Erläuterungen
Allgemeiner Teil
Das Protokoll zur Abänderung des am 13. Juni 2002 in Wien unterzeichneten Abkommens zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Staates Kuwait zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Belebung der wirtschaftlichen Beziehungen ist gesetzändernd bzw. gesetzesergänzend und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG nicht erforderlich ist. Da durch das Abänderungsprotokoll Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.
Die steuerlichen Beziehungen zwischen der Republik Österreich und dem Staat Kuwait werden gegenwärtig durch das am 13. Juni 2002 in Wien unterzeichnete Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Staates Kuwait zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Belebung der wirtschaftlichen Beziehungen samt Protokoll, BGBl. III Nr. 30/2004, geregelt. Dieses Abkommen entspricht derzeit nicht dem Standard der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) betreffend Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS-Standard) sowie dem OECD-Standard betreffend die steuerliche Transparenz und Amtshilfebereitschaft. Vor dem Hintergrund des Berichts des Rechnungshofes „Kapitalertragsteuer-Erstattungen nach Dividendenausschüttungen“ (Rechnungshof GZ 004.499/010–PR3/18) wird darüber hinaus eine Änderung des Artikels zur Dividendenbesteuerung vorgenommen.
Das Mehrseitige Übereinkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Maßnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung, BGBl. III Nr. 93/2018 und BGBl. III Nr. 145/2023, wurde zwar von beiden Staaten unterzeichnet, findet aber im bilateralen Verhältnis zwischen der Republik Österreich und Kuwait keine Anwendung.
Besonderer Teil
Zu Art. 1:
In Art. 1 des Abänderungsprotokolls erfolgt eine Anpassung der Präambel des Abkommens an den Standard der OECD betreffend Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (Base Erosion and Profit Shifting) (BEPS-Standard). Die Vertragsstaaten bekräftigen ihre Absicht, durch das Doppelbesteuerungsabkommen keine Möglichkeiten der Nicht- oder Niedrigbesteuerung durch Steuerverkürzung oder -umgehung schaffen zu wollen. Insbesondere ist es explizit kein Ziel des Abkommens, missbräuchliche Gestaltungen, mit denen die Entlastungen dieses Abkommens mittelbar Personen verschafft werden sollen, die in Drittstaaten ansässig sind („Treaty-shopping”), zuzulassen.
Zu Art. 2:
Durch diese Protokollbestimmung erfolgt auf Wunsch Kuwaits eine Anpassung bzw. Aktualisierung des Art. 2 Abs. 3 Buchstabe b des Abkommens hinsichtlich der unter das Abkommen fallenden kuwaitischen Steuern.
Zu Art. 3:
Durch diese Protokollbestimmung erfolgt auf Wunsch Kuwaits eine Aktualisierung des Art. 4 Abs. 1 Buchstabe b des Abkommens hinsichtlich der in Kuwait ansässigen Personen. Nach kuwaitischem Recht gelten nur Staatsangehörige Kuwaits als in Kuwait ansässige Personen.
Zu Art. 4:
Mit Art. 4 des Abänderungsprotokolls wird ein allgemeines Quellenbesteuerungsrecht für Dividenden in Höhe von 10% eingeführt (Art. 10 Abs. 1 Buchstabe b des Abkommens). Für bestimmte Nutzungsberechtigte gilt jedoch weiterhin eine Quellensteuerbefreiung; und zwar erstens für den Vertragsstaat selbst, seine Gebietskörperschaften und für staatliche Einrichtungen sowie zweitens für substantielle Beteiligungen, die von Kapitalgesellschaften gehalten werden (Art. 10 Abs. 1 Buchstabe c des Abkommens). Die für substantielle Beteiligungen maßgebliche Beteiligungshöhe in Höhe von 10% entspricht jener der innerstaatlichen internationalen Schachtelbefreiung in § 10 KStG 1988.
Zu Art. 5:
In Art. 5 des Abänderungsprotokolls wird die Methode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung seitens Österreichs geändert. Gemäß Art. 23 Abs. 3 des geänderten Abkommens gelangt nun generell die Anrechnungsmethode zur Anwendung, denn im Verhältnis zu Kuwait kann die Anwendung der Befreiungsmethode oftmals dem aus der Sicht Österreichs wichtigen Abkommensziel der Vermeidung von Keinmalbesteuerung zuwiderlaufen.
Zu Art. 6:
In Art. 6 des Abänderungsprotokolls erfolgt eine Anpassung des Art. 25 Abs. 1 des Abkommens an den BEPS-Standard der OECD in Bezug auf das Verständigungsverfahren. Demnach sind Anträge auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens innerhalb eines Zeitraums von 3 Jahren im Ansässigkeitsstaat zu stellen. Darüber hinaus muss ein Staatsangehöriger eines Vertragsstaates im Falle einer Diskriminierung im Sinne des Art. 24 Abs. 1 einen Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens in dem Staat stellen, dessen Staatsangehöriger er ist.
Zu Art. 7:
Durch diese Protokollbestimmung verpflichten sich die beiden Vertragsstaaten dem OECD-Musterabkommen auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen folgend zum umfassenden Informationsaustausch. Davon sind entsprechend dem OECD-Standard betreffend Transparenz und Amtshilfebereitschaft auch Bankinformationen (Art. 26 Abs. 5 des geänderten Abkommens) erfasst. Art. 26 Abs. 2 des geänderten Abkommens enthält auf ausdrücklichen Wunsch Kuwaits keine OECD-konforme Bestimmung (Art. 26 Abs. 2 letzter Satz des OECD-Musterabkommens 2017), wonach ein Vertragsstaat die vom anderen Vertragsstaat erhaltenen Informationen auch für andere als im Abkommen vorgesehene Zwecke verwenden kann, sofern dies nach dem innerstaatlichen Recht beider Staaten möglich ist und der Vertragsstaat, der die Informationen erteilt hat, dieser Verwendung zustimmt. Dies erfolgt vor dem Hintergrund, dass auf kuwaitischer Seite eine Verwendung der Informationen für andere als im Abkommen vorgesehene Zwecke nach dem Recht Kuwaits nicht zulässig ist.
Zu Art. 8:
In Art. 8 des Abänderungsprotokolls wird durch den neuen Art. 27A eine Missbrauchsregelung in der Form des Hauptzweck-Kriteriums (Principal Purpose-Test) eingeführt, wonach bei Gestaltungen und Transaktionen keine Abkommensvergünstigungen gewährt werden, wenn der Hauptzweck oder einer der Hauptzwecke dieser Gestaltungen und Transaktionen der Erhalt solcher Vergünstigungen ist. Der neue Art. 27A des Abkommens entspricht der Bestimmung in Art. 29 Abs. 9 OECD-Musterabkommen 2017.
Zu Art. 9:
Durch Art. 9 des Abänderungsprotokolls wird dem Protokoll zum Abkommen eine neue Bestimmung hinzugefügt, welche ausdrücklich klargestellt, dass die beiden Vertragsstaaten durch das Abkommen nicht daran gehindert werden, ihre innerstaatlichen Regelungen über die Mindestbesteuerung multinationaler Unternehmensgruppen in Übereinstimmung mit den GloBE-Mustervorschriften (Säule 2) des OECD/G20 Inclusive Framework anzuwenden.
Zu Art. 10:
Dieser Artikel des Abänderungsprotokolls betrifft Bestimmungen über das Inkrafttreten sowie über den zeitlichen Anwendungsbereich des Protokolls.