Erläuterungen
Allgemeiner Teil
Die Regierungsparteien haben sich darauf verständigt, die beitragsrechtliche Berücksichtigung von Trinkgeldern in der gesetzlichen Sozialversicherung zu aktualisieren.
Im Arbeitsrecht sollen Regelungen geschaffen werden, wonach die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über die bargeldlos eingehobenen Trinkgelder zu informieren sind.
In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich die Erlassung eines dem Entwurf entsprechenden Bundesgesetzes auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG („Sozialversicherungswesen“ und „Arbeitsrecht“).
Besonderer Teil
Zu Art. 1 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes):
Zu Z 1 (§ 44 Abs. 3 ASVG):
Trinkgelder stellen beitragspflichtiges Entgelt im Sinne der §§ 44 Abs. 1 und 49 Abs. 1 ASVG dar. Die der Verwaltungsvereinfachung dienende, in § 44 Abs. 3 vorgesehene Möglichkeit Trinkgelder in pauschalierter Form der Beitragsbemessung zugrunde zu legen, soll im Sinne der Rechtssicherheit in mehrfacher Hinsicht angepasst werden: Es soll ehestmöglich die Grundlage für die Festsetzung bundesweit einheitlicher Pauschalbeträge geschaffen werden, die jährlich aufzuwerten sind. Weiters soll gesetzlich klargestellt werden, dass die Pauschalbeträge Maximalbeträge sind. Damit ist sichergesellt, dass die tatsächlich vereinnahmten Trinkgelder nur dann herangezogen werden können, wenn sie geringer ausfallen als der festgesetzte Pauschalbetrag. Mögliche Härtefälle bereits nachverrechneter trinkgeldbezogener Beiträge sind in der Selbstverwaltung der betroffenen Träger zu prüfen. Beitragsgrundlagen der Versicherten bleiben jedenfalls unberührt.
Die Festsetzung soll für Dienstnehmer/Dienstnehmerinnen erfolgen, die üblicherweise Trinkgelder erhalten. Diesen gleichgestellt sind auch Dienstnehmer/innen, die an Trinkgeldern innerbetrieblich wie etwa durch betriebliche Trinkgeld-Verteilsysteme (wie Tronc-Systeme) beteiligt werden. Nicht erfolgen soll somit die Trinkgeldpauschalierung hingegen für Dienstnehmer/Dienstnehmerinnen in Betrieben, in denen typischerweise kein Trinkgeld anfällt (beispielsweise Teile der Systemgastronomie und Altersheime).
Die Festsetzung hat für einzelne Erwerbszweige gesondert zu erfolgen. Weiters ist auf die Art der Tätigkeit (etwa mit oder ohne Inkasso) sowie auf das Ausmaß der Arbeitszeit Bedacht zu nehmen. Für Fälle, in denen die Arbeitszeit im Beitragszeitraum unter der Normalarbeitszeit liegt, ist ein entsprechend aliquoter Betrag festzusetzen. Die beitragsrechtliche Behandlung von längeren Abwesenheitszeiten ist durch die Sozialversicherungsträger zu regeln.
Für den Bereich des Hotel- und Gastgewerbes liegt bereits ein Vorschlag der anzuhörenden Interessenvertretungen vor: Staffelung der monatlichen Trinkgeldpauschale bundesweit einheitlich in der Höhe von € 65/85/100 (in den Jahren 2026/2027/2028) für Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen mit Inkasso, in der Höhe von € 45/45/50 für Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen ohne Inkasso.
Zu Art. 2 (Änderung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes):
Zu Z 1 (§ 2j):
Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die Trinkgeld nicht in bar erhalten, haben es deutlich schwieriger einen Überblick über dieses Trinkgeld zu erlangen. Das Gleiche gilt bei betrieblichen Trinkgeld-Verteilsystemen. Dies soll durch einen neuen § 2j gelöst werden; die Neuregelung soll auch der Transparenz im Betrieb dienen.
Daher sollen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die an einem Trinkgeld-Verteilsystem beteiligt sind, am Beginn des Arbeitsverhältnisses über den Aufteilungsschlüssel informiert werden (Abs. 1).
Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sollen auf Anfrage Auskunft über bargeldlos eingenommene Trinkgelder bekommen, sofern die Trinkgelder nicht ohnedies am selben Arbeitstag oder zeitnah verteilt werden (Abs. 2). Eine „zeitnahe“ Verteilung kann sich etwa aus betrieblichen Notwendigkeiten ergeben. Endet z.B. die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers oder einer Arbeitnehmerin, bevor die zuständige Person das erhaltene Trinkgeld verteilt, soll eine Auszahlung am nächsten Arbeitstag des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin zulässig sein.
Eine derartige Auskunft kann für maximal 3 Jahre im Nachhinein verlangt werden (Abs. 3).
Wenn die Auszahlung des Trinkgelds für einen bestimmten Zeitraum, höchstens aber für ein Jahr, vereinbart wird, besteht für diesen Zeitraum kein Auskunftsanspruch (Abs. 4).
Das Auskunftsrecht ist unabdingbar. In Kollektivverträgen kann Näheres geregelt werden (Abs. 5).