188 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVIII. GP
Bericht
des Geschäftsordnungsausschusses
gemäß § 33 Abs. 6 GOG‑NR
über das Verlangen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 GOG‑NR betreffend Klärung politischer Einflussnahme von ÖVP-Regierungsmitgliedern (ÖVP‑Machtmissbrauchs-Untersuchungsausschuss) (1/US)
Die Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen haben das gegenständliche Verlangen (Anlage 1) am 21. Mai 2025 im Nationalrat eingebracht.
Der Geschäftsordnungsausschuss hat das gegenständliche Verlangen in seiner Sitzung am 17. Juni 2025 erstmals in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Norbert Nemeth der Abgeordnete Mag. Wolfgang Gerstl sowie der Ausschussobmann Abgeordneter August Wöginger. Anschließend wurden die Verhandlungen vertagt.
Der Geschäftsordnungsausschuss hat das
gegenständliche Verlangen in seiner Sitzung am 9. Juli 2025 erneut in
Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten
Mag. Andreas Hanger, Mag. Norbert Nemeth, Kai Jan Krainer,
Dr. Nikolaus Scherak, MA und
Mag. Nina Tomaselli.
Im Zuge der Beratungen brachten die Abgeordneten Mag. Andreas Hanger, Kai Jan Krainer und Dr. Nikolaus Scherak, MA einen Antrag gemäß § 3 Abs. 2 VO‑UA ein, das gegenständliche Verlangen für gänzlich unzulässig zu erklären (Anlage 2).
Dieser war wie folgt begründet:
„Der Geschäftsordnungsausschuss hat gemäß § 3 Abs. 2 VO-UA Verlangen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu prüfen. Er hat insbesondere zu prüfen, ob das Verlangen die verfassungsgesetzlich festgelegten Voraussetzungen des Art. 53 Abs. 2 B-VG erfüllt (Vorliegen eines bestimmten abgeschlossenen Vorganges im Bereich der Vollziehung des Bundes; Art. 53 Abs. 2 zweiter und dritter Satz B-VG). Dem Geschäftsordnungsausschuss obliegt bei seiner Prüfung nach § 3 Abs. 2 VO-UA nicht die Kontrolle der Zweckmäßigkeit des Verlangens bzw. des Untersuchungsgegenstandes; vielmehr ist allein die Verfassungsmäßigkeit des Verlangens zu überprüfen (VfSlg. 20.370/2020, Rz 179).
Der Verfassungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang
ausgesprochen, dass – innerhalb der verfassungsgesetzlichen Grenzen - der
Wahl des Anliegens zunächst keine Grenzen gesetzt sind; es ist allein der
politischen Wertung von Abgeordneten des Nationalrates anheimgestellt, welches
Anliegen der politischen Kontrolle durch einen Untersuchungsausschuss zugeführt
werden soll. Da mit Art. 53 Abs. 1 B-VG einem Viertel der Mitglieder des
Nationalrates ein Minderheitsrecht eingeräumt wurde
(siehe AB 439 BlgNR 25. GP, 2), kommt der verlangenden Minderheit –
im Sinne der wirksamen Ausgestaltung dieses Rechtes – grundsätzlich
auch das Recht zu, das zu untersuchende Thema frei zu bestimmen, in das gegen
ihren Willen nicht eingegriffen werden darf.
Ein Verlangen kann nur dann zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses führen, wenn der Vorgang, der untersucht werden soll, den Anforderungen des Art. 53 Abs. 2 B-VG entspricht (VfSlg. 20.370/2020, Rz 168).
Ist der Geschäftsordnungsausschuss der Auffassung, dass diese Anforderungen nicht erfüllt sind, so hat er dies festzustellen und entsprechend zu begründen.
Die beschlussfassende Mehrheit im Geschäftsordnungsausschuss hat sich auf die Prüfung des Verlangens im Hinblick auf das Vorliegen der notwendigen Voraussetzungen (Art. 53 Abs. 2 B-VG) zu beschränken und nicht etwa bei Annahme des Fehlens der verfassungsrechtlich geforderten Voraussetzungen an das Verlangen, dieses einer eigenständigen politischen Interpretation und damit Wertung zu unterziehen, obwohl dies zu einer Änderung des Untersuchungsgegenstandes führen würde (vgl. VfSlg. 20.370/2020, Rz 201).
Soweit Art. 53 Abs. 2 B-VG vorsieht, dass Gegenstand der Untersuchung ein ‚bestimmter […] Vorgang‘ zu sein hat, erläutern die Materialien (AB 439 BlgNR 25. GP, 4) diesen Begriff als ‚bestimmbare[n] und abgrenzbare[n] Vorgang‘ in der Vollziehung des Bundes. Die Untersuchung könne – so die Materialien weiter – ‚mithin nur inhaltlich zusammenhängende Sachverhalte‘ betreffen. Das Wort ‚ein‘ werde als ‚unbestimmter Artikel und nicht als Zahlwort verwendet‘. Die ‚Forderung eines inhaltlichen, personellen oder zeitlichen Zusammenhangs‘ schließe aus, ‚dass mehrere, unterschiedliche Vorgänge oder Themen in einem Untersuchungsausschuss untersucht werden, die nur lose miteinander verknüpft sind, etwa weil es sich um Vorgänge innerhalb des Zuständigkeitsbereiches eines Bundesministeriums‘ handle. ‚Die Bestimmbarkeit und Abgrenzbarkeit eines Vorgangs‘ schließe nicht aus, ‚dass Untersuchungsgegenstand und Untersuchungsauftrag eine Untergliederung in einzelne Abschnitte bzw. Beweisthemen aufweisen, zumal ein Vollzugsakt auch in einzelne Phasen zerlegt werden‘ könne.
Dazu sieht § 1 Abs. 5 VO-UA vor, der gleichzeitig mit der Novelle des Art. 53 B-VG in Kraft getreten ist und dessen Abs. 2 näher ausführt, dass eine inhaltliche Gliederung des Gegenstandes der Untersuchung nach Beweisthemen zulässig, eine Sammlung nicht direkt zusammenhängender Themenbereiche hingegen unzulässig ist.
Das Verlangen der Abgeordneten Hafenecker, Kolleginnen und Kollegen, auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses entspricht nicht den verfassungsgesetzlichen Vorgaben. Dies aus mehreren Gründen, die jeweils für sich genommen die Unzulässigkeit des Einsetzungsverlangens zur Folge haben:
1. Mangelnde Begründung
Im Hinblick darauf, dass ein Minderheitsverlangen der Überprüfung durch den Geschäftsordnungs-ausschuss unterzogen wird und dessen (dieses Verlangen für ganz oder teilweise unzulässig erklärender) Beschluss im Rahmen eines Verfahrens gemäß Art. 138b Abs. 1 Z 1 B-VG vom Verfassungsgerichtshof überprüft werden kann, hat schon das Verlangen der Minderheit das Vorliegen der verfassungsrechtlich geforderten Voraussetzungen (Vorliegen eines bestimmten, abgeschlossenen Vorganges im Bereich der Bundesvollziehung; Art. 53 Abs. 2 zweiter und dritter Satz B-VG) nachvollziehbar darzulegen. Aus dem Verlangen muss sich ergeben, dass es sich um einen Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes handelt; weiters haben sich aus dem Verlangen die ausreichende Bestimmtheit und der erforderliche Zusammenhang zu ergeben. Die Untersuchungsziele sind näher festzulegen und es ist auszuführen, welche Themenbereiche der Untersuchungsausschuss im Rahmen seines nachfolgenden Beweisverfahrens untersuchen soll; jeder einzelne dieser Bereiche hat einen ausreichenden Zusammenhang mit dem festgelegten Vorgang aufzuweisen, der darzulegen ist; diese Parameter müssen geeignete Grundlagen bilden, um dem Untersuchungsausschuss zur Erreichung seiner Prüfziele eine Beurteilung und Entscheidung zu ermöglichen. Es obliegt daher der Minderheit, ein hinreichend klar umrissenes Arbeitsprogramm für den Untersuchungsausschuss vorzugeben.
Vor dem Hintergrund der Verpflichtung des Verfassungsgerichtshofes gemäß § 56c Abs. 6 VfGG, über eine Anfechtung von Beschlüssen des Geschäftsordnungsausschusses, mit denen ein Verlangen für ganz oder teilweise unzulässig erklärt wird, auf Grund der Aktenlage und ohne unnötigen Aufschub (tunlichst binnen vier Wochen) zu entscheiden, sowie im Hinblick auf die befristete Tätigkeit eines Untersuchungsausschusses (vgl. § 53 VO-UA) hat die anfechtungsberechtigte Minderheit das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 53 Abs. 2 B-VG bereits gegenüber dem Geschäftsordnungsausschuss darzulegen und nicht erst im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof diesem gegenüber zu begründen (vgl. VfSlg. 20.370/2020, Rz 175).
Das Einsetzungsverlangen beschränkt sich im Hinblick auf den auf Grund der verfassungsgesetzlichen Vorgaben erforderlichen zeitlichen oder personellen Zusammenhang mit der bloßen pauschalen Behauptung, dass ein solcher vorläge, ohne dies näher auszuführen.
Ein inhaltlicher Zusammenhang bestünde laut Einsetzungsverlangen darin, dass sich die Untersuchung auf ein und denselben mutmaßlichen Missstand, nämlich die systematische Unterdrückung von (interner oder externer) Kritik an Regierungshandeln, richte. Dies wird jedoch nicht näher ausgeführt, sondern – gleichermaßen – lediglich pauschal behauptet.
Eine substantiierte, nachvollziehbare Begründung für den inhaltlichen Zusammenhang der verschiedenen vom Untersuchungsgegenstand umfassten Themenbereiche enthält das Einsetzungsverlangen nicht. Es wird insbesondere auch nicht ausgeführt, inwiefern sich der behauptete Missstand lediglich auf die in den angeführten Beweisthemen genannten Bereiche beschränkt bzw. gerade in diesen besonders zum Vorschein tritt. Dadurch wird auch das Arbeitsprogramm für den Untersuchungsausschuss nicht ausreichend klar umrissen.
Es werden im Einsetzungsverlangen keine Untersuchungsziele definiert. Insbesondere wird im Einsetzungsverlangen auch der Zusammenhang der einzelnen in den Beweisthemen genannten Bereiche mit dem zu untersuchenden Vorgang nicht dargelegt. Dieser ist auch nicht offenkundig.
Im Gegenteil liegt es näher zu bezweifeln, dass zwischen den verschiedenen, in den Beweisthemen genannten Bereichen tatsächlich ein ausreichender inhaltlicher, personeller oder zeitlicher Zusammenhang besteht, der ausschließt, dass mehrere, unterschiedliche Vorgänge oder Themen in einem Untersuchungsausschuss untersucht werden, die nur lose miteinander verknüpft sind (vgl. AB 439 BlgNR 25. GP, 4).
Das Einsetzungsverlangen widerspricht der Absicht des Verfassungsgesetzgebers, ‚genauere Bestimmungen für den Gegenstand eines Untersuchungsausschusses‘ (vgl. AB 439 BlgNR 25. GP, 2) zu schaffen, wonach ein Untersuchungsausschuss einen bestimmten, also genau abgrenzbaren Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes untersuchen kann. Tatsächlich werden völlig unzusammenhängende Vorgänge, wie Beweisthema I ‚Ermittlungen zur Todesursache von Mag. Christian Pilnacek‘ und weitere Beweisthemen, die sich mit allerlei COVID-19-Implikationen auseinandersetzen sollen, in einen Gegenstand der Untersuchung vermengt.
Es hilft auch nicht, auf den in den Erläuterungen verwendeten Begriff eines ‚komplexen‘ Vorgangs zurückzugreifen, da gerade das Wort ‚komplex‘ – in Einklang mit den parlamentarischen Erläuterungen – seiner Bedeutung von Vielschichtigkeit bzw. verschiedene Dinge umfassend, ein nicht auflösbares Ineinandergreifen derselben im Sinne eines ‚nicht allein für sich-Auftreten‘ voraussetzt.
Dass der Verfassungsgesetzgeber genau derartige – uferlose – Konstrukte unterbinden wollte, ergibt sich aus den Erläuterungen: ‚Entsprechend diesen Vorgaben würde z.B. die – nach alter Rechtslage mögliche – Einsetzung des ‚Untersuchungsausschuss[es] hinsichtlich der Vertuschung von Polizeiaffären und des Missbrauchs der politischen Macht insbesondere im Bundesministerium für Inneres, aber auch in den Bundesministerien für Justiz, für Finanzen und für europäische und internationale Angelegenheiten‘ (129/GO, XXIII. GP) nicht mehr zulässig sein. In diesem Untersuchungsausschuss sollten verschiedene, nicht zusammenhängende Vorgänge, die sich über einen größeren und jeweils unterschiedlichen Zeitraum erstreckten, und die im Verantwortungsbereich mehrerer Bundesministerien verortet wurden, untersucht werden.‘ (AB 439 BlgNr 25. GP, 4).
Zudem hat der Verfassungsgerichtshof festgehalten (VfSlg. 20.370/2020, Rz 172): ‚Der […] Untersuchungsgegenstand begründet den Rahmen des Tätigkeitsbereiches des Untersuchungs-ausschusses, bindet diesen und bildet gleichzeitig die Begrenzung der diesem übertragenen Zwangsbefugnisse. Zugleich dient die Festlegung des Untersuchungsgegenstandes aber auch dem Schutz der betroffenen Organe, weil damit deren Verpflichtung zur Vorlage von Akten und Unterlagen konkretisiert sowie der Umfang bestimmt wird, innerhalb dessen sie Ersuchen um Beweiserhebungen Folge zu leisten haben. Da der Untersuchungsausschuss an den Untersuchungsgegenstand und die damit verbundenen Zielsetzungen gebunden ist und er im Rahmen des Beweisverfahrens konkrete Fragen untersuchen soll, sowie weil die Grenzen der Verpflichtungen vom Verfahren betroffener Organe und Dritter vom Verfassungsgerichtshof einer Überprüfung unterzogen werden können, muss der Untersuchungsgegenstand, vor allem aus rechtsstaatlichen Gründen, hinreichend bestimmt sein. Durch das Erfordernis des Vorliegens eines bestimmten Vorganges wird es umgekehrt aber auch nicht ins Belieben der betroffenen Organe gestellt, welche Beweismittel sie dem Untersuchungsausschuss vorlegen.‘
Wäre dem nicht so, würden die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen des Art. 53 Abs. 2 B-VG für die Zulässigkeit eines Untersuchungsgegenstandes ins Leere laufen.
Zudem unterlaufen die Beweisthemen mit der Einfügung der Worte ‚verschiedener […] insbesondere […]‘ jegliche organisatorische Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes: ‚[…] Ressortverantwortliche, Mitarbeiter ihrer politischen Büros sowie (leitende) Bedienstete verschiedener Regierungsressorts – insbesondere des Bundeskanzleramts, des Bundesministerium für Inneres und des Bundesministeriums für Justiz […]‘. Was tatsächlich gemeint ist, bleibt unbestimmt.
Die Wendung ‚durch mit der ÖVP verbundene natürliche oder juristische Personen‘ in Zusammenhang mit ‚Einflussnahme […] auf die Aufgabenerfüllung der den genannten Ressorts unterstehenden Behörden, insbesondere auf Organe der Strafjustiz und der Sicherheitsbehörden, sowie auf die unabhängigen Medien […]‘ bleibt ebenso gänzlich unbestimmt.
Das Einsetzungsverlangen überlässt es der Willkür des Untersuchungsausschusses, wer aller eine solche ‚mit der ÖVP verbundene natürliche oder juristische Personen‘ sein könnte. Es wird somit einerseits der – Art. 53 Abs. 2 B-VG widersprechende – Raum eröffnet, dass rein privates, mit Vollziehung des Bundes in keinerlei Zusammenhang stehendes Handeln von Personen, die nach einer auf Basis des Einsetzungsverlangens unbekannten Ansicht der Einsetzungsminderheit mit der ÖVP verbunden sein mögen, Untersuchungsgegenstand sein soll (vgl. AB 439 BlgNR 25. GP, 3).
Auch wer oder was ‚unabhängige Medien‘ sein sollen, überlässt die Einsetzungsminderheit der Spekulation.
Festgesetzt wird schließlich ein Zeitraum, der den Beginn mit der Angelobung der Bundesregierung Kurz II (7. Jänner 2020) in der 27. GP markiert und dessen Ende mit dem Tag vor der Einbringung des Einsetzungsverlangens in der 25. Sitzung des Nationalrates der 28. GP übereinstimmt. Ein Zusammenhang dieser zeitlichen Festlegungen mit auch nur einem der drei Beweisthemen in Hinblick auf Beginn und/oder Ende ist nicht erkennbar.
All dies führt dazu, dass auf Grund des Einsetzungsverlangens keine Grundlage besteht, auf der der Untersuchungsausschuss in weiterer Folge die Erreichung seiner Prüfziele beurteilen könnte.
2. Überschreitung der verfassungsrechtlichen Grenzen einer Untersuchung
Der Geschäftsordnungsausschuss hat nach den Bestimmungen der VO-UA zu prüfen, ob das Verlangen die verfassungsrechtlich festgelegten Voraussetzungen des Art. 53 Abs. 2 B-VG erfüllt (Vorliegen eines bestimmten abgeschlossenen Vorganges im Bereich der Vollziehung des Bundes; Art. 53 Abs. 2 zweiter und dritter Satz B-VG).
Der Untersuchungsgegenstand begründet den Rahmen des Tätigkeitsbereiches des Untersuchungsausschusses, bindet diesen und bildet gleichzeitig die Begrenzung der diesem übertragenen Zwangsbefugnisse. Zugleich dient die Festlegung des Untersuchungsgegenstandes aber auch der Festlegung der Grenzen der Verpflichtungen vom Verfahren betroffener Organe und Dritter (vgl. VfSlg 20.370/2020, Rz 172).
Der vorgeschlagene Untersuchungsgegenstand lautet:
‚Untersuchungsgegenstand ist der Verdacht der unsachlichen oder rein parteipolitisch motivierten Einflussnahme durch Ressortverantwortliche, Mitarbeiter ihrer politischen Büros und (leitende) Bedienstete des Bundeskanzleramts (BKA), des Bundesministeriums für Inneres (BMI) und des Bundesministeriums für Justiz (BMJ), durch oberste Verwaltungsorgane sowie durch mit der ÖVP verbundene natürliche oder juristische Personen im Zeitraum vom 7. Jänner 2020 bis 20. Mai 2025 auf die Aufgabenerfüllung der den genannten Ressorts unterstehenden Behörden, insbesondere auf Organe der Strafjustiz und der Sicherheitsbehörden, sowie auf die unabhängigen Medien‘ (Verlangen 1/US 28. GP, 2)
Der vorgeschlagene Untersuchungsgegenstand überschreitet die verfassungsrechtlichen Grenzen:
- Untersuchung der Rechtsprechung:
Gemäß Art. 53 Abs. 2 letzter Satz B-VG ist eine Überprüfung der Rechtsprechung ausdrücklich ausgeschlossen.
Nach dem Wortlaut des vorgeschlagenen Untersuchungsgegenstandes ist die Einflussnahme ‚auf die Aufgabenerfüllung der den genannten Ressorts (BKA, BMI, BMJ) unterstehenden Behörden, insbesondere auf Organe der Strafjustiz und der Sicherheitsbehörden‘ zu untersuchen. Im Einsetzungsverlangen werden die verwendeten Begriffe nicht näher erläutert. Durch das Abstellen auf ‚den genannten Ressorts unterstehende‘ Behörden – anstelle etwa auf die Weisungsbefugnis des jeweiligen Bundesministers – bringen die verlangenden Abgeordneten zum Ausdruck, dass der Formulierung ein organisatorischer Vollziehungsbegriff zu Grunde liegt. Somit ist aber der gesamte Bereich, der den genannten Behörden übertragenen Aufgaben potenziell von der Untersuchung erfasst, im Fall der ausdrücklich angeführten ‚Organe der Strafjustiz‘ (wozu wohl jedenfalls die Staatsanwaltschaften zu zählen sind) – allenfalls sogar deren der Rechtsprechung zuzuordnende Tätigkeit.
- Untersuchung rein privaten Handelns
Untersuchungsgegenstand ist (u.a.) der Verdacht der unsachlichen oder rein parteipolitisch motivierten Einflussnahme durch (…) mit der ÖVP verbundene natürliche oder juristische Personen (…) auf die unabhängigen Medien.
Mit der ÖVP verbundene natürliche oder juristische Personen (deren Merkmale im Einsetzungsverlangen nicht näher erläutert werden) sind – sofern sie nicht beliehen sind – keine Verwaltungsorgane. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass diverse Verwaltungsorgane zuvor im Einsetzungsverlangen gesondert angeführt werden und die gesonderte Nennung der mit der ÖVP verbundenen Personen überflüssig wäre, wären diese ohnehin bereits von der Aufzählung der Verwaltungsorgane erfasst. Es handelt sich bei mit der ÖVP verbundenen natürlichen oder juristischen Personen insofern um Private. Gleichermaßen sind ‚unabhängige Medien‘ zweifellos keine Verwaltungsorgane. Eine Untersuchung privater Sachverhalte kann jedoch nur zulässig sein, wenn ein entsprechendes Naheverhältnis zur Vollziehung des Bundes besteht (siehe AB 439 BlgNR 25. GP, 3). Ein solches Naheverhältnis kann im vorliegenden Fall der Untersuchung des Einflusses von mit der ÖVP verbundenen Personen auf unabhängige Medien jedoch ausgeschlossen werden. Der vorgeschlagene Untersuchungsgegenstand ermöglicht insofern – unzulässigerweise – eine Untersuchung rein privater Sachverhalte.
3. Umfang der Unzulässigkeit
Die Feststellung einer Teilunzulässigkeit kann in den vom Verfassungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung entwickelten engen Grenzen nicht vorgenommen werden. Die Mehrheit des Geschäftsordnungsausschusses hat im Fall des der Entscheidung VfSlg. 20.370/2020 (Rz 196 ff) zugrundeliegenden Einsetzungsverlangens ihren Beschluss mit Rechtswidrigkeit belastet, indem sie entgegen Art. 53 Abs. 2 B-VG den verfassungsrechtlichen Vorgaben die Bedeutung beimisst, dass bei Annahme des Fehlens der verfassungsrechtlich geforderten Voraussetzungen an das Verlangen dieses einer eigenständigen politischen Interpretation und damit Wertung durch die Mehrheit im Geschäftsordnungsausschuss zu unterziehen ist, obwohl dies zu einer Änderung des Untersuchungsgegenstandes führt.
Auch im vorliegenden Fall würde die Feststellung einer teilweisen Unzulässigkeit aufgrund des mangelnden Zusammenhangs der Beweisthemen zu einer solchen der Mehrheit des Geschäftsordnungsausschusses nicht zustehenden Änderung des Untersuchungsgegenstandes führen. Auch in Hinblick auf die weiteren Unzulässigkeitsgründe des vorliegenden Einsetzungsverlangens erscheint ein Feststellen von Teilen zur Herbeiführung eines verfassungskonformen abgeschlossenen bestimmten Vorgangs ohne politische Wertung durch die Mehrheit des Geschäftsordnungsausschusses, die zu einer Änderung des Untersuchungsgegenstandes führen würde, nicht möglich. Daher ist die Feststellung der gänzlichen Unzulässigkeit alternativlos.“
Bei der Abstimmung wurde der Antrag der Abgeordneten Mag. Andreas Hanger, Kai Jan Krainer und Dr. Nikolaus Scherak, MA gemäß § 3 Abs. 2 VO‑UA betreffend die gänzliche Unzulässigkeit des gegenständlichen Verlangens mit Stimmenmehrheit (dafür: V, S, N, dagegen: F, G) angenommen.
Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde einstimmig der Abgeordnete Mag. Andreas Hanger gewählt.
Als Ergebnis seiner Beratungen erstattet der Geschäftsordnungsausschuss dem Nationalrat somit gemäß § 33 Abs. 6 GOG-NR Bericht hinsichtlich
1. des Verlangens der
Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen
auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33
GOG‑NR betreffend
Klärung politischer Einflussnahme von ÖVP-Regierungsmitgliedern (ÖVP‑Machtmissbrauchs‑Untersuchungsausschuss)
(1/US) (Anlage 1) sowie
2. der Feststellung der gänzlichen Unzulässigkeit des gegenständlichen Verlangens (Anlage 2).
Wien, 2025 07 09
Mag. Andreas Hanger August Wöginger
Berichterstattung Obmann