281 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVIII. GP
Bericht
des Budgetausschusses
über den Antrag 9/A der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über die zwei biologischen Geschlechter, mit dem das Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger geändert wird
Die Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 20. November 2024 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:
„In der Biologie werden beim Menschen, wie bei allen Säugetieren, zwei auch körperlich differenzierbare Geschlechter unterschieden: Es gibt Frauen und Männer.
Diese Anwendung des Konzepts des biologischen Geschlechts (sex), wird im Rahmen der feministischen Wissenschaftstheorie, insbesondere im Rahmen der Queer-Theorie heute problematisiert. Unstrittig ist jedoch auch aus biologischer Sicht, dass es Menschen gibt, deren körperliche Geschlechtsmerkmale nicht eindeutig als weiblich oder männlich einzuordnen sind; diese werden intersexuell genannt. Davon zu unterscheiden ist das soziale Geschlecht (gender), dem eine ‚woke‘ und ideologisch motivierte Betrachtungsweise zugrunde liegt.
In seiner Entscheidung G 77/2018-9[1] vom 15. Juni 2018 hat der VfGH festgehalten, dass intersexuelle Menschen, deren biologisches Geschlecht also nicht eindeutig ‚männlich‘ oder ‚weiblich‘ ist, ein Recht auf eine ihrer Geschlechtlichkeit entsprechende Eintragung im Personenstandsregister oder in Urkunden haben.
Die Entscheidung vom 15. Juni 2018 gründet auf Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), der die Achtung des Privat- und Familienlebens gewährleistet. Wörtlich heißt es in dem Erkenntnis:
Art. 8 EMRK räumt daher Personen mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung gegenüber männlich oder weiblich das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht ein, dass auf das Geschlecht abstellende Regelungen ihre Variante der Geschlechtsentwicklung als eigenständige geschlechtliche Identität anerkennen, und schützt insbesondere Menschen mit alternativer Geschlechtsidentität vor einer fremdbestimmten Geschlechtszuweisung.
Der VfGH leitet daraus ab, das einerseits niemand mit einem falschen Geschlecht bezeichnet werden soll und andererseits eine eigene Eintragungsform für diese Personen zu finden ist:
Angesichts dessen ist § 2 Abs. 2 Z 3 PStG 2013 vor dem Hintergrund der dargelegten Anforderungen aus Art. 8 EMRK so zu verstehen, dass er erstens Menschen mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung gegenüber männlich oder weiblich nicht dazu zwingt, personenstandsrechtlich, insbesondere bei Eintragungen im ZPR, zur Bezeichnung des Geschlechts die Begriffe männlich oder weiblich zu verwenden. Zweitens ist diese Bestimmung damit auch so zu verstehen, dass die Personenstandsbehörden zur Bezeichnung des Geschlechts als allgemeines Personenstandsdatum eines Menschen mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung gegenüber männlich oder weiblich auf Antrag dieser Person eine der genannten oder diesen vergleichbaren Bezeichnungen einzutragen haben. Die Rechte von Menschen mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung gegenüber männlich oder weiblich aus Art. 8 EMRK sind daher in dieser – gebotenen – Auslegung in dieser Hinsicht gewahrt. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes konnten also insofern zerstreut werden.
Auf dem biologischen Standpunkt stehend, argumentiert der VfGH daher für eine Berücksichtigung der intersexuellen Menschen und schlägt vor, diese unter der Bezeichnung ‚divers‘, ‚inter‘ oder ‚offen‘ abzubilden. Diese Begriffe werden in einer Stellungnahme der Bioethikkommission vorgeschlagen und der VfGH hält darauf bezugnehmend fest:
Diese Bezeichnungen bringen im Sprachgebrauch mit hinreichender Deutlichkeit das Gemeinte, nämlich das Geschlecht bzw. die Geschlechtsidentität eines Menschen mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung gegenüber männlich oder weiblich, der sich keinem der konventionellen Geschlechter zugehörig fühlt, zum Ausdruck.
Die Vorgaben des Art. 8 EMRK stehen jedoch einer konkreten Festlegung und begrifflichen Eingrenzung von Geschlechtsbezeichnung nicht entgegen, wie der VfGH festhält:
Denn Art. 8 EMRK verlangt keine beliebige Wahl der Bezeichnung des eigenen Geschlechts.
Dennoch hat die Bundesregierung von ÖVP und Grüne eine Beliebigkeit in der Wahl der der Bezeichnung des eigenen Geschlechts eingeführt. Im Gegensatz zum VfGH und seiner Judikatur, hat man sich vom biologischen Standpunkt (sex) verabschiedet und stattdessen der woken Ideologie (gender) unterworfen.
Karl Nehammer, der derzeitige ÖVP-Bundeskanzler und damaliger Innenminister, hat nicht nur das geforderte dritte Geschlecht eingeführt, sondern mit seinem ‚Erlass zur Anerkennung intergeschlechtlicher Menschen‘[2] auch gleich das vierte, fünfte und als Sammelbegriff noch ein sechstes Geschlecht eingeführt. Seit Mitte September 2020 gibt es daher sechs Optionen zur Geschlechtseintragung: weiblich, männlich, inter, divers, offen oder ‚keine Angabe‘.
Sein Nachfolger als ÖVP-Innenminister, Gerhard Karner, hat die neuen Kategorien mit seinem Ministerratsvortrag[3] zur Novelle des Meldegesetzes vom 10. Juni 2022 kodifiziert. In den Erläuterungen zum Gesetzesentwurf heißt es:
Für alternative oder nicht eindeutige Geschlechtszuschreibungen sollen entsprechend der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes künftig auch die Merkmale ‚divers‘, ‚inter‘, ‚offen‘ und ‚keine Angabe‘ zur Verfügung stehen.
Tatsächlich entspricht man damit nicht der Judikatur – der VfGH verlangt dezidiert keine beliebige Wahl des Geschlechts –, sondern geht über diese hinaus, weg vom biologischen Geschlechtsbegriff und hin zum sogenannten sozialen Geschlecht. Eine entsprechende Regierungsvorlage wurde von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS im Parlament beschlossen.[4]
Von den neuen Möglichkeiten, sich einem Geschlecht zuzuordnen, macht jedoch nur eine verschwindende Minderheit Gebrauch. Mit Jahresbeginn 2024 bekannten sich 9.159.915 in Österreich lebende Menschen weiterhin dazu, Männer oder Frauen zu sein. Nur 78 wollten das nicht sein und deklarierten sich als ‚divers‘ (23), ‚inter‘ (5), ‚offen‘ (7), machten keine Angaben (40) oder sind unbekannten Geschlechts (3).
Vor diesem Hintergrund ist es angezeigt die von ÖVP und Grünen beschrittene ideologische Sackgasse zu verlassen und auf den Pfad der Vernunft zurückzukehren. Ergänzend zu Artikel 2 des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger, der besagt, dass vor dem Gesetz alle Staatsbürger gleich sind, soll festgehalten werden, dass es biologisch nur zwei Geschlechter gibt, nämlich Frauen und Männer. Der Staat und seine Verwaltung soll hinkünftig nicht mehr auf Grundlage des woken Gender-Geschlechtsbegriffs agieren, sondern aufgrund biologischer Tatsachen. Die Gleichheit der Staatsbürger vor dem Gesetz bleibt unangetastet und kommt im Einklang mit der Judikatur des VfGH weiterhin Frauen, Männern und Personen, deren körperliche Geschlechtsmerkmale nicht eindeutig als weiblich oder männlich einzuordnen sind, zugute.“
Der Budgetausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 9. Dezember 2024 erstmals in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch die Abgeordneten Christoph Stark, Mag. Selma Yildirim und Mag. Agnes Sirkka Prammer. Anschließend wurden die Verhandlungen vertagt.
Der Budgetausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 6. November 2025 erneut in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Ines Holzegger, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Barbara Teiber, MA, Mag. Arnold Schiefer, MMag. Markus Hofer und Dr. Barbara Kolm.
Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Initiativantrag keine Mehrheit (für den Antrag: F, dagegen: V, S, N, G).
Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak gewählt.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Budgetausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.
Wien, 2025 11 06
Mag. Gerhard Kaniak Gabriel Obernosterer
Berichterstattung Obmann
[1] https://www.vfgh.gv.at/downloads/VfGH_Entscheidung_G_77-2018_unbestimmtes_Geschlecht_anonym.pdf
[2] https://www.gleichbehandlungsanwaltschaft.gv.at/aktuelles-und-services/aktuelle-informationen/Neuer-Erlass-zur-Anerkennung-intergeschlechtlicher-Menschen.html
[3] https://www.bundeskanzleramt.gv.at/dam/jcr:b9ace336-c442-48e2-9089-de6428eb8e3b/22_9_mrv.pdf in: https://www.bundeskanzleramt.gv.at/medien/ministerraete/ministerraete-seit-dezember-2021/22-mr-15-juni.html
[4] https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/I/1525