vorgaben des Anhangs I der Richtlinie (EU) 2019/944 ergänzt. Abs. 1 sieht in Umsetzung der Richtlinie beispielsweise nunmehr vor, dass der zu zahlende Rechnungsbetrag und das Datum der Fälligkeit auf der Rechnung klar und deutlich ersichtlich sein müssen.
Abs. 1 Satz 6, wonach vorliegende gemessene Energiewerte jedenfalls der Rechnung zugrunde zu legen sind, bedeutet, dass Messdaten aus Intelligenten Messgeräten auch für Abgrenzungen bei Energiepreisänderungen oder Produktwechseln) für die Rechnung heranzuziehen sind.
Abs. 2 legt die elektronische Übermittlung von Rechnungen als Standard fest. Das Recht der Endkundin oder des Endkunden, die Rechnung auf Wunsch in Papierform zu erhalten, besteht jedenfalls und kann vertraglich nicht ausgeschlossen werden. Sowohl die elektronische Übermittlung als auch die Übermittlung in Papierform hat gemäß Art. 18 Abs. 2 der Richtlinie (EU) 2019/944 kostenfrei zu sein.
Abs. 3 Z 6 zielt auf die Bekanntgabe des zugeordneten Lastprofils ab. Dies ist insbesondere den Erfahrungen aus der Abwicklung des Stromkostenzuschussgesetzes geschuldet, im Zuge derer sich herausgestellt hat, dass den Endkundinnen und Endkundinnen das ihnen zugeordnete Lastprofil in den meisten Fällen nicht bekannt ist.
Abs. 3 Z 10 wird aufgrund von Anhang I Pkt. 1.3. lit. a und c der Richtlinie (EU) 2019/944 ergänzt. Der Vergleich mit dem Verbrauch einer Durchschnittsendkundin bzw. eines Durchschnittsendkunden einer vergleichbaren Kundengruppe soll unter Rückgriff auf das gemäß § 102 Abs. 5 je nach vorliegender Netzbenutzerkategorie zugewiesene standardisierte Lastprofil hergestellt werden.
Die Informationen zur Kunden-Hotline gemäß Abs. 3 Z 11 hat sich jedenfalls auf die Kontaktdaten und die Zeiten der Erreichbarkeit zu beziehen. Von der Regulierungsbehörde zur Verfügung gestellte Musterformulierungen sollen die Informationen für Endkundinnen und Endkunden leichter nachvollziehbar machen.
Das Informationsblatt kann auch als Hyperlink auf der Rechnung zur Verfügung gestellt werden, wobei unter Hyperlink auch ein Barcode oder QR-Code zu verstehen sind.
Abs. 5 folgt auf § 81 Abs. 5 ElWOG 2010. Unter „aktuell gültigen Energiepreisen“ sind jene zu verstehen, die dem Preis der Teilbetragsrechnung zugrunde gelegt werden. Im Fall von Preisänderungen während der Abrechnungsperiode sind Teilzahlungsbeträge grundsätzlich anzupassen, wobei Haushaltskundinnen und Haushaltskundinnen im Falle der Ankündigung einer Erhöhung des Teilzahlungsbetrages von ihrem Recht auf Beibehaltung des bisherigen Betrages Gebrauch machen können. Diese Möglichkeit soll die betroffenen Kundinnen und Kunden in die Lage versetzen, bis zum Ende des Abrechnungszeitraumes die zusätzlich notwendigen finanziellen Mittel bereitzustellen. Nichtsdestotrotz sollen Teilzahlungsbeträge – sofern dies finanziell möglich ist – grundsätzlich so bemessen sein, dass hohe Nachzahlungen vermieden werden. Die Information über das Recht auf Beibehaltung des Teilzahlungsbetrages hat stets mit einer Aufklärung darüber einherzugehen, dass sich dadurch der zu zahlende Preis nicht verringert.
Zu § 40 (Abrechnungszeitraum):
Mittelfristig soll eine Umstellung von den derzeit überwiegend gebräuchlichen Jahresrechnungen auf Monatsrechnungen erfolgen. Monatsrechnungen ermöglichen den Endkundinnen und Endkunden einen engmaschigeren Überblick über deren Verbrauchsverhalten und den damit verbundenen Kosten. Allerdings schlagen sich die im Regelfall höheren Verbräuche in den Wintermonaten sofort in den monatlichen Rechnungen nieder und werden nicht, wie bei der Jahresrechnung über den Jahresverlauf geglättet. Daher wird eine entsprechende Informationspflicht verankert und festgelegt, dass auf Kundenwunsch die Beibehaltung bzw. Umstellung auf Jahresrechnungen jederzeit möglich sein muss.
Zu § 41 (Zeitliche Vorgaben für die Rechnungslegung):
Abs. 3 dient unter anderem der Umsetzung des Anhangs I Pkt. 4. lit. a der Richtlinie (EU) 2019/944.
Zu § 42 (Verbrauchs- und Abrechnungsinformation):
Die Bestimmung führt die bisherigen §§ 81a und 81b ElWOG 2010 zusammen. Da bei Endkundinnen und Endkunden, deren Verbrauch mithilfe eines intelligenten Messgeräts gemessen wird, die Monatsrechnung zum Standardfall wird, konsumiert diese die monatliche Verbrauchs- und Abrechnungsinformation. Abs. 1 legt demnach fest, dass eine solche nur für Endkundinnen und Endkundinnen, deren Verbrauch zwar mithilfe eines intelligenten Messgeräts gemessen, jedoch nur jährlich abgerechnet wird, zu übermitteln ist.
Standardmäßig ist die Verbrauchs- und Abrechnungsinformation elektronisch zu übermitteln, nur auf Wunsch der Endkundin bzw. des Endkunden ist die Übermittlung gemäß Abs. 3 postalisch vorzunehmen.
Mindestinhalte gemäß Abs. 4 sind der monatliche Verbrauch, der vereinbarte Preis für die Stromlieferung sowie die geschätzten monatlichen Kosten für die Stromlieferung und Netznutzung. Die zu diesem Zweck näherungsweise geschätzten Kosten müssen nicht zwingend mit den gemäß § 39 Abs. 5 verrechneten Teilzahlungsbeträgen übereinstimmen.
Zu § 43 (Sonstige Informationen):
Abs. 1 folgt auf § 82 Abs. 1 ElWOG 2010. Ergänzungen bei den Informationen sind dem Anhang I der Richtlinie (EU) 2019/944 geschuldet.
Durch Abs. 2 Satz 2 wird zum Ausdruck gebracht, dass bei Bezug und Abnahme durch denselben Lieferanten und gleichzeitiger Rechnungslegung nur ein Informationsblatt ausgestellt werden muss, aber die Informationen gemäß Abs. 1 derart aufgeschlüsselt sein müssen, dass klar ist, ob sich die Information auf Abnahme oder Bezug bezieht.
Abs. 3 folgt auf den bisherigen § 82 Abs. 2 ElWOG 2010.
Zu § 44 (Ausstattung mit einem intelligenten Messgerät):
Für die Äußerung gemäß Abs. 2 gibt es keine Vorgaben für die Formerfordernisse. Abs. 2 lässt die Projektpläne zur verpflichtenden Ausrollung von intelligenten Messgeräten unberührt und greift in jenen Fällen, in denen Endkundinnen und Endkunden rascher mit einem intelligenten Messgerät ausgestattet werden wollen als dies im Projektplan des jeweils zuständigen Netzbetreibers vorgesehen wäre.
Abs. 3 gilt nur für die Erstinstallation eines intelligenten Messgeräts. Bei einem späteren Gerätetausch müssen die Funktionalitäten sofort gegeben sein.
Zu § 45 (Anforderungen an intelligente Messgeräte):
Die in Abs. 4 Satz 1 genannte Sichtanzeige dient der Transparenz und Information der Kundin oder des Kunden über den aktuellen Zählerstand. Bei der Sichtanzeige handelt es sich um eine Echtzeitangabe des Zählerstands, die nicht zwangsweise zur Verrechnung herangezogen wird. Die abzurechnenden Werte sind von dem der Abrechnungsperiode zugrundeliegenden Verbrauch abhängig und können sich je nach Versorgungskonstellation (bspw. durch die Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Erzeugungsanlage oder Energiegemeinschaft) entsprechend ändern.
Durch Abs. 2 Z 1 (iVm § 49) wird Art. 20 lit. g der Richtlinie (EU) 2019/944 umgesetzt, da die einschlägigen Bestimmungen auch auf Eigenversorgungsanlagen anwendbar sind.
Zu Betriebsdaten gemäß Abs. 2 Z 3 zählen beispielsweise Zählerdeckelöffnungserkennung und Fremdmagneterkennung.
Lastprofilzähler gelten als intelligente Messgeräte selbst wenn sie die Anforderung nach Abs. 2 Z 3 (Unterbrechungs- und Abschaltfunktion) nicht erfüllen.
Bei der Konfiguration gemäß Abs. 4 ist auf die Konformität mit dem Maß- und Eichgesetz, BGBl. Nr. 152/1950, zu achten.
Zu § 47 (Verfügbarkeit von nicht-validierten Fast-Echtzeit-Daten):
Der bisherige § 84 Abs. 5 ElWOG 2010 wird in eine eigene Bestimmung überführt. Die Anforderung, dass Endkundinnen und Endkunden nicht validierte Fast-Echtzeit-Daten zugänglich gemacht werden müssen, ergibt sich aus Art. 20 lit. a der Richtlinie (EU) 2019/944.
Zu § 48 (Auslesung der Zähleinrichtung):
Die Bestimmung folgt auf § 57 Abs. 4 ElWOG 2010 und wurde aus systematischen Erwägungen im Hauptstück Messgeräte und Datenverwaltung aufgenommen. Von der Ausnahme umfasst sind auch Zähleinrichtungen bei Kunden, denen kein Standardprofil zugeordnet ist (s. § 45 Abs. 2 Z 3).
Zu § 49 (Auslesung von intelligenten Messgeräten):
Abs. 2 regelt die Möglichkeit des Widerspruchs der Speicherung und Übertragung von Viertelstundenenergiewerten aus dem intelligenten Messgerät (Opt-Out). Die Möglichkeit eines Opt-Outs besteht, sofern keines der genannten Betriebsmittel am jeweiligen Zählpunkt angeschlossen ist und keine gemeinschaftliche Erzeugungsanlage betrieben bzw. an einer Energiegemeinschaft teilgenommen wird. In den aufgezählten Fällen überwiegt die Notwendigkeit der Datenverfügbarkeit für den Netzbetreiber.
Die Regelung des Abs. 3 soll jenen Netzbetreibern, bei denen die technischen Voraussetzungen für eine umfassende Viertelstundenauslesung noch nicht gegeben sind, die Möglichkeit einräumen, die erforderlichen Umstellungen der IT-Prozesse stufenweise vorzunehmen. Ungeachtet des Stufenplans ist es Netzbetreibern, bei denen die technischen Voraussetzungen gegeben sind, erlaubt, Viertelstundenwerte auszulesen.
Zu § 50 (Ersatzwertbildung):
Die Bestimmung zur Ersatzwertbildung ist neu und regelt klar, wie im Fall von vereinzelt fehlenden Viertelstundenenergiewerten umzugehen ist. Damit soll ein österreichweit einheitliches Vorgehen gewährleistet werden.
Es gelten die Regelungen zur elektronischen und automatisierten Datenübermittlung gemäß § 17.
Zu § 51 (Rechnerische Ermittlung des Verbrauchs):
Die Bestimmung folgt auf § 52 Abs. 4 und § 53 Abs. 3 ElWOG 2010 und wurde aus systematischen Erwägungen im Hauptstück Messgeräte und Datenverwaltung aufgenommen.
Zu § 52 (Verarbeitungszwecke):
Zur Aufrechthaltung eines sicheren und effizienten Netzbetriebs gemäß Abs. 3 sollen viertelstündliche Energiewerte für Zwecke des Netzmonitorings eingesetzt werden.
Zu Abs. 6: Auf unionsrechtlicher Ebene sind detaillierte Daten der Haushalte und der Unternehmen unterteilt nach Wirtschaftssektoren auf Basis der VO (EG) Nr. 1099/2008 in der Version der Kommissions-Verordnung (EU) 2022/132 an Eurostat zu melden. Um bereits bei den Energieversorgern vorhandene Daten nicht mittels Erhebungen bei den Unternehmen und Haushalten ein zweites Mal erheben zu müssen, ist im Sinne der Respondentenentlastung eine Übermittlung der Energiewerte aus intelligenten Messgeräten an die Bundesanstalt „Statistik Österreich“ vorgesehen.
Zu § 53 (Zugang zu Messdaten):
Durch Abs. 2 wird Art. 23 Abs. 5 der Richtlinie (EU) 2019/944 umgesetzt, wonach Endkundinnen und Endkunden weder für den Zugang zu ihren Daten noch für die Anträge auf Bereitstellung ihrer Daten zusätzliche Kosten in Rechnung gestellt werden dürfen. Die Programmierungsschnittstelle soll der automatisierten Datenauslesung und Anbindung an ein kundenfreundliches Web-Portal dienen.
Durch Abs. 6 kommt die Regulierungsbehörde ihrer Aufgabe gemäß Art. 59 Abs. 1 lit. t der Richtlinie (EU) 2019/944 nach.
Zu § 54 (Besondere Bestimmungen für Endkundinnen und Endkunden):
Die Frist in Abs. 2 orientiert sich an den Prozessen, die in den von der Datenschutzbehörde genehmigten Verhaltensregeln nach Art. 40 DSGVO beschrieben werden. Die Verhaltensregeln gelten für Netzbetreiber bei der Verarbeitung von mit intelligenten Messgeräten erhobenen personenbezogenen Daten. Demzufolge werden die Daten nach Ablauf von 36 Monaten vom Netzbetreiber zumindest einmal im Kalenderjahr (nach technischer Möglichkeit) in allen Systemen einer Löschung oder Anonymisierung zugeführt, es sei denn, der Netzbetreiber ist von Gesetzes wegen oder aufgrund sonstiger regulatorischer Bestimmungen zu einer längeren Aufbewahrung dieser Daten verpflichtet oder ermächtigt (s. Punkt 6.1.1. der Verhaltensregeln).
Zu § 55 (Datenhoheit der Endkundinnen und Endkunden):
Diese Regelung ist der Konkretisierung der in der Durchführungsverordnung (EU) 2023/1162 über Interoperabilitätsanforderungen und diskriminierungsfreie und transparente Verfahren für den Zugang zu Mess- und Verbrauchsdaten, ABl. Nr. L 154 vom 15.06.2023, S. 10, enthaltenen einschlägigen Bestimmungen geschuldet.
Zu § 56 (Berichterstattung über die nationale Praxis):
Die Bestimmung dient der Festlegung der zuständigen nationalen Behörde und Sicherstellung der Berichterstattung über die nationale Praxis der zur Anwendung kommenden Verfahren für den Datenzugang, einschließlich der nationalen Umsetzung des Referenzmodells, im Sinne der Durchführungsverordnung (EU) 2023/1162.
Die Regulierungsbehörde hat die Meldungen der Netzbetreiber bei der Berichterstattung an die Europäische Kommission zu berücksichtigen, ist jedoch nicht an diese gebunden.
Zu § 57 (Strombezugsverträge):
Diese Bestimmung dient der Umsetzung und Konkretisierung der Art. 2 Z 14q und Art. 15 Abs. 8 der Richtlinie (EU) 2018/2001. Verträge über den Bezug von Strom aus fossilen Quellen bleiben von dieser Bestimmung unberührt und sind weiterhin zulässig. Der Bezug von Strom über Direktleitungen stellt keinen Strombezugsvertrag nach Maßgabe dieser Bestimmung dar (On-site-PPAs sind daher keine Strombezugsverträge).
Zu Abs. 1: Strommengen, die eine Endkundin oder ein Endkunde von einem Erzeuger über einen Strombezugsvertrag bezieht, begründen keine Lieferung im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 94, daher wird der Erzeuger diesfalls nicht zum Lieferanten. Sinn und Zweck eines Strombezugsvertrages („Power-Purchase-Agreements“) ist die langfristige Bindung der Endkundin bzw. des Endkunden an den Erzeuger; die Stellung als Lieferant und dessen Verpflichtungen sind hiermit nicht vereinbar. Der Endkundin oder dem Endkunden stehen auch weiterhin gegenüber ihrem bzw. seinem Lieferanten sämtliche Rechte zu. Dies setzt voraus, dass die Endkundin oder der Endkunde über einen aufrechten Liefervertrag verfügt, da ansonsten die europarechtlich vordeterminierten Endkundenrechte nicht gewahrt werden würden. Die Strommengen aus dem Strombezugsvertrag stellen daher ab dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Vertragskündigung des Liefervertrags bis zum Wirksamwerden des neuen Liefervertrags eine Lieferung dar.
Zu Abs. 2: Die Herkunftsnachweise, die mit dem Strombezugsvertrag in Zusammenhang stehen, sind auf den Lieferanten der Endkundin oder des Endkunden zu übertragen und können daher nicht mehr gesondert durch den Erzeuger verwertet werden. Das Erfordernis zur Übertragung der Herkunftsnachweise ergibt sich aus dem Art. 15 Abs. 8 der Richtlinie (EU) 2018/2001.
Die Strommengen aus dem Strombezugsvertrag sind jedenfalls im Lieferantenmix darzustellen, dem Lieferanten obliegt jedoch die Entscheidung, ob er die Herkunftsnachweise aus dem Strombezugsvertrag verwendet und entwertet oder sonstige Herkunftsnachweise aus erneuerbaren Quellen – diese müssen nicht aus derselben Energiequelle wie jene der Erzeugungsanlage des Strombezugsvertrags sein – verwendet. Dies soll vor allem dazu dienen, dass der Lieferant seinen Lieferantenmix beibehalten kann, wenn dieser beispielsweise mit 100% Wasserkraft wirbt und die Herkunftsnachweise aus dem Strombezugsvertrag von einer Windkraftanlage stammen.
Diese Bestimmung begründet keinen Kontrahierungszwang oder eine sonstige Verpflichtung für den Lieferanten der Endkundin oder des Endkunden zur bilanziellen Abwicklung des Strombezugsvertrages, sofern dieser Bilanzgruppenverantwortlicher für die Bilanzgruppe der Endkundin oder des Endkunden ist. Der Lieferant ist insbesondere nicht dazu verpflichtet die Strommengen aus dem Strombezugsvertrag als Vorlieferung in die Bilanzgruppe der Endkundin oder des Endkunden aufzunehmen.
Zu § 58 (Last- und Einspeisesteuerung durch Aggregierung):
Die Bestimmung setzt Art. 17 der Richtlinie (EU) 2019/944 um.
Der in Art. 17 Abs. 4 der Richtlinie optional vorgesehene Kompensationsmechanismus für Lieferanten in den Fällen, denen während der Aktivierung der Laststeuerung ein unmittelbarer finanzieller Nachteil entsteht, wird in Abs. 4 umgesetzt. Die Methode für die Berechnung der Höhe des finanziellen Nachteils ist durch Verordnung der Regulierungsbehörde festzusetzen.
Zu § 59 (Direktleitungen):
Durch die zunehmende Dezentralisierung von Stromerzeugungslagen gewinnen Direktversorgungskonzepte an Attraktivität. Die Direktleitung als Ausnahme vom Primat des (strengen) Verteilernetzbetriebs ist Teil des geltenden Rechtsbestands. Die Judikatur des VwGH (vgl. VwGH 4.3.2008, 2007/05/0243) forderte für die Qualifikation als Direktleitung den Ausschluss eines unmittelbaren und direkten Stromaustausches zwischen der Direktleitung und dem öffentlichen Netz. In der Praxis führte diese restriktive Auslegung zu erheblichen Hürden, die der Realisierung von Direktleitungen in der Vergangenheit häufig verhinderten. Eine Erweiterung des Anwendungsbereiches im Rahmen der unionsrechtlichen Vorgaben soll nun dazu führen, dass das erhebliche Potenzial, das Direktleitungen für die Energiewende bringen können, gehoben werden kann.
Abs. 2 legt fest, dass der Anschluss an das öffentliche Netz für die Qualifikation als Direktleitung nicht schädlich ist, sofern notwenige Maßnahmen getroffen werden, um Ringflüsse zu verhindern. Dabei ist jedenfalls sicherzustellen, dass für den aus dem Netz entnommenen und in das Netz eingespeisten Strom die mit dem Transport über das öffentliche Netz verbundene Systemnutzungsentgelte sowie mit der Netznutzung verbundene Abgaben ordnungsgemäß entrichtet werden.
Abs. 3 zielt auf eine Erleichterung der Überschusseinspeisung durch Dritte ab. Bislang war die Einspeisung über den Zählpunkt eines Dritten unzulässig (vgl. REK-Entscheidung vom 4.3.2020, R STR 05/19). Lösungen ließen sich ausschließlich über zivilrechtliche Konstruktionen finden, da der Dritte mangels eigenem Netzanschluss nicht einspeisen konnte und ein indirekter Anschluss über einen bestehenden Netzanschluss das Anschlussmonopol des Verteilernetzbetreibers unterlaufen hätte. Durch die Ausweitung des Anwendungsbereichs der Direktleitung in Verbindung mit der Möglichkeit der Zuordnung des Zählpunkts für die Einspeisung an einen Dritten soll die Überschusseinspeisung durch Dritte elektrizitätsrechtlich abgesichert werden. Die Einführung dieser Erleichterung geschieht in Umsetzung des Art. 21 Abs. 5 der Richtlinie (EU) 2018/2001.
Zu Abs. 4: Soweit gemäß Abs. 3 keinem Dritten der Zählpunkt für die Einspeisung zugeordnet wurde, ist der aktive Kunde dem Netzbetreiber auch hinsichtlich der Stromerzeugungsanlage verantwortlich und hat daher auch den Verpflichtungen des § 70 nachzukommen. Strommengen, welche aus der Stromerzeugungsanlage stammen und verbraucht werden, bevor diese in das öffentliche Netz eingespeist werden, gelten als eigenerzeugt.
Klarstellend ist festgehalten, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes in Kraft stehende bescheidmäßige Erledigungen betreffend Direktleitungen, die auf Basis des § 70 ElWOG 2010 und den diesen ausführenden Landesgesetzen ergingen, mangels gegenteiliger Festlegung aufrecht bleiben. § 68 AVG gilt. Dies insbesondere, nachdem keine wesentliche, die Erlassung eines inhaltlich anderslautenden Bescheides ermöglichende oder gebietende rechtliche Modifikation eingetreten ist (VwGH 12. 9. 2006, 2003/03/0279; 21. 6. 2007, 2006/10/0093; 29. 4. 2015, 2012/05/0152). Der Umstand, dass der Vollzug des § 59 ElWG Bundessache ist, spricht nicht gegen die Identität der Rechtslage.
Anlagenrechtliche Aspekte (Genehmigungsverfahren) sowie die Begründung von Zwangsrechten im Zusammenhang mit Direktleitungen sind nicht Gegenstand dieses Bundesgesetzes.
Zu § 60 (Aktive Kunden):
Die Richtlinien (EU) 2018/2001 und (EU) 2019/944 sehen neue Möglichkeiten für Endkundinnen und Endkunden vor, um an den Elektrizitätsmärkten zu partizipieren. Dabei weisen der „Eigenversorger im Bereich erneuerbare Elektrizität“ gemäß Art. 21 der Richtlinie (EU) 2018/2001 und der „Aktive Kunde“ gemäß Art. 15 der Richtlinie (EU) 2019/944 zahlreiche Parallelen auf, weswegen sie gemeinsam in dieser Bestimmung und jenen des 3. Teils umgesetzt werden sollen.
Die in Abs. 1 vorgesehene Möglichkeit des aktiven Kunden, eigenerzeugten Strom zu verkaufen kann z. B. über Abnahmeverträge gemäß § 19 Abs. 3 oder Peer-to-Peer-Verträge gemäß § 62 realisiert werden.
Durch den Abs. 2 wird klargestellt, dass es sich bei sämtlichen Formen der Bürgerbeteiligung im 4. Teil 2. Hauptstück um Ausformungen des Tätigwerdens von aktiven Kunden handelt, sofern diese gemeinsam Energie gemäß § 61 nutzen.
Durch Abs. 3 werden Art. 21 Abs. 5 der Richtlinie (EU) 2018/2001 und Art. 15 Abs. 2 lit. d der Richtlinie (EU 2019/944) umgesetzt. Das in der Praxis bereits übliche „Pachtcontracting“ soll dadurch elektrizitätsrechtlich abgesichert werden.
Zu Abs. 4: Beim Betrieb der Eigenversorgungsanlage hinter dem Zählpunkt („an Ort und Stelle“) fallen mangels Netznutzung keine Systemnutzungsentgelte an. Daher kommt Abs. 4 in Umsetzung von Art. 15 Abs. 5 lit. b der Richtlinie (EU) 2019/944 lediglich klarstellende Bedeutung zu.
Zu § 61 (Gemeinsame Energienutzung):
Diese Bestimmung ergeht in Umsetzung des Art. 2 Z 10a und Art. 15a der Richtlinie (EU) 2019/944, welche Regelungen betreffend die gemeinsame Energienutzung vorgibt (vgl. hierzu Begriffsdefinition im § 6 Abs. 1 Z 54. Die gemeinsame Energienutzung ist zwischen zwei oder mehreren Personen mit einer oder mehreren Stromerzeugungsanlagen zulässig (1:1; 1:n; n:n), wobei für die Aufteilung der Strommengen insbesondere die Regelung des § 67 Abs. 4 zweiter Satz zu beachten ist. Verträge über die gemeinsame Energienutzung dürfen immer nur zusätzlich zu einem regulären Liefervertrag abgeschlossen werden, da im Wege der regulären Lieferverträge die erforderliche Bilanzgruppenzugehörigkeit sichergestellt wird (Abs. 1).
Zu Abs. 1: Die Richtlinie (EU) 2019/944 schreibt für die gemeinsame Energienutzung einen breiten Anwendungsbereich vor. Erfasst sein sollen sämtliche Formen der gemeinsamen Energienutzung durch aktive Kunden. Aktive Kunden können sich nach Abs. 1 entweder bloß auf vertraglicher Basis (durch einen Peer-to-Peer-Vertrag oder im Rahmen einer gemeinschaftlichen Erzeugungsanlage) oder mittels juristischer Person (z. B. durch eine Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft oder Bürgerenergiegemeinschaft, aber auch durch sonstige juristische Personen nach allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Regelungen) organisieren. Diese Bestimmung kommt daher auf alle Bürgerenergieformen zur Anwendung, sofern diese gemeinsam Energie nutzen. Sofern die gemeinsame Energienutzung in Form einer Energiegemeinschaft erfolgt, gilt es, die jeweils zusätzlichen Anforderungen zu beachten. Peer-to-Peer-Verträge und gemeinschaftliche Erzeugungsanlagen dienen immer der gemeinsamen Energienutzung.
Art. 15a Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2019/944 sieht das Teilnahmerecht nur für gewisse Endkundengruppen vor, ermöglicht dem Mitgliedstaat jedoch die Erweiterung um sonstige Endkundengruppen. Im Abs. 1 wurde umfassend von dieser Erweiterungsmöglichkeit Gebrauch gemacht, sohin kommt sämtlichen aktiven Kunden ein Recht auf gemeinsame Energienutzung zu.
In § 61 finden sich zwei relevante Schwellenwerte. Einerseits darf jeder aktive Kunde mit Stromerzeugungsanlagen mit einer Maximalkapazität von bis zu 6 MW an der gemeinsamen Energienutzung teilnehmen. Andererseits finden sich im Abs. 6 Schwellenwerte für Haushaltskunden und alle sonstigen aktiven Kunden mit 30 kW Maximalkapazität bzw. 100 kW Maximalkapazität. Beide Schwellenwerte stellen auf die Maximalkapazität der Stromerzeugungsanlagen ab und gelten für jeden aktiven Kunden und nicht für die gemeinsame Energienutzung insgesamt. Die Stromerzeugungsanlagen müssen nicht hinter demselben Zählpunkt angeschlossen sein, sondern dürfen nur insgesamt den Schwellenwert für die Maximalkapazität pro aktivem Kunden nicht überschreiten. Beim ersten Schwellenwert handelt es sich um eine absolute Teilnahmegrenze, daher kann ein aktiver Kunde mit Stromerzeugungsanlagen mit höchstens einer Maximalkapazität von 6 MW teilnehmen (der Bezug von aktiven Kunden ist jedoch unbeschränkt möglich). Dem Netzbetreiber ist gemäß § 66 Abs. 2 Z 1 die Maximalkapazität für jede Stromerzeugungsanlage, mit der der aktive Kunde teilnimmt, bekannt zu geben. Sofern der Schwellenwert von 6 MW überschritten wird, besteht kein Recht auf Teilnahme mit dieser Stromerzeugungsanlage. Die Schwellenwerte des Abs. 6 regeln nur bis zu welchen Grenzen der aktive Kunde jedenfalls nicht als Lieferant oder Stromhändler zu qualifizieren ist. Die innerhalb der gemeinsamen Energienutzung durch die teilnehmenden Netzbenutzer erzeugten und verbrauchten Strommengen bleiben außerhalb des Bilanzgruppensystems. Hiervon bleibt die Möglichkeit zur Weitergabe von erhöhten Aufwänden des Lieferanten gemäß § 68 an die teilnehmenden Netzbenutzer unberührt.
Große Unternehmen müssen sich gemäß Art. 15a Abs. 5 lit. b der Richtlinie (EU) 2019/944 im Nahebereich befinden; dies gilt auch für Bürgerenergiegemeinschaften, sofern große Unternehmen innerhalb der Bürgerenergiegemeinschaft gemeinsam Energie nutzen. Für die Einordnung eines Unternehmens als großes Unternehmen wird auf die Empfehlung der Kommission betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen, ABl. Nr. L 124 vom 20.05.2003 S. 36, verwiesen. Nicht nur der Erzeuger von Strom ist als aktiver Kunde zu werten, sondern auch ein anderer Endkunde als Abnehmer von Strom, welcher von aktiven Kunden erzeugt wird, ist ein aktiver Kunde und kann somit an der gemeinsamen Energienutzung teilnehmen. Dies ist beispielsweise beim Peer-to-Peer-Vertrag mit einem aktiven Kunden, welcher gleichzeitig Erzeuger ist, und einem aktiven Kunden, der den erzeugten Strom abnimmt, der Fall.
Zu Abs. 2 und 3: Die aktiven Kunden können einen Organisator zu bestellen. Es kann immer nur ein Organisator pro gemeinsamer Energienutzung bestellt werden. Der Organisator muss nicht zwingend ein aktiver Kunde sein, um berechtigt an der gemeinsamen Energienutzung teilnehmen zu können. Der Organisator muss bei Verträgen mit den aktiven Kunden jedenfalls nur die Bestimmungen einhalten, auf die der Abs. 2 dritter und vierter Satz verweist, dies gilt auch dann, wenn der Organisator als Lieferant oder Stromhändler zu qualifizieren wäre. Sofern Energiegemeinschaften gemeinsam Energie nutzen möchten, können sie die juristische Person, in welcher sich die Energiegemeinschaft organisiert, zum Organisator bestellen.
So können sich beispielsweise Windparks als Organisatoren oder unabhängige Erzeuger an der gemeinsamen Energienutzung beteiligen und vergünstigt Strom an die lokale und regionale Bevölkerung abgeben und gleichzeitig – im Fall des stromerzeugenden Organisators – den Austausch von kleineren Erzeugungsmengen der Bevölkerung, beispielsweise durch Photovoltaikanlagen, organisieren.
Dem Organisator kann auch die Aufgabe übertragen werden für alle an der gemeinsamen Energienutzung teilnehmenden aktiven Kunden einen gemeinsamen Lieferanten auszuwählen. Dies ist nicht verpflichtend, verbessert jedoch die Prognosemöglichkeiten der Lieferanten der aktiven Kunden.
Aktive Kunden können dem Organisator eine Vollmacht erteilen, die es dem Organisator ermöglicht, im Namen des aktiven Kunden tätig zu werden. Netzbetreiber sind verpflichtet, diese Vollmacht (auch für den Beitritt zu Energiegemeinschaften) zu akzeptieren.
Der Begriff der Kommunikation im Abs. 2 Z 1 umfasst unter anderem das Anlegen eines Zugangs für die Nutzung des energiewirtschaftlichen Datenaustausches (EDA) und das Einholen von Informationen für die teilnehmenden Netzbenutzer. Die Zustimmung zur Weitergabe sensibler personenbezogener Daten, wie Viertelstundenwerte einzelner aktiver Kunden (CCM-Prozess), ist davon nicht umfasst.
Art. 15a Abs. 3 der Richtlinie (EU) 2019/944 schreibt vor, dass Organisatoren bestimmte Lieferantenverpflichtungen einzuhalten haben. Aufgezählt werden die europarechtlichen Grundlagen für die Allgemeinen Lieferbedingungen (§§ 20 und 21), den Lieferantenwechsel (§§ 25 und 26) und die Regelungen des 3. Hauptstücks des 3. Teils betreffend die Rechnung und die Rechnungsinformationen (§§ 39 bis 42). Sofern ein Organisator bestellt wird, hat er diese abschließend aufgezählten Lieferantenverpflichtungen – unabhängig von den im Abs. 6 normierten Schwellenwerten – einzuhalten. Aktive Kunden können, wie im Abs. 6 näher ausgeführt wird, in weiterer Folge ihre abschließend aufgezählten Lieferantenverpflichtungen auf den Organisator übertragen.
Zu Abs. 5: Dieser Absatz regelt den Nahebereich. Aktive Kunden, die sich im Nahebereich befinden, profitieren von den Vergünstigungen, wie insbesondere von allfälligen reduzierten Netznutzungsentgelten gemäß § 120 Abs. 4, unabhängig davon, ob sich diese in einer Energiegemeinschaft gemäß § 6 Abs. 1 Z 33 oder auf vertraglicher oder gesellschaftsrechtlicher Basis organisieren. Die gemeinsame Energienutzung ist nicht auf den Nahebereich eingeschränkt, jedoch kommen insbesondere die Vergünstigungen bei den Netznutzungsentgelten nur für die gemeinsame Energienutzung im Nahebereich in Betracht.
Zu Abs. 6: Anders als bisher ist Energie, welche innerhalb einer Energiegemeinschaft ausgetauscht wird, nicht prinzipiell vom Lieferantenbegriff (vgl. § 7 Abs. 1 Z 45 ElWOG 2010) ausgenommen, weil dies aufgrund der neuen Bestimmungen im Art. 15a Abs. 4 lit. c der Richtlinie (EU) 2019/944 nicht mehr möglich ist. Aktive Kunden, die die Schwellenwerte nach diesem Absatz überschreiten und innerhalb der gemeinsamen Energienutzung Strom an andere aktive Kunden verkaufen, haben den aufgezählten Lieferantenverpflichtungen nachzukommen.
Aktive Kunden können ihre Verpflichtungen an den Organisator übertragen. Art. 15a Abs. 4 lit. c der Richtlinie (EU) 2019/944 schreibt vor, dass die aktiven Kunden den Verpflichtungen eines Versorgers („im ElWG eines Lieferanten“) im Hinblick auf die Verbraucherrechte nachzukommen haben; durch die Übertragung der Strommengen an den Organisator (der kein aktiver Kunde ist), wird die Freistellung der aktiven Kunden von den aufgezählten Lieferantenverpflichtungen gerechtfertigt.
Zu Abs. 7: Dieser Absatz ergeht in Umsetzung des Art. 15a Abs. 8 der Richtlinie (EU) 2019/944. Die Sicherstellung der Teilnahmemöglichkeit von schutzbedürftigen Haushalten an der gemeinsamen Energienutzung, an welcher eine Gebietskörperschaft (Bund, Bundesland oder Gemeinde) mit einer Stromerzeugungsanlage teilnimmt, obliegt der jeweiligen Gebietskörperschaft. Hiefür kann sich die jeweilige Gebietskörperschaft insbesondere Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag oder in sonstigen Verträgen über die Teilnahme an der gemeinsamen Energienutzung bedienen, welche sicherstellen, dass schutzbedürftige Haushalte einen Zugang zu der gemeinsamen Energienutzung haben.
Zu § 62 (Peer-to-Peer-Verträge):
Zu Abs. 1: Im Vertrag kann als Preis „null“ vereinbart werden, da im Rahmen von Peer-to-Peer-Verträgen auch das Verschenken von Strom zulässig ist. Sofern Personenidentität beim aktiven Kunden besteht, bedarf es keines Vertrages.
Zu § 63 (Gemeinschaftliche Erzeugungsanlage):
Die Bestimmung entspricht im Wesentlichen dem bisherigen § 16a ElWOG 2010. Die Änderungen stellen klar, dass Energiespeicheranlagen gemeinsam mit gemeinschaftlichen Erzeugungsanlagen betrieben werden können.
Zu Abs. 3: Die Energiespeicheranlage ist in diesem Fall Teil der gemeinschaftlichen Erzeugungsanlage.
Zu § 64 (Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften):
Zu Abs. 1: Die Mitglieder oder Gesellschafter einer Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft können gemeinsam Energie nutzen, diesfalls sind die Bestimmungen des § 61 zu beachten. Sofern die Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft nur gemeinsam in Stromerzeugungsanlagen investiert, der Strom jedoch nicht innerhalb der Gemeinschaft gemeinsam genutzt wird, insbesondere nicht gemeinsam erzeugt und verbraucht wird, sind die Regelungen der gemeinsamen Energienutzung nicht auf solche Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften anzuwenden.
Zu Abs. 2: Satz eins des zweiten Absatzes gilt nur für Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften, welche nicht gemeinsam Energie nutzen.
Zu Abs. 3: Da die gemeinsame Energienutzung nicht nur innerhalb einer Energiegemeinschaft, sondern auch innerhalb von juristischen Personen nach allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Regelungen zulässig ist (z. B. ein Verein, der jedoch keine Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft ist), bedarf es einer Abgrenzung, damit die Regulierungsbehörde identifizieren kann, welche juristischen Personen noch zusätzlich den Regelungen betreffend die Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft unterliegen; dies ist die entsprechende Festlegung im Gesellschaftsvertrag oder in der Satzung.
Zu § 65 (Bürgerenergiegemeinschaften):
Die Bestimmung entspricht im Wesentlichen dem bisherigen § 16b ElWOG 2010.
Zu § 66 (Allgemeine Bestimmungen für die gemeinsame Energienutzung):
Diese Bestimmung enthält im Vergleich zum bisherigen § 16d ElWOG 2010 einige Änderungen, die den Erfahrungen aus der Praxis Rechnung tragen.
Zu Abs. 4: Diese Bestimmung dient insbesondere der Umsetzung des Art. 2 Z 10a lit. a Richtlinie (EU) 2019/944.
Zu § 67 (Messung und Verrechnung):
Es gibt eine gemeinsame Bestimmung zur Messung der Energiewerte und Verrechnung der Verbrauchsmengen für alle im 2. Hauptstück des 4. Teils geregelten „Bürgerenergie“‑Modelle.
Zu Abs. 1 Z 2: Die Programmierungsschnittstelle soll der automatisierten Datenauslesung und Anbindung an ein kundenfreundliches Web-Portal dienen. Programmierungsschnittstellen zu den Messeinrichtungen sind hiervon nicht mitumfasst.
Abs. 5 ähnelt dem bisherigen § 111 Abs. 8 ElWOG 2010, der die Möglichkeit der Mehrfachteilnahme ab 1. Jänner 2024 vorsah. Demnach soll es möglich sein, dass von jeder Verbrauchsanlage und Stromerzeugungsanlage Anteile des jeweiligen Verbrauchs bzw. der jeweiligen Erzeugung unterschiedlichen Gemeinschaften zugewiesen werden können. Innerhalb der Gemeinschaft bleibt das vereinbarte Verteilmodell (statisch oder dynamisch) aufrecht. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen wird die gemeinsame Energienutzung auf maximal fünf Teilnahmen zur gleichen Zeit eingeschränkt.
Zu § 68 (Diskriminierungsverbot für Lieferanten):
Das Diskriminierungsverbot für Lieferanten stellt sicher, dass aktive Kunden die unterschiedlichen „Bürgerenergie“-Modelle ohne Nachteile nutzen können. Den Lieferanten ist es verboten, aktive Kunden im Vergleich zu ihren sonstigen Kunden diskriminierend zu behandeln. Dies schließt jedoch nicht aus, dass Lieferanten, aktiven Kunden ein anderes Produkt anbieten als ihren sonstigen Kunden, sofern es hiefür eine sachliche Rechtfertigung gibt. Zum Beispiel können die Lieferanten einen erhöhten Aufwand betreffend der Rechnungslegung und der Ermittlung des Prognose- und Ausgleichsrisikos, welche ihnen durch die Teilnahme des aktiven Kunden an der gemeinsamen Energienutzung entsteht, im Produkt des aktiven Kunden entsprechend berücksichtigen. Allfällige zusätzliche Kosten die dem Lieferanten dadurch entstehen, dass sein Kunde als aktiver Kunde an einem Bürgerenergie-Modell teilnimmt, können daher berücksichtigt werden. Die Kostenweitergabe im Rahmen des Produkts muss sich jedoch an den tatsächlichen (insgesamt) angefallenen Aufwänden orientieren und darf nicht derart ausgestaltet sein, dass dadurch der aktive Kunde von der Teilnahme an der gemeinsamen Energienutzung abgeschreckt wird.
Zu § 69 (Errichtung und Inbetriebnahme von Stromerzeugungsanlagen):
Die Bestimmung folgt auf den bisherigen § 12 ElWOG 2010. In der Vergangenheit hat sich öfters die Frage gestellt, inwieweit Stromerzeugungsanlagen entweder dem Anlagenregime des Elektrizitätsrechts, insbesondere jenem der Landes-Elektrizitätsgesetze, oder jenem der Gewerbeordnung zuzuordnen sind. Eindeutig ist die anlagenrechtliche Genehmigungslage für sogenannte Volleinspeiser (in diesem Fall ElWG) und bei Selbstversorgungs- und Inselanlagen (in diesem Fall Gewerbeordnung). Strittig hingegen war die Frage, wie „Überschusseinspeiser“ anlagenrechtlich zu genehmigen sind. Die „Überschusseinspeiser“ haben mit der Definition der Eigenversorgungsanlage im § 6 Abs. 1 Z 23 nunmehr auch eine explizite Regelung im ElWG erfahren. Da die Gewerbeordnung nicht auf das Vorliegen einer Stromerzeugungsanlage, sondern auf das Vorliegen eines Elektrizitätsunternehmens abstellt, wäre für Eigenversorgungsanlagen sowohl eine Bewilligung nach dem ElWG als auch nach der Gewerbeordnung denkbar (siehe hierzu auch Schlögl, zu § 12 ElWOG 2010, in Altenburger (Hrsg.), Kommentar zum Umweltrecht II (2021), 340). § 69 Satz 2 verhindert jedoch bei nach der Gewerbeordnung bewilligungs- oder anzeigepflichtigen Vorhaben, eine parallele Bewilligungspflicht, sohin ist für solche Eigenversorgungsanlagen bloß eine Bewilligungspflicht nach der Gewerbeordnung notwendig, unabhängig davon in welchem Ausmaß die Eigenversorgungsanlage Strom ins Netz einspeist.
Der Begriff des Elektrizitätsunternehmens im § 6 Abs. 1 Z 27 hat im Vergleich zu seiner Vorgängerbestimmung im § 7 Abs. 1 Z 11 ElWOG 2010 insbesondere dahingehend eine Veränderung erfahren, als dass nunmehr auch durch die Funktion der Energiespeicherung ein Elektrizitätsunternehmen begründet werden kann. Vom Begriff der Energiespeicherung ist neben der zeitlichen Verschiebung der Nutzung der elektrischen Energie (Speicherung im engeren Sinne, wie etwa bei Batteriespeichern etc.) auch die Umwandlung in eine speicherbare Energieform (Speicherung im weiteren Sinn, wie etwa die Elektrolyse) umfasst.
Somit stellt der Betrieb eines Batteriespeichers aber auch jener einer Anlage zur Umwandlung von Strom in Wasserstoff ein Elektrizitätsunternehmen dar und fällt daher anlagenrechtlich in den Anwendungsbereich des ElWG. Anderes gilt jedoch für Endkundinnen oder Endkunden, die eine Energiespeicheranlage betreiben. Die Endkundenausnahme vom Begriff des Elektrizitätsunternehmens gilt für natürliche oder juristische Personen, die ihren Strom für den Eigenverbrauch zukaufen (darunter ist auch der Betrieb einer Energiespeicheranlage zu verstehen), oder ihren Strom aus der Eigenversorgungsanlage dazu benutzen, um die Energiespeicheranlage zu betreiben und somit in gleicher Weise ihren Eigenverbrauch abdecken. Sofern daher eine Energiespeicheranlage, welche von einer Endkundin oder einem Endkunden betrieben wird, nach der Gewerbeordnung bewilligungs- oder anzeigepflichtig ist, bedarf es keiner Genehmigung nach dem ElWG oder den Ausführungsgesetzen der Länder.
Im Ergebnis führt dies für Energiespeicheranlagen zu folgender anlagenrechtlicher Unterteilung: Volleinspeiser, welche den überschüssigen Strom für den Betrieb einer Energiespeicheranlage benutzen, fallen als Elektrizitätsunternehmen in den Anwendungsbereich des ElWG und sind somit nach den anlagenrechtlichen Regelungen des ElWG und – mangels solcher – nach jenen der Länder-Elektrizitätsgesetze zu genehmigen. Energiespeicheranlagen, die den Strom zukaufen oder durch Eigenversorgungsanlagen selbst erzeugen und einer Bewilligungs- oder Anzeigepflicht nach der Gewerbeordnung unterliegen, sind nach der Gewerbeordnung anlagenrechtlich zu genehmigen, andernfalls nach dem ElWG.
Zu § 70 (Pflichten der Erzeuger):
Maßgebliche gesetzliche Bestimmungen im Sinne des Abs. 1 Z 9 sind insbesondere Art. 40 Abs. 5 der Verordnung (EU) 2017/1485 sowie die Datenformat- und VerbrauchsinformationsdarstellungsVO 2012 (DAVID-VO 2012) der Regulierungsbehörde.
Die Erzeugerpflichten beziehen sich auf Betreiber von Stromerzeugungsanlagen gemäß § 6 Abs. 1 Z 137, d.h. Voraussetzung ist der Anschluss der Anlage an das öffentliche Netz.
Zu § 71 (Kleinsterzeugungsanlagen):
Dabei handelt es sich um die Nachfolgerbestimmung zu § 66a ElWOG 2010. Die Bestimmung stellt nunmehr klar, dass den Kleinsterzeugungsanlagen grundsätzlich kein Zählpunkt zugeordnet werden darf; ein solcher ist für Anlagen in dieser Größenklasse im Standardfall weder erforderlich noch sinnvoll. Abs. 2 hält als Folge fest, dass sich Kleinsterzeugungsanlagen ohne Zählpunkt demnach auch keiner Bilanzgruppe anzuschließen haben und die Pflichten der Erzeuger auf sie nicht anzuwenden sind. Abweichend von dieser Grundregel ist Kleinsterzeugungsanlagen auf Antrag gemäß Abs. 3 ein eigener Zählpunkt zuzuordnen, wobei in diesen Fällen die in Abs. 2 geregelte Befreiung von den genannten Verpflichtungen nicht zum Tragen kommt.
Zu § 74 (Besondere Bestimmungen über Herkunftsnachweise für Strom aus hocheffizienter KWK):
Die Bestimmung folgt auf den bisherigen § 71 Abs. 3 ElWOG 2010. Die bisherigen § 71 Abs. 1 und 2 ElWOG 2010 entfallen, da die harmonisierten KWK-Wirkungsgrad-Referenzwerte von der Europäischen Kommission festgelegt werden und nicht mehr von den Mitgliedstaaten nach der vorgegebenen Berechnungsmethode zu berechnen sind.
Zu § 79 (Berichtswesen):
In § 79 wird auf die Pflicht zur Berichterstattung der Landesregierungen an den Bundesminister für Wirtschaft, Energie und Tourismus gemäß § 74 Bezug genommen. § 74 wiederum verweist auf die Energieeffizienz-Richtlinie (EU) 2012/27. Das Reporting im Rahmen der Energieeffizienz-Richtlinie an die Europäische Union erfolgt über die Statistik Austria. Um die Berichtspflichten gegenüber der Europäischen Union vollinhaltlich erfüllen zu können, bedarf es seitens Statistik Austria weiterführender Berechnungen, die unter anderem auch in die Energiebilanzen einfließen. Diese weiterführenden Berechnungen haben zur Folge, dass sich die in den Berichten enthaltenen Daten der Landesregierungen von jenen der Statistik Austria unterscheiden können.
Zu § 80 (Verpflichtende Stromkennzeichnung):
Die Nachfolgebestimmung von § 78 ElWOG 2010 wurde sprachlich vereinfacht und an die aktualisierte Terminologie angepasst. In Abs. 3 wurde der Energieträger Kohle ergänzt, der im bisherigen § 78 ElWOG 2010 fehlte.
Zu § 82 (Energiespeicheranlagen):
Zur Einordnung der Energiespeicheranlagen soll eine eigene (deklarative) Bestimmung dienen, die der wichtigen Rolle der Energiespeicheranlagen für das Gelingen der Energiewende Ausdruck verleiht und verdeutlicht, wie sie sich in das bestehende Geflecht der unterschiedlichen Akteure einfügen.
Zu § 83 (Voraussetzungen für den Betrieb von Energiespeicheranlagen durch Netzbetreiber):
Die in Abs. 1 genannten Tätigkeiten sind nicht alternativ ausschließend zu verstehen, mehrere davon können auch parallel durch den Netzbetreiber ausgeübt werden, wenn einer der Ausnahmegründe gemäß Z 1 oder 2 gegeben ist.
Die Regulierungsbehörde hat die Genehmigung für das Vorliegen einer vollständig integrierten Netzkomponente gemäß Abs. 1 Z 1 zu erteilen, wenn die Tatbestandselemente gemäß Begriffsbestimmung (§ 6 Abs. 1 Z 168) erfüllt sind.
Der Netzbetreiber darf den Zuschlag nur dann im Sinne des Abs. 2 Z 3 verwehren, wenn die Zuschlagskriterien nicht erfüllt wurden. Das Kriterium der Rechtzeitigkeit darf jedenfalls nicht so interpretiert werden, dass es sich dabei um ein de facto Ausschlusskriterium für Dritte handelt.
Zu Abs. 4: Sofern die Regulierungsbehörde Leitlinien erlassen hat und der Netzbetreiber sich bei der Erstellung des Ausschreibungsverfahrens und dessen Bedingungen an die Leitlinien gehalten hat, gilt die Vermutung, dass die Voraussetzungen des Abs. 2 Z 2 eingehalten werden. Die Regulierungsbehörde hat daher keine weiteren Ermittlungsschritte zu setzen, sofern ihr keine offensichtlichen Anhaltspunkte dafür bekannt sind, dass im Einzelfall doch ein Ausschreibungsverfahren erstellt wurde, welches nicht den Anforderungen des Abs. 2 Z 2 entspricht. Offensichtliche Anhaltspunkte liegen insbesondere dann vor, wenn ohne ein aufwendiges Ermittlungsverfahren, aus allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen oder sonstigen Gründen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass im konkreten Einzelfall die Vermutung nicht zutrifft.
Die in Abs. 5 angesprochene Errichtungsbereitschaft ist nur dann im Zuge der öffentlichen Konsultation zu erheben, wenn zwar ein Ausschreibungsverfahren durchgeführt und auch ein Zuschlag erteilt werden konnte, die Anlage aber zum Zeitpunkt der Konsultation noch immer nicht errichtet wurde.
Zu Abs. 6: Die mit dem Betrieb der Energiespeicheranlage verbundenen angemessenen Kosten setzen sich aus den Betriebs- und Kapitalkosten zusammen, einschließlich aller Kosten – unter Berücksichtigung allfälliger Erlöse –, welche durch die Einrichtung und dem Betrieb der Bilanzgruppe entstehen.
Zu Abs. 9: Vertikal integrierte Elektrizitätsunternehmen können in ihrer Funktion als Erzeuger oder Lieferanten Energiespeicheranlagen unabhängig von den Regelungen des Abs. 1 bis 8 betreiben. In diesem Fall können vertikal integrierte Elektrizitätsunternehmen die Kosten für die Energiespeicheranlagen jedoch nicht als Kosten gemäß § 126 anerkennen lassen. Außerdem sind gemäß § 145 Abs. 2 Z 1 lit. d eigene Konten für die Speichertätigkeiten zu führen.
Zu § 85 (Diskriminierungsverbot für Netzbetreiber):
Die Bestimmung folgt auf § 9 ElWOG 2010 und stellt nun auf die gesetzlich definierten Begriffe des Netzbenutzers und Netzzugangsberechtigten ab. Damit werden Art. 31 Abs. 2 der Richtlinie (EU) 2019/944 in Bezug auf die Verteilernetzbetreiber und Art. 40 Abs. 1 lit. f der Richtlinie (EU) 2019/944 in Bezug auf die Übertragungsnetzbetreiber umgesetzt. Unter sonstige Marktteilnehmer im Sinne der Bestimmung sind beispielsweise Aggregatoren zu verstehen, die als Dienstleister für Erzeugungs- oder Verbrauchskapazitäten ihrer Vertragspartner keine Netzbenutzer sind, für die jedoch in Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie (EU) 2019/944 ein Diskriminierungsverbot verankert ist.
Zu § 86 (Allgemeine Netzbedingungen):
Die Bedingungen des Netzzuganges waren bislang in § 17 ElWOG 2010 geregelt.
Zu den Daten gemäß Abs. 2 Z 7 zählen insbesondere jene Angaben, bei deren Vorliegen Anträge auf Netzanschluss und ‑zugang als vollständig zu betrachten sind (vgl. § 4 Abs. 2 END-VO 2012).
Die Pflicht zur Festlegung angemessener Fristen gemäß Abs. 2 Z 9 bezieht sich sowohl auf Fristen für den Netzanschluss als auch den Netzzugang, wobei der Fristbeginn für die Prüfung des Netzzugangs mitunter an eine Entscheidung in der Frage des Netzanschlusses gekoppelt werden kann. Sinnvollerweise soll die Entscheidungsfrist auf die Komplexität des jeweiligen Netzanschlusskonzeptes Rücksicht nehmen.
Zu § 87 (Festlegung der Allgemeinen Netzbedingungen für das Verteilernetz):
§ 47 ElWOG 2010 enthielt das Verfahren für die Allgemeinen Netzbedingungen für das Verteilernetz, die bislang von den Verteilernetzbetreibern individuell zu erstellen und von der Regulierungsbehörde zu genehmigen waren. Die Grundsatzbestimmung des § 17 Abs. 2 erster Satz ElWOG 2010 sah vor, dass die Allgemeinen Bedingungen der Netzbetreiber einer Regelzone aufeinander abzustimmen waren. Schon dem ElWOG 2010 lag demnach der Gedanke zugrunde, dass eine Abstimmung der einzelnen Allgemeinen Bedingungen erforderlich ist. Diese Bestrebungen sollen durch die Neuregelung des Festlegungsverfahrens fortgeführt und im notwendigen Ausmaß weiterentwickelt werden.
Die Festlegung der Allgemeinen Netzbedingungen für das Verteilernetz durch Verordnung der Regulierungsbehörde soll das erforderliche Ausmaß an Harmonisierung sicherstellen. Ergänzende Bestimmungen, die im Einklang mit den durch Verordnung festgelegten Allgemeinen Bedingungen stehen, können in Bereichen, in denen die Regulierungsbehörde die Möglichkeit dafür eingeräumt hat, zur Genehmigung eingereicht werden. Dadurch sollen individuell notwendige Festlegungen – die allerdings nicht von den per Verordnung festgelegten Allgemeinen Netzbedingungen abweichen dürfen – weiterhin möglich sein.
Die inhaltliche Determinierung der Netzbedingungen per Verordnung ändert nichts am privatrechtlichen Charakter des Netzanschluss- und Netzzugangsverhältnisses (vgl. § 89 Abs. 1 und § 94 Abs. 3).
Zu § 88 (Genehmigung der Allgemeinen Netzbedingungen für das Übertragungsnetz):
Für die Verständigung und die auf Wunsch der Netzbenutzer vorgesehene Zusendung der Allgemeinen Netzbedingungen gemäß Abs. 2 gilt § 18, sofern es sich bei den Netzbenutzern um Endkundinnen bzw. Endkunden handelt.
Zu § 89 (Allgemeine Anschlusspflicht der Verteilernetzbetreiber):
Die Bestimmung folgt auf § 46 ElWOG 2010. Die Anschlusspflicht wird auf Betreiber von Energiespeicheranlagen ausgeweitet und erstreckt sich nunmehr auch explizit auf (nachgelagerte) Netzbetreiber.
Unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten ist das Wort „unverzüglich“ in Abs. 2 als „schnellstmöglich“ und „ohne unnötigen Aufschub“ zu verstehen. Klargestellt wird, dass sich die Optimierung, Verstärkung und der Ausbau der Netze insbesondere an den Zielen des EAG zu orientieren haben.
Die in Abs. 3 vorgesehenen Ausnahmen sind von der Regulierungsbehörde in der Verordnung über die Allgemeinen Netzbedingungen für das Verteilernetz gemäß § 87 näher zu konkretisieren.
Zu § 90 (Vereinfachter Netzanschluss für kleine Anlagen auf Basis erneuerbarer Energieträger und hocheffiziente KWK-Anlagen):
Die Regelung des bisherigen § 17a ElWOG 2010 soll im Wesentlichen beibehalten werden. Ergänzt wird sie um ein Verfahren für den vereinfachten Netzanschluss für hocheffiziente KWK-Anlagen, wodurch Anhang XII lit. c der Richtlinie 2012/27/EU (Energieeffizienz-Richtlinie) umgesetzt wird. Durch das Abstellen auf die netzwirksame Leistung sollen die Gesamtanordnung der Anlage sowie das vom Netzbenutzer vorgesehenen Regel- und Betriebskonzept berücksichtigt werden. Abs. 6 erweitert den durch das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzespaket eingeführten bisherigen § 17a Abs. 6 ElWOG 2010: Neben Photovoltaikanlagen sollen auch andere Stromerzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energieträger, die über bestehende Netzanschlüsse für Entnahme auf den Netzebenen 5 bis 7 angeschlossen werden, von einem vereinfachten Netzanschluss profitieren, indem der bestehende Anschluss auch in Einspeiserichtung genutzt werden kann, allerdings nur im Ausmaß von 70% der vereinbarten Entnahmeleistung. Sowohl für Anlagen gemäß Abs. 5 als auch für solche gemäß Abs. 6 kann nach Maßgabe des § 96 eine Leistungsvorgabe (flexibler Netzzugang) vereinbart werden.
Die Klarstellung, wonach in diesen Fällen kein zusätzliches Netzanschlussentgelt fällig wird, bringt die Grundregel gemäß § 122 zum Ausdruck, wonach nur im Falle einer Erhöhung der netzwirksamen Leistung ein zusätzliches Netzanschlussentgelt zu verrechnen ist.
Zu § 91 (Netzanschlusspunkt und Netzebenenzuordnung):
§ 55 Abs. 7 ElWOG 2010 enthielt bereits bislang Mindestleistungswerte für die Zuordnung zu einer bestimmten Netzebene. Nunmehr sollen die Vorgaben zur Festlegung des Netzanschlusspunktes und der Netzebenenzuordnung auf Basis von Größenklassen bzgl. der netzwirksamen Leistung der jeweiligen Anlage (erfasst sind Stromerzeugungs-, Verbrauchs- und Energiespeicheranlagen) konkretisiert und detaillierter gesetzlich geregelt werden. Ziel der Bestimmung ist eine verstärkte Transparenz für Netzbenutzer.
Das Kriterium der Nähe in Abs. 2 bezieht sich auf die Länge des tatsächlichen bzw. fiktiven Leitungsweges.
Abs. 3 ermöglicht im Fall von zwingenden technischen Gründen oder durch einvernehmliche Vereinbarung zwischen dem Netzbetreiber und dem Anschlusswerber ein Abweichen von den Vorgaben des Abs. 1 oder 2. Die zwingenden technischen Gründe müssen gegenüber dem jeweiligen Anschlusswerber transparent und nachvollziehbar dargelegt werden.
Abs. 4 räumt den Anschlusswerbern die Möglichkeit ein, auf eigene Kosten von den Vorgaben des Abs. 2 abzuweichen. Die Mehrkosten beziehen sich dabei auf die Differenz zwischen pauschalem Netzanschlussentgelt und den tatsächlichen Anschlusskosten.
Abs. 5 setzt Art. 42 Abs. 2 1. Unterabsatz sowie 3 der Richtlinie (EU) 2019/944 um.
Zu § 92 (Anzeige neuer Betriebsmittel):
Die Bestimmung soll als Auffangklausel für die Installation jener Betriebsmittel ohne eigenen Zählpunkt dienen, die dem Netzbetreiber nicht aufgrund anderer gesetzlicher oder behördlicher Bestimmungen bekannt sein muss. Dahinter steht die Überlegung, dass die Verfügbarkeit vollständiger und korrekter Daten für den sicheren und effizienten Netzbetrieb sowie eine gute Netzplanung erforderlich sind. Demnach soll sich die Meldepflicht (nur) auf jene Anlagen erstrecken, die aufgrund ihrer technischen Eigenschaften bzw. ihrer netzwirksamen Leistung Relevanz für die Gewährleistung eines sicheren und effizienten Netzbetriebs sowie eine gute Netzplanung haben. Um sicherzustellen, dass die anzeigepflichtigen Betriebsmittel dem jeweils aktuellen Stand der Technik und dem aktuellen Bedarf entsprechen, sollen sie durch Verordnung der Regulierungsbehörde bestimmt werden. Als anzeigepflichtige Informationen kommen beispielsweise die Netzebene, die netzwirksame Leistung und die die Maximal- bzw. Speicherkapazität in Frage. Die Anzeige kann auch durch einen Dritten erfolgen.
Abs. 3 stellt klar, dass jene Betriebsmittel, bei denen kein Opt-Out der Funktionalitäten des intelligenten Messgeräts möglich ist, jedenfalls anzeigepflichtig sind. Dies schließt auch die mittels Verordnung der Regulierungsbehörde gemäß § 49 Abs. 2 bestimmten Anlagen ein.
Die gemäß Abs. 4 an die Regulierungsbehörde übermittelten Daten sollen die Erfüllung ihrer Überwachungsaufgabe nach § 161 Abs. 1 Z 15 ermöglichen.
Zu § 93 (Transparenz und Reservierung verfügbarer Netzanschlusskapazitäten):
Bereits bislang sah § 20 ElWOG 2010 eine verpflichtende Veröffentlichung von verfügbaren Netzanschlusskapazitäten vor. So schnell als möglich und längstens binnen drei Jahren ab Inkrafttreten soll die Veröffentlichungspflicht auf Netzebene 6 ausgeweitet werden. Mit dieser erhöhten Transparenz wird Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie (EU) 2019/944 umgesetzt. Die Veröffentlichung auf der gemeinsamen Internetplattform gemäß § 109 soll zu einer vereinfachten Auffindbarkeit für (potenzielle) Netzbenutzer führen.
In der Verordnung nach Abs. 3 ist insbesondere ein einheitliches Format für die Veröffentlichung auf der gemeinsamen Internetplattform gemäß § 109 festzulegen.
Zu § 94 (Geregeltes Netzzugangssystem):
Die korrespondierenden Verpflichtungen der bisherigen §§ 15 und 16 Abs. 1 ElWOG 2010 werden nunmehr in einer Bestimmung zusammengeführt. Sprachliche Klarstellungen in den Abs. 1 und 3 sollen den Vorgang der Gewährung des Netzzugangs, der im Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages zwischen Netzbetreiber und Netzbenutzer besteht, transparenter darstellen ohne materielle Änderungen zur bisherigen Rechtslage zu bewirken.
Abs. 2 folgt auf den bisherigen § 75 Abs. 2 ElWOG 2010, der aus systematischen Erwägungen in den Netzteil überführt wurde.
Ebenso aus systematischen Gründen wurde Abs. 4, bisher § 46 Abs. 4 ElWOG 2010, in die Bestimmung zum geregelten Netzzugang eingegliedert. Die Zumutbarkeit der Einhaltung der vorgegebenen Fristen wird weiterhin berücksichtigt. Zu diesem Zweck sind notwendige Genehmigungsverfahren nicht in die Fristen einzurechnen. Zudem ist eine um zwölf Monate längere Frist vorgesehen, sofern etwa notwendige Netzausbauten aus nicht vom Verteilernetzbetreiber beeinflussbaren Gründen (wie etwa Lieferengpässe) nicht innerhalb der ursprünglichen Frist durchgeführt werden können. Dies ist gegenüber Netzzugangsberechtigten rechtzeitig, transparent und nachvollziehbar zu begründen. Dem Netzzugangsberechtigten steht es frei, diese Begründung im Rahmen eines Verfahrens gemäß § 98 anzuzweifeln.
Mit dem Abs. 5 werden Regelungen zur Spitzenkappung für Photovoltaikanlagen eingeführt. Mit diesem Instrument wird Art. 6a der Richtlinie (EU) 2019/944 betreffend flexible Netzanschlussverträge umgesetzt. Im Gegensatz zu den in § 96 vorgesehenen temporären Begrenzungen soll damit die Möglichkeit dauerhafter Begrenzungen geschaffen werden. Hintergrund dafür ist die Zielsetzung eines kosteneffizienten Netzausbaus, im Rahmen dessen geringfügige Einschränkungen der Einspeisung akzeptiert werden, wenn damit bestehende Netzkapazität besser genutzt kann. Angesichts der aktuell sowohl im Übertragungs- als auch im Verteilernetz sichtbaren Engpässe und des weiteren Ausbaus erneuerbarer Energieträger, welche zur Erreichung des Ziels der Klimaneutralität 2040 notwendig sind, erscheint eine Spitzenkappung ein geeignetes Mittel zur Systemintegration (vgl. etwa den von E-Control in Auftrag gegebenen Projektbericht zur Netzanschlussbeurteilung, Swiss Economics SE AG et al, Stand: Juni 2022, abrufbar unter: https://www.e-control.at/publikationen/publikationen-strom/studien (19.4.2024). Um den weiteren Ausbau erneuerbarer Energieträger nicht zu beeinträchtigen, sind auch berechtigte Interessen von Einspeisern zu berücksichtigen, deren Kalkulationsgrundlage für die Investitionsentscheidung in möglichst geringem Ausmaß beeinträchtigt werden soll.
Die Spitzenkappungen gemäß Abs. 5 sind unabhängig vom flexiblen Netzzugang gemäß § 96. Über die Begrenzungen gemäß Abs. 5 hinausgehende Maßnahmen unterliegen den Bestimmungen des Engpassmanagements gemäß § 132 und Art. 13 der Verordnung (EU) 2019/943 einschließlich den darin vorgesehenen Regelungen über den finanziellen Ausgleich.
Die Spitzenkappung soll in den in Abs. 7 genannten Fällen nicht anwendbar sein.
Gemäß Abs. 9 soll das neue Instrument der Spitzenkappung auf seine Wirkungsweise hin evaluiert werden.
Zu § 95 (Verweigerung des Netzzuganges):
Vorgänger dieser Bestimmung war § 46 Abs. 3 ElWOG 2010. Sie dient der Umsetzung von Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie (EU) 2019/944.
Die Verpflichtung zur alternativen Prüfung eines flexiblen Netzzugangs gemäß Abs. 2 soll dazu beitragen, Stromerzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energien schneller ans Netz zu bringen. Nur weil das ursprünglich beantragte Ausmaß bzw. der ursprünglich beantragte Zeitpunkt für den Netzzugang nicht gewährt werden kann, soll die mögliche Netznutzung nicht gänzlich unterbleiben.
Durch die Anknüpfung an die Verteilernetzpläne für das Verteiler- und Übertragungsnetz in Abs. 4 soll die Datengrundlage für den bedarfsgerechten Netzausbau zur Erreichung der EAG-Ziele verbessert werden.
Zu § 96 (Möglichkeit des flexiblen Netzzugangs für Einspeiser):
Die Bestimmung nutzt das Konzept der netzwirksamen Leistung und ermöglicht es, durch eine Leistungsvorgabe des Netzbetreibers mehr Einspeisekapazitäten schneller ans Netz zu bringen. Damit wird Art. 6a der Richtlinie (EU) 2019/944 betreffend flexible Netzanschlussverträge umgesetzt.
Sofern das ursprünglich beantragte Ausmaß für den Netzzugang nicht gewährt werden kann, kann der Netzbetreiber mit einspeisenden Netzbenutzern vereinbaren, dass er die maximale netzwirksame Leistung vorgibt, wodurch die mögliche Netznutzung nicht gänzlich unterbleibt. Die Festlegung der maximalen netzwirksamen Leistung kann dabei statisch oder dynamisch (etwa eine spannungsabhängige Leistungsbegrenzung [P(U)-Regelung], eine höhere maximale netzwirksame Leistung von Montag bis Freitag und eine niedrigere maximale netzwirksame Leistung an Samstagen und Sonntagen) so vereinbart werden, dass eine maximale Einspeiseleistung dennoch ermöglicht wird.
Abs. 2 bringt den Charakter der Bestimmung als temporäre Möglichkeit, Anlagen früher Netzzugang zu gewähren, zum Ausdruck. Vorübergehende flexible Netzzugänge liefern keinesfalls einen Grund, um notwendige Netzausbaumaßnahmen hintanzustellen. Die differenzierte Fristdauer je nach Netzebene soll die unterschiedliche Komplexität der jeweiligen Anschlusskonstellationen zum Ausdruck bringen. Zu berücksichtigen sind auch Verzögerungen im Netzausbau, die sich dem Einfluss des Netzbetreibers entziehen.
In jedem Fall ist die netzwirksame Leistung gemäß Abs. 3 derart vorzugeben, dass sie eine bestmögliche Netznutzung durch den Einspeiser zulässt (Maximierungsgebot).
Dynamische Leistungsvorgaben (Vorgaben je Netzsituation) sind langfristig enorm wichtig, aufgrund der unzureichenden Digitalisierung des Stromnetzes derzeit aber noch nicht verpflichtend möglich. Um die Digitalisierung des Stromnetzes und die Ansteuerbarkeit von Anlagen anzukurbeln, soll eine dynamische Leistungsvorgabe für Erzeugungsanlagen mit einer Maximalkapazität über 1 MW ab 1. Juni 2026 verpflichtend sein. Nähere Details zur dynamischen Vorgabe der netzwirksamen Leistung (Abs. 7) sind in der Verordnung gemäß § 87 zu regeln.
Zu § 97 (Möglichkeit des begrenzten oder beschränkten Netzzuganges im Übertragungsnetz):
Mit dieser Bestimmung wird Art. 42 Abs. 2 2. Unterabsatz der Richtlinie (EU) 2019/944 umgesetzt.
Die vorgesehenen Beschränkungen können dabei sowohl die Anschlusskapazität an sich begrenzen, als auch die maximale Anschlusskapazität durch technische Vorkehrungen beschränken. Die Genehmigung der Beschränkungen und Begrenzungen kann durch die Genehmigung der Allgemeinen Netzbedingungen durch die Regulierungsbehörde (§ 88) erfolgen.
Analog zum flexiblen Netzzugang gemäß § 96 ist auch bei Begrenzungen und Beschränkungen eine bestmögliche Netznutzung durch den Einspeiser zu gewährleisten (Abs. 2, Maximierungsgebot).
Abs. 4 erlaubt die Nutzung von Begrenzungen bzw. Beschränkungen im Verteilernetz auch zugunsten des Übertragungsnetzes.
Über die im Rahmen des Netzzugangs vereinbarten Begrenzungen und Beschränkungen hinausgehende Maßnahmen unterliegen den Bestimmungen des Engpassmanagements gemäß § 132 und Art. 13 der Verordnung (EU) 2019/943 einschließlich den darin vorgesehenen Regelungen über den finanziellen Ausgleich.
Zu § 98 (Streitbeilegungsverfahren):
Der bisherige § 22 ElWOG 2010 soll übernommen werden. Durch Abs. 2 Z 4 wird unter anderem Art. 17 Abs. 3 lit. f der Richtlinie (EU) 2019/944, wonach ein Mechanismus für die Beilegung von Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Ausgleichsenergieverantwortung von Aggregatoren einzurichten ist, umgesetzt.
Zu § 102 (Zählpunkte):
Durch die Bestimmung sollen die an einzelnen Stellen bereits untergesetzlich festgelegten Regelungen zur Vergabe und Zuordnung von Zählpunkten systematisch zusammengeführt und einer gesetzlichen Grundlage zugeführt werden.
Abs. 3 folgt auf § 16 Abs. 2 ElWOG 2010 und ist Grundlage für die Netzbenutzerkategorien-Verordnung, in der die Regulierungsbehörde weitere Netzbenutzerkategorien (z. B. Haushalt, Nicht-Haushalt, Haushalt mit Erzeugung etc.) festzulegen hat.
Abs. 4 entspricht der bisherigen Regelung in der Begriffsbestimmung des § 7 Abs. 1 Z 83 ElWOG 2010, die aus systematischen Erwägungen in den materiellen Teil überführt wurde.
Die Verordnung gemäß Abs. 3 ist Grundlage für die gemäß Abs. 5 zu erstellenden standardisierten Lastprofile. Diese haben sich an den festgelegten Kategorien zu orientieren. Die Pflicht zur Veröffentlichung und Zuweisung standardisierter Lastprofile war vormals in § 17 Abs. 2 ElWOG 2010 geregelt. Die Neuregelung soll zu einer besseren Datenqualität führen und die Netzbetreiber in die Lage versetzen, das Einspeise- und Verbrauchsverhalten ihrer Netzkundinnen und ‑kunden noch besser vorhersagen zu können. Die gemäß Abs. 5 zugewiesenen standardisierten Lastprofile sind aufgrund der geltenden Marktkommunikationsprozesse auch den jeweiligen Lieferanten bekannt, weswegen sie von diesen für die Information über den Verbrauch einer Durchschnittskundin bzw. eines Durchschnittskunden gemäß § 39 Abs. 3 Z 6 herangezogen werden können.
Zu § 103 (Virtuelle Zählpunktbezeichnung zur Erfassung für Erzeugungsmengen):
Da sich virtuelle Zählpunktbezeichnungen in der Praxis etabliert haben, sollen sie nunmehr auch gesetzlich geregelt werden.
Zu § 104 (Witterungsabhängiger Freileitungsbetrieb):
Durch die Bestimmung soll eine weitere Möglichkeit zur Optimierung der bestehenden Netzinfrastruktur geschaffen werden, die parallel zum notwendigen Netzausbau die Integration der Energie aus Anlagen auf Basis erneuerbarer Energieträger beschleunigen und unterstützen soll. Die Strombelastbarkeit (und damit auch die Transportkapazität) von Freileitungen richtet sich in der Regel nach einer normierten Strombelastbarkeit, die sich auf Basis einer Hochsommerwetterlage berechnet und bezogen auf die Kühleffekte den „ungünstigen“ Fall darstellt („Normbedingungen“: 35°C Lufttemperatur, beinahe Windstille mit 0,6 m/s Windgeschwindigkeit, hohe Sonneneinstrahlung mit 900 W/m²). Im witterungsabhängigen Freileitungsbetrieb wird jedoch die jeweils vorherrschende Umgebungs- bzw. Wettersituation berücksichtigt. Dadurch kann bei geringeren Außentemperaturen und insbesondere bei höheren Windgeschwindigkeiten durch „Kühleffekte“ die Strombelastbarkeit der Leiterseile von Freileitungen um bis zu 80% angehoben werden (sofern im Bereich der Umspannwerke keine Restriktionen vorliegen). Dies bietet nutzbares Potential für die Strombelastbarkeit und vor allem höhere Betriebsreserven (z. B. im [n-1]-Fall) und resultiert damit insgesamt auch in höheren Übertragungskapazitäten.
Zu § 105 (Ausübungsvoraussetzungen für den Betrieb von Verteilernetzen):
Bei der in dieser Grundsatzbestimmung genannten „Konzession“ handelt es sich in der Sache um eine behördliche Genehmigung (vgl. § 43 GWG 2011), nicht jedoch um eine Konzession im Sinne des Bundesvergabegesetzes Konzessionen 2018 (BVergGKonz 2018), BGBl. I Nr. 65/2018.
Zu § 107 (Pflichten der Verteilernetzbetreiber):
Förderbeiträge im Sinne der Z 6 sind die Erneuerbaren-Förderpauschale (§ 73 EAG), der Erneuerbaren-Förderbeitrag (§ 75 EAG) und der Grüngas-Förderbeitrag (§ 76 EAG).
Die Pflicht gemäß Z 16 wird von der Regulierungsbehörde im Rahmen ihrer Überwachungsaufgabe gemäß § 161 Abs. 1 Z 2 überwacht.
Z 22 setzt Art. 31 Abs. 9 der Richtlinie (EU) 2019/944 um.
Durch Z 24 wird die Umsetzung von Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie und durch Z 25 die Umsetzung von Art. 33 Abs. 1 der Richtlinie sichergestellt.
Zu § 110 (Netzentwicklungsplan für das Verteilernetz):
Die in Art. 32 Abs. 2 bis 5 der Richtlinie (EU) 2019/944 vorgesehenen Netzentwicklungspläne für das Verteilernetz sollen in geraden Kalenderjahren zu veröffentlichen sein, um einen alternierenden Rhythmus mit den bereits existenten Netzentwicklungsplänen für das Übertragungsnetz zu erreichen.
Die Planungsgenauigkeit der Netzentwicklungspläne soll in angemessener Relation zum Zeithorizont stehen. Naturgemäß ist eine Vorschau auf Entwicklungen in zwei Jahren detaillierter möglich als eine Vorschau auf Entwicklungen in zehn Jahren. Dieselbe angemessene Abstufung der Planungsgenauigkeit ist in Hinblick auf die einzelnen Netzebenen vorzunehmen.
Zu § 111 (Anzeigeverfahren):
In der Verordnung nach Abs. 2 ist insbesondere ein einheitliches Format für die Veröffentlichung auf der gemeinsamen Internetplattform gemäß § 109 festzulegen.
Sollte der angezeigte Netzentwicklungsplan für das Verteilernetz die notwendigen Voraussetzungen nicht erfüllen, ermöglicht Abs. 3 es der Regulierungsbehörde, die Verteilernetzbetreiber verbindlich zur Änderung des Netzentwicklungsplans aufzufordern.
Zu § 112 (Voraussetzungen für den Betrieb von Ladepunkten durch Netzbetreiber):
Durch die Bestimmung soll von der Ausnahmemöglichkeit gemäß Art. 33 Abs. 3 der Richtlinie (EU) 2019/944 Gebraucht gemacht werden.
Die in Abs. 1 genannten Tätigkeiten sind nicht alternativ ausschließend zu verstehen, mehrere davon können auch parallel durch den Netzbetreiber ausgeübt werden, wenn einer der Ausnahmegründe gemäß Z 1 oder 2 gegeben ist.
Bevor ein Ausschreibungsverfahren durchgeführt wird, hat gemäß Abs. 2 Z 1 eine Prüfung des Bedarfs in der Ausschreibungsregion zu erfolgen. Die Ergebnisse dieser Überprüfung sind der Regulierungsbehörde mitzuteilen.
Der Netzbetreiber darf den Zuschlag nur dann im Sinne des Abs. 2 Z 2 verwehren, wenn die Zuschlagskriterien nicht erfüllt wurden. Das Kriterium der Rechtzeitigkeit darf jedenfalls nicht so interpretiert werden, dass es sich dabei um ein de facto Ausschlusskriterium für Dritte handelt.
Zu Abs. 3: Sofern die Regulierungsbehörde Leitlinien erlassen hat und der Netzbetreiber sich bei der Erstellung des Ausschreibungsverfahrens und dessen Bedingungen an die Leitlinien gehalten hat, gilt die Vermutung, dass die Voraussetzungen des Abs. 2 Z 2 eingehalten werden. Die Regulierungsbehörde hat daher keine weiteren Ermittlungsschritte zu setzen, sofern ihr keine offensichtlichen Anhaltspunkte dafür bekannt sind, dass im Einzelfall doch ein Ausschreibungsverfahren erstellt wurde, welches nicht den Anforderungen des Abs. 2 Z 2 entspricht. Offensichtliche Anhaltspunkte liegen insbesondere dann vor, wenn ohne ein aufwendiges Ermittlungsverfahren, aus allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen oder sonstigen Gründen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass im konkreten Einzelfall die Vermutung nicht zutrifft.
Zu Abs. 4: Die Regulierungsbehörde führt die öffentliche Konsultation gemäß Abs. 4 auf Basis der Daten zu den vorhandenen Ladepunkten durch. Die in Abs. 4 angesprochene Errichtungsbereitschaft ist nur dann im Zuge der öffentlichen Konsultation zu erheben, wenn zwar ein Ausschreibungsverfahren durchgeführt und auch ein Zuschlag erteilt werden konnte, die Anlage aber zum Zeitpunkt der Konsultation noch immer nicht errichtet wurde.
Zu Abs. 6: Vertikal integrierte Elektrizitätsunternehmen können in ihrer Funktion als Erzeuger oder Lieferanten Ladepunkte unabhängig von den Regelungen des Abs. 1 bis 5 betreiben. In diesem Fall, können vertikal integrierte Elektrizitätsunternehmen die Kosten für die Ladepunkte jedoch nicht als Kosten gemäß § 126 anerkennen lassen. Außerdem sind gemäß § 145 Abs. 2 Z 1 lit. e eigene Konten für die Ladepunkttätigkeiten zu führen.
Zu § 113 (Geschlossene Verteilernetze):
Bislang machte Österreich von der unionsrechtlich vorgesehenen Möglichkeit, geschlossene Verteilernetze als Unterkategorie der Verteilernetze umzusetzen, keinen Gebrauch. Nun soll Art. 38 der Richtlinie (EU) 2019/944 umgesetzt und die geschlossenen Verteilernetze als Unterkategorie der Verteilernetze in den Elektrizitätsrechtsbestand eingeführt werden. Bei der Bestimmung handelt es sich um eine Ausnahmeregelung, die in engen Grenzen netzregulatorische Erleichterungen ermöglicht.
Anders als ein reguläres Verteilernetz dient das geschlossene Verteilernetz einer geschlossenen Benutzergruppe und nicht der öffentlichen Versorgung.
Eine technische Verknüpfung gemäß Abs. 1 Z 1 ist jedenfalls beim Vorliegen einer Wertschöpfungskette gegeben. Eine sicherheitstechnische Verknüpfung im Sinne des Abs. 1 Z 2 liegt vor, wenn die betroffenen Nutzer des Netzes vergleichbare Anforderungen an die technische Qualität des Netzes haben, die von jener des öffentlichen Netzes abweichen. Festzuhalten ist, dass ein gemeinsamer Energiebezug allein für das Vorliegen der erforderlichen Verknüpfung jedenfalls nicht ausreicht.
Unterbleibt ein Antrag gemäß Abs. 1 obwohl die materiellen Voraussetzungen für das Vorliegen eines geschlossenen Verteilernetzes erfüllt sind und erlangt die Regulierungsbehörde von diesem Umstand Kenntnis, kann sie gemäß § 24 E-ControlG mit Bescheid die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes auftragen.
Die Anordnung der vorläufigen Einstufung als geschlossenes Verteilernetz ab Antragstellung gemäß Abs. 2 letzter Satz stellt eine Übergangslösung bis zur Entscheidung der Regulierungsbehörde dar. Dadurch sollen allfällige Verwaltungsstrafen, die – da für den antragstellenden Betreiber (noch) keine netzregulatorischen Erleichterungen gewährt wurden – theoretisch verhängt werden könnten, zumindest vorläufig hintangehalten werden.
Abs. 4 stellt klar, dass die Belieferung von Haushaltskundinnen und Haushaltskunden einer Einstufung als geschlossenes Verteilernetz grundsätzlich entgegensteht. Lediglich bei einer geringen Anzahl an Haushaltskundinnen und Haushaltskunden der genannten Kategorie ist die Einstufung des Netzes als geschlossenes Verteilernetzes dennoch möglich, wobei auf die Anzahl der angeschlossenen Haushalte abzustellen ist und nicht auf die Relation der verteilten Energie zwischen Haushaltskundinnen und Haushaltskunden und den übrigen Netzbenutzern.
Zu § 114 (Pflichten der Übertragungsnetzbetreiber):
Zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/944: Z 7 setzt Art. 40 Abs. 1 lit. h, Z 8 setzt Art. 40 Abs. 1 lit. i, Z 9 Art. 40 Abs. 1 lit. d erster Satz und Z 15 setzt Art. 40 Abs. 1 lit. j um.
Zu Z 18: Der Bericht zu Transparenzverpflichtungen hat insbesondere eine Spezifikation der veröffentlichten Informationen, die Art der Veröffentlichung (z. B. Internetadressen, Zeitpunkte und Häufigkeit der Veröffentlichung sowie qualitative oder quantitative Beurteilung der Datenzuverlässigkeit der Veröffentlichung) zu enthalten. Der Bericht zur technischen Zusammenarbeit mit Übertragungsnetzbetreibern anderer Mitgliedstaaten oder aus Drittländern hat insbesondere auf die mit den Übertragungsnetzbetreibern vereinbarten Prozesse und Maßnahmen hinsichtlich länderübergreifender Netzplanung und ‑betrieb sowie auf vereinbarte Daten für die Überwachung dieser Prozesse und Maßnahmen einzugehen.
Abs. 2 dient der Umsetzung von Art. 40 Abs. 2 der Richtlinie (EU) 2019/944.
Zu § 115 (Netzentwicklungsplan für das Übertragungsnetz):
Die Bestimmung folgt auf § 37 ElWOG 2010. Der neu eingeführte Abs. 5 soll eine Stärkung des NOVA-Prinzips (Netz-Optimierung vor Netz-Verstärkung vor Netz-Ausbau) in der Netzplanung zum Ausdruck bringen. Der Umsetzungszeitplan soll für den Fall, dass absehbar ist, dass nicht alle Projekte gleich schnell umgesetzt werden können, zu einer Priorisierung führen.
Unter dem Projektstatus in Abs. 9 ist das Stadium zu verstehen, in dem sich das Projekt befindet, z. B. „in Planung“, „erstinstanzlich bewilligt“, „rechtskräftig bewilligt“, „Baubeschluss vorhanden“, „in Betrieb“.
Zum 10. Teil (Systemnutzungsentgelte):
Der EuGH hat in seinem Urteil vom 2.9.2021 (EuGH 2.9.2021, C-718/18, Kommission/Deutschland, ECLI:EU:C:2021:662) zusammengefasst ausgesprochen, dass aufgrund des detaillierten normativen Rahmens auf Unionsebene kein Bedarf für nationale gesetzgeberische Festlegungen zur Berechnung von Netzentgelten bestehe, um die Richtlinien 2009/72 und 2009/73 umzusetzen. Vielmehr sei die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde auch gegenüber dem nationalen Gesetzgeber zu gewährleisten; diesem sei es nicht gestattet, der Regulierungsbehörde Befugnisse zu entziehen und sie anderen öffentlichen Stellen zuzuweisen. Hervorzuheben ist, dass sich der unionsrechtliche Rahmen seither insbesondere durch die in Art. 18 der Verordnung (EU) 2019/943 festgelegten Grundsätze für die Festsetzung von Netzentgelten durch die Regulierungsbehörden weiter verdichtet hat.
Vor diesem Hintergrund soll die Rolle der Regulierungsbehörde in der Vollziehung des einschlägigen (unionalen) Rechtsrahmens aufgewertet werden, während sich der Gesetzgeber im Wesentlichen auf die Festlegung von Grundsätzen, Verfahren und Ermächtigungen zurückzieht. Die generelle Systematik der Systemnutzungsentgelte, insbesondere die Zweiteilung in eine Kosten- und Mengenermittlung einerseits und eine daran anknüpfende Entgeltermittlung andererseits soll dabei erhalten bleiben.
Zu § 119 (Bestimmung der Systemnutzungsentgelte):
Zu den Komponenten des Systemnutzungsentgelts sollen weiterhin das Netznutzungsentgelt und das Netzverlustentgelt sowie das Entgelt für sonstige Leistungen zählen. Das bisherige Netzzutrittsentgelt und das Netzbereitstellungsentgelt sollen zu einem neuen Netzanschlussentgelt zusammengeführt werden. Im Regelleistungsentgelt soll insbesondere das bisherige Systemdienstleistungsentgelt aufgehen.
Abs. 1 letzter Satz stellt klar, dass die Saldierung des Systemnutzungsentgelts für die Einspeisung und Entnahme ausgeschlossen ist (kein sog. „Net-Metering“). Die Voraussetzung dafür wird u.a. durch die getrennte Messung der Viertelstundenenergiewerte für Einspeisung und Entnahme in § 49 Abs. 1 geschaffen. Der Ausschluss der Saldierung dient weiters der Umsetzung von Art. 15 Abs. 2 lit. e und Art. 16 Abs. 3 lit. d der Richtlinie (EU) 2019/944, die eine solche jedenfalls für Aktive Kunden und Bürgerenergiegemeinschaften ausschließen.
Zu § 120 (Netznutzungsentgelt):
Auf Basis der Ermächtigung gemäß Abs. 3 sollen bisher im ElWOG 2010 getroffene Festlegungen in eine Verordnung der Regulierungsbehörde überführt und wo erforderlich weiterentwickelt werden können. Diese Ermächtigung umfasst unter anderem Pauschalierungen, die jedenfalls dort erforderlich sind, wo eine Leistungsmessung noch nicht möglich ist. Die Vorgabe von Mindestbezugswerten soll dazu dienen, den laufenden Aufwand für die Leistungsvorhaltung und die Wartung des Netzes durch den Netzbetreiber angemessen vergüten zu können, insbesondere, wenn ein Entnehmer nur gelegentlich vom Netz Gebrauch macht. Im Falle von unterbrechbarer bzw. regelbarer Leistung kann die Verordnung nähere Vorgaben zu Unterbrechungssignalen, der Unterbrechungsdauer und eine Verpflichtung zur Vorabankündigung durch die Netzbetreiber umfassen.
Zu den in Abs. 3 Z 4 genannten Systemdienstleistungen zählt insbesondere die Bereitstellung von Blindleistung.
Unter den in Abs. 4 genannten Netzebenen, die von teilnehmenden Netzbenutzern gemäß § 61 Abs. 3 in Anspruch genommen werden, sind der Lokalbereich (Netzebene 7) bzw. der Regionalbereich (Netzebenen 5, 6 und 7) gemäß § 61 Abs. 5 zu verstehen.
Zu § 122 (Netzanschlussentgelt):
Mit der in Abs. 1 vorgesehenen Verpflichtung der Netzbetreiber, Anschlusskosten transparent und nachvollziehbar darzulegen, sollen Netzbenutzer in die Lage versetzt werden, die Zusammensetzung der Kosten prüfen und gegebenenfalls auch beanstanden zu können. Klargestellt wird überdies, dass das Netzanschlussentgelt im Falle einer Erhöhung der netzwirksamen Leistung nur im Ausmaß der Erhöhung anfällt. Wie in § 6 Abs. 1 Z 111 klargestellt, ist die „netzwirksame Leistung“ dabei die im Vertrag über Netzanschluss und Netzzugang vereinbarte maximale Leistung in Einspeise- oder Bezugsrichtung am Netzanschlusspunkt, welche die Gesamtanordnung der Anlage des Netzbenutzers, die aus Kombinationen von Stromerzeugungseinheiten, Verbrauchseinheiten und Energiespeicheranlagen bestehen kann, sowie das vom Netzbenutzer vorgesehene Regel- und Betriebskonzept berücksichtigt.
Die Verordnungsermächtigung in Abs. 5 soll der Regulierungsbehörde die Möglichkeit einräumen, eine Methodik für die Bestimmung eines aufwandsbezogenen Anteils im Netzanschlussentgelt festzulegen, dieses bis zum Netzanschlusspunkt vorzusehen und davon anteilige Kosten des bereits erfolgten und notwendigen Netzausbaus (vgl. bisheriges Netzbereitstellungsentgelt gemäß § 55 ElWOG 2010) abzugrenzen.
Da mit dem Netzanschlussentgelt Kosten in Form von langjährigen Investitionen abgegolten werden sollen, war für vereinnahmte Netzbereitstellungsentgelte in § 55 Abs. 6 ElWOG 2010 eine Auflösung über 20 Jahre vorgesehen. Für das Netzanschlussentgelt soll nunmehr in Abs. 7 eine Bilanzierungsregel verankert werden, wonach diese Entgelte im Rahmen des Jahresabschlusses der Netzbetreiber – entsprechend der Rechnungslegungsvorschriften – zu aktivieren bzw. zu passivieren sind, um den Investitionen der Netzbetreiber eine entsprechende Position gegenüberzustellen.
Hervorzuheben ist, dass damit das Ermessen der Regulierungsbehörde bei der Festlegung der Netzanschlussentgelte bzw. deren Berücksichtigung im Rahmen der Kostenfeststellung (bspw. durch Festlegung einer Abschreibungs- bzw. Auflösungsdauer) nicht einschränkt wird.
Zu § 123 (Regelleistungsentgelt):
Das Regelleistungsentgelt ersetzt das Systemdienstleistungsentgelt gemäß § 56 ElWOG 2010. Über das Regelleistungsentgelt werden dem Regelzonenführer die Beschaffungskosten für die Primär-, Sekundär-, und Tertiärregelleistung abgegolten, nicht mehr nur für die Sekundärregelleistung. Künftig werden über das Regelleistungsentgelt auch keine Regelenergiekosten abgedeckt. Diese sind vielmehr über den Preis für die Ausgleichsenergie (§ 12 Abs. 3) zu verrechnen.
Zu § 124 (Entgelt für sonstige Leistungen):
Die Bestimmung entspricht weitgehend § 58 ElWOG 2010. Unter sonstige Leistungen können beispielsweise Mahnspesen, vom Netzbenutzer veranlasste Änderungen der Messeinrichtung oder die Abschaltung und Wiederherstellung des Netzzugangs fallen. Wie bisher sollen Leistungen von Netzbetreibern im Zusammenhang mit Energiegemeinschaften nicht Gegenstand gesonderter Entgelte sein. Die Verpflichtung zur Bedachtnahme auf die soziale Verträglichkeit gründet sich auf Art. 15 Abs. 3 der Richtlinie 2012/27/EU. So ist etwa bei Mahnspesen und Netztrennungen der Aspekt der Kostenorientierung oft nachrangig gegenüber der sozialen Verträglichkeit und kann nicht einfach durch öffentliche Zuwendungen, Förderungen oder allgemeine sozialpolitische Maßnahmen kompensiert werden.
Zu § 125 (Ausnahmen von Systemnutzungsentgelten für Forschungs- und Demonstrationsprojekte):
Die mit dem EAG-Paket in § 58a ElWOG 2010 eingeführte Möglichkeit der Ausnahme von Netzentgelten für bestimmte innovative Forschungs- und Demonstrationsprojekte soll dem Grunde nach erhalten bleiben; die nähere Ausgestaltung soll jedoch der Regulierungsbehörde überlassen werden. Diese soll mit Verordnung Ziele und Anforderungen für eine solche Ausnahme festlegen können (Abs. 2).
Unter Forschung- und Demonstrationsprojekten sind auch solche Vorhaben zu verstehen, die unter die Begriffsbestimmungen in Art. 2 der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt (AGVO) für Beihilfen für Forschung und Entwicklung und Innovation fallen.
Weiterhin soll ein Ausnahmebescheid ausschließlich auf Antrag gewährt werden (Abs. 3). In der Praxis bewährt hat sich die Einstufung als innovativ und förderwürdig im Rahmen vorgelagerten Auswahlverfahren gemäß § 16 Forschungs- und Technologieförderungsgesetz (FTFG), BGBl. Nr. 434/1982 oder im Rahmen eines äquivalenten europäischen Förderprogramms. Aus dem Antrag und den beigelegten Unterlagen muss sich ergeben, welche Art und welcher Umfang an Ausnahme angestrebt wird und warum diese beantragt wird.
Die Pflicht zur Erlassung eines Ausnahmebescheids gemäß Abs. 3 besteht nur bei Vorliegen der – gegebenenfalls mit Verordnung spezifizierten – Voraussetzungen, ansonsten müsste innerhalb dieser Entscheidungsfrist ein abweisender Bescheid erlassen werden.
Der Ausnahmebescheid ist gemäß Abs. 4 den vom Forschungs- und Demonstrationsprojekt betroffenen Netzbetreibern (einschließlich Regelzonenführer in Bezug auf Projekte, die Regelleistungsentgelte zu entrichten hätten) zur Kenntnis zu bringen; den Netzbetreibern kommen keine Partei- oder Beteiligtenrechte gemäß § 8 AVG zu.
Soweit es sich bei den Ausnahmen um staatliche Beihilfen handelt, werden diese entweder nach der AGVO freigestellt oder als De-minimis-Beihilfen gewährt und letzterenfalls als solche im Ausnahmebescheid (unter Verweis auf Verordnung (EU) Nr. 2023/2831 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen) ausgewiesen.
Zu § 126 (Verfahren zur Feststellung der Kostenbasis):
Das bisher in § 48 ElWOG 2010 verankerte Bescheidverfahren zur Kostenermittlung soll mit geringfügigen Anpassungen fortgeführt werden. Die Rolle der Sozialpartner als Legalparteien soll dabei ebenso erhalten bleiben wie die Möglichkeit eines Kostenfeststellungsantrags für Netzbetreiber, die keinem Bescheidverfahren gemäß Abs. 1 unterliegen.
Die Pflicht zur vertraulichen Behandlung wirtschaftlich sensibler Informationen (Abs. 2) ergibt sich auch aus Art. 55 Abs. 2 der Richtlinie (EU) 2019/944.
Bei der Feststellung der Kosten ist die Regulierungssystematik, die die Regulierungsbehörde gemäß § 130 festlegt, anzuwenden.
Zu § 127 (Verfahren zur Festsetzung der Systemnutzungsentgelte):
Bei der Festsetzung der Systemnutzungsentgelte soll die Regulierungsbehörde in Umsetzung von Art. 59 Abs. 1 lit. a der Richtlinie (EU) 2019/944 künftig allgemeine Grundsätze einerseits und die jährliche Höhe der einzelnen Entgelte andererseits in separaten Verordnungen festlegen. Dementsprechend könnten die in Abs. 1 aufgelisteten grundsätzlichen Inhalte für mehrere Jahre (beispielsweise für die Dauer einer Regulierungsperiode oder darüber hinaus) verordnet werden, während die aus der jährlichen Kosten- und Mengenermittlung resultierenden Entgelte jährlich mit einer eigenen Verordnung bestimmt werden, in der auch die Kostenwälzung und allfällige Ausgleichszahlungen festgelegt werden.
Bei Abs. 2 handelt es sich um eine eigenständige Ermächtigung. Zwischen einer Verordnung gemäß Abs. 1 (Festlegungen „dem Grunde nach“) und einer Verordnung gemäß Abs. 2 (Festlegungen „der Höhe nach“) besteht ein inhaltlicher Konnex, jedoch keine formalrechtliche Bindung.
Mit Abs. 4 und 6 wird Art. 59 Abs. 9 der Richtlinie (EU) 2019/944 in Bezug auf die Entgelte umgesetzt. Die Veröffentlichung entspricht der bestehenden Praxis der Regulierungsbehörde zu der, entsprechend der expliziten Vorgabe der Richtlinie, die Kosten (der jeweiligen Netzebene im jeweiligen Netzbereich) hinzutreten. Eine zahlenmäßige Aufstellung der zugrundeliegenden Kosten wird in der Regel erst mit der Konsultation der Entgelte möglich sein, weil die Kosten (insbesondere aufgrund von Rechtsmittelfristen) erst dann weitgehend feststehen.
Die in Abs. 7 vorgesehene Regelung zur vorläufigen Bestimmung der Entgelte stützt sich auf Art. 60 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2019/944, der die Festlegung vorläufiger Entgelte im Falle einer Verzögerung ermöglicht.
Zu § 128 (Monitoring der Entwicklung der Systemnutzungsentgelte):
Im Hinblick auf die unterschiedliche Entwicklung von Kosten und darauf basierenden Entgelten in den einzelnen Netzbereichen wird die Regulierungsbehörde mit einer Abschätzung der Entgeltentwicklung beauftragt, die auch Empfehlungen für einen bundesweisen Ausgleich umfassen kann.
Zu § 129 (Regulierungskonto):
Mit dem Regulierungskonto wurde bereits in § 50 ElWOG 2010 ein Instrument des Differenzausgleichs und der Glättung eingerichtet, dessen Funktion nunmehr weitergeführt wird. Wie bisher soll Abs. 1 im Wesentlichen einen Plan-Ist-Abgleich von Kosten bzw. Erlösen samt anschließender Aufrollung in nachfolgenden Verfahren ermöglichen. Abs. 2 dient dazu, durch Verteilung von Erlösen oder Aufwendungen im Zeitverlauf sprunghafte Erhöhungen oder Reduktionen von Entgelten zu vermeiden.
Abs. 3 zielt auf den Ausgleich von Mehr- bzw. Mindererlösen, die bei der Abrechnung von Regelenergie und Ausgleichsenergie entstehen, ab.
Die Regelungen in Abs. 4 bis 6 stellen sicher, dass Änderungen und Aufhebungen von Kostenbescheiden (insbesondere im Zuge von Rechtsmittelverfahren) oder von Verordnungen in jeweils nachfolgenden Verfahren berücksichtigt werden und sich deren Auswirkungen damit letztlich in den Entgelten niederschlagen.
Abs. 7 stellt eine besondere Bilanzierungsregel dar: § 198 Abs. 8 Z 1 Unternehmensgesetzbuch (UGB), dRGBl. S. 219/1897, sieht eine Verpflichtung zur Bildung von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und drohende Verluste aus schwebenden Geschäften, die am Abschlussstichtag wahrscheinlich oder sicher, aber hinsichtlich ihrer Höhe oder des Zeitpunkts ihres Eintritts unbestimmt sind, zwingend vor. Daher sind für gerichtliche Auseinandersetzungen mit Handelspartnern typischerweise Rückstellungen zu bilden. Eine niedrigere Kostenfeststellung hat gemäß Abs. 3 und 4 zur Folge, dass vom Netzbetreiber Erlöseinbußen in der Zukunft hinzunehmen sind. Wird von einer Verfahrenspartei ein Rechtmittel eingelegt, das wahrscheinlich zu einer niedrigeren Kostenfeststellung führt, ist dies somit mit einer gerichtlichen Auseinandersetzung eines Unternehmens mit seinen Kunden vergleichbar. In der Praxis werden derartige Rückstellungen unter Verweis auf den Wortlaut in § 198 Abs. 8 UGB dennoch oft nicht gebildet. Um zu verhindern, dass die auf Basis überhöhter Netzkosten erzielten Netzerlöse vorzeitig ausgeschüttet werden, soll daher eine einheitliche Regelung vorgesehen werden.
Zu § 130 (Grundsätze der Kosten- und Mengenermittlung):
Für die Kosten- und Mengenermittlung hatte der Gesetzgeber bisher in den §§ 59 bis 61 ElWOG 2010 zum Teil detaillierte Regelungen vorgesehen. Diese Vorgaben sollen im Hinblick auf Art. 18 der Verordnung (EU) 2019/943 sowie die oben erwähnte Rechtsprechung des EuGH reduziert werden. Die Festlegung über die nähere Regulierungssystematik der Kosten- und Mengenermittlung dient (neben § 126) der Umsetzung von Art. 59 Abs. 1 lit. a der Richtlinie (EU) 2019/944. Neben den unionsrechtlichen Vorgaben stellen die Zielvorgaben gemäß § 5 sowie § 4 E-ControlG maßgebliche Determinanten der Kosten- und Mengenermittlung dar.
Indem die Regulierungsbehörde gemäß Abs. 1 sicherstellt, dass Quersubventionierungen verhindert werden, wird Art. 59 Abs. 1 lit. j der Richtlinie (EU) 2019/944 umgesetzt.
Unter die in Abs. 2 Z 1 genannten Kosten fallen unter anderem Kosten für die Ausrollung von intelligenten Messgeräten (siehe Art. 19 Abs. 4 der Richtlinie (EU) 2019/944). Finanzierungskosten haben insbesondere eine angemessene und risikoadäquate Verzinsung des eingesetzten Kapitals zu umfassen, die auch die Verhältnisse des Kapitalmarktes berücksichtigt. Die Höhe des Gewinns und das unternehmerische Risiko haben in einem angemessenen Verhältnis zueinander zu stehen.
Die in Abs. 3 Z 2 genannten Anreize sollen im Einklang mit Art. 18 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2019/943 effiziente und zeitnahe Investitionen fördern und insbesondere auch zur Erreichung der Klima- und Energieziele einschließlich der Steigerung der Energieeffizienz beitragen (vgl. den Zielkatalog des § 5 und den Anhang XI zur Richtlinie 2012/27/EU sowie die Mitteilung der Europäischen Kommission über einen EU-Aktionsplan für Stromnetze, COM(2023) 757 final, S. 8).
Mit Abs. 4 wird Art. 59 Abs. 9 der Richtlinie (EU) 2019/944 in Bezug auf die Regulierungssystematik umgesetzt. Die Veröffentlichung entspricht der bestehenden Praxis der Regulierungsbehörde. Die Veröffentlichung der umfassenden Beschreibung der Regulierungssystematik erscheint im Hinblick auf das Transparenzgebot und die breite Vorgabe zur Veröffentlichung in Art. 59 Abs. 9 der Richtlinie (EU) 2019/944 erforderlich, zumal die unionsrechtlichen Vorgaben hier keine klare Trennung zwischen Kosten- und Tarifmethode ziehen.
Zu §§ 131-134 (11. Teil, 1. Hauptstück Flexibilitätsleistungen):
In diesem Hauptstück sollen die Bestimmungen zu Flexibilitätsleistungen im Verteiler- und Übertragungsnetz systematisch gesammelt werden.
Zu § 131 (Marktgestützte Beschaffung von Flexibilitätsleistungen):
Mit der Bestimmung sollen Art. 31 Abs. 6 und Art. 32 Abs. 1-2 der Richtlinie (EU) 2019/944 umgesetzt werden. Die gemäß Abs. 2 festzulegenden Spezifikationen können sich insbesondere auf die Höhe der Leistungsveränderung, die Dauer, die Veränderungsrate, die Reaktionszeit oder den Ort beziehen.
Zu § 132 (Engpassmanagement im Übertragungsnetz):
Der bisherige § 23 Abs. 2 Z 5 ElWOG 2010 soll herausgelöst und als selbstständige Bestimmung konzipiert werden.
Bisherige Engpassmanagement-Verträge gelten nunmehr als Verträge über die Erbringung von Flexibilitätsleistungen und sind grundsätzlich im Rahmen des § 132 iVm § 134 über die Flexibilitätsplattform zu beschaffen.
Hinsichtlich der Vergütung ist zu differenzieren: Kleine Stromerzeugungs- und Energiespeicheranlagen unter 1 MW sind nach den allgemeinen Regeln für Flexibilitätsleistungen marktbasiert zu vergüten. Für große Stromerzeugungs- und Energiespeicheranlagen ab 1 MW gilt wie bisher die Verpflichtung zur Abgeltung wirtschaftlicher Nachteile und Kosten (Nachteilsausgleich). Gleiches gilt auch für alle Anlagen, die gemäß Abs. 1 Z 2 außerhalb von Verträgen gemäß Abs. 1 Z 1 auf Anordnung des Regelzonenführers Leistungen erbringen (vgl. bisher § 23 Abs. 9 ElWOG 2010). Generell soll mit der kostenmäßigen Begrenzung auf einen Nachteilsausgleich strategisches Bieterverhalten unterbunden werden.
Zu § 133 (Nicht frequenzgebundene Systemdienstleistungen):
Die Beschaffung von nicht frequenzgebundenen Systemdienstleistungen durch Netzbetreiber in Umsetzung von Art. 31 Abs. 7 und Art. 40 Abs. 5 und 6 der Richtlinie (EU) 2019/944 soll nur erfolgen, soweit dies für einen sicheren, zuverlässigen und effizienten Netzbetrieb erforderlich ist. Der Informationsaustausch und die Abstimmung zwischen dem Regelzonenführer und den Verteilernetzbetreibern sind erforderlich, um die Ressourcen optimal zu nutzen, die Netze sicher und effizient zu betreiben sowie die Marktentwicklung zu erleichtern.
Abs. 1 setzt Art. 40 Abs. 5 der Richtlinie (EU) 2019/944 um.
Bezüglich der Trägheit der lokalen Netzstabilität, der Schwarzstarfähigkeit sowie der Inselbetriebsfähigkeit ist von einer Beschaffung durch den Übertragungsnetzbetreiber auszugehen, da diese nicht frequenzgebundenen Systemdienstleistungen seinem Aufgabenbereich zuzuordnen sind.
Zu Abs. 3: Vollständig integrierte Netzkomponenten sind eigene Betriebsmittel des Netzbetreibers und daher in Umsetzung von Art. 40 Abs. 7 der Richtlinie (EU) 2019/944 von der Beschaffung ausgenommen.
Abs. 4 dient der Umsetzung von Art. 40 Abs. 6 der Richtlinie (EU) 2019/944.
Abs. 5 setzt Art. 59 Abs. 1 lit. d der Richtlinie (EU) 2019/944 um.
Zu § 140 (Versorgungssicherheitsstrategie):
Die Bestimmung folgt auf den bisherigen § 88a ElWOG 2010 und regelt die Aktualisierung der darauf basierenden Versorgungssicherheitsstrategie, die erstmalig bis zum 30. Juni 2023 zu erstellen war.
Zu § 141 (Abschätzung der Angemessenheit der Ressourcen auf nationaler Ebene):
Die Verankerung der periodischen Durchführung einer Abschätzung der Angemessenheit der Ressourcen auf nationaler Ebene soll die unionsrechtkonforme Durchführung der Vorgaben der Verordnung (EU) 2019/943 unterstützen. Bei der erstmaligen vorläufigen Abschätzung können wesentliche Elemente, wie die Bewertung des Flexibilitätsbedarfs oder das relevante Referenzszenario, fehlen.
Zu § 142 (Bewertung des Flexibilitätsbedarfs):
§ 142 dient der unionsrechtskonformen Durchführung von Art. 19e der Verordnung (EU) 2019/943.
Zu § 144 (Vertraulichkeit):
Der bisherige § 11 ElWOG 2010 ist systematisch eine Entflechtungsbestimmung und soll deswegen systematisch in den Entflechtungsteil überführt werden.
Zu § 145 (Entflechtung und Transparenz der Rechnungslegung, Verbot von Quersubventionen)
Zu Abs. 1: Zu den geltenden Rechnungslegungsbestimmungen zählen insbesondere jene nach dem UGB.
Zu § 147 (Voraussetzungen):
Zu Abs. 2 Z 2: Der unabhängige Netzbetreiber hat über ein qualifiziertes Eigenpersonal zu verfügen.
In Abs. 2 Z 5 wird nunmehr klargestellt, dass sämtliche Vereinbarungen bereits im Entwurfsstadium der Regulierungsbehörde vorzulegen sind.
Zu § 149 (Unabhängigkeit des Eigentümers des Übertragungsnetzes):
Zu Abs. 2 Z 3: Der Kündigungsschutz der Sicherheitsfachkraft ist insbesondere in § 9 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993 normiert.
Zu § 150 (Vermögenswerte, Unabhängigkeit, Dienstleistungen, Verwechslungsgefahr):
Die in der Vorgängerbestimmung § 28 Abs. 2 Z 1 ElWOG 2010 noch vorgesehenen Kraftwerksleitungen sollen zur Herstellung der Unionsrechtskonformität entfallen.
Zu § 152 (Unabhängigkeit der Unternehmensleitung und der Beschäftigten):
Von Abs. 1 Z 4 sind Beteiligungen am und Zuwendungen vom Übertragungsnetzbetreiber ausgenommen. Betriebsratsfonds, die zur Deckung der Kosten der Geschäftsführung des Betriebsrats und der Konzernvertretung sowie zur Errichtung und Erhaltung von Wohlfahrtseinrichtungen und zur Durchführung von Wohlfahrtsmaßnahmen zugunsten der Arbeitnehmerschaft und der ehemaligen Arbeitnehmer des Betriebs eingerichtet sind, fallen nicht unter das Beteiligungsverbot, da sie nicht zur Ausschüttung von Gewinnanteilen an die dem Beteiligungsverbot unterliegenden Personengruppen eingerichtet sind.
Die Ergänzung von Abs. 5 Z 4 wird in Hinblick auf das Urteil des EuGH vom 2.9.2021 (EuGH 2.9.2021, C-718/18, Kommission/Deutschland, ECLI:EU:C:2021:662) vorgenommen. Das Verbot des Haltens von Beteiligungen am vertikal integrierten Unternehmen impliziert eine Veräußerungspflicht für solche vor dem 03.03.2012 bereits erworbenen Beteiligungen und gilt für Personen der Unternehmensleitung und übrige Beschäftigte des Übertragungsnetzbetreibers gleichermaßen. Weder Unternehmensleitung noch Beschäftigte dürfen Beteiligungen oder finanzielle Zuwendungen vom vertikal integrierten Unternehmen erhalten.
Zu § 154 (Gleichbehandlungsprogramm):
Zu Abs. 12: Der Kündigungsschutz der Sicherheitsfachkraft ist insbesondere in § 9 AVRAG normiert.
Zu § 156 (Verfahren zur Zertifizierung und Benennung von Übertragungsnetzbetreibern):
Art. 51 der Verordnung (EU) 2019/943 findet auf das Zertifizierungsverfahren Anwendung.
Zu § 157 (Verfahren zur Zertifizierung von Übertragungsnetzbetreibern in Bezug auf Drittländer):
Beim Verfahren zur Zertifizierung von Übertragungsnetzbetreibern in Bezug auf Drittländer sind die Vorgaben aus der Richtlinie (EU) 2022/2555 zu beachten.
Die Stellungnahme gemäß Abs. 5 (siehe Art. 53 der Richtlinie (EU) 2019/944) soll von der Regulierungsbehörde, die für die die Prüfung der Entflechtungsvoraussetzungen zuständig ist, einzuholen sein.
Zu § 158 (Entflechtung von Verteilernetzbetreibern):
Zu Abs. 2 Z 3: Der Netzbetreiber hat über ein qualifiziertes Eigenpersonal zu verfügen.
Zu Abs. 6: Der Kündigungsschutz der Sicherheitsfachkraft ist insbesondere in § 9 AVRAG normiert.
Zu § 160 (Auskunfts- und Einsichtsrechte):
Die Unternehmens- bzw. Konzernstruktur am Energiemarkt wurde in den letzten Jahren teils grundlegend umgestellt. Inzwischen gibt es Konstellationen, in denen die Konzernmutter selbst keine Funktionen eines Elektrizitätsunternehmens ausübt, aber solche selbstredend weiter kontrolliert und diesen gegenüber z.T. wichtige Dienste erbringt oder diese Dienste durch andere Unternehmen (z. B. Servicegesellschaften für IT und Telekommunikation) erbringen lässt die zwar Teil der Gruppe des vertikal integrierten Elektrizitätsunternehmens sind aber selbst keine Elektrizitätsunternehmen sein müssen.
Ein vertikal integriertes Elektrizitätsunternehmen war nicht vom Wortlaut des bisherigen § 10 ElWOG 2010 erfasst, den Behörden kommen jedoch auch hinsichtlich dieser Unternehmen Überwachungs- und Aufsichtsfunktionen zu (vgl. § 25 Abs. 1 Z 2 E-ControlG), welche es erforderlich machen, hier Auskunfts- und Einsichtspflichten vorzusehen.
Eine ähnliche Konstellation besteht auch hinsichtlich der von den Netzbetreibern beauftragten Stelle zur gemeinsamen Datenverwaltung (bisher nach § 19a ElWOG 2010, nunmehr § 17). Da deren Kosten maßgeblich von den Netzbetreibern getragen werden, ist erforderlich, auch diese gegenüber den Behörden zur Auskunft zu verpflichten, damit die Angemessenheit der Kostenbeteiligung der Netzkunden überprüft werden kann. Selbiges gilt für eine von den Netzbetreibern beauftragte Stelle zur Betreibung der gemeinsamen Internetplattform gemäß § 109.
Zu § 161 (Überwachungsaufgaben):
Zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/944: Abs. 1 Z 1 und 5 in Verbindung mit Abs. 5 setzt Art. 59 Abs. 1 lit. m, Abs. 1 Z 2 in Verbindung mit Abs. 4 setzt Art. 59 Abs. 1 lit. l, Abs. 1 Z 3 in Verbindung mit Abs. 2 setzt Art. 59 Abs. 1 lit. n, Abs. 1 Z 4 in Verbindung mit Abs. 2 setzt Art. 59 Abs. 1 lit. o, Abs. 1 Z 6 in Verbindung mit Abs. 2 setzt Art. 59 Abs. 1 lit. p, Abs. 1 Z 7 in Verbindung mit Abs. 8 setzt Art. 59 Abs. 1 lit. q, Abs. 1 Z 8 setzt Art. 59 Abs. 1 lit. b und lit. q, Abs. 1 Z 9 setzt Art. 59 Abs. 1 lit. v, Abs. 1 Z 10 setzt Art. 59 Abs. 1 lit. z (wobei der Begriff „Beseitigung“ nicht übernommen wurde, da erst die Beobachtung von Hemmnissen deren Beseitigung ermöglichen soll), Abs. 1 Z 12 setzt Art. 59 Abs. 10, Abs. 1 Z 13 setzt Art. 59 Abs. 1 lit. w und Abs. 5 setzt Art. 59 Abs. 1 lit. s um.
Abs. 1 Z 2 in Verbindung mit Abs. 4 kann, solange es diesen gibt, im Rahmen des Berichts gemäß § 46 Abs. 4 miterledigt werden. Umgekehrt ist es auch denkbar, dass der Bericht gemäß § 46 Abs. 4 im Bericht gemäß Abs. 4 aufgeht.
Bei Abs. 2 handelt es sich um eine demonstrative Aufzählung. Weitere Erhebungsinhalte sowie die Bestimmung des meldepflichtigen Personenkreises können von der Regulierungsbehörde im Rahmen der Elektrizitäts-Monitoring-Verordnung festgelegt werden.
Stellt die Regulierungsbehörde im Rahmen ihrer Monitoringaufgaben Preisabsprachen, marktverzerrende Produktangebote oder ähnliche den Markt beeinträchtigende Praktiken seitens der Lieferanten fest, sind die Empfehlungen gemäß Abs. 5 jedenfalls an die Bundeswettbewerbsbehörde weiterzuleiten.
In Abs. 6 wurden der bisherige § 88 Abs. 1 und Abs. 3 ElWOG 2010 zusammengeführt. Der Landesregierung soll weiterhin ein privilegiertes Informationsrecht zukommen.
Gemäß Abs. 7 soll die Überwachungstätigkeit der Landesregierung sich auf die Einhaltung der Konzessionsvoraussetzungen erstrecken. Die Überwachung der Entflechtungsbestimmung ist nunmehr Teil der Aufgaben der Regulierungsbehörde.
Der neue Abs. 9 soll dem Umstand Rechnung tragen, dass es gerade ein Hauptzweck der Monitoring-Tätigkeit ist, die Basis für weitere Untersuchungen und Ermittlungen im Rahmen des behördlichen Aufgabenspektrums zu schaffen.
Nachdem die Regulierungsbehörde berechtigt ist, die entsprechenden Daten sonst von den Unternehmen anzufordern und die Weiterverwendung auf erforderliche Zwecke im Rahmen der Befugnisse und Aufgaben der Regulierungsbehörde im öffentlichen Interesse beschränkt ist, sollte diese Bestimmung zur Sicherstellung einer effizienten Verwaltungstätigkeit keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen.
Zu den §§ 168 bis 179 (Behörden, Strafbestimmungen und Geldbußen):
Die Verordnung (EU) 1227/2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarktes (REMIT) wurde mit Verordnung (EU) 2024/1106, ABl. L, 2024/1106, 17.04.2024, überarbeitet. Mit den Änderungen soll vor allem die Kohärenz zu den Finanzmarktvorschriften der Union (wie der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 über Marktmissbrauch) hergestellt werden. Die in diesem Teil vorgenommenen Anpassungen dienen insbesondere zur Umsetzung der neuen unionsrechtlichen Regelungen.
Zu § 168 (Zuständigkeit der Behörden in Elektrizitätsangelegenheiten):
Abs. 2 stellt klar, dass die Regulierungsbehörde die zuständige nationale Behörde zur Durchsetzung der Vorgaben und Verbote nach REMIT ist. Das ElWG sieht im Gegensatz zum ElWOG 2010 keine gerichtlich strafbaren Handlungen in Zusammenhang mit der Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarktes und dem Schutz vor Marktmissbrauch vor. Die Strafbestimmungen des ehemaligen § 108a ElWOG 2010 werden in Verwaltungsstrafbestimmungen überführt. Zuständige Behörde für die Verhängung von Verwaltungsstrafen bei REMIT-Verstößen ist die Regierungsbehörde (Abs. 5). Für andere Verstöße gegen das ElWG sind weiterhin die Bezirksverwaltungsbehörden zuständig (Abs. 4).
Zu § 173 (Strafbestimmungen gegen Marktmissbrauch):
Der Unionsgesetzgeber sieht in Art. 18 REMIT nunmehr Mindesthöhen und Höchstgrenzen für Geldbußen bei REMIT-Verstößen vor. Die gegenüber dem ElWOG 2010 spürbaren Straferhöhungen sind auf diese Vorgaben zurückzuführen.
Die in Abs. 3 Z 4 genannte Mitteilung hat auch die persönlichen Daten des benannten Vertreters zu umfassen.
Zu § 174 (Strafbarkeit juristischer Personen)
Im ElWOG 2010 konnten nur die vertretungsbefugten Personen einer juristischen Person – nicht aber die juristische Person selbst – für REMIT-Verstöße bestraft werden. Mit dieser Bestimmung wird die Strafbarkeit juristischer Personen bei REMIT-Verstößen eingeführt. Gegen eine juristische Person kann eine Strafe verhängt werden, wenn eine Führungsperson gegen eine Verpflichtung des § 173 verstoßen hat oder wenn die mangelnde Kontrolle einer Führungsperson die Begehung durch einen anderen Mitarbeiter ermöglicht hat.
Die Mindest- und Höchstgrenzen für Geldbußen beruhen auf Art. 18 REMIT.
Zu § 181 (Allgemeine Übergangsbestimmungen):
Die Übergangsbestimmung des § 181 Abs. 5 ordnet an, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits bestehende Netzanschlussverhältnisse gemäß § 44 Abs. 1 ElWOG 2010 ex lege, d.h. ohne bescheidmäßige Einstufung, als geschlossene Verteilernetze im Sinne des § 113 gelten.
Abs. 10 stellt klar, dass das Außerkrafttreten des ElWOG 2010 per se keinen Grund für eine Nichtigkeit bzw. (vorzeitige) Auflösung von privatrechtlichen Verträgen bildet. Privatrechtliche Vereinbarungen bleiben grundsätzlich aufrecht, allerdings mit abgeändertem Inhalt, sofern sie im Widerspruch zum ElWG und den darauf basierenden Verordnungen stehen.
Zu Artikel 2: Energiearmuts-Definitions-Gesetz
In Art. 29 der Richtlinie (EU) 2019/944, ABl. Nr. L 158 vom 14.6.2019 S. 125, werden die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, Energiearmut zu definieren. Die Mitgliedstaaten haben Kriterien (Indikatoren) festzulegen, anhand derer die Anzahl von Haushalten, die von Energiearmut betroffen sind (energiearme Haushalte), geschätzt werden kann.
Beispielhaft werden in der Bestimmung folgende Kriterien genannt: ein niedriges Einkommen, ein hoher Anteil der Energieausgaben am verfügbaren Einkommen und schlechte Energieeffizienz.
Die Definition von Energiearmut im Sinne des Art. 29 Richtlinie (EU) 2019/944 dient der Berichterstattung über das Ausmaß von Energiearmut im Rahmen der nationalen Energie- und Klimapläne gemäß Art. 3 Abs. 3 lit. d Governance-Verordnung (EU) 2018/1999, ABl. Nr. L 328 vom 21.12.2018 S. 1.
Für die erstmalige Berichterstattung im Rahmen des NEKP 2019 erstellte das Umweltbundesamt (UBA) im Auftrag des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus 2018 eine Analyse über die Situation von Energiearmut in Österreich. Das UBA legte ihrer Analyse eine Arbeitsdefinition zugrunde, die an Vorarbeiten der Regulierungsbehörde anknüpfte (E-Control, Energiearmut in Österreich, Definition und Indikatoren, 2013 und 2014). Im Auftrag der Regulierungsbehörde wurden außerdem von der Bundesanstalt „Statistik Österreich“ (Statistik Austria) folgende Berichte zum Thema Energiearmut erstellt: Haushaltsenergie und Einkommen mit besonderem Fokus auf Energiearmut 2014, Erscheinungsjahr 2017; Energiearmut in Österreich 2016 – Haushaltsenergie und Einkommen, Erscheinungsjahr 2019; Erweiterte Betrachtung der Energiearmut in Österreich 2018, Erscheinungsjahr 2021; Dimensionen der Energiearmut in Österreich – Höhe Energiekosten bzw. Nicht-Leistbarkeit von Energie für Wohnen, Erscheinungsjahr 2022.
Anfang 2020 fanden zwischen dem Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK), dem Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK), der Regulierungsbehörde sowie externen Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Forschung unter Einbindung der Statistik Austria mehrere Arbeitstreffen statt.
Im Juli 2020 wurde ein Konsortium (bestehend aus UBA, Institut für Immobilien Bauen und Wohnen GmbH, Wirtschaftsuniversität Wien und Caritas Österreich) beauftragt, eine Definition von Energiearmut und Grundlagen für die Erstellung einer Roadmap zum Thema Energiearmut im Rahmen einer Studie auszuarbeiten.
Basierend auf dem Austausch der genannten Institutionen und der im Jahr 2021 abgeschlossenen Studie sowie unionsrechtlichen Grundlagen (zuletzt wurde mit der Richtlinie (EU) 2023/1791 zur Energieeffizienz und zur Änderung der Verordnung (EU) 2023/955 (Neufassung), ABl. Nr. L 231 vom 20.09.2023 S. 1, eine Definition zu Energiearmut erlassen) gliedert sich das vorgeschlagene Bundesgesetz inhaltlich in zwei Teile:
Zum einen wird eine Definition für die statistische Erfassung von Energiearmut verankert, damit einhergehend werden Indikatoren für die Messung von Energiearmut festgelegt (2. Abschnitt).
Zum anderen werden Zielgruppen für Maßnahmen zur Bekämpfung von Energiearmut und für Förderungen im Bereich der Energieeffizienz und klimarelevanter Investitionen definiert und damit einhergehende Verfahrensbestimmungen geregelt (3. Abschnitt).
Die Definition in § 4 verfolgt den Zweck der statistischen Erfassung von Energiearmut.
Die Definition in § 7 verfolgt den Zweck, Zielgruppen für Maßnahmen zur Bekämpfung von Energiearmut (Abs. 1 Z 1) bzw. Zielgruppen für klimarelevante Förderungen (Abs. 1 Z 2) zu bestimmen.
Die für Unterstützungen relevante Definition des § 7 stellt im Gegensatz zu jener gemäß § 4 aus verwaltungsökonomischen Gründen nur auf das Einkommen ab. Die Einkommenssituation dient als Anknüpfungspunkt für konkrete Unterstützungsmaßnahmen, die Maßnahme selbst kann dann gezielt auf den Haushalt abgestimmt werden: bspw. Tausch von Geräten (altes gegen energieeffizientes Gerät), Heizungstausch oder ähnliche Maßnahmen.
Zu den Bestimmungen im Einzelnen:
Zu § 1 (Kompetenzgrundlage und Vollziehung):
Da einige Bestimmungen des vorliegenden Gesetzes wie die Bestimmungen, mit denen unterstützungswürdige Haushalte definiert und Regelungen zum Nachweis der Unterstützungswürdigkeit getroffen werden, dem Kompetenztatbestand des Art. 12 Abs. 1 B-VG (Armenwesen und Elektrizitätswesen) zuzuordnen sind, können diese Bestimmungen nur unter Schaffung einer Kompetenzdeckungsklausel als unmittelbar anwendbares Bundesrecht beschlossen werden. Die vorgesehene Kompetenzdeckungsklausel verankert eine Bundeszuständigkeit für die Erlassung, Änderung, Aufhebung und Vollziehung dieser Bestimmungen.
Zu § 2 und 3 (Regelungsinhalt sowie Umsetzung und Durchführung von Unionsrecht)
Das vorliegende Gesetz regelt folgende Inhalte:
1. Aufgrund der aus der Richtlinie (EU) 2019/944 in Zusammenhalt mit der Verordnung (EU) 2018/1999 resultierenden Verpflichtung werden eine Definition für die statistische Erfassung von Energiearmut verankert und Indikatoren für die Messung von Energiearmut festgelegt. Die entsprechenden Regelungen finden sich im zweiten Abschnitt dieses Bundesgesetzes. Die Definition von Energiearmut nach dem zweiten Abschnitt dient ausschließlich statistischen Zwecken, um eine quantitative Beschreibung und Beurteilung des Phänomens und Ausmaßes von Energiearmut zu ermöglichen und – im Wege der Berichterstattung im Rahmen der NEKP – ein Monitoring der Situation im Zeitverlauf sicherzustellen. An diese Definition sind keine Leistungen oder Förderungen geknüpft.
2. Neben dem Erfordernis eine Definition für die statistische Beobachtung von Energiearmut festzulegen, besteht der Bedarf, Zielgruppen für Maßnahmen zur Bekämpfung von Energiearmut und für Förderungen im Bereich der Energieeffizienz und klimarelevanter Investitionen zu definieren. Zwischen Förderungen, die vordergründig armutspolitische Ziele (etwa Abfederung hoher Energiekosten) und Förderungen, die primär klimapolitische Ziele verfolgen (hier geht es um die Abfederung hoher Investitionskosten, etwa bei thermischen Sanierungsmaßnahmen oder beim Tausch des Heizungssystems), ist zu unterscheiden, weswegen zwei Zielgruppen definiert werden, nämlich „schutzbedürftige Haushalte“ bzw. „einkommensschwache Haushalte“ für energiearmutspolitische Maßnahmen sowie „förderungswürdige Haushalte“ für klimarelevante Förderungen. Die entsprechenden Regelungen finden sich im dritten Abschnitt. Mit der Definition des „schutzbedürftigen Haushalts“ wird auch Art. 28 Richtlinie (EU) 2019/944 umgesetzt, wobei bei der Definition vordergründig auf das Haushaltseinkommen abgestellt wird. Wie oben dargelegt, ist dies vordergründig verwaltungsökonomischen Gründen geschuldet. Eine Prüfung der individuellen Wohnverhältnisse oder Energiekosten zusätzlich zur Einkommensprüfung wäre administrativ kaum bewältigbar. Die Einkommenssituation dient als Anknüpfungspunkt für gezielte Unterstützungsmaßnahmen (z. B. Energieberatung, Gerätetausch, Heizungstausch, finanzielle Unterstützung u.Ä.). Mit Blick auf das Konzept des schutzbedürftigen Kunden ist das vorliegende Gesetz in Ergänzung zu den im ElWG (§§ 18 ff.) und GWG 2011 (§§ 122 ff.) enthaltenen Bestimmungen zu sehen.
Zu § 4 (Definition von Energiearmut):
Die Definition vereint bestehende Ansätze auf EU-Ebene und nationaler Ebene und lehnt sich an die Energiearmutsdefinition in Art. 2 Z 52 der Richtlinie (EU) 2023/1791 an.
Die Definition ist offen genug, um das Phänomen Energiearmut in ihrer Multidimensionalität erfassen zu können, indem sie sowohl objektive als auch subjektive Indikatoren sowie eine Kombination von Indikatoren zulässt. Gleichzeitig ermöglicht sie den Rückgriff auf verfügbare Datenquellen.
Sie baut auf die bekannte “Energiearmuts-Trias” aus niedrigem Einkommen, hohen Energiekosten und schlechter Energieeffizienz auf, ermöglicht aber auch zusätzliche bzw. andere Faktoren in Betracht zu ziehen.
Auf eine explizite Bezugnahme der Armutsgefährdungsschwelle wird verzichtet, weil sie bereits etablierte Indikatoren ausschließen (z. B. jene, die im letzten Bericht der Statistik Austria herangezogen wurden, s. Statistik Austria, Dimensionen der Energiearmut in Österreich, 2022, S. 10, Indikatoren (2) und (3)) oder Stichproben so einschränken würde, dass sie nicht mehr aussagekräftig wären.
Zu § 5 (Indikatoren zur Messung von Energiearmut):
Die Festlegung der Indikatoren und die Möglichkeit der Anpassung mittels Verordnung gemäß Abs. 2 zielt darauf ab, eine breite Betrachtung des Phänomens auf Basis vorhandener statistischer Methoden und Datenquellen (Eurostat, Mikrozensus, EU-SILC, Verwaltungsdaten etc.; s. auch § 6 Bundesstatistikgesetz 2000, BGBl. I Nr. 163/1999) zu ermöglichen.
Die für die statistische Auswertung benötigten Kennzahlen werden in Österreich mithilfe von Verwaltungs- und Befragungsdaten im Rahmen der jährlichen EU-SILC-Erhebungen ermittelt. Die objektiven Indikatoren sind Indikatoren, die auf verfügbaren objektivierbaren Daten basieren (wie Haushaltseinkommen und Energiekosten). Neben dem bisher von der Regulierungsbehörde verfolgten Ansatz, Energiearmut an niedrigem Haushaltseinkommen und hohen Energiekosten festzumachen (Abs. 1 Z 1 lit. a), soll auch die sog. „versteckte“ Energiearmut erfasst werden. Damit können auch diejenigen Haushalte einbezogen werden, die ihren Energiekonsum gezwungenermaßen niedrig halten und daher geringe Energiekosten haben (Abs. 1 Z 1 lit. b). Um den Betrachtungsansatz zu erweitern, bedarf es auch einkommensunabhängiger Indikatoren (Abs. 1 Z 1 lit. c). So kann ein überdurchschnittlich hoher Energiekostenanteil ein Indikator für Energiearmut sein, wobei der heranzuziehende Energiekostenanteil bei mindestens 10% zu liegen hat. Um eine aussagekräftige Stichprobe zu erlangen, können auch 15% herangezogen werden (s. Statistik Austria, Dimensionen der Energiearmut in Österreich, 2022, S. 10).
Bei den subjektiven Indikatoren geht es um die subjektive Einschätzung der eigenen Situation. Die in Abs. 1 Z 2 beispielhaft genannten Indikatoren orientieren sich an Informationen, die im Rahmen der EU‑SILC (European Union Statistics on Income and Living Conditions, Deutsch: Europäische Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen) abgefragt werden.
Die in Abs. 1 Z 3 enthaltenen ergänzenden Indikatoren sind auf den Anhang der Kommissions-Empfehlung zu Energiearmut (EU) 2020/1563, ABl. Nr. L 375 vom 27.10.2020 S. 35, zurückzuführen.
Abhängig von weiteren Entwicklungen zur Erfassung des Phänomens Energiearmut und damit einhergehenden Änderungen bzw. Erweiterungen der Verfügbarkeit von Daten – sowohl in wissenschaftlicher Hinsicht als auch auf EU-Ebene (bspw. gibt es seitens der Europäischen Kommission bereits zwei Empfehlungen zu Energiearmut, s. Empfehlung (EU) 2020/1563, ABl. Nr. L 375 vom 27.10.2020 und (EU) 2023/2407, ABl. Nr. L vom 23.10.2023) – soll dem Bundesminister für Wirtschaft, Energie und Tourismus die Möglichkeit eingeräumt werden, nach Anhörung der Regulierungsbehörde und der Statistik Austria und im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflegeden Katalog von Indikatoren zu ändern bzw. zu ergänzen.
Zu § 6 (Durchführung von statistischen Analysen):
Die Statistik Austria wird beauftragt, alle zwei Jahre – beginnend mit Dezember 2025 – eine statistische Analyse zu Energiearmut vorzulegen und zu veröffentlichen; die Erstellung und Veröffentlichung der Analyse hat bis Dezember des jeweiligen Jahres zu erfolgen. Die Analyseintervalle orientieren sich am Berichtszyklus der Governance-Verordnung, wonach erstmals bis zum 15. März 2023 und danach alle zwei Jahre ein Fortschrittsbericht zum im Dezember 2019 fertiggestellten NEKP zu erstellen ist (Art. 17).
Für den ersten im Dezember 2025 fälligen Bericht ist der von der Regulierungsbehörde in Auftrag gegebene und im März 2024 veröffentlichte Bericht der Statistik Austria, Dimensionen der Energiearmut in Österreich 2021/22, zu aktualisieren.
Die den statistischen Analysen zugrunde liegenden Daten liegen bei der Statistik Austria gemäß § 26 Bundesstatistikgesetz 2000, BGBl. I Nr. 163/1999 als pseudonymisierte Daten ohne Identifikatoren vor. Die Daten sind mit dem bereichsspezifischen Personenkennzeichen „Amtliche Statistik“ (bPK-AS) verknüpf- und auswertbar.
Trotz der Möglichkeit verschiedene Dimensionen/Aspekte des Phänomens Energiearmut durch die Festlegung unterschiedlicher Kombinationen von Indikatoren abbilden zu können, ist ein Monitoring im Zeitverlauf insbesondere im Hinblick auf die Berichterstattung im Rahmen des NEKP sicherzustellen, weswegen bei der Erstellung der Analyse die Einbindung des Bundesministers für Wirtschaft, Energie und Tourismus sowie der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz vorgesehen ist. Der Bundesminister für Wirtschaft, Energie und Tourismus hat die Empfehlungen der Koordinierungsstelle für die Bekämpfung von Energiearmut sowie der Regulierungsbehörde zu berücksichtigen.
Zu § 7 (Unterstützungswürdige Haushalte):
Das auf dem Unionsrecht fußende Erfordernis, Definitionen für die statistische Beobachtung von Energiearmut und für schutzbedürftige Kundinnen und Kunden festzulegen, geht einher mit dem immer evidenter werdenden Bedarf, Förderkriterien bzw. Zielgruppen für die unterschiedlichen Förderungen im Bereich der Bekämpfung von Energiearmut, der Energieeffizienz und klimarelevanten Investitionen zu bestimmen.
Dabei ist zwischen Förderungen, die vordergründig armutspolitische Ziele (etwa Abfederung hoher Energiekosten-Belastung und teilweise die Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen) und Förderungen, die primär klimapolitische Ziele verfolgen (hier geht es um die Abfederung hoher Investitionskosten), zu unterscheiden. Letztere sind iZm Kesseltausch, thermischer Gebäudesanierung oder dem Übergang zu erneuerbarer Energieversorgung relevant. Die hohen Kosten, die mit diesen Investitionen verbunden sind, sind für einen wesentlich größeren Teil der Bevölkerung nicht leistbar.
In der Praxis hat sich gezeigt, dass bei jeder Fördermaßnahme der Kreis der Begünstigten und eine einkommensprüfende Stelle neu zu bestimmen war. Die in diesem Abschnitt vorgesehenen Regelungen sollen daher der Kohärenz und besseren Administrierbarkeit von Fördervorhaben dienen. Bestehende Förderprogramme (wie bspw. das Programm „Sauber Heizen für Alle“) bleiben von dieser Regelung unberührt. Förderstellen können auch andere Zielgruppen für ihre Fördermaßnahmen festlegen. Die Bestimmung ist daher bewusst als Kann-Bestimmung formuliert.
Der Begriff „schutzbedürftiger Haushalt“ oder „einkommensschwacher Haushalt“ in Abs. 1 Z 1 ist vordergründig für Maßnahmen relevant, die armutspolitische Ziele verfolgen. Die Begriffsbestimmung des Abs. 1 Z 1 orientiert sich unter Berücksichtigung des Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2019/944 („Für die Definition des Begriffs „schutzbedürftiger Kunde“ können die Höhe des Einkommens […] herangezogen werden.“) an § 72a Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG).
Der Begriff „förderungswürdiger Haushalt“ in Abs. 1 Z 2 orientiert sich am zweifachen ASVG‑Ausgleichszulagen-Richtsatz. Damit wird ein deutlich größerer Kreis an potentiell förderungswürdigen Haushalten erfasst und folglich ein weitaus größerer Kreis dabei unterstützt, die für die Dekarbonisierung des Wohnbestands oder die Senkung des Energiebedarfs notwendigen Investitionen tätigen zu können.
Die beiden Begriffe (Zielgruppen) werden aus regelungstechnischen Erwägungen unter der Überschrift „unterstützungswürdiger Haushalt“ zusammengefasst. Wenn in den folgenden Bestimmungen auf die Unterstützungswürdigkeit von Haushalten Bezug genommen wird, sind davon beide Zielgruppen umfasst.
Zu den §§ 8 bis 10 (Nachweis und Prüfung der Unterstützungswürdigkeit):
Diese Bestimmungen sollen zu einer effizienteren Förderabwicklung beitragen. Die ORF-Beitrags Service GmbH, die die Einkommensverhältnisse bereits in Zusammenhang mit der Befreiung der Beitragspflicht nach dem ORF-Beitrags-Gesetz 2024, BGBl. I Nr. 112/2023, prüft, wird damit betraut, auch in Belangen dieses Bundesgesetzes die Einkommensverhältnisse auf Antrag zu prüfen und mittels Bescheid festzustellen. Hinsichtlich der Ermittlung des Haushalts-Nettoeinkommens und des Verfahrens zur Einkommensprüfung sind die Bestimmungen des ORF-Beitrags-Gesetzes (sowie bis zum 31. Dezember 2025 die Bestimmungen der Fernmeldegebührenordnung) maßgeblich. Hinsichtlich der Aufsicht über die ORF-Beitrags Service GmbH ist auf § 11 ORF-Beitrags-Gesetz 2024, hinsichtlich deren Rolle als Verantwortliche im Sinne des Art. 4 Z 7 der Verordnung (EU) 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (DSGVO), ABl. Nr. L 119 vom 04.05.2016 S. 1, zuletzt berichtigt durch ABl. Nr. L 74 vom 04.03.2021 S. 35, für die nach diesem Bundesgesetz zu verarbeitenden personenbezogenen Daten ist auf § 13 Abs. 5 ORF-Beitrags-Gesetz 2024 hinzuweisen.
Die in § 8 Abs. 1 genannten Leistungen (diese orientieren sich unter anderem am EEffG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 59/2023) sollten zum Nachweis der Unterstützungswürdigkeit iSd § 7 Abs. 1 Z 1 ausreichen. Den in Abs. 1 genannten Nachweisen liegt bereits eine Einkommensprüfung zugrunde. Im Sinne der Verwaltungsökonomie sollte eine Einkommensprüfung durch die ORF-Beitrags Service GmbH nur bei Nichtvorliegen der Nachweise oder im Fall des § 7 Abs. 1 Z 2 erfolgen.
Allerdings kann eine Förderabwicklungsstelle auf Grundlage von Förderrichtlinien/Förderprogrammen o.Ä. zusätzlich eine Einkommensprüfung durch die ORF-Beitrags Service GmbH verlangen.
Wird ein Antrag auf Einkommensprüfung über eine Förderabwicklungsstelle bei der ORF-Beitrags Service GmbH eingebracht, hat die Förderabwicklungsstelle den Antrag samt dazugehöriger Unterlagen an die ORF-Beitrags Service GmbH weiterzuleiten.
Zu § 12 (Abgeltung der Leistungen der ORF-Beitrags Service GmbH):
Abs. 4 enthält eine Verordnungsermächtigung für eine allfällige Valorisierung (VPI) des Kostenersatzes nach Abs. 2.
Zu Artikel 3: Energie-Control-Gesetz
Die Novellierung des Energie-Control-Gesetzes ist erforderlich, um es die Inhalte und die Terminologie des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes anzugleichen. Mit wenigen Ausnahmen sind die Änderungen folglich ausschließlich redaktioneller Natur.
Zu den Bestimmungen im Einzelnen:
Zu § 23 (Regulierungssystem für europaweite regionale und grenzüberschreitende Aspekte):
Abs. 3 dient der Umsetzung von Art. 61 der Richtlinie (EU) 2019/944.
Zu § 23a (Aufgaben und Befugnissen gegenüber den regionalen Koordinierungszentren):
Die Bestimmung setzt Art. 62 der Richtlinie (EU) 2019/944 um.
Zu den §§ 25a bis 25c:
Im Zuge der Zentralisierung des Vollzugs der Verordnung (EU) 1227/2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarktes (REMIT) bei der Regulierungsbehörde (siehe die Erläuterungen zu § 168 ElWG) sind deren Befugnisse zu erweitern. Anlehnung wird dabei an den Vollzug des Wettbewerbsrechts genommen.
Zu § 26 (Schlichtung von Streitigkeiten):
Abgesehen von redaktionellen Anpassungen dient die Ergänzung inhaltlicher Natur der Umsetzung von Art. 17 Abs. 3 lit. f der Richtlinie (EU) 2019/944.
Zu § 28 (Berichtspflichten):
Die Ergänzung von Abs. 4 dient der Umsetzung von Art. 18 Abs. 5 der Richtlinie (EU) 2019/944.
Zu § 35 (Amtshilfe):
Durch die Ergänzung von Abs. 1 wird klargestellt, dass auch die Regulierungsbehörde zur Amtshilfe verpflichtet ist, soweit dies nicht ihrer Unabhängigkeit widerspricht.
Zu § 36 (Verfahren):
Der neue Abs. 2a und die Ergänzungen in Abs. 3 detaillieren die Vorschriften für Bescheid- bzw. Verordnungsverfahren der Regulierungsbehörde. Da es sich nunmehr um allgemeine Verfahrensregeln handelt, sind diese – z. B. mit Blick auf das ElWG – für sämtliche Bescheid- bzw. Verordnungsverfahren der Regulierungsbehörde anzuwenden. Eine explizite Verpflichtung bei der jeweiligen materiellen Verpflichtung (wie bislang z. B. in § 38 Abs. 1 ElWOG 2010) kann damit entfallen.
Zu § 36a (Großverfahren):
Im Hinblick auf die Anzahl der bei der Feststellung der Kosten und Festlegung der Methoden dabei angewendeten Methoden betroffenen Personen soll mit dem neuen § 36a E-ControlG eine dem § 40 KommAustria-Gesetz, BGBl. I Nr. 32/2001, nachgebildete Regelung getroffen werden. Die Regulierungsbehörde kann auch in anderen Materien Großverfahren führen, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 gegeben sind.
Systematisch wird die Regelung nach dem allgemeinen Verweis auf die Geltung des AVG in Verwaltungsverfahren der Regulierungsbehörde eingegliedert.
Das Erfordernis einer Sonderregelung gegenüber den §§ 44a ff. AVG ergibt sich aus dem Umstand, dass die Regulierungsbehörde die meisten Verfahren – so auch die meisten Verfahren im Bereich der Netzkostenregulierung – von Amts wegen führt, wobei ein Großverfahren nach § 44a Abs. 1 AVG sonst nur auf Antrag zulässig ist. Daneben wird aus verwaltungsökonomischen Zwecken auf elektronische Kommunikationsmittel gesetzt. Im Übrigen ist die Regelung weitgehend an die §§ 44a ff. AVG angelehnt.“
Der Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 25. Juni 2025 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneter Leonore Gewessler, BA die Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer und Christoph Stark.
Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Initiativantrag keine Mehrheit (für den Antrag: G, dagegen: F, V, S, N).
Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer gewählt.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.
Wien, 2025 06 25
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer Mag. (FH) Kurt Egger
Berichterstattung Obmann