174 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVIII. GP
Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales
über die Regierungsvorlage (137 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Allgemeine Pensionsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Betriebspensionsgesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Landarbeitsgesetz 2021 und das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz geändert werden (Teilpensionsgesetz) und
über den Antrag 249/A(E) der Abgeordneten Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend Härtefallregelung für Unterbrecher:innen einer Bildungskarenz
Regierungsvorlage 137 der Beilagen
Allgemeiner Teil
Die Regierungsparteien haben sich im Pensionsbereich auf einen Maßnahmenmix verständigt, der das faktische Pensionsantrittsalter und die Beschäftigungsquote rasch erhöhen soll. Dazu soll eine Teilpension eingeführt werden. Die Regelungen der Altersteilzeit sollen mit der neu einzuführenden Teilpension harmonisiert werden, sowie Anpassungen zur Vermeidung von Mitnahmeeffekten bei der Altersteilzeit erfolgen. Die entsprechenden Neuregelungen im Arbeitslosenversicherungsgesetz umfassen:
- Die Verkürzung des Höchstausmaßes des Altersteilzeitgeldes auf längstens drei Jahre vor Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen auf die Korridorpension oder vor Vollendung des Regelpensionsalters.
- Eine Neudefinition des Oberwertes, in dem Überstunden (Überstundenpauschalen) ab 2026 nicht mehr enthalten sein sollen.
- Den Entfall des Altersteilzeitgeldes bei Aufnahme einer Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber.
Weiters sollen arbeitsrechtliche Anpassungen bezüglich der Abfertigung alt sowie für Betriebspensionen erfolgen.
Gleichzeitig soll im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz ein Nachhaltigkeitsmechanismus gesetzlich festgeschrieben werden, um die um die langfristige Finanzierbarkeit und Stabilität des Pensionssystems zu gewährleisten.
In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich die Erlassung eines dem Entwurf entsprechenden Bundesgesetzes auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG („Sozialversicherungswesen“ und „Arbeitsrecht“).
Antrag 249/A(E)
Die Abgeordneten Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 25. April 2025 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:
„Die Regierung wird dringend aufgefordert, die beschlossenen Übergangsfristen im Zusammenhang mit der Abschaffung von Weiterbildungsgeld (Bildungskarenz) und Bildungsteilzeitgeld (Bildungsteilzeit) schnellstmöglich zu reparieren, um Härtefälle, die sich zum Beispiel aus einer notwendigen Unterbrechung einer bereits angetretenen Bildungskarenz ergeben, zu vermeiden. Die Abschaffung von Weiterbildungs- und Bildungsteilzeitgeld wurde in der Nationalratssitzung vom 7.3. per Abänderungsantrag beschlossen. Ab 31.3.2025 soll es abgesehen von wenigen Ausnahmen kein Weiterbildungs- und Bildungsteilzeitgeld mehr geben.
Der Gesetzesantrag war nicht in Begutachtung - Stellungnahmen zum gesamten Gesetzesinhalt insbesondere aber auch zu den vorgesehenen Übergangsfristen waren daher nicht möglich. Die in der überhasteten Umsetzung der Abschaffung der beiden Bildungsprogramme vorgesehenen Übergangsfristen stellen sich nun als wenig praxistauglich heraus und verursachen aufgrund unzureichend bzw. nicht bedachter Problem- oder Speziallagen soziale Härtefälle.
Besonders betroffen sind akut unter anderem Personen, die bereits eine Bildungskarenz angetreten bzw. begonnen haben, diese aber aufgrund von Schwangerschaft, Mutterschutz, Elternkarenz, Krankheit oder anderen triftigen Gründen unterbrechen mussten. Bisher konnte eine Bildungskarenz bzw. Bildungsteilzeit inklusive der zugehörigen Geldleistungen nach Wegfall der Unterbrechungsgründe weiter fortgesetzt werden. Das ist aktuell nicht mehr der Fall, sollte eine Fortsetzung nicht vor 31. Mai 2025 erfolgen. Der Standard berichtet über dahingehende Fälle[1]. All diese Personen haben – so wie bisher – darauf vertraut, dass eine Fortsetzung und Beendigung möglich sind. Die Abschaffung der Bildungskarenz und Bildungsteilzeit zerstört die unmittelbare Lebensplanung dieser Arbeitnehmer:innen, bereits geleistete Kurskosten – im geschilderten Fall von mehreren tausend Euro – gehen verloren, weil Kurse nicht mehr in Anspruch genommen werden können.
Arbeitnehmer:innen, die in bestem Vertrauen eine Bildungskarenz angetreten sind und diese aus triftigem Grund unterbrechen mussten, müssen jedenfalls die Möglichkeit haben, diese mit Bezug von Weiterbildungs- und Bildungsteilzeitgeld fortzusetzen und erfolgreich beenden zu können. Die vorgesehene Übergangsfristen sind entsprechend anzupassen, um soziale Härten zu verhindern.“
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Regierungsvorlage 137 der Beilagen und den Entschließungsantrag 249/A(E) in seiner Sitzung am 02. Juli 2025 unter einem in Verhandlung genommen.
Über die Regierungsvorlage erstattete die Abgeordnete Barbara Teiber, MA Bericht.
Der Abgeordnete Mag. Markus Koza erstattete Bericht über den Entschließungsantrag 249/A(E).
An der sich daran anschließenden Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Barbara Teiber, MA, Mag. Markus Koza, Johannes Gasser, BA Bakk. MSc, Mag. Michael Hammer, Andrea Michaela Schartel, Julia Elisabeth Herr, Tanja Graf, Andreas Haitzer, Peter Wurm, Manuel Pfeifer und Mag. Marie-Christine Giuliani-Sterrer, BA sowie die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Korinna Schumann und der Ausschussobmann Abgeordneter Josef Muchitsch.
Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Josef Muchitsch, Johannes Gasser, BA Bakk. MSc, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:
„Zu Artikel 1 Z 2 (§ 79b Abs. 3 und 4 ASVG):
Die vorgesehenen Änderungen sollen die Festlegung des Zielpfades ab 2031 näher konkretisieren. Durch die Verweisung in § 79b Abs. 3 letzter Satz ASVG auf § 79b Abs. 1 ASVG ist klargestellt, dass es sich bei dem Zielpfad ab 2031 um einen fünfjährigen Zielpfad handelt.
Zu Artikel 1 Z 6a bis 6h (§§ 292 Abs. 2 und Abs. 8, 293 Abs. 1, 294 Abs. 4, 296 Abs. 4 und § 299a Abs. 5 ASVG):
Nach § 292 Abs. 1 ASVG besteht zur Pension nur dann Anspruch auf eine Ausgleichszulage, solange die Person ihren rechtmäßigen und gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat.
Leben verehelichte Personen oder eingetragene Partner/innen im gemeinsamen Haushalt, kommt bei der Berechnung der Ausgleichszulage nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa ASVG der sog. ‚Familienrichtsatz‘ zur Anwendung.
Der OGH hat mit seinem Urteil vom 23. Mai 2018, ObS 50/18b, festgehalten, dass die entscheidende Voraussetzung für die Anwendung des ‚Familienrichtsatzes‘ nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa ASVG das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes der Ehegatten oder eingetragenen Partner:innen ist und es nicht zusätzlich darauf ankommt, ob sich auch der Ehegatte/ die Ehegattin oder der/die eingetragene Partner/in der pensionsbeziehenden Person rechtmäßig in Österreich aufhält. Demzufolge müsste somit der ‚Familienrichtsatz‘ auch dann gebühren, wenn der Ehegatte/die Ehegattin oder der/die eingetragene Partner/in sich unrechtmäßig im Inland aufhält. Aus rechtlicher Sicht kann jedoch kein gemeinsamer Haushalt mit dem/der Pensionsberechtigten im Inland vorliegen, wenn die Person über keinen rechtmäßigen Aufenthaltstitel verfügt.
Es soll nunmehr klargestellt werden, dass in diesen Fällen auch keine Ausgleichszulage unter Anwendung des ‚Familienrichtsatzes‘ zu leisten ist. Dementsprechend soll ebenfalls klargestellt werden, dass auch der Erhöhungsbetrag nach § 293 Abs. 1 letzter Satz ASVG nur dann gebührt, wenn das Kind einen rechtmäßigen Aufenthalt im Inland hat. Ebenso soll klargestellt werden, dass ein Ausgleichszulagenbonus/Pensionsbonus nach § 299a Abs. 5 ASVG nur dann gebührt, wenn der Ehegatte/die Ehegattin oder der/die eingetragene Partner/in einen rechtmäßigen Aufenthalt im Inland hat.
Zu Artikel 3 Z 2, 5 und 8 (§§ 27 Abs. 2 und 5 sowie 82 Abs. 8 AlVG):
Mit der Änderung wird die Anzahl der erforderlichen arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungszeiten für den Zugang zur Altersteilzeit um 104 Wochen (2 Jahre), nämlich von 780 auf 884 Wochen in den letzten 25 Jahren erhöht, womit der Zugang etwas erschwert wird.
Weiters wird der Aufwandsersatz für den Lohnausgleich samt Sozialversicherungsbeiträgen in den Jahren 2026 bis 2028 von 90 Prozent auf 80 Prozent gesenkt, um den budgetären Beitrag zur Budgetsanierung zu erhöhen. Dies soll nur für neue Altersteilzeitvereinbarungen gelten, deren Laufzeit nach Ablauf des 31. Dezember 2025 beginnt. Der Aufwandsersatz wird für diese Vereinbarungen ab dem Kalenderjahr 2029 wieder auf 90 Prozent angehoben.
Zu Artikel 3 Z 6a und 7 (§§ 46 Abs. 7 AlVG und 79 Abs. 190 AlVG):
Die vorgeschlagene Änderung soll Erleichterungen bei der Meldung von und Wiedermeldung nach Unterbrechungen des Leistungsbezuges von bis zu 62 Tagen für Personen bringen, die sich im Auftrag des Arbeitsmarktservice in Nach- oder Umschulungsmaßnahmen sowie Maßnahmen der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt befinden. Für diese Personen soll die Meldung einer Unterbrechung sowie die Wiedermeldung bei der jeweiligen Einrichtung, die ohnedies Teilnehmerlisten führt und diese dem Arbeitsmarktservice zu übermitteln hat, möglich und ausreichend sein, sofern das Arbeitsmarktservice keine persönliche Vorsprache für die Wiedermeldung (§ 46 Abs. 5) vorgeschrieben hat. Dadurch können im Sinne der Verwaltungseffizienz und der optimalen Kundensteuerung nicht notwendige, zusätzliche Anrufe und persönliche Vorsprachen beim Arbeitsmarktservice vermieden werden. Auch für Personen, die an einer Arbeitsstiftung nach § 18 Abs. 6 AlVG teilnehmen, soll die (Wieder-)Meldung bei der jeweiligen in § 18 Abs. 6 geregelten Einrichtung (Stiftungsträger), ermöglicht werden. Bestimmte, meist fremdfinanzierte Schulungs- und Wiedereingliederungsmaßnahmen, zu denen das AMS gleichfalls Teilnehmer vermittelt, fallen weder unter § 32 Abs. 3 Arbeitsmarktservicegesetz (AMSG) noch unter § 18 Abs. 6 AlVG. Dazu zählen etwa jene Fälle, in denen das AMS Kooperationsvereinbarungen mit den finanzierenden Stellen (z. B. Österreichischer Integrationsfonds, Sozialministeriumservice) und nicht direkt mit den umsetzenden Einrichtungen abschließt, oder Kooperationspartner im Zusammenhang mit ‚Arbeitsplatznaher Qualifizierung‘ (AQUA). Damit eine (Wieder-)Meldung auch bei solchen Einrichtungen möglich ist, können die Landesgeschäftsstellen diese Einrichtungen als mögliche Meldestellen bezeichnen. Eine Liste der bezeichneten Einrichtungen ist im Internet auf der Homepage des Arbeitsmarktservice kundzumachen. Die zulässigen Meldestellen gelten in diesen Fällen nur für diejenigen Personen, die bei der jeweiligen Einrichtung eine Maßnahme besuchen.
Zu Artikel 4 Z 1 (§ 14f AVRAG), Artikel 6, Artikel 7 Z 1a und 2 (§ 111a LAG) und Artikel 8 Z 1 (§ 13c Abs. 5 BUAG):
Die Regelungen dienen zum einen der Bereinigung von Redaktionsversehen in der Regierungsvorlage.
In formaler Hinsicht wird nunmehr durch eine entsprechende Überschrift klargestellt, dass § 14f AVRAG bzw. § 111a LAG den Anspruch auf Abfertigung bei Teilpension regelt. Die in der Regierungsvorlage angeführte ‚frühere Arbeitszeit‘ wird nunmehr durch die Wortfolge ‚das Ausmaß der vereinbarten wöchentlichen Normalarbeitszeit‘ ersetzt. Klargestellt wird, dass der Anspruch auf Abfertigung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Grundlage der vereinbarten wöchentlichen Normalarbeitszeit der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers vor dem Antritt der Teilpension berechnet wird. Reduzierte Arbeitszeiten im Rahmen einer vor Antritt der Teilpension in Anspruch genommenen Altersteilzeit, Bildungsteilzeit, Wiedereingliederungsteilzeit oder die Herabsetzung der Normalarbeitszeit im Rahmen der Sterbebegleitung, Begleitung schwersterkrankter Kinder oder einer Pflegeteilzeit bleiben bei der Ermittlung des Entgelts als Berechnungsgrundlage für die Höhe der Abfertigung außer Betracht.“
Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Josef Muchitsch, Johannes Gasser, BA Bakk. MSc, Kolleginnen und Kollegen in getrennter Abstimmung mit wechselnden Mehrheiten (dafür: V, S, N, G, dagegen: F bzw. dafür: V, S, N, dagegen: F, G) beschlossen.
Damit gilt der Entschließungsantrag 249/A(E) als miterledigt.
Ein vom Abgeordneten Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen gem. § 27 Abs. 3 GOG-NR eingebrachter Entschließungsantrag betreffend Bonus-Malus-System zur Förderung der Beschäftigung von Menschen in den letzten zehn Jahren vor Erreichung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters fand keine Mehrheit (dafür: G, dagegen: F, V, S, N).
Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Josef Muchitsch gewählt.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2025 07 02
Josef Muchitsch Josef Muchitsch
Berichterstatter Obmann
[1] https://www.derstandard.at/story/3000000265804/kommt-noch-eine-laengere-uebergangsfrist-fuer-die-bildungskarenz