Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Mit den vorgeschlagenen Regelungen wird eine Lücke bei der Zulassung von Ausländern zum österreichischen Arbeitsmarkt geschlossen und auch Grenzgängern ohne Wohnsitz im Bundesgebiet eine Beschäftigung ermöglicht. Dazu soll im NAG ein neuer Aufenthaltstitel für Grenzgänger geschaffen werden. Adressaten der Regelung sind Drittstaatsangehörige, die ihren Wohnsitz in einem Nachbarstaat der Republik Österreich haben, dort über einen Daueraufenthaltstitel mit unbeschränktem Arbeitsmarktzugang verfügen und denen zum Zweck der Ausübung einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit in einem Betrieb in grenznahen politischen Bezirken ermöglicht werden soll, täglich bzw. regelmäßig ins Bundesgebiet einzureisen und sich für die Dauer ihrer Arbeitszeit darin aufzuhalten (Grenzgänger gemäß § 2 Abs. 7 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes [AuslBG], BGBl. Nr. 218/1975 idF BGBl. I Nr. 67/2024). Auf diese Weise soll ein Beitrag zur Bewältigung des Fachkräftemangels und damit zur Stärkung der österreichischen Wirtschaft geleistet werden.

Kompetenzgrundlage:

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung eines diesem Entwurf entsprechenden Bundesgesetzes gründet sich hinsichtlich

- des Artikels 1 (NAG) auf Art. 10 Abs. 1 Z 3 B-VG (Ein- und Auswanderungswesen),

- des Artikels 2 (AuslBG) auf Art. 10 Abs. 1 Z 3 und 11 B-VG (Ein- und Auswanderungswesen und Arbeitsrecht, soweit es nicht unter Art. 11 fällt)

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes)

Zu Artikel 1 Z 1 (Inhaltsverzeichnis)

Aufgrund des vorgeschlagenen § 68 hat eine Anpassung des Inhaltsverzeichnisses zu erfolgen.

Zu Artikel 1 Z 2 (§ 4 Abs. 1 NAG)

Die in § 4 Abs. 1 vorgeschlagene Ergänzung der Bestimmung über die örtliche Zuständigkeit für die Beantragung eines Aufenthaltstitels im Inland erfolgt vor dem Hintergrund der durch § 68 neu geschaffenen Aufenthaltsbewilligung für Grenzgänger im Sinne des § 2 Abs. 7 AuslBG (siehe Erläuterungen dazu weiter unten). Da Grenzgänger voraussetzungsgemäß keinen Wohnsitz im Bundesgebiet haben, war ein anderer zweckmäßiger Anknüpfungspunkt für die örtliche Zuständigkeit im Inland, etwa im Falle der Stellung des Erstantrags durch den Arbeitgeber gemäß § 20d Abs. 1 AuslBG, bei der ausnahmsweise zugelassenen Stellung des Erstantrags im Inland gemäß § 21 Abs. 2 durch den Aufenthaltstitelwerber und im Verlängerungsverfahren, festzulegen. Für die Entscheidung über die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung für Grenzgänger soll sich die örtliche Zuständigkeit daher nach dem Betriebssitz des Arbeitgebers richten.

Zu Artikel 1 Z 3 (§ 68 NAG)

Abs. 1:

Mit dem vorgeschlagenen § 68 wird ein neuer, in Form einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 Abs. 1 Z 12) ausgestalteter Aufenthaltstitel für Grenzgänger (§ 2 Abs. 7 AuslBG) eingeführt. Zielgruppe dieser Aufenthaltsbewilligung sind Drittstaatsangehörige mit einem Wohnsitz in einem Nachbarstaat der Republik Österreich, die dort über einen Daueraufenthaltstitel mit unbeschränktem Arbeitsmarktzugang verfügen (siehe den vorgeschlagenen § 12e AuslBG) und die berechtigt werden sollen, täglich bzw. regelmäßig zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit in einem Betrieb in einem grenznahen politischen Bezirk in das Bundesgebiet einzureisen und sich für die Dauer ihrer Arbeitszeit vorübergehend darin aufzuhalten (§ 2 Abs. 7 AuslBG).

Unternehmern mit Betriebssitz in grenznahen politischen Bezirken soll dadurch ermöglicht werden, drittstaatsangehörige Fachkräfte, die in einem benachbarten EWR-Mitgliedstaat oder der Schweiz wohnhaft sind, in ihren Betrieben zu beschäftigen. Auf diese Weise soll ein Beitrag zur Entschärfung des aktuell akut bestehenden Bedarfs an spezialisierten Arbeitskräften geleistet werden.

Zur Erteilung des Aufenthaltstitels gemäß § 68 müssen die folgenden, in Z 1 und 2 geregelten Bedingungen erfüllt sein:

Zum Ersten müssen grundsätzlich sämtliche zur Erteilung eines Aufenthaltstitels festgelegten Voraussetzungen des ersten Teils des NAG vorliegen. In sachgerechter Weise wird hierbei vom Nachweis des Rechtsanspruches auf eine ortsübliche Unterkunft (§ 11 Abs. 2 Z 2) abgesehen, zumal die Adressaten dem Zweck ihrer Aufenthaltsbewilligung entsprechend gar keinen Wohnsitz im Bundesgebiet begründen, sondern einen solchen bereits im Nachbarstaat haben (Z 1). Zudem soll auch von der Voraussetzung, dass der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte (§ 11 Abs. 2 Z 4), abgesehen werden, zumal Grenzgänger definitionsgemäß lediglich zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit ohne Begründung eines Wohnsitzes einreisen und demnach ohnehin keinen Anspruch auf Sozialleistungen in Österreich haben.

Zum Zweiten ist eine schriftliche Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des AMS gemäß § 20d Abs. 1 Z 7 AuslBG erforderlich (Z 2). Diesbezüglich wird auf die erläuternden Bemerkungen zu dieser Bestimmung verwiesen.

Abs. 2:

Abs. 2 legt Ausnahmen von der Einholung der schriftlichen Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des AMS fest. Gemäß Z 1 ist von einer solchen etwa dann abzusehen, wenn der Antrag einen Formmangel aufweist oder es an den Voraussetzungen gemäß §§ 19 bis 24 fehlt. Diese Bestimmungen regeln allgemeine Verfahrensbestimmungen, wie etwa das Erfordernis der persönlichen Antragstellung (§ 19 Abs. 1), der Unzulässigkeit mehrfacher Anträge (§ 19 Abs. 2), das Prinzip der Auslandsantragstellung bei Erstanträgen (§ 21) oder Verlängerungsverfahren (§ 24).

Nach Z 2 ist weiters von der Einholung der schriftlichen Mitteilung abzusehen, wenn ein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 vorliegt bzw. wenn es an den Erteilungsvoraussetzungen nach § 11 Abs. 2 Z 1 (Aufenthalt des Fremden widerstreitet öffentlichen Interessen) oder Z 5 (Erteilung des Aufenthaltstitels würde die Beziehungen Österreichs zu einem anderen Staat oder Völkerrechtssubjekt beeinträchtigen) mangelt. Da in diesen Fällen ohnehin kein Aufenthaltstitel ausgestellt wird, soll das AMS zwecks Verhinderung überflüssigen Verwaltungsaufwands gar nicht erst damit befasst werden.

Abs. 3:

Abs. 3 regelt den Fall der Einstellung des Verfahrens zur Erteilung der Aufenthaltsbewilligung gemäß § 68, welche ohne Weiteres dann zu erfolgen hat, wenn die ablehnende Entscheidung des AMS über die Zulassung zur Beschäftigung in Rechtskraft erwachsen ist.

Abs. 4:

Die Aufenthaltsbewilligung für Grenzgänger wird grundsätzlich für die Dauer des zugrundeliegenden Arbeitsvertrags, der eine Mindestlaufzeit von sechs Monaten aufzuweisen hat, ausgestellt. Die maximale Gültigkeitsdauer dieses Aufenthaltstitels beträgt jedoch ein Jahr, wobei er (auch mehrmals) verlängerbar ist (§ 24).

Zu Artikel 1 Z 4 (§ 69 Abs. 2 NAG)

Der Berechtigungsumfang der vorgeschlagenen Aufenthaltsbewilligung für Grenzgänger (§ 68) umfasst ausschließlich die Erfüllung eines konkreten Arbeitsvertrags durch Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, zu deren Verrichtung der Inhaber täglich einreisen darf und zu der er sich nur während der Arbeitszeit – und daher bloß vorübergehend – im Bundesgebiet aufhält. Die Ableitung eines eigenen Aufenthaltsrechts für Familienangehörige des Grenzgängers wäre daher nicht zweckmäßig, sodass diese Personengruppe von einer solchen auszunehmen war.

Zu Artikel 1 Z 5 (§ 82 Abs. 42 NAG)

Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten.

Zu Artikel 2 (Änderung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes)

Zu Artikel 2 Z 1 (§°2°Abs.°7 AuslBG)

Um klarzustellen, dass auch Personen von der geplanten Regelung erfasst sind, die nicht täglich in ihren Wohnsitzstaat zurückkehren können (z. B. Ärzte aufgrund von 24-Stunden Diensten), wird das Wort „täglich“ durch das Wort „regelmäßig“ ersetzt.

Zu Artikel 2 Z 2 und 5 (§§ 4 Abs. 5 und 20d Abs. 6)

Im § 4 Abs. 5 soll der Verweis an die aktuelle Fassung des Landarbeitsgesetzes angepasst und im § 20d Abs. 6 klargestellt werden, dass die Regelung für den Nachweis von Sprachdiplomen oder Kurszeugnissen nicht nur für Deutsch- oder Englischkenntnisse, sondern auch für die mit der Novelle BGBl. I Nr. 43/2023 in den Anlagen A, B, C und D hinzugefügten Sprachen Französisch, Spanisch und Bosnisch-Kroatisch-Serbisch (BKS) gilt.

Zu Artikel 2 Z 3 und 4 (§§°12e und 20d°Abs. 1 AuslBG)

Im AMS werden immer wieder Anträge auf Beschäftigungsbewilligungen für Drittstaatsausländer gestellt, die bei einem Arbeitgeber mit Sitz im Bundesgebiet beschäftigt werden sollen, ihren Wohnsitz jedoch in einem an Österreich grenzenden Nachbarstaat haben, zur Beschäftigung regelmäßig nach Österreich einpendeln und nach Beendigung ihres Arbeitstags bzw. ihrer Arbeitsschicht wieder in den Nachbarstaat auspendeln. Das AMS kann solche Anträge derzeit nicht bewilligen, obwohl es sich oft um qualifizierte Arbeitskräfte handelt und auf die zu besetzenden Stelle keine Ersatzarbeitskraft vermittelt werden kann, weil nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz mangels Begründung eines Wohnsitzes kein Aufenthaltstitel erteilt werden kann.

Mit der vorgeschlagenen Regelung wird nun solchen Grenzgängern mit der neu geschaffenen „Aufenthaltsbewilligung – Grenzgänger“ der Aufenthalt für die Ausübung einer Beschäftigung ohne Wohnsitz im Bundesgebiet eröffnet. Voraussetzung ist ein Gutachten des AMS, in dem bestätigt wird, dass keine geeignete Ersatzarbeitskraft auf die zu besetzende Stelle vermittelt werden kann und in sinngemäßer Anwendung des § 4 Abs.1 auch alle sonstigen Voraussetzungen für die Zulassung zu einer Beschäftigung erfüllt sind. Die zuzulassende Arbeitskraft muss zudem bereits über einen Daueraufenthaltstitel im Nachbarstaat verfügen, mit dem auch ein auf Dauer ausgerichteter Zugang zum Arbeitsmarkt verbunden ist. Arbeitskräfte, die im Nachbarstaat einen Wohnsitz begründet haben, dort jedoch nur als Betriebsentsandte oder als Saisonarbeitskräfte zu einer befristeten Beschäftigung zugelassen sind, fallen daher ebenso wenig unter diese Regelung wie Arbeitskräfte, die auf Grund von Ausnahme- oder Sonderregelungen einen auf bestimmte Tätigkeiten eingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt des Nachbarstaates erhalten haben. Im Falle eines positiven Gutachtens hat die Aufenthaltsbehörde eine Aufenthaltsbewilligung „Grenzgänger“ auszustellen, mit der der Grenzgänger/die Grenzgängerin zum regelmäßigen Grenzübertritt und zur Ausübung der Beschäftigung berechtigt ist. Sind die Voraussetzungen nicht erfüllt, hat das AMS den Antrag auf eine Aufenthaltsbewilligung „Grenzgänger“ mit Bescheid abzulehnen und diesen der nach dem NAG zuständigen Behörde zur Zustellung an den Arbeitgeber und den Ausländer zu übermitteln.

Zu Artikel 2 Z 6 (§°32 Abs.°13)

Mit der vorgeschlagenen Übergangsregelung soll Grenzgängern, die aktuell auf Basis einer gültigen oder rechtzeitig verlängerten Beschäftigungsbewilligung beschäftigt sind, der Wechsel auf den neuen Aufenthaltstitel Grenzgänger ermöglicht werden. Voraussetzung ist eine Antragstellung bis spätestens 31. Dezember 2025 und ein laufendes Dienstverhältnis, das vom AMS anhand der Sozialversicherungsdaten zu prüfen und der Aufenthaltsbehörde schriftlich zu bestätigen ist. Laut Erhebung des AMS handelt es sich bundesweit lediglich um ca 120 Fälle, die von dieser Übergangsregelung Gebrauch machen können.