164 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVIII. GP
Bericht
des Ausschusses für innere Angelegenheiten
über die Regierungsvorlage (136 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetz, das Sicherheitspolizeigesetz, das Telekommunikationsgesetz 2021, das Bundesverwaltungsgerichtsgesetz und das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz geändert werden
1. Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:
Mit dieser Novelle soll einerseits für den Aufgabenbereich des Verfassungsschutzes eine gesonderte Möglichkeit des Aufschubs sicherheitspolizeilichen Einschreitens oder kriminalpolizeilicher Ermittlungen geschaffen werden. Entsprechend der maßgeblichen Bestimmungen in § 23 SPG sowie § 99 Abs. 4 f. StPO soll es den Organisationseinheiten gemäß § 1 Abs. 3 künftig möglich sein, unter Einhaltung sämtlicher dort bereits genannter Voraussetzungen, sicherheitspolizeiliches Einschreiten oder kriminalpolizeiliche Ermittlungen aufzuschieben, soweit ein überwiegendes Interesse an der Erfüllung der Aufgabe nach § 6 Abs. 1 oder 2 besteht.
Andererseits hat die Praxis seit Inkrafttreten des SNG gezeigt, dass die strikte Aufgabenzuweisung der erweiterten Gefahrenerforschung zur Beobachtung einer Gruppierung (§ 6 Abs. 1) zu der für den Aufgabenbereich Nachrichtendienst zuständigen Organisationseinheit der Direktion und des vorbeugenden Schutzes vor verfassungsgefährdenden Angriffen durch Einzelpersonen (§ 6 Abs. 2) zu den für den Aufgabenbereich Staatsschutz zuständigen Organisationseinheiten (§ 1 Abs. 3) trotz Einrichtung einer Informationsschnittstelle eine rasche, zweckmäßige und effiziente Aufgabenerfüllung in gewissen Fallkonstellationen erschweren kann, weshalb eine Rechtsgrundlage geschaffen werden soll, damit der Direktor im Einzelfall unter gesetzlich festgelegten Kriterien den Aufgabenbereich Nachrichtendienst zu der Wahrnehmung einer Aufgabe nach § 6 Abs. 2 ermächtigen kann.
Weiters soll eine Rechtsgrundlage im SNG geschaffen werden, um in bestimmten, gesetzlich klar definierten Fällen die Überwachung von Inhaltsdaten nach dem Vorbild der Regelungen in der StPO zu ermöglichen. Angesichts der – insbesondere im Bereich grenzüberschreitender terroristischer Aktivitäten – erfolgten zunehmenden Verlagerung herkömmlicher, unverschlüsselter Telekommunikation auf internetbasierte, zumeist end-to-end-verschlüsselte Kommunikation (wie etwa über WhatsApp, Skype oder Signal) soll zusätzlich eine Rechtsgrundlage für die Überwachung verschlüsselter Nachrichten zur effektiven Bekämpfung verfassungsschutzrelevanter Bedrohungslagen geschaffen werden, wenn die bestehenden Ermittlungsmaßnahmen zur Vorbeugung des befürchteten verfassungsgefährdenden Angriffs aussichtslos sind.
Im Rahmen der Novelle sollen auch Ergänzungen des Deliktskatalogs der verfassungsgefährdenden Angriffe um für den Verfassungsschutz relevante Tatbestände insbesondere des Strafgesetzbuches und des Waffengesetzes vorgenommen werden.
Außerdem handelt es sich um Anpassungen des SPG, durch die einerseits eine verpflichtende Vertrauenswürdigkeitsprüfung des Rechtsschutzbeauftragten, seiner Stellvertreter und sonstigen administrativen Mitarbeiter verankert werden soll. Andererseits soll eine Möglichkeit zur Abberufung des Rechtsschutzbeauftragten bzw. seiner Stellvertreter durch den Bundespräsidenten im Falle grober Pflichtverletzungen oder einer nachträglichen Unvereinbarkeit mit der Funktion geschaffen werden.
Mit den Änderungen des Telekommunikationsgesetzes 2021 (TKG 2021) sollen die für die allfällige Mitwirkung der (Kommunikationsdienste)Anbieter an der Nachrichtenüberwachung erforderlichen Anpassungen vorgenommen werden.
Schließlich soll durch die Anpassungen im Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) und im Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz (RStDG) die Einführung einer Rufbereitschaft, allenfalls eines Journaldienstes beim Bundesverwaltungsgericht ermöglicht werden.
2. Kompetenzgrundlage:
Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung eines diesem Entwurf entsprechenden Bundesgesetzes gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 1 („Verwaltungsgerichtsbarkeit“), Z 6 („Strafrechtswesen“), Z 7 („Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit“), Z 9 („Post- und Fernmeldewesen“) und Z 16 („Dienstrecht und Personalvertretungsrecht der Bundesbediensteten“) des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930.
3. Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:
Da in den §§ 15a ff die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zur Entscheidung über Anträge in sonstigen Angelegenheiten im Sinne des Art. 130 Abs. 2 Z 4 B-VG vorgesehen wird, darf das vorgeschlagene Bundesgesetz gemäß Art. 131 Abs. 4 Z 2 lit. d iVm Abs. 4 letzter Satz B-VG nur mit Zustimmung aller neun Länder kundgemacht werden.
Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 2. Juli 2025 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl die Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Süleyman Zorba, MMag. Dr. Michael Schilchegger, Douglas Hoyos‑Trauttmansdorff, Maximilian Köllner, MA, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Melanie Erasim, MSc und Mag. Friedrich Ofenauer sowie der Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner, der Staatssekretär im Bundesministerium für Inneres Mag. Jörg Leichtfried und der Ausschussobmann Abgeordnete Mag. Ernst Gödl.
Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Ernst Gödl, Maximilian Köllner, MA und Douglas Hoyos-Trauttmansdorff einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:
„Zu Z 1 (Artikel 1 Z 16):
Es handelt sich um die Bereinigung eines redaktionellen Versehens.
Zu Z 2 und 3 (Artikel 1 Z 22 und 22a):
Es handelt sich um die Anpassung der Inkrafttretensbestimmung an das Inkrafttreten der Änderungen des BVwGG und RStDG sowie die erforderliche Übergangsbestimmung, um die Mitglieder des Bundesverwaltungsgerichtes, denen Anträge gemäß § 15c Abs. 2 oder § 15a Abs. 1 zugewiesen sind, sowie in diesen Angelegenheiten verwendete Bedienstete des Bundesverwaltungsgerichtes bereits vor Inkrafttreten der Bestimmungen betreffend die Überwachung von Nachrichten einer Vertrauenswürdigkeitsprüfung unterziehen zu können.
Zu Z 4, 5 und 6 (Artikel 2 Z 5, Artikel 4 Z 4 und Artikel 5 Z 2):
Es handelt sich um die Bereinigung von redaktionellen Versehen.“
Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Ernst Gödl, Maximilian Köllner, MA und Douglas Hoyos-Trauttmansdorff mit Stimmenmehrheit (dafür: V, S, N, dagegen: F, G) beschlossen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für innere Angelegenheiten somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2025 07 02
Mag. Wolfgang Gerstl Mag. Ernst Gödl
Berichterstattung Obmann