Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Die Bundesregierung hat in das Regierungsprogramm die Punkte „Schule als sicherer Ort“ und „Kopftuch“ aufgenommen. Mit der gegenständlichen Novelle des Schulrechts sollen diese Punkte des Arbeitsprogramms durch folgende Maßnahmen umgesetzt werden:

            – Standards für Suspendierungsbegleitung etablieren und begleitende Angebote ausbauen;

            – Einbeziehung der Familie und der Schulsozialarbeit bei Suspendierungen und in der Gewaltprävention forcieren;

            – Stärkung der Selbstbestimmung von unmündigen Mädchen an Schulen mittels Einführung eines Kopftuchverbots.

Suspendierungsbegleitung:

Derzeit können Schülerinnen und Schüler bei Gefahr im Verzug für einen Zeitraum von bis zu vier Wochen vom Schulbesuch suspendiert werden. Die aktuelle gesetzliche Regelung für Suspendierung sieht keine Maßnahmen der Betreuung der Schülerinnen und Schüler vor. Während der Suspendierung verbleiben viele ohne Unterstützung, was das Risiko einer weiteren Schulentfremdung und Eskalation erhöht. Darüber hinaus gibt es aktuell keine sorgfältig definierten Entscheidungsgrundlagen, ab wann eine Suspendierung gerechtfertigt ist, welchen Präventionsmöglichkeiten Priorität eingeräumt wird und wie individuelle Alternativen ausgestaltet werden könnten. Einzelne Bundesländer haben dazu Initiativen (zB Tirol) gestartet.

Perspektivengespräche:

Schülerinnen und Schüler, die ihre Schulpflicht erfüllt haben und bei welchen schulische Probleme auftreten, brechen relativ häufig die Schule ab. Ein Schulabbruch kann auch zahlreiche andere Gründe haben, die sich aus § 33 des Schulunterrichtsgesetzes – SchUG, BGBl. Nr. 472/1986, ergeben.

Viele Lehrpersonen und vor allem Schulleitungen suchen das Gespräch mit Schulabbrecherinnen und Schulabbrechern, um mit diesen den weiteren Bildungsweg zu besprechen. Weiters wird dabei versucht, die ehemaligen Schülerinnen und Schüler und deren Eltern nicht allein zu lassen und die eigene pädagogische und erzieherische Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen zu hinterfragen.

Aufbauend auf den Erfahrungen und Einzelinitiativen von engagierten Lehrpersonen und Schulleitungen soll eine bundesweite Regelung für Perspektivengespräche geschaffen werden.

Die Ziele des Perspektivengesprächs sollen sein,

•       Ursachen und Umstände des Austritts der Schülerin bzw. des Schülers zu verstehen und persönliche, familiäre, sonstige Umfeld bedingte Risikofaktoren zu identifizieren,

•       Erfahrungen und Eindrücke der Schülerin bzw. des Schülers zu reflektieren,

•       Feedback zur Schule und zum Schulklima zu erhalten,

•       Chancen zur Weiterentwicklung sichtbar zu machen und

•       gezielte Beratung und Unterstützung beim Wechsel in eine andere Schule oder Ausbildungsform zu bieten.

Verbot des Tragens eines Kopftuches

Kinder in ihrer Entwicklung zu schützen und sie zu stärken, ist, neben der elterlichen Verantwortung, auch ein zentrales Anliegen der Bundesregierung. Sowohl das Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern als auch die UN-Kinderrechtskonvention verpflichten dazu, die Rechte der Kinder besonders zu schützen. In einer freien demokratischen Gesellschaft ist es im Sinne der staatsbürgerlichen Erziehung (Art. 14 Abs. 5a B-VG) zudem eine integrale Aufgabe des Bildungssystems, jungen Menschen Perspektiven für ein selbstbestimmtes und aufgeklärtes Leben zu eröffnen. Schulen vermitteln nicht nur Wissen, sondern fördern auch Werte wie Gleichstellung von Frauen und Männern, individuelle Freiheit und soziale Integration. Ziel der gegenständlichen Regelung ist vor diesem Hintergrund die Stärkung der Selbstbestimmung unmündiger Mädchen durch die Einführung eines Kopftuchverbots in der Schule.

Kinder unter 14 Jahren verfügen entwicklungsbedingt noch nicht zwingend über die kognitive Reife und emotionale Abstraktionsfähigkeit, um die religiöse, kulturelle und gesellschaftliche Bedeutung symbolischer Bekleidung eigenständig zu beurteilen (vgl. etwa Khorchide/Demmrich 2025, Stellungnahme zu der Frage des Kopftuchtragens bei Mädchen unter 14 Jahren, S. 22–24). In dieser Lebensphase sind Entscheidungen maßgeblich von Zugehörigkeitswünschen und Autoritätsabhängigkeit geprägt. Wird Bekleidung zusätzlich mit moralisch aufgeladenen Begriffen wie Ehre, Scham oder Sittsamkeit verknüpft, kann dies zu psychischer Belastung, Rollenkonflikten und langfristiger Verunsicherung führen. Solcher Druck aus dem Umfeld kann, insbesondere, wenn er mit Schuldzuweisungen oder emotionaler Erpressung einhergeht, eine Form psychischer Gewalt darstellen (ebd., S. 31; vgl. zudem § 44 Abs. 4 Z 1 SchUG). Studien und empirische Beobachtungen zeigen, dass etwa das Tragen eines Kopftuchs im unmündigen Alter nach wissenschaftlicher und entwicklungspsychologischer Erkenntnis meist aufgrund familiärer Vorgaben oder sozialen Erwartungsdrucks erfolgt (vgl. Khorchide/Demmrich 2025, Stellungnahme zu der Frage des Kopftuchtragens bei Mädchen unter 14 Jahren, S. 25).

Die im Jahr 2019 vom damaligen Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung in Auftrag gegebene Studie zeigt, dass 10,7 Prozent der muslimischen Schülerinnen in der Sekundarstufe I ein Kopftuch tragen. In Wien liegt dieser Anteil sogar bei 13,1 Prozent. In der Sekundarstufe II steigt der Wert österreichweit auf 16,6 Prozent an (vgl. Güngör/Heinisch, Konflikte und Herausforderungen in österreichischen Schulen unter Berücksichtigung religiös-kultureller Phänomene, S. 75).

Im Mittelpunkt soll daher ein Schutzansatz stehen, der geschlechtsbezogenen Symbolzuweisung im Kindesalter entgegenwirkt. Gerade beim Kopftuch nach islamischen Traditionen – unabhängig davon, ob dieses aus religiösen oder traditionell-kulturellen Gründen getragen wird – handelt es sich um eine geschlechtsbezogene Symbolzuweisung mit negativen Folgen für die Entwicklungsfreiheit der betroffenen unmündigen Mädchen. Das Verbot stellt vor diesem Hintergrund daher keine Einschränkung, sondern die Ermöglichung späterer Selbstbestimmtheit dar. Es schützt gezielt jene Gruppe, die besonders sichtbar und strukturell von psychischer Fremdbestimmung und Rollenzwängen betroffen ist. Im Vergleich dazu sind Buben in dieser Altersgruppe gemeinhin nicht in vergleichbarer Weise von geschlechtsbezogener negativer sozialer Kontrolle betroffen. Religiös konnotierten Kleidungsstücken, welche von Buben getragen werden, wie beispielsweise Kippa oder Patka, werden – anders als im Falle des Kopftuchs – keine problematischen geschlechtsspezifischen Bedeutungen zugeschrieben. Es liegen keine evidenzbasierten Hinweise dafür vor, dass mit dem Tragen des Kopftuchs assoziierte Denkmuster, Praktiken und Verhaltensweisen, die etwa eine Sexualisierung bzw. Verinnerlichung schambezogener Körperwahrnehmung und einschränkende Geschlechterrollen zur Folge haben, in vergleichbarer Art und Weise im Kontext von Kippa und Patka gegeben wären (vgl. Chico 2000, Gender Headwear Traditions in Judaism and Islam, in: Dress 27/1, S. 18; Heller 2024, Körper, in: Heller/Franke, Religion und Geschlecht, S. 400).

Ein solcher gesetzlicher Schutzrahmen, der Kinder vor geschlechtsspezifisch-problematischen Bekleidungsvorschriften bewahrt, trägt wesentlich zum Schutz vor Druck aus dem Umfeld bis hin zu psychischer Gewalt und zur Förderung ihrer freien Persönlichkeitsentwicklung bei (vgl. Khorchide/Demmrich 2025, Stellungnahme zu der Frage des Kopftuchtragens bei Mädchen unter 14 Jahren, S. 27). Das angesprochene Umfeld kann sich von Eltern, Geschwistern, anderen Schülerinnen und Schülern (sowohl bei größeren Gruppen von kopftuchtragenden Schülerinnen in bestimmten Klassen oder Schulen als auch von einzelnen Mitschülern, sog. „Sittenwächtern“) bis hin in den digitalen Raum erstrecken, wo junge Menschen von Influencerinnen und Influencern zu oft problematischen Einstellungen und Handlungen verleitet werden (vgl. Kaltenbrunner/Neuhold 2025, Allahs mächtige Influencer: Wie TikTok-Islamisten unsere Jugend radikalisieren; Dokumentationsstelle Politischer Islam 2025, Jahresbericht 2024, S. 117 ff; siehe auch bspw. die Meldung des Verfassungsschutzes Baden-Württemberg vom 17.10.2025: https://www.verfassungsschutz-bw.de/Lde/Startseite/Meldungen+und+Archiv/Schwesternpicknick+in+Freiburg, Zugriff: 10.11.2025). Gerade letztgenannte muslimische Influencerinnen und Influencer propagieren vielfach ein patriarchales, mädchenfeindliches Gesellschaftsbild und stilisieren das Kopftuch zum unbedingten Identitätsmarker hoch (vgl. auch den Bericht der Jugendschutz-Stelle aller deutschen Bundesländer – jugendschutz.net 2024, Report Islamistisches Influencing, S. 3). Die Schwelle zu einem teilweise auch demokratiefeindlichen und islamistischen Weltbild erscheint hier oft fließend. Um diesem Druck, der aus vielerlei Richtung kommen kann, entgegenzutreten, soll zumindest in der Schule ein geschützter Raum für unmündige Schülerinnen geschaffen werden. Die Schule ist ein Ort der Freiheit und gleichberechtigten Begegnung, dort können vor allem auch Schülerinnen alternative Lebensmodelle ausprobieren und sich gegen einen allenfalls bestehenden faktischen Kopftuchzwang mit dem Argument wehren, dass sie sich an das gesetzliche Verbot halten. Dies begründet die Notwendigkeit des Verbots, da unmündige Mädchen ansonsten keine anderen zumutbaren Möglichkeiten haben, sich dem sozialen und/oder familiären Druck zu widersetzen. Nicht zuletzt zeigen auch andere Beispiele aus dem Integrationskontext, dass gerade Frauen aus patriarchal geprägten Herkunftsländern von gesetzlichen Vorgaben in der Argumentation mit ihren Ehemännern oder Familienangehörigen profitieren: so stieg etwa der Frauenanteil in Werte- und Orientierungskursen mit der Einführung einer Verpflichtung im Jahr 2017 deutlich an.

Erst mit zunehmendem Alter – insbesondere im Übergang zur Religionsmündigkeit – sind junge Menschen in der Lage, über solche identitätsstiftenden Ausdrucksformen wie das Kopftuch selbstbestimmt zu reflektieren und eigenverantwortliche Entscheidungen zu treffen (vgl. Khorchide/Demmrich 2025, Stellungnahme zu der Frage des Kopftuchtragens bei Mädchen unter 14 Jahren, S. 26). Die festgelegte Altersgrenze von 14 Jahren folgt der in § 5 des Bundesgesetzes über die religiöse Kindererziehung 1985, BGBl. Nr. 155/1985, geregelten Religionsmündigkeit und stellt sicher, dass Entscheidungen über religiöse Ausdrucksformen erst dann getroffen werden, wenn sie tatsächlich auf freier Willensbildung beruhen sowie die notwendige Einsichtsfähigkeit und Grundrechtsmündigkeit besteht.

Im Zentrum steht dabei der Schutz der Rechte von Mädchen – in einem Land, in dem der Gleichstellung der Geschlechter ein hoher verfassungsrechtlicher und gesellschaftlicher Stellenwert beigemessen wird. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erkennt an, dass Eingriffe in die Religionsfreiheit (Art. 9 EMRK) unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sind – insbesondere, wenn sie gesetzlich vorgesehen und für ein legitimes Ziel notwendig und verhältnismäßig sind. Gerade auch im Hinblick auf das Tragen religiöser Kleidung oder religiöser Symbole kann bereits auf umfassende Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte verwiesen werden. Dieser hat bereits festgehalten, dass der Staat in einer demokratischen Gesellschaft das Tragen von Weltanschauungszeichen und religiös verstandener Bekleidung durch Schülerinnen und Schüler oder Studierende im schulischen oder universitären Umfeld einschränken und sogar verbieten kann, ohne dass dadurch das in Art. 9 EMRK garantierte Recht eines jeden, seine religiösen Überzeugungen zu bekunden, verletzt wird. Der EGMR hat zudem bereits mehrfach ausgesprochen, dass das Verbot für Schülerinnen bzw. Studierende im schulischen oder universitären Umfeld einen Schleier zu tragen, dem Ziel des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer und des Schutzes der öffentlichen Ordnung dienen kann (vgl. EGMR 29.6.2004, Leyla Şahin gg. Türkei, 44774/98, Rz 99 sowie 114; 4.12.2008, Dogru gg. Frankreich, 27058/05, Rz 64 ff; 9.4.2024, Mikyas u.a. gg. Belgien, 50681/20, Rz 66 mwN). In Mikyas u.a. gg. Belgien hat der EGMR zuletzt festgehalten, dass darunter auch die Gewährleistung der Gleichheit aller Schülerinnen und Schüler und deren Schutz vor dem Druck durch Mitschülerinnen und Mitschülern oder der Familie, religiöse oder weltanschauliche Zeichen zu tragen, fallen kann (EGMR 9.4.2024, Mikyas u.a. gg. Belgien, 50681/20, Rz 56).

Weiters erachtete der EGMR im Fall Osmanoğlu und Kocabaş gegen die Schweiz eine Beschwerde muslimischer Eltern, deren Töchter bis zum 12. Lebensjahr verpflichtend am gemischtgeschlechtlichen Schwimmunterricht teilnehmen mussten, wegen Verletzung des Art. 9 EMRK für zulässig, gleichwohl der Koran die Verhüllung des weiblichen Körpers erst ab der Pubertät vorsieht. Dabei trug der Gerichtshof dem Vorbringen der Eltern, dass es ihnen ihr Glaube gebieten würde, ihre Töchter frühzeitig auf die Lehren vorzubereiten, die sie ab ihrer Pubertät betreffen würden, Rechnung, die Beschwerde wurde jedoch abgewiesen, da das Interesse der Kinder an einem vollständigen Schulbesuch, der eine erfolgreiche soziale Integration gewährleistet, gegenüber dem Wunsch der Eltern, nach Befreiung vom Schwimmunterricht, überwiege (vgl. EGMR 10.1.2017, Osmanoğlu and Kocabaş gg. Schweiz, 29086/12).

In VfSlg. 20.435/2020 erkannte der Verfassungsgerichtshof die unerwünschte geschlechtliche Segregation und das Bildungsziel der sozialen Integration sowie der Gleichstellung der Geschlechter als gewichtige, verfassungsrechtlich allgemein (Art. 7 Abs. 2 B-VG) und der Schule im Besonderen (Art. 14 Abs. 5a B-VG) vorgegebene Zielsetzung an (Rz 142). Zudem beinhaltet Art. 9 EMRK auch das Recht, nicht verpflichtet zu sein, den eigenen Glauben oder die eigene Überzeugung offen zu legen, oder Angaben zu machen, aus denen die Überzeugung in Glaubensfragen geschlossen werden kann, wenngleich kein Anspruch darauf besteht nicht mit religiösen Symbolen oder Inhalten konfrontiert zu werden (Grabenwarter/Pabel, EMRK7, § 22 Rz 120). Art. 9 EMRK beinhaltet insofern auch eine grundrechtliche Gewährleistungspflicht gegenüber jenen Mädchen (muslimisch oder auch nicht), die kein Kopftuch tragen wollen.

Nach der Rechtsprechung des EGMR muss daher eine angemessene Abwägung der widerstreitenden Interessen des Einzelnen und der Gemeinschaft als Ganzes vorgenommen werden, bei dem auch ein staatlicher Beurteilungsspielraum besteht (vgl. EGMR 15.1.2013, Eweida ua. gg. Vereinigtes Königreich, 48420/10 ua, Rz 84). Der Schutz der Rechte und Freiheiten anderer wird in der Rechtsprechung des EGMR als legitimes Ziel anerkannt (EGMR 25.5.1993, Kokkinakis gg. Griechenland, 14307/88, Rz 84; EGMR 24.2.1998, Larissis gg. Griechenland, 23372/94 ua, Rz 43f). Das vorliegende Verbot ist notwendig, um den Druck auf jene Mädchen hintanzuhalten, die kein Kopftuch tragen wollen, ihre Glaubenszugehörigkeit zu beweisen oder offenlegen zu müssen.

Die gegenständliche Regelung steht im Einklang mit den grundrechtlichen Schutzpflichten des Staates gegenüber besonders vulnerablen Gruppen. Auch Eingriffe in die Religionsfreiheit können verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein, wenn sie einem dringenden gesellschaftlichen Bedürfnis entsprechen. Ein solches Bedürfnis liegt vor, wenn es um die Wahrung fundamentaler Werte wie der Gleichberechtigung, der Freiheit von Zwang oder gesellschaftlichem Druck und dem Kindeswohl geht. In diesem Zusammenhang kann auch das Tragen religiös oder kulturell konnotierter Kleidung – insbesondere im schulischen Umfeld, das junge Menschen entscheidend prägt – als Symbol für Geschlechterungleichheit wahrgenommen werden. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat das Kopftuch bereits in anderem Kontext als mächtiges äußerliches religiöses Symbol bezeichnet, von dem ein gewisser Bekehrungseffekt ausgeht, welches schwer mit dem Prinzip der Gleichstellung der Geschlechter vereinbar ist (vgl. EGMR 15.2.2001, Dahlab/Schweiz, 42393/98). Das Symbol kann somit in Konflikt mit dem verfassungsrechtlich verankerten Ziel der Gleichstellung treten. Dies ist umso wichtiger, da die Gleichstellung von Mann und Frau in Österreich ein zentrales Ziel darstellt (vgl. Art. 7 B-VG). Insofern liegt mit dem Verbot im Ergebnis eine Maßnahme der positiven Diskriminierung mit dem Ziel, faktische Ungleichbehandlungen zwischen den Geschlechtern auszugleichen, vor. Eine unterschiedliche Behandlung von Schülerinnen und Schülern ist in diesem Fall gerade notwendig, um dem Ziel des Schutzes der freien Entwicklung und der Gleichberechtigung zu entsprechen. Im Lichte des Art. 14 EMRK erachtete der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte beispielsweise eine unterschiedliche Behandlung von Männern und Frauen aus Gründen des Schutzes von Frauen vor geschlechtsspezifischer Gewalt im Gefängnis für zulässig (vgl. EGMR 24.1.2017, Khamtokhu und Aksenchik gg. Russland, 60367/08, Rz 82; vgl. in Zusammenhang mit dem Schutz vor häuslicher Gewalt z. B. EGMR 9.6.2009, Opuz gg. Türkei, 33401/02, Rz 184 bis 191). Die Maßnahme stellt einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Grundrecht auf Religionsfreiheit und dem verfassungsrechtlichen Gebot der Gleichstellung der Geschlechter dar. Sie dient dem Schutz der Rechte anderer, insbesondere dem Schutz von Mädchen vor möglichem religiös oder kulturell vermitteltem Druck, ein Kopftuch zu tragen, und legt damit die Grundlage für eine später bewusst gewählte religiöse Identität, die nach außen sichtbar ist.

Die Maßnahme steht im Einklang mit der UN-Kinderrechtskonvention, insbesondere mit dem Vorrang des Kindeswohls gemäß Art. 3 leg. cit., der Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit gemäß Art. 14 leg. cit. sowie dem Diskriminierungsverbot gemäß Art. 2 leg. cit. Nach Art. 1 Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern, BGBl. I Nr. 4/2011, hat jedes Kind Anspruch auf bestmögliche Entwicklung und Entfaltung sowie auf Wahrung seiner Interessen. Der Staat ist zudem verpflichtet dem Kind den Schutz und die Fürsorge zu gewährleisten, die für sein Wohlergehen notwendig sind (vgl. Art. 3 Abs. 2 UN-Kinderrechtskonvention). Zum Schutz des Wohlergehens – insbesondere im Hinblick auf die Entwicklungsfreiheit – ist daher der verhältnismäßige Eingriff in die Religionsfreiheit bzw. das Erziehungsrecht der Eltern durch das gegenständliche Verbot gerechtfertigt. Wie von Kinderschutzexperten betont, besteht eine staatliche Verpflichtung zum Eingreifen, wenn religiöse Praktiken zur Einschränkung der Kindesentwicklung oder zur geschlechtsspezifischen Diskriminierung führen – etwa durch sexualisierte Rollenzuweisung oder soziale Ausgrenzung.

Art. 2 zweiter Satz 1. ZPEMRK verpflichtet den Staat, das Erziehungsrecht der Eltern bei der Ausgestaltung des Bildungswesens zu achten („shall respect“ bzw. „respectera“). Dies umfasst auch das Recht der Eltern, ihre Kinder in Übereinstimmung mit ihren religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen zu erziehen und die Pflicht des Staates, die fundamentalen Überzeugungen der Eltern im Unterricht zu berücksichtigen. Darunter fällt insbesondere die Vermeidung indoktrinierender oder missionierender Inhalte oder Praktiken in der Schule und das Gebot einer objektiven, kritischen und pluralistischen Wissensvermittlung (vgl. etwa EGMR 7.12.1976, Kjeldsen gg. Dänemark, 5095/71 u.a. sowie EGMR 9.1.2008, Zengin gg. Türkei, 1448/04, Rz 47 f und 53 f). Grundsätzlich gesteht der EGMR den Vertragsstaaten bei der rechtlichen Ausgestaltung des Schulwesens jedoch einen weiten Gestaltungsspielraum zu. Beschränkungen der grundrechtlichen Garantien müssen ein legitimes Ziel verfolgen und für die Betroffenen verhältnismäßig und vorhersehbar sein. Dies ist im gegenständlichen Fall, wie bereits dargelegt gegeben, zumal das Verbot gerade der Aufrechterhaltung und Sicherung eines Unterrichts und schulischen Umfeldes dient, in dem eine objektive, kritische und pluralistischen Wissensvermittlung inklusiver freier Entfaltungsmöglichkeiten für alle Schülerinnen möglich ist.

Um Schülerinnen und Schülern einen bestmöglichen Bildungsort zu ermöglichen und der Verantwortung der Bildungssysteme nach Art. 14 Abs. 5a B-VG gerecht zu werden, muss die Gestaltung des Schulwesens laufend evaluiert und an gesellschaftliche Entwicklungen angepasst werden.

Patriarchale Frauen- und Männerbilder werden in manchen Milieus durch ehrkulturelle Vorstellungen sowie durch männerzentrische und kollektivistische Weltanschauungen verstärkt. Dabei wird die Ehre der Familie besonders durch die Kontrolle des Verhaltens von Mädchen und Frauen aufrechterhalten. So gilt etwa im ehrkulturellen Geschlechterdiskurs unverschleiertes Erscheinen einer Frau im öffentlichen Raum als sexuelle Versuchung, die Männer gefährden, soziale Ordnung stören und Chaos verursachen könne. Um dies zu verhindern, soll weibliche Sexualität streng kontrolliert und durch Verschleierung sowie räumliche Trennung auf den privaten Bereich beschränkt werden (vgl. Kreile 2017, Markt, Moral und Kopftuch – politischer Islam und Frauenfrage in der Türkei, S. 313).

Besondere Aufmerksamkeit erfährt in diesem Zusammenhang der schulische Bereich als Ort der Bildung und Erziehung, der sozialen Integration und Wertevermittlung (vgl. Art. 14 Abs. 5a B-VG). Durch das Zusammentreffen von Menschen mit unterschiedlichen Wertvorstellungen, Erwartungen, kulturellen Identitäten und Lebensstilen kommt es im Schulalltag zu Spannungen und Konflikten. Als Reaktion auf vermehrte Berichte über besondere Herausforderungen im schulischen Alltag wurde im Februar 2019 im damaligen Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung die Ombudsstelle für Wertefragen und Kulturkonflikte eingerichtet. Diese berichtete in weiterer Folge, unter anderem von Klassen mit großem Druck auf Mädchen, Hijab zu tragen. Gewalt und Mobbing wurde im Bericht ebenfalls thematisiert. In den bundesweiten Gesprächen wurde weiters deutlich, dass Maßnahmen gegen Radikalisierung und Extremismus nicht nur im gesellschaftlichen Diskurs, sondern auch im Bildungsbereich bereits ein hoher Stellenwert eingeräumt wird. Immer häufiger wurden Lehrkräfte mit schwierigen Fragen zu Themen wie u.a. Islamismus und Antisemitismus konfrontiert oder nahmen bedenkliche Aussagen ihrer Schülerinnen und Schüler dazu wahr.

In Österreich wird auf entsprechende Konflikte gerade auch im Zusammenhang mit dem Kopftuch insbesondere von Lehrkräften und Schulleitungen immer wieder hingewiesen. Wie etwa der Wiener Integrationsrat kürzlich festgehalten hat, lassen sich in Schulen mit einem hohen Anteil migrantischer oder muslimischer Schülerinnen und Schüler verstärkt religiöse und ethno-nationale Überlegenheits- und Dominanzansprüche einzelner Gruppen beobachten. Moderate Muslime und Musliminnen und nichtmuslimische Schüler und Schülerinnen, insbesondere, wenn sie als nicht-heteronormativ gelesen werden, fühlen sich dabei oft in die Defensive gedrängt oder sogar bedroht (vgl. 6. Statement des Wiener Integrationsrats, Diskriminierungen, Nationalismus und religiöse Überlegenheitsvorstellungen in Schulen und öffentlichen Räumen, 16.12.2024).

Verstärkt werden entsprechende Problemfelder gerade bei Kindern und Jugendlichen auch durch soziale Medien: Islamistische Influencer und Influencerinnen propagieren das Kopftuch im Kontext von mitunter demokratiegefährdenden Inhalten (vgl. auch Kaltenbrunner/Neuhold 2025, Allahs mächtige Influencer: Wie TikTok-Islamisten unsere Jugend radikalisieren).

Konflikte zwischen den Erfordernissen und Vorgaben der Schule und den Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler, zwischen Schulkindern untereinander, zwischen den Eltern und der Schule oder auch den Eltern und ihren Kindern treten gerade in Schulen zu Tage. Dabei hat der Staat im öffentlichen Interesse die Schule als Ort der gleichberechtigten Begegnung zu fördern sowie das Wohlergehen der Kinder an erste Stelle zu setzen. Der Vorrang des Kindeswohls hat in allen Kinder betreffenden öffentlichen und privaten Einrichtungen vorrangige Erwägung zu sein (Art. 1 Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern).

Im Lichte der Istanbul-Konvention (Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention), BGBl. III Nr. 164/2014), die die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern als zentrales Mittel zur Verhütung von Gewalt gegen Frauen anerkennt, ist sicherzustellen, dass Bildungseinrichtungen frei von Symbolen sind, die historisch gewachsene ungleiche Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern widerspiegeln oder festigen können. Darüber hinaus verpflichtet Artikel 6 der Istanbul-Konvention die Vertragsstaaten, eine geschlechtersensible Perspektive in politische Maßnahmen einzubeziehen und die Gleichstellung von Frauen und Männern wirksam zu fördern. Weiters sind die Vertragsparteien verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um Veränderungen von sozialen und kulturellen Verhaltensmustern von Frauen und Männern mit dem Ziel zu bewirken, Vorurteile, Bräuche, Traditionen und alle sonstigen Vorgehensweisen, die auf der Vorstellung der Unterlegenheit der Frau oder auf Rollenzuweisungen für Frauen und Männer beruhen, zu beseitigen (Art. 12 Istanbul-Konvention). Das Kopftuch nach islamischen Traditionen ist – unabhängig von individuellen Glaubensüberzeugungen – im Hinblick auf den gesellschaftlich-historischen Kontext als Symbol weiblicher Unterordnung zu sehen. Da Einstellungen und Rollenbilder bereits im Kindesalter geprägt werden, ist es Aufgabe des Staates, im schulischen Umfeld Werte wie Gleichstellung, gegenseitigen Respekt und Selbstbestimmung sichtbar zu fördern. Das Kopftuch, das ausschließlich Frauen durch eine religiöse Vorschrift auferlegt wird und das, wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (vgl. EGMR 15.2.2001, Dahlab/Schweiz, 42393/98) festhält, schwer mit dem Grundsatz der Gleichstellung der Geschlechter zu vereinbaren ist, schafft mit dieser Außenwahrnehmung an einem Ort wie der Schule – wo die Gleichheit der Geschlechter eine besondere Rolle spielt und dies auch vermittelt werden soll – sowohl für die Kopftuchträgerinnen selbst, als auch für die Mitschülerinnen und -schüler eine den demokratischen Werten widersprechende Grundsituation.

Ein Verbot des Tragens solcher geschlechtsspezifischer Zeichen der Unterordnung in der Schule dient daher dem Schutz vor problematischen Strukturen, wie ihn die Istanbul-Konvention fordert (vgl. etwa Art. 14 der Istanbul-Konvention).

Zudem wurde auch folgenden Aspekten der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 20.435/2020 Rechnung getragen:

Zwar adressiert das gegenständliche Verbot – um den Eingriff so gering wie möglich auszugestalten – ausschließlich das Kopftuch nach islamischen Traditionen und damit ausschließlich Mädchen, allerdings liegt eine besondere sachliche Rechtfertigung vor. Im Mittelpunkt steht ein Kinderschutzansatz, der geschlechtsbezogener Symbolzuweisung im unmündigen Alter entgegenwirkt. Allen Kindern und Jugendlichen soll die bestmögliche geistige, seelische und körperliche Entwicklung ermöglicht werden (Art. 14 Abs. 5a B-VG). Der Gesetzgeber reagiert auf die tatsächliche soziale Funktion eines Kleidungsstücks im Kindesalter. Die Regelung schützt daher vor fremdbestimmten normativen Erwartungen an unmündige Kinder – unabhängig von der religiösen oder kulturellen Etikettierung des Kopftuchs. Dabei ist insbesondere der Druck zu berücksichtigen, den das Tragen eines solchen Symbols auf diejenigen haben kann, die sich entscheiden, es nicht zu tragen (und deren Eltern). Vor diesem Hintergrund ist auch der mit der Maßnahme einhergehende Eingriff in die durch Art. 8, 9 und 10 EMRK garantierten Rechte auf Privatleben, Identitätsentfaltung, Religionsfreiheit und freie Meinungsäußerung verhältnismäßig. Zwar kann das Tragen symbolischer Kleidung Ausdruck persönlicher oder familiärer Überzeugungen bzw. Ausdruck einer Religion sein, bei unmündigen Kindern und in der Schule steht jedoch der Schutz vor geschlechtsbezogenen Rollenzuweisungen und damit verbundenen langfristigen psychologischen Auswirkungen, wie dargestellt, im Vordergrund. Das Verbot beschränkt sich auf eine klar definierte Altersgruppe nach dem sachlichen Kriterium der Religionsmündigkeit, ist an ein mehrstufiges, auf Prävention ausgerichtetes, schulisches Interventionsmodell geknüpft und greift nur insoweit in elterliche Erziehungsbefugnisse ein, als dies zum Schutz der kindlichen Persönlichkeitsentwicklung zwingend erforderlich ist. Hervorzuheben ist, dass der Eingriff lediglich auf die Schule als solche beschränkt ist, welche in besonderer Weise einen geschützten Lernort für die Schülerinnen und Schüler darstellt, innerhalb dessen eine offene und gleichberechtigte Entwicklung gewährleistet werden soll. Unter Schule ist im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 der Schulordnung 2024, BGBl. II Nr. 126/2024, eine für schulische Zwecke gewidmete Liegenschaft (bspw. auch Pausenhof, Schulsportgelände etc.) zu verstehen. Das Verbot gilt jedoch nicht im dislozierten Unterricht sowie bei Schulveranstaltungen und schulbezogenen Veranstaltungen gemäß §§ 13 und 13a SchUG (bspw. Exkursionen, Projekttage, Klassenreisen). Das elterliche Erziehungsrecht hinsichtlich ihrer unmündigen Kinder bleibt außerhalb der Schule und damit auch im Kontext von Schulveranstaltungen und schulbezogenen Veranstaltungen umfänglich gewahrt. Weiters erstreckt sich das Verbot und damit der verhältnismäßige Grundrechtseingriff auch nicht auf den häuslichen Unterricht. Die Umsetzung der Maßnahme baut auf Beratung, Elternarbeit und – bei anhaltender Gefährdung – auch auf Einbindung behördlicher Kinderschutzstellen auf. Ziel ist es, das Recht von Kindern auf eine freie Kindheit in einem demokratischen und rechtsstaatlich geschützten Umfeld sicherzustellen. Da Kinder unter 14 Jahren als besonders schutzbedürftig gelten und in ihrer religiösen Entscheidungsfreiheit noch nicht vollständig autonom handeln können, kann der Staat im Rahmen seines Erziehungsauftrags eingreifen, um sicherzustellen, dass familiärer oder gesellschaftlicher Druck nicht zum Tragen bestimmter Bekleidung mit negativen entwicklungspsychologischen Folgen führt.

Der Verfassungsgerichtshof gab in seiner Entscheidung VfSlg. 20.435/2020 weiters zu bedenken, dass für die Lösung weltanschaulich und religiös geprägter Konfliktsituationen in Schulen bei jenen Personen angesetzt werden sollte, die auf betroffene Schülerinnen etwa in Form von Anfeindungen, Abwertungen oder sozialem Ausschluss Druck ausüben. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass das gegenständliche Verbot nicht für sich alleinsteht. Geltende Möglichkeiten im Strafrecht gemäß den §§ 105 (Nötigung), 106 (Schwere Nötigung) oder etwa 107 (Gefährliche Drohung) des Strafgesetzbuches, BGBl. Nr. 60/1974, gegen nötigende oder drohende Schülerinnen und Schüler (sog. Sittenwächter) vorzugehen, können zwar mitunter an der Strafmündigkeit der Druckausübenden scheitern, darüber hinaus obliegt es jedoch auch der Schule im Rahmen ihrer Erziehungs- und Bildungsaufgaben bzw. der Schulbehörde im Rahmen der Schulverwaltung für ein Umfeld zu sorgen, in dem Schülerinnen und Schüler frei von Diskriminierung, Einschüchterung oder unzulässigem Druck lernen können. So sind in der Schule zunächst die in § 47 SchUG iVm § 10 Abs. 1 der Schulordnung 2024 genannten Erziehungsmittel, zB Aufforderung, Zurechtweisung, beratendes bzw. belehrendes Gespräch mit der Schülerin oder dem Schüler, beratendes bzw. belehrendes Gespräch unter Beiziehung der Erziehungsberechtigten oder Verwarnung durch die Lehrperson, den Klassenvorstand und die Schulleitung, in besonderen Fällen durch die zuständige Schulbehörde, zur Anwendung zu bringen. Wird mit diesen das Auslangen nicht gefunden und das Fehlverhalten fortgesetzt, kommt eine Versetzung in die Parallelklasse in Betracht (§ 47 Abs. 2 SchUG). Wenn das Verhalten einer Schülerin oder eines Schülers eine dauernde Gefährdung von Mitschülerinnen und Mitschülern oder anderer an der Schule tätigen Personen hinsichtlich ihrer Sittlichkeit, körperlichen Sicherheit oder ihres Eigentums darstellt, ist die Schülerin oder der Schüler von der Schule zu suspendieren bzw. auszuschließen (vgl. § 49 SchUG). Zudem liefern die erst kürzlich eingeführten Kinderschutzkonzepte in Schulen einen wichtigen Beitrag zur Prävention und Intervention gegenüber nicht nur physischer, sondern auch psychischer und sexualisierter Gewalt.

Dennoch sind Fälle, in denen Mädchen unter familiärem oder gesellschaftlichem Druck oder Zwang ein Kopftuch tragen, für die Schule häufig schwer nachweisbar, da betroffene Schülerinnen aus Angst vor negativen Konsequenzen selten offen darüber sprechen. Zudem haben sie – insbesondere je jünger die Mädchen sind – in der Regel auch nicht die kognitive Reife und emotionale Abstraktionsfähigkeit, um die (rollenzuweisenden) Hintergründe reflektieren und erfassen bzw. verstehen zu können. Pädagogische Gespräche oder individuelle Unterstützungsangebote sind stets ein erster Schritt, reichen in vielen Fällen aber nicht aus oder brauchen für tatsächliche Wirksamkeit Zeit, wobei ein Zuwarten gerade bei jungen Mädchen, in einer wichtigen Phase der Persönlichkeitsentwicklung, nicht zielführend ist. Nur ein generelles Kopftuchverbot in der Schule beseitigt die Erwartungshaltung und den sozialen Druck von vornherein und schafft einen sicheren Rahmen, der den Mädchen die Möglichkeit gibt, sich später bewusst für oder gegen das Tragen des Kopftuchs zu entscheiden.

Die gegenständliche Regelung ist zudem Teil eines bildungs- und integrationspolitisch fundierten, strukturellen Gesamtkonzepts. In diesem Sinne sollen zunächst etwa Begleitmaterialien zur Bewusstseinsschärfung gegenüber Druckausübung durch negative soziale Kontrolle sowie übergriffiges Verhalten dienen. Zahlreiche Projekte und Fördermaßnahmen – etwa zur Burschenarbeit, Schulsozialarbeit, Gewaltprävention und Mädchenförderung – wurden in den letzten Jahren auf den Weg gebracht, umgesetzt und zeigen positive Wirkung. Gerade auch im Kontext der vom Verfassungsgerichtshof angesprochenen Maßnahmen gegen sog. Sittenwächter ist in diesem Zusammenhang auch auf ein Projekt aus der Burschenarbeit hinzuweisen: So trägt etwa das Projekt „HEROES – gegen Unterdrückung im Namen der Ehre“ durch das Aufbrechen patriarchaler Rollenbilder und ehrkultureller Milieus zur Bekämpfung desintegrativer Entwicklungen bei. Junge Männer mit Migrationshintergrund teilen dabei ihre Erfahrungen mit Vorstellungen von Ehre und Männlichkeit und damit verbundenen Erwartungen an ihr Verhalten sowohl in der Mehrheitsgesellschaft als auch in den Herkunftscommunitys. Workshops, Rollenspiele und Diskussionen über Themen wie Identität, Gleichberechtigung und Rechte von Frauen, Gewalt in Familien und Familienehre wirken so einer Segregation durch Gewaltprävention entgegen. Die Fortsetzung solcher Maßnahmen wird auch in den kommenden Jahren einen Fokus in der Projektförderung darstellen: In der aktuell laufenden Fördermittelvergabe für die Jahre 2026/2027 ist im Bundeskanzleramt, neben den drei Förderschwerpunkten – Deutsch lernen, aktive Erwerbstätigkeit und Akzeptanz der in Österreich geltenden Werte – die Erhöhung der Selbstbestimmung von Mädchen und Burschen ein zentrales Ziel. Diese vulnerable Gruppe soll selbst darüber entscheiden können, welchen Bildungsweg sie einschlagen will, wie sie ihr Leben gestalten möchte und ob bzw. welche religiöse/kulturelle Traditionen für sie erstrebenswert sind. Projekte, die diese Ziele verfolgen, werden ab 2026 trotz Budgetkonsolidierung ausgebaut. Zur Sicherstellung der Effektivität erfolgt eine kontinuierliche Evaluation der Maßnahmen, sodass diese bei Bedarf angepasst und weiterentwickelt werden können.

Diese und andere Projekte und Maßnahmen reichen jedoch für sich genommen derzeit nicht aus, um strukturellem Druck, der wie dargestellt aus vielerlei Richtung kommen kann, insbesondere bei neu zugewanderten Schülerinnen wirksam zu begrenzen. Gelindere Mittel sind somit nicht verfügbar. Das gesetzlich verankerte Verbot ergänzt daher auf verhältnismäßige Art und Weise bestehende Maßnahmen und sichert auf rechtlicher Ebene ab, was auf pädagogischer Ebene oft nicht binnen kurzer Zeit vermittel- oder durchsetzbar ist. Das Verbot ist somit vor dem Hintergrund der neu geschaffenen Kinderschutzkonzepte zu sehen und wird eingebettet in ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Prävention von sozialer Kontrolle, informellem Zwang bis hin zu physischer und psychischer Gewalt, zur Stärkung der Bildungseinrichtungen sowie zur Förderung von Mädchenrechten im Umgang mit diesen Themen. Es reagiert auf Konfliktsituationen in Schulen und setzt zunächst mit Gesprächen an; lediglich als ultima ratio sind Verwaltungsstrafen zur Durchsetzung des Verbots vorgesehen. Bei der Umsetzung der gesetzlichen Bestimmung werden Schulen durch Begleitmaterialien, wie etwa Gesprächsleitfäden, unterstützt.

Die Maßnahme schützt die Möglichkeit aller Kinder – unabhängig von ihrer kulturellen Herkunft – ihre Identität schrittweise und selbstbestimmt zu entwickeln (vgl. Khorchide/Demmrich 2025, Stellungnahme zu der Frage des Kopftuchtragens bei Mädchen unter 14 Jahren, S. 27). Dies ist nicht nur mit Blick auf Gleichstellung und Integration bedeutsam, sondern entspricht auch modernen kinder- und jugendpsychologischen Standards zur Förderung von Selbstwirksamkeit und Resilienz.

Im Hinblick auf den vom Verfassungsgerichtshof herangezogenen Gleichheitssatz ist zudem Folgendes wesentlich: Der österreichische Gleichheitsgrundsatz (Art. 7 B-VG; Art. 2 StGG) begründet in Verbindung mit Art. 9 Abs. 1 EMRK und Art. 14 Abs. 2 StGG das Gebot der religiösen und weltanschaulichen Neutralität des Staates (VfSlg. 20.435/2020 mwN; ferner VfSlg. 1430/1932 und 19.349/2011). Art. 14 Abs. 5a B-VG konkretisiert dies dahin, dass die Schule Grundwerte der Offenheit und Toleranz sowie die Befähigung vermitteln soll, dem religiösen und weltanschaulichen Denken Anderer gegenüber aufgeschlossen zu sein. Bei der Gestaltung des Schulwesens ist der Gesetzgeber gehalten, dem Gebot der religiösen und weltanschaulichen Neutralität durch eine am Gleichheitsgrundsatz ausgerichtete Behandlung verschiedener religiöser und weltanschaulicher Überzeugungen zu entsprechen (VfSlg. 20.435/2020 mwN). Wesentlich ist dabei aber auch, dass der Gesetzgeber durch den Gleichheitssatz insofern gebunden ist, als er Differenzierungen zu vermeiden hat, die nicht aus Verschiedenheiten im Tatsächlichen gerechtfertigt sind (vgl. etwa VfSlg. 2956/1956, 4279/1962, 4986/1965, 5319/1966, 5822/1968, u.a.). Wie dargelegt kommt – dies zeigen Berichte von Lehrkräften und Schulleitungen sowie wissenschaftliche Erkenntnisse etwa aus Frankreich – dem Kopftuch nach islamischen Traditionen gerade bei Kindern jedoch eine Symbolik und die freie Entwicklung und Entfaltung beeinträchtigende Wirkung zu, die auf andere Religionen nicht in dieser Form zutrifft. Eine unterschiedliche Behandlung beruht daher auf Unterschieden im Tatsächlichen.

Um eine Umgehung des Kopftuchverbots zu unterbinden, sind davon sowohl öffentliche Schulen als auch Privatschulen umfasst. Im häuslichen Unterricht ist kein Verbot des Kopftuchtragens vorgesehen, da sich die Schülerinnen dort nicht in einem vergleichbaren sozialen bzw. gruppendynamischen Setting befinden und das Kopftuch im privaten Umfeld seine tatsächliche soziale Funktion nach außen hin nicht in gleicher Weise entfaltet. Dadurch wird den verschiedenen Lebenssachverhalten, in denen sich die betroffenen Schülerinnen wiederfinden sowie einer grundrechtlichen Abwägung, insbesondere mit Blick auf das Recht auf Privat- und Familienleben und das Sachlichkeitsgebot, Rechnung getragen. Darüber hinaus wäre ein Verbot im häuslichen Unterricht faktisch nicht vollziehbar. Die Teilhabe aller Schülerinnen am Unterricht in öffentlichen Schulen und Privatschulen soll weiterhin erhalten bleiben und durch die genannten Maßnahmen unterstützt und gefördert werden. Die Schule soll für Heranwachsende als Lern-, Schutz und Freiraum offenstehen und möglichen Druck- und Anfeindungsszenarien von außen durch die Arbeit mit jenen Schülerinnen und Schülern, die Mädchen in ihrer freien und selbstbestimmten Entwicklung hemmen, begegnet werden. Ein vermehrtes Ausweichen von Schülerinnen auf häuslichen Unterricht ist daher nicht zu befürchten. Dies auch deshalb, da die allgemeine Schulpflicht gemäß § 11 Abs. 2 Schulpflichtgesetz, BGBl. Nr. 76/1985, durch einen häuslichen Unterricht nur dann erfüllt werden kann, „sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 [leg. cit.] genannten Schule – ausgenommen die Polytechnische Schule – mindestens gleichwertig ist“, wobei hier klare qualitative und am Kindeswohl orientierte Kriterien und Voraussetzungen bestehen.

Strafbestimmungen:

Bildung ist eine höchstpersönliche Leistung, die von jeder Person nur in eigener Verantwortung erworben werden kann. Eltern und Schule können die von der Schülerin oder dem Schüler zu leistende Arbeit nur unterstützten. Das Recht der Erziehung kommt den Eltern zu und ist vom Staat zu achten. Zwischen den Erziehungsberechtigten und dem Staat, vertreten durch die in der Schule tätigen Personen, die funktionell für die Republik tätig sind, besteht daher eine Bildungs- und Erziehungspartnerschaft. In der einzelnen Schule wird der staatliche Teil der Arbeit an und in der Bildungspartnerschaft, insbesondere von den Lehrpersonen sowie der Schulleitung, erbracht. In einer Partnerschaft kommen jedem der Beteiligten bestimmte, in verschiedenen Regelungen des Schulrechts, in diesem Fall des Schulunterrichtsgesetzes, festgelegte Aufgaben zu. Eine Partnerschaft kann immer nur gelingen, wenn jeder die ihm obliegenden Aufgaben wahrnimmt.

Ziel eines Einschreitens der öffentlichen Verwaltung ist es, einen rechtskonformen Zustand herzustellen. Erst wenn verschiedene Interventionsmaßnahmen ergebnislos bleiben, muss der Unwert eines Verhaltens durch Verwaltungsstrafen zum Ausdruck gebracht und für die Normadressaten spürbar gemacht werden.

Kompetenzrechtliche Grundlage:

Ein dem Entwurf entsprechendes Bundesgesetz gründet sich kompetenzrechtlich auf Art. 14 Abs. 1 B‑VG (Schulwesen).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine

Besonderer Teil

Zu Art. 1 (Änderung des Schulunterrichtsgesetzes)

Zu Z 1 (§ 43a samt Überschrift):

Mit Abs. 1 wird ein klares, altersbezogenes Verbot für das Tragen eines Kopftuchs, welches das Haupt nach islamischen Traditionen verhüllt, für Schülerinnen bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres in der Schule normiert.

Umfasst ist das Tragen eines Kopftuches nach islamischen Traditionen (in all seinen Formen, vom Hijab bis zur Burka), unabhängig davon, ob von der Trägerin eine religiöse Motivation damit einhergeht. Es zielt auf das Verbot von ehrkulturellen Verhaltenspflichten, also sozialer Normen, die darauf abzielen, insbesondere das Ansehen einer Familie oder Gemeinschaft durch das Verhalten von Mädchen und Frauen zu sichern (vgl. Haun/Wertenbruch 2013, Forschungen und Entwicklungen zum Konzept der Ehre als Potential für Konflikte zwischen Kulturen, S. 27f.; Toprak 2016, Geschlechterrollen und Sexualerziehung, in: Kleff/Seidel/Toprak, Gender und Islam in Deutschland, S. 25 ff.). Diese Normen beruhen auf einem kollektivistisch geprägten Ehrbegriff, in dem die individuelle Freiheit hinter der Wahrung familiärer oder traditioneller Vorstellungen von Ehre zurücktritt (siehe Saric 2021, Reflexive Geschlechterpädagogik und Gleichstellung unter besonderer Berücksichtigung des Themas „Gewalt im Namen der Ehre“. Basiswissen und Herausforderungen für Schulen. Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, S. 11; vgl. auch Mansour 2014, Unterdrückung im Namen der Ehre: Definition, Ursache und Präventionsansätze, in: Scholz, Gewalt im Namen der Ehre). Der Gesetzgeber stellt bewusst auf eine Bekleidungsvorschrift ab, die nur Mädchen betrifft, um diese geschlechtsbezogene Symbolik bei Mädchen entsprechend den tatsächlich in Schulen vorhandenen Herausforderungen hintanzustellen und ihre Entwicklung geschlechterunabhängig in einem neutralen Schulumfeld zu fördern. Bei dem Verbot handelt es sich um eine altersadäquate Schutzregelung, die das Kindeswohl und die ungestörte Persönlichkeitsentwicklung ins Zentrum stellt. Die gewählte Altersgrenze orientiert sich an der gesetzlichen Religionsmündigkeit gemäß § 5 erster Satz des Bundesgesetzes über die religiöse Kindererziehung 1985 und somit an jenem Zeitpunkt, ab dem eine autonome, informierte und reflektierte Entscheidung über das Tragen religiöser Symbole erwartet werden kann.

Das Verbot gilt ausschließlich in der Schule, also im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 der Schulordnung 2024 auf für schulische Zwecke gewidmeten Liegenschaften (bspw. auch in Pausen oder im Nachmittagsunterricht). Es gilt jedoch nicht im dislozierten Unterricht sowie bei Schulveranstaltungen und schulbezogenen Veranstaltungen gemäß §§ 13 und 13a SchUG (bspw. Exkursionen, Projekttage, Klassenreisen).

Um die Befolgung des Verbots zu gewährleisten, werden Erziehungsberechtigte in die Pflicht genommen. Ebenso, wie sie dafür Sorge tragen müssen, dass Schülerinnen und Schüler den Unterricht besuchen (§ 24 Abs. 1 SchPflG) haben sie auch die Pflicht, für die Befolgung dieses Verbots zu sorgen.

Abs. 2 sieht eine Erstmaßnahme vor, die auf Information und Bewusstseinsbildung ausgerichtet ist. Das Gespräch zwischen der Schulleitung, der Schülerin und deren Erziehungsberechtigten ist unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Zögern, bei einem erstmaligen Verstoß gemäß Abs. 1 durchzuführen. Es dient unter anderem der Ursachenklärung und der Einschätzung etwaiger psychischer oder sozialer Einflussfaktoren, die das Verhalten der Schülerin motiviert haben könnten. Integral dafür sind die Aufklärung und das Bewusstmachen von geschlechtsspezifischen, die freie Entfaltung verhindernden Rollenzuweisungen, die in bestimmten Kleidungsstücken ihren Ausdruck finden. Ein Gesprächsleitfaden für die Schulleitung dient als Grundlage, um eine zielgerichtete und wertschätzende Kommunikation zu gewährleisten. Im Rahmen dieses Gesprächs ist ein Informationsschreiben für die Erziehungsberechtigten auszuhändigen, in dem das gesetzliche Verbot und die Konsequenzen weiterer Verstöße verständlich dargelegt werden. Das Informationsschreiben hat daher jedenfalls auch Angaben zur vorgesehenen Ladung der Erziehungsberechtigten zu einem Gespräch durch die Schulbehörde bei einem weiteren Verstoß (Abs. 3), die Sanktionierung der Nichtteilnahme an diesem Gespräch (§ 80b Abs. 2 Z 3 SchUG bzw. § 24 Abs. 2 Z 1 PrivSchG) sowie die Verwaltungsstrafbestimmungen gemäß § 80b Abs. 2 Z 4 SchUG bzw. § 24 Abs. 2 Z 2 PrivSchG zu enthalten. Weiters soll der betroffenen Schülerin Informationsmaterial zu Anlaufstellen und Beratungsangeboten mitgegeben werden.

Die Schulleitung kann sich bei dem Gespräch von einer Lehrperson vertreten lassen. Dies kann insbesondere die Klassenlehrerin bzw. der Klassenlehrer oder die Klassenvorständin bzw. der Klassenvorstand, eine Vertrauenslehrperson oder eine sonstige geeignete Lehrperson sein. Weiters kann die Schulleitung weitere Lehrkräfte oder andere geeignete Personen dem Gespräch beiziehen. Unter anderen geeigneten Personen sind beispielsweise Schulpsychologinnen und Schulpsychologen oder Schulqualitätsmanagerinnen und Schulqualitätsmanager – ebenso wie Vertreter des Kinderschutzteams (vgl. § 4 Abs. 5 der Schulordnung 2024) zu verstehen. Um dem fordernden Schulalltag Rechnung zu tragen, wird der Schulleitung größtmögliche Flexibilität und ein weiter Ermessenspielraum betreffend die dem Gespräch beizuziehenden Personen zugestanden. Darüber hinaus wird das weitere Vorgehen für den Fall geregelt, dass es infolge des Erstgesprächs oder dessen Verweigerung zu einem erneuten Verstoß kommt. Das Folgegespräch wird von der Schulleitung initiiert, neben der Schülerin und dem Klassenvorstand sind nun auch die Erziehungsberechtigten einzubeziehen. Eine Lehrperson für den Religionsunterricht oder das Kinderschutzteam kann unterstützend einbezogen werden. Diese erweiterte Beteiligung kann es ermöglichen, auch religiöse Argumentationsmuster pädagogisch aufzufangen und in einen sachlichen Dialog zu überführen.

Ziel des Gesprächs ist die Reflexion der Entscheidungsmuster und Einflussfaktoren sowie die Stärkung der Schülerin in ihrer individuellen Entwicklung und ihrer Fähigkeit zur freien Meinungs- und Gewissensbildung.

Abs. 3 erweitert nach dem Gespräch mit der Schulleitung die Interventionskette um eine formale Einbindung der Schulbehörde und erhöht damit die Verbindlichkeit der Maßnahme. Kommt es nach dem Gespräch gemäß Abs. 2 erneut zu einem Verstoß gegen das Verbot gemäß Abs. 1, erfolgt eine Mitteilung der Schulleitung an die zuständige Schulbehörde. Diese hat die Schülerin sowie deren Erziehungsberechtigte unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Zögern, und nachweislich zu einem verpflichtenden Gespräch zu laden. Während das vorgelagerte Gespräch nach Abs. 2 schulnah und dialogisch organisiert ist, wird nun die Schulbehörde eingeschaltet, um weitere Verstöße zu verhindern. Im Fokus des Gesprächs mit der Schulbehörde steht die Verantwortung der Erziehungsberechtigten, insbesondere deren Pflicht, an der Bildung und Erziehung des Kindes mitzuwirken, das Kindeswohl im Sinne der schulischen Rahmenbedingungen zu achten und für die Befolgung des Verbotes gemäß Abs. 1 durch die Schülerin zu sorgen. Das Gespräch findet zwar bei einer nicht unmittelbar involvierten dritten Stelle statt, ist aber weiterhin präventiv angelegt. Weiters ist dem Gespräch die Schulleitung beizuziehen, welche zur Klärung der Sachlage beitragen kann, sowie die Information der betroffenen Schule sicherstellt. Die Schulleitung kann sich bei dem Gespräch vertreten lassen. Auch weitere Personen können von der Schulbehörde beigezogen werden, wobei hierzu insbesondere auf den in Abs. 2 genannten Personenkreis verwiesen wird.

Wie bereits erwähnt, hat die Ladung zu diesem Gespräch nachweislich zu erfolgen und ist in dieser auf die Konsequenzen bei ungerechtfertigter Nichtteilnahme am Gespräch und bei weiteren Verstößen gegen das Verbot gemäß Abs. 1 hinzuweisen (vgl. Informationsschreiben, Abs. 2). Die Dokumentationspflicht stellt sicher, dass das Stattfinden oder Nicht-Stattfinden des Gesprächs in der Schulbehörde veraktet wird. Nimmt keiner der Erziehungsberechtigten trotz nachweislicher Ladung und ungerechtfertigt am Gespräch teil, ist dies nach § 80b Abs. 2 SchUG bzw. § 24 Abs. 2 PrivSchG durch die Schulbehörde bei der Bezirksverwaltungsbehörde zur Anzeige zu bringen.

Abs. 4 legt das Vorgehen der Schulleitung und der Schulbehörden bei weiteren Verstößen nach dem gemäß Abs. 3 anberaumten Gespräch bei der Schulbehörde fest. Durch die Verwendung des Begriffs „anberaumt“ soll verdeutlicht werden, dass die Folgen der Nichtbefolgung des Verbotes unabhängig von der Teilnahme am Gespräch bei der Schulbehörde zu tragen sind. Da den Erziehungsberechtigten im Zuge der nachweislichen Ladung zu diesem Gespräch die Konsequenzen bei weiteren Verstößen gegen das Verbot gemäß Abs. 1 jedenfalls verdeutlicht worden sind, ist ein weiteres Gespräch gemäß Abs. 3 (auch für die Zukunft) nicht mehr erforderlich. Die Schulleitung hat der Schulbehörde weitere Verstöße gegen das Verbot gemäß Abs. 1 mitzuteilen, welche in Folge durch die Schulbehörde – unter Berücksichtigung der Voraussetzung der Strafbarkeit gemäß § 80b Abs. 2 Z 4 SchUG bzw. § 24 Abs. 2 Z 2 PrivSchG – bei der Bezirksverwaltungsbehörde zur Anzeige zu bringen sind.

Da wiederholte Verstöße gegen das Verbot gemäß Abs. 1 sowie eine allfällige fehlende Kooperationsbereitschaft der Erziehungsberechtigten zu einer fortgesetzten Beeinträchtigung der freien Persönlichkeitsentfaltung des Kindes führen, folgt daraus eine mögliche Kindeswohlgefährdung. Dies löst die Notwendigkeit der Verständigung der Kinder- und Jugendhilfe gemäß § 37 des Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetzes 2013 – B-KJHG 2013, BGBl. I Nr. 69/2013, durch die zuständige Schulbehörde aus, sofern die Verständigung nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt aufgrund entsprechender Anhaltspunkte im Rahmen der Gespräche gemäß Abs. 2 (durch die Schulleitung) und Abs. 3 (durch die Schulbehörde) erfolgt ist.

Zu Z 2 (§ 44 Abs. 5 bis 9):

Schule soll ein sicherer Ort sein. Wenn Schülerinnen und Schüler eine unmittelbare Gefahr für andere Personen der Schule, sowohl andere Schülerinnen und Schüler als auch Lehrpersonen oder Mitarbeiter der Schulerhaltung und -verwaltung, darstellen oder Schuleigentum beschädigen, soll als Sofortmaßnahme unverzüglich eine Suspendierung und allenfalls die Einleitung eines Ausschlussverfahrens zur Klärung, ob ein weiterer Verbleib an der Schule den anderen Personen der Schule noch zumutbar ist, erfolgen. Jeder Aufenthalt bedarf daher eines Rechtsgrundes im Sinne des § 44 Abs. 3 Z 4 des Schulunterrichtsgesetzes und der dazu ergangenen Verordnung Schulordnung 2024. Eine Suspendierung soll die zeitweilige Aussetzung des Rechts zur Teilnahme am stundenplanmäßigen Unterricht sein, insbesondere jener Klasse und Gruppen, in welche der Schüler oder die Schülerin gemäß § 9 eingeteilt wurde. Mit der Suspendierung ist somit verbunden, dass die Teilnahme am Unterricht keinen Rechtsgrund für den Aufenthalt in der Schule mehr darstellt. Somit besteht auch die Möglichkeit, ein Betretungsverbot zu erteilen, wobei eine Suspendierung kein solches per se darstellt, weil die Schülerin oder der Schüler die Möglichkeit haben soll, sich auch in einem persönlichen Gespräch vor Ort über den Stand des Unterrichts zu informieren.

Eine Suspendierung kommt immer nur für Personen, die Pflichten verletzt haben, in Betracht. Eine „vorsorgliche“ oder „erzieherische“ Suspendierung wäre ebenso wenig zulässig, wie eine Suspendierung zum Schutz vor Verletzungen oder Mobbing durch andere („Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen“).

In Abs. 5 soll Z 1 lit. a bis d klar festlegen, wann jedenfalls unverzüglich zu handeln ist. Die Entscheidungsfrist der Behörde gemäß § 73 Abs. 3a stellt dabei die Höchstdauer dar. In Abs. 5 Z 1 lit. a bis d wurden dabei der Rechtsordnung bekannte Begriffe, die damit inhaltlich umschrieben sind, gewählt. Damit soll insbesondere eine Abgrenzung von Ereignissen aus dem täglichen Schulbetrieb erreicht werden. Die Handlungen müssen mehr als ein alters- oder milieubedingtes Verhalten darstellen und eine Intensitätsschwelle überschreiten.

Eine klare Entscheidung, ob eine Überschreitung dieser Schwelle vorliegt, wird im Alltag nicht immer leicht sein. Beispielsweise erfordert der Begriff „tätlicher Angriff“ ein gewisses Mindestmaß an physischer Gewalt und eine entsprechende Willensentscheidung. Als Beispiel darf auf ein Fußballspiel in der Schule hingewiesen werden. Eine körperbetonte Spielweise kann zu erheblichen Verletzungen bei Mitspielern führen, ohne dass ein tätlicher Angriff vorliegt. Es könnten, je nach dem sonstigen Verhalten der Schülerin oder des Schülers, sehr unterschiedliche Gründe vorliegen, von außergewöhnlichem, übertriebenen, sportlichen Ehrgeiz über Konflikte in der Klasse bis zu gezielten Angriffen auf eine bestimmte andere Schülerin bzw. einen Schüler. Gezielte Angriffe könnten wiederrum, je nach Fallkonstellation, unter tätliche Angriffe oder aber, wenn sie die Intensitätsschwelle nicht überschreiten, aber immer gegen den gleichen Schüler, eventuell auch außerhalb des Sports in anderen Situationen in der Schule, gerichtet sind, auch zB unter eine Form von Mobbing fallen. Dies stellt dann psychische Gewalt dar.

Bei der Schädigung am Eigentum einer Person oder der Schule wird der Schaden mehr als nur geringfügig sein und vorsätzlich herbeigeführt worden sein müssen. Somit muss der Eintritt des Schadens zumindest ernstlich für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen worden sein. Ein, allenfalls auch grob fahrlässiges Verhalten soll daher nicht unter Z 4 fallen. Die Verortung dieser Regelungen im Anschluss an die Regelungen über den Kinderschutz soll diese möglichen komplexen Zusammenhänge erkennen lassen und zum Ausdruck bringen. Bei der Bewertung der Situation im Einzelfall wird dem jeweiligen Kinderschutzteam eine wichtige Beratungsfunktion vor Ort zukommen.

Bei der Betrachtung des Einzelfalls kann, auch wenn das Gesetz keine eigene Anordnung mehr enthält, die Abklärung eines möglichen Sonderpädagogischen Förderbedarfs erforderlich sein, wenn die Möglichkeit besteht, dass das Verhalten des Kindes seine Ursache in einem Krankheitsbild hat.

Abs. 6 sieht wie bisher eine bescheidmäßige Suspendierung, somit ein Aussetzen der Schülerrechte, insbesondere des Rechtes und der Pflicht zur Teilnahme am Unterricht, vor. In den Bescheid sind auch Art und Umfang der Mitwirkungspflichten der Erziehungsberechtigten zur Unterstützung der Reintegration bekannt zu geben, wobei exemplarisch erwähnt wird, um welche Pflichten es sich dabei handeln kann. Die Mitwirkungspflichten der Erziehungsberechtigen sollen insbesondere die Teilnahme an Gesprächen umfassen und in einem vertretbaren zeitlichen Umfang (insbesondere im Zusammenhang mit einer allfälligen Erwerbstätigkeit) den Kontakt mit Sozialpädagoginnen und -pädagogen, allenfalls der Kinder- und Jugendhilfe, das Erteilen der notwendigen Erklärungen und Zustimmungen sowie die Unterstützung der Teilnahme des Kindes an der Reintegrationsmaßnahme einschließen. Erklärungen oder Zustimmungen können beispielsweise für die Teilnahme an sozialpädagogischen Maßnahmen erforderlich sein, zB über bereits erfolgte Teilnahmen an Maßnahmen. Eine Aufnahme dieser Mitwirkungspflicht in den Bescheid ist aus dem Grund notwendig, weil es sich um eine normative Anordnung handelt und der Verstoß dagegen zu einer Verwaltungsstrafe (§ 80b) führen kann.

Die vier Wochen der Suspendierung sind eine Obergrenze, die Suspendierung kann je nach Sachlage auch für einen wesentlich kürzeren Zeitraum erfolgen, zB, um eine kurzfristige Beruhigung einer konkreten Situation herbeizuführen. Wenn ein Antrag auf Ausschluss gestellt wurde, soll die Suspendierung einmalig um höchstens zwei Wochen, sohin auf insgesamt höchstens sechs Wochen, verlängert werden können, um in diesem Zeitraum eine Klärung über die Notwendigkeit eines Ausschlusses abschließen zu können. Die Berechnung der Suspendierungsdauer in Wochen bezieht sich auf Kalenderwochen und es kommt die Fristberechnung gemäß § 74 SchUG zur Anwendung. Das Ende der Suspendierung kann somit auch in Ferienzeiten fallen.

Die Entscheidung, ob von einer Person keine Gefährdung mehr ausgeht, stellt immer eine Prognose auf der Grundlage der zum Entscheidungszeitpunkt verfügbaren Informationen dar. Dabei wird darauf zu achten sein, dass die Informationen vollständig sind, dh., dass alle bekannten und rechtlich verfügbaren Informationen in die Entscheidung miteinbezogen wurden. Informationen, die rechtlich nicht zugänglich sind, zB weil sie dem ärztlichen Berufsgeheimnis unterliegen, können auch nicht in die Entscheidung einbezogen sein.

Neben der bescheidmäßigen Suspendierung legt der neue Abs. 7 eine zusätzliche Verpflichtung zur Teilnahme an einer Reintegrationsmaßnahme (Suspendierungsbegleitung) fest. Davon ausgenommen sind Suspendierungen, deren Dauer mit weniger als vier Tagen bemessen wurde oder bei denen durch die Bildungsdirektion anlässlich des zugrundeliegenden Sachverhaltes ein SPF-Verfahren eingeleitet wurde. Letzteres käme beispielsweise dann in Betracht, wenn eine Erkrankung der Schülerin bzw. des Schülers mögliche Ursache für ihre bzw. seine Gefährdungshandlung gewesen sein kann.

Die in Abs. 7 genannten Begrifflichkeit der Schülerinnen und Schüler enthält keine Einschränkung und soll zum Ausdruck bringen, dass auch Schülerinnen und Schüler von Privatschulen im Geltungsbereich des Schulunterrichtsgesetzes im Falle einer Suspendierung zur Teilnahme an einer Reintegrationsmaßnahme verpflichtet sind. Allfällige vertragsrechtliche Regelungen, insbesondere über das Schulgeld, bleiben davon unberührt.

Ziel der Teilnahmeverpflichtung ist durch psychosoziale oder diesen vergleichbare Maßnahmen ein Erkennen der eigenen Fehler und dadurch eine Änderung des Verhaltens zu erreichen. Durch eine eingeschränkte unterrichtende Begleitung soll ein Wiedereinstieg in den Unterricht erleichtert werden. Die Suspendierungsbegleitung soll dabei auch dazu dienen, eine Mindeststruktur im Tagesablauf aufrecht zu erhalten und somit die bei Suspendierungen auftretenden unerwünschten negativen Effekte hintan zu halten.

Da eine Suspendierung nur bei Gefahr im Verzug erfolgt, muss auch die Suspendierungsbegleitung eine mögliche Gefährdung von Personen und Sachgütern möglichst ausschließen. Wenn das Verhalten des Suspendierten eine Gefährdung bei einer Reintegrationsmaßnahme vor Ort erwarten lässt, so soll diese Maßnahme auch bis zum vollen Umfang online durchgeführt werden können. Die Entscheidung, in welchem Ausmaß die Begleitung bei gleichzeitiger physischer Präsenz erfolgt, wird insbesondere von den bisherigen Erfahrungen mit der oder dem Suspendierten, auch unter Berücksichtigung der Informationen des Kinderschutzteams, abhängig sein.

Jede Bildungsdirektion kann die Schulen, an welchen Reintegrationsmaßnahmen durchgeführt werden, einschließlich deren örtlichen Einzugsgebietes, durch Verordnung festlegen. Dies soll der Planbarkeit in der Region dienen und soll nur eine Möglichkeit darstellen, um für den Vollzug den Schulbehörden die für eine effiziente und effektive Umsetzung erforderlichen Gestaltungsspielräume einzuräumen. Die Regelung sieht vor, dass nur ein örtliches Einzugsgebiet festgelegt wird, sodass alle Schülerinnen und Schüler in diesem Gebiet unter diese Regelung fallen, unabhängig von der besuchten Schule bzw. Schulart. Die flexible Organisationsmöglichkeit soll sicherstellen, dass die Durchführung an jenen Orten erfolgen kann, an welchen die erforderlichen Raumressourcen vorhanden sind. Bei der allfälligen Festlegung soll auf die Erreichbarkeit eingegangen werden können. Die Möglichkeit des ortsungebundenen Unterrichts soll dabei vor allem für den Fall, dass aufgrund der Gefahr im Verzug ein Unterricht vor Ort nicht möglich ist, vorgesehen werden.

Abs. 8 soll eine Vorhersehbarkeit und Planbarkeit für Schule, Schulverwaltung, Schüler und Eltern sicherstellen. Da eine Verpflichtung zur Teilnahme bestehen soll, muss den Normadressaten mitgeteilt werden, wie sie diese Pflicht erfüllen können. Dabei kann es erforderlich sein, Erziehungsberechtigen auch die Ursachen und die Wirkung des Bescheides zu erklären. Sie sollen über den Ort der Maßnahme ebenso zu informieren sein wie über den Förderplan, der die Maßnahmen dem Inhalt nach näher beschreibt. Der Förderplan ist dabei gesamthaft zu betrachten, die Berechnung ergibt nur die absolute Höchstsumme, wie die Aufteilung auf die einzelnen Wochen oder Tage erfolgt, soll individuell gestaltet werden können. Der Begriff „psychosoziale Maßnahmen“ ist dabei bewusst gewählt, um diese vom schulischen Unterricht abzugrenzen. Die Maßnahmen sollen auch durch entsprechend geschultes Personal aus dem Bereich des Schulwesens, auch in einer Schule, durchgeführt werden können. Es soll auch die Teilnahme an Angeboten, Maßnahmen oder Projekten die nicht durch eine Schule, sondern durch außerschulische öffentlich-rechtliche und private Partner durchgeführt werden, vorgesehen werden können, wobei es sich bei Angeboten und Maßnahmen von privaten Partnern um solche aus dem Bereich der psychosozialen Unterstützung handelt. Die Wendung „diesen vergleichbare Maßnahmen“ soll einerseits klarstellen, dass unter den sozialpädagogischen Maßnahmen nicht zwingend die in verschiedenen Landesgesetzen unter diesem Begriff festgelegten Maßnahmen zu verstehen sein sollen und andererseits, dass die Qualität der Maßnahmen den für sozialpädagogische Maßnahmen im allgemeinen vorgesehenen Standards entsprechen muss. Der Vergleichsmaßstab wird dabei die Qualität sein, wie sie bei direkter Leistungserbringung im Schulwesen vorgesehen ist. Eine Finanzierung außerschulischer Maßnahmen durch den Bund ist nicht möglich.

Die Unterrichtseinheiten sollen nicht beurteilt werden, da nicht die Erbringung von Leistung in einzelnen Gegenständen im Vordergrund stehen soll, sondern die möglichst gute Vorbereitung auf die Teilnahme am Unterricht im Klassenverband nach dem Ende der Suspendierung.

Die Einschränkung der Maßnahme auf höchstens 20 Wochenstunden ergibt sich aus der Erfahrung der bisherigen Pilotversuche im Bereich von sozialpädagogischen Einrichtungen.

Abs. 9 regelt das Perspektivengespräch. Im Schulwesen gibt es bereits präventive Instrumente und Gesprächsformate, die helfen sollen, ein Schulversagen und einen drohenden Schulabbruch zu verhindern. Diese reichen von den gemeinsamen Beratungen von Lehrpersonen und Erziehungsberechtigten über Fragen der Erziehung oder geeignete Bildungswege (§ 62 Abs. 2), über Verständigungspflichten (zB § 19 Abs. 4) bis zur systemischen Ebene im Rahmen der Qualitätssicherung und -entwicklung für Schulen (QMS). Das Perspektivengespräch soll eine Ergänzung dazu für Schülerinnen und Schüler sein, die die Schule vor dem lehrplanmäßigen Abschluss verlassen. Das Perspektivengespräch soll immer gemeinsam mit der Schülerin oder dem Schüler und, sofern es sich um eine minderjährige Schülerin bzw. einen minderjährigen Schüler handelt, zumindest einem Erziehungsberechtigten stattfinden. Schulseitig soll das Gespräch von zumindest einer Lehrperson geführt werden, die mit der Schülerin bzw. dem Schüler vertraut ist, um insbesondere bei der gezielten Beratung bestmöglich auf die Neigungen, Fähigkeiten und Interessen der Schülerin bzw. des Schülers eingehen zu können. Je nach Bedarfslage und im Sinne des Vier-Augen-Prinzips kann es seitens der Schule als sinnvoll erachtet werden, dem Gespräch eine weitere Person beizuziehen. Dafür kann beispielsweise eine Lehrperson aus dem Bereich der Bildungs- und Berufsorientierung als geeignet in Betracht kommen. Diese zweite Person soll dabei nicht zwingend aus dem Personalstand der Schule sein müssen. Es sollen auch externe Personen einbezogen werden können, zB aus dem Bereich der Schulpsychologie oder der Schulsozialarbeit.

Das Perspektivengespräch soll vor allem ein Angebot an ausscheidende Schülerinnen und Schüler und deren Eltern zu einer Beratung sein. Daher sollen in dem Gespräch Möglichkeiten für den weiteren Bildungsweg besprochen werden und für den Fall, dass es zu keiner klaren Zukunftsperspektive kommt, über die sich aus der Ausbildungspflicht ergebenden Folgen für die weitere Vorgangsweise informiert werden. Das Gespräch soll weiters dazu dienen, dass die Schule ihre eigenen Konzepte auf ihre Passgenauigkeit überprüfen kann, ob beispielsweise an den „Tagen der Offenen Tür“ den Interessentinnen und Interessenten das Anforderungsprofil an den Bildungsweg ausreichend deutlich kommuniziert wird, oder der Förderunterricht oder die Individuelle Lernbegleitung wirksam eingesetzt werden.

Das Stattfinden des Perspektivengesprächs soll dokumentiert werden, eine Ergebnisdokumentation ist jedoch nicht erforderlich. Für die Dokumentation und für die Aufbewahrung der Aufzeichnungen kommen die generell für Besprechungsprotokolle und Aufzeichnungen von Schulkonferenzen geltenden Bestimmungen des Schulunterrichtsgesetzes (§ 77a Abs. 3 und 4 SchUG) zur Anwendung.

Wenn eine Schülerin oder ein Schüler einer mittleren oder höheren Schule ab der neunten Schulstufe aus der Schule ausgeschlossen werden musste oder sich abmeldet, dann soll das Gespräch verpflichtend sein, um sicher zu stellen, dass im Übergang bzw. der erforderlichen Neuorientierung eine Beratung von erfahrenen und mit der Schülerin oder dem Schüler vertrauten Personen gewährleistet ist. Wenn die Erziehungsberechtigten dem Termin ungerechtfertigt fernbleiben, so ist ein neuer Gesprächstermin durch die zuständige Schulbehörde anzuberaumen. An diesem soll jedenfalls eine Person aus dem Bereich der psychosozialen Unterstützung teilnehmen, andere Personen aus der Schulbehörde sollen je nach Zweckmäßigkeit beigezogen werden können. Als Rechtfertigungsgründe kommen die in § 45 SchUG für Schülerinnen und Schüler angeführten Rechtfertigungsgründe, insbesondere Erkrankung, sinngemäß zur Anwendung. Der Begriff der Mitwirkung umfasst dabei die gesamte Beratung, bloße physische Anwesenheit ist nicht ausreichend. Das Gespräch ist in der Folge durch die Schulbehörde durchzuführen, wobei sich dies auf die gesprächsführende Person bezieht, nicht auf den Ort, d.h. das Gespräch kann auch in der Schule durchgeführt werden.

In den anderen Fällen des § 33 Abs. 2 SchUG soll ein Gespräch möglich sein und kann den Schülerinnen und Schülern ein solches angeboten werden. Bei Schülerinnen und Schülern bis einschließlich der achten Schulstufe bzw. der neunten Schulstufe an allgemein bildenden Pflichtschulen und deren Erziehungsberechtigen ist eine Pflicht zur Teilnahme am Perspektivengespräch nicht erforderlich. Diese Kinder sind schulpflichtig und die Regelungen über die Einhaltung der Schulpflicht trifft das Schulpflichtgesetz 1985, ein Gespräch kann bei freiwilligem Schulwechsel jedoch angeboten werden.

Zu Z 3 (§ 47 Abs. 2):

Die Bestimmung ist durch Neuregelung in § 44 Abs. 5 bis 8 überholt und kann daher entfallen.

Zu Z 4 (§ 48 samt Überschrift):

§ 48 enthält Verständigungspflichten, insbesondere im Zuge eines Ausschlusses. § 48 Abs. 1 und 2 sind bereits Teil des Rechtsbestandes.

Abs. 3 Z 1 und 2 sieht vor, dass, wenn der Ausschluss einer Schülerin oder eines Schülers gemäß § 49 Abs. 1 Z 2 (Gefährdung) erfolgt, über diesen sowohl die Kinder- und Jugendhilfe als auch die zuständige Landespolizeidirektion, jeweils unter Anschluss eines rechtskräftigen Bescheides, zu informieren sein soll. Grundsätzlich gilt, dass evidenzbasierende Entscheidungen nur getroffen werden können, wenn Informationen vollständig und zeitnah zur Verfügung stehen. Die Weitergabe der Informationen ist in beiden Fällen notwendig, um eine vollständige Informationsgrundlage für behördliches Tätigwerden sicherzustellen. Gemäß Z 3 sollen im Falle der Anhängigkeit eines Aufenthaltsverfahrens auch die für Aufenthalts- und Niederlassungsbewilligungen zuständigen Behörden über einen erfolgten Ausschluss informiert werden, da auch dies eine zusätzliche Information in einem Aufenthaltsverfahren darstellen kann.

Die Datenkategorien, die verarbeitet werden, werden aufgezählt, wobei es sich um jene Daten handelt, die im Bescheid enthalten sind. Ebenso werden bei jeder Datenübermittlung der Z 1 bis 3 die Zwecke der Datenübermittlung dargestellt.

Zu Z 5 bis 10 (§ 49 samt Überschrift, § 58 Abs. 2, § 61 Abs. 2 Z 1 und 2):

Der Ausschluss orientiert sich an der bisherigen Gesetzeslage und trägt dem Umstand Rechnung, dass der Schulbehörde durch die Suspendierungsbegleitung ein Beobachtungszeitraum für eine Prognose über das zukünftig zu erwartende Verhalten als Grundlage für ihre Entscheidung zur Verfügung steht. Prüfungsmaßstab sollen dabei die Gefährdung der Sittlichkeit, der physischen oder psychischen Sicherheit oder des Eigentums der anderen sein. Damit soll die bisherige Begrifflichkeit beibehalten werden. Die körperliche Sicherheit soll aber in Ergänzung der diesen Regelungen vorangehenden Absätze zum Kinderschutz um die psychische Sicherheit ergänzt werden. Seit Einführung der Kinderschutzteams ist der Schulleitung eine Beratung mit den mit Fragestellungen des Schutzes vor Gefährdungen in der Schule vertrauten Personen möglich, die bisher nicht bestand. Die Entscheidung über einen Antrag auf Ausschluss soll in Zukunft daher unmittelbar durch die Schulleitung ohne Vorschaltung eines kollegialen Gremiums erfolgen. Die Schüler- und Elternvertretungen sollen bei einem Ausschluss einer Schülerin bzw. eines Schülers gehört werden, sohin eine Stellungnahme abgeben dürfen; eine Parteistellung im Sinne des AVG 1991 kommt ihnen nicht zu.

Zu Z 11 (§ 73 Abs. 3a):

Es erfolgt eine Zitatanpassung.

Zu Z 12 (§ 80b samt Überschrift):

In § 80b sollen Strafbestimmungen ins Schulunterrichtsgesetz aufgenommen werden. Folgende Verwaltungsübertretungen sollen durch die zuständige Schulbehörde bei der Bezirksverwaltungsbehörde zur Anzeige gebracht werden:

Z 1: Eine Verwaltungsübertretung nach Z 1 soll dann vorliegen, wenn Erziehungsberechtigte die bekanntgegebenen Mitwirkungspflichten bei der Reintegration (Suspendierungsbegleitung) trotz Setzung einer Nachfrist gemäß § 44 Abs. 8 letzter Satz nicht erfüllen. Ihre konkreten Mitwirkungspflichten ergeben sich aus dem Bescheid der Schulbehörde gemäß § 44 Abs. 6 zweiter Satz und können die Vorlage von Dokumenten, Abgabe von Erklärungen oder Teilnahme an einem bestimmten Termin umfassen.

Z 2 regelt eine Verwaltungsübertretung, wenn Erziehungsberechtigte nicht am Perspektivengespräch mit der Schulbehörde gemäß § 44 Abs. 9 teilnehmen.

Z 3: Eine Verwaltungsübertretung nach Z 3 soll dann vorliegen, wenn Erziehungsberechtigte die Pflicht zur Teilnahme an einem Gespräch mit der Schulbehörde gemäß § 43a Abs. 3 zweiter Satz nicht erfüllen. Voraussetzung für die Erfüllung des Tatbestands ist, dass die Ladung zum Gespräch nachweislich erfolgt ist und keiner der Erziehungsberechtigten am Gespräch teilgenommen hat.

Z 4: Eine weitere Verwaltungsübertretung der Erziehungsberechtigten soll nach Z 4 dann vorliegen, wenn Erziehungsberechtigte auch nach dem anberaumten Gespräch ihre Pflicht, für die Befolgung des Verbots gemäß § 43a Abs. 1 zu sorgen, nicht erfüllen. Dies ist dann der Fall, wenn die Schülerin nach diesem anberaumten Gespräch erneut an einem Schultag (lit. a) und in weiterer Folge an jeweils mehr als fünf aufeinander- oder nicht aufeinanderfolgenden Schultagen bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres (lit. b) das Verbot nicht einhält. Damit soll klargestellt werden, dass es sich bei dem Verstoß gegen das Verbot gemäß § 43a Abs. 1 um kein Dauerdelikt handeln soll, sondern zunächst ein Verstoß gemäß Z 4 lit. a und in weiterer Folge jeder Verstoß gemäß Z 4 lit. b jeweils eine Verwaltungsübertretung darstellt. Die Formulierung „anberaumtes Gespräch“ soll verdeutlichen, dass eine Verwaltungsübertretung gemäß Z 4 lit. a und b unabhängig von einer Teilnahme am Gespräch gemäß § 43a Abs. 3 vorliegen kann.

Die Tatbestände gemäß Z 1 bis 4 stellen voneinander unabhängige Verwaltungsübertretungen dar.

Zu Z 12 (§ 82 Abs. 29):

Die Bestimmung soll das Inkrafttreten regeln.

Zu Z 13 (§ 82j samt Überschrift):

Diese Regelung soll für einen Übergangszeitraum die Durchführung von Perspektivengesprächen ermöglichen.

Zu Art. 2 (Änderung des Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetzes)

Zu Z 1 (§ 8 Abs. 5):

Durch die gezielte Begleitung suspendierter Schülerinnen und Schüler können schulische und soziale Probleme frühzeitig aufgefangen werden. Dies verhindert langfristig höhere Kosten durch wiederholte Schulabwesenheit, steigende Drop-Out-Quoten oder kostspieligere Interventionsmaßnahmen (zB Jugendwohlfahrt, Nachbeschulungsmaßnahmen), insbesondere auch auf Seiten der Schulerhalter (zB durch notwendige Schulplätze für Klassenwiederholungen). Die Maßnahme trägt zur Erfüllung des gesetzlichen Bildungs- und Erziehungsauftrags bei und fördert ein positives Schulklima. Erfolgreiche Reintegration suspendierter Schüler reduziert konfliktbedingte Belastungen für das gesamte System, was auch für die Schulerhalter organisatorische und finanzielle Entlastung nach sich ziehen kann. Allenfalls auf Grundlage des Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetzes durch die Inanspruchnahme einer Suspendierungsbegleitung einer Schülerin oder eines Schülers an einem Schulstandort eines anderen Schulerhalters entstehende Schulerhaltungsbeiträge sind, in Hinblick auf die kurze Dauer und die Zahl der in Betracht kommenden Fälle, in Relation zu den mittelfristig erzielbaren Einsparungen bei anderen Interventionsmaßnahmen (u.a. Klassenwiederholungen) als gering einzustufen. Durch die Einführung der strukturierten Suspendierungsbegleitung ist mittel- bis langfristig von einem Rückgang der erforderlichen Verfahren auszugehen, da auch im Vorfeld angesiedelte Präventionsmaßnahmen verstärkt werden. Kurzfristig ist nicht mit einem Anstieg der erforderlichen Verwaltungsstrafverfahren bei den Bezirksverwaltungsbehörden zu rechnen.

Dennoch soll eine Vorsorge für außergewöhnliche Sachlagen ermöglicht werden. Es soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass ein Kostenausgleich zwischen den beteiligten Partnern und Schulen der Suspendierungsbegleitung festgelegt wird. Die Regelung über sprengelfremden Schulbesuch wären hier nicht anwendbar, da keine „Umsprengelung“ erfolgt und der Schüler auch während der Suspendierung die Schülereigenschaft an jener Schule, von deren Besuch er suspendiert wurde, behält. Bei Durchführung der Maßnahme an einer Bundesschule für Pflichtschüler ist kein Kostenersatz vorgesehen, da dies aufgrund des Anwendungsbereichs in diesem Gesetz nicht zu regeln ist. Dieser Fall kann in der Praxis nur sehr selten und nur dann auftreten, wenn zu einer Bündelung von mehreren Schülerinnen und Schülern an einer Sekundarstufe I einer Bundesschule käme. Ein möglicher Kostenersatz an den Bund steht dabei in keiner Relation zum Verwaltungsaufwand für die Berechnung und Verrechnung eines (fiktiven) Sachaufwandes.

Zu Art. 3 (Änderung des Schulpflichtgesetzes 1985)

Zu Z 1 (§ 24 Abs. 4):

Die Höhe der Strafdrohung soll mit der Regelung im Schulunterrichtsgesetz harmonisiert werden. Anzeigen an die Bezirksverwaltungsbehörden sollen jeweils durch die zuständige Schulbehörde erstattet werden.

Zu Z 2 (§ 30 Abs. 33):

Diese Bestimmung soll das Inkrafttreten regeln.

Zu Z 3 (§ 31):

Es soll eine Verweisberichtigung erfolgen.

Zu Art. 4 (Änderung des Privatschulgesetzes):

Zu Z 1 (§ 2 Abs. 2):

Die vorgenommene Ergänzung in Abs. 2 konkretisiert das Bildungsziel von Privatschulen im Lichte der staatlichen Verantwortung für das Kindeswohl. Die neu eingefügte Passage um die kindgerechte Entwicklungs- und Entfaltungsfreiheit stellt klar, dass private Trägerschaft und konfessionelle Ausrichtung die freie Persönlichkeitsentwicklung zu fördern und sicherzustellen haben.

Im Kontext des Verbots bedeutet dies insbesondere, dass auch Privatschulen sicherstellen müssen, dass die freie Persönlichkeitsentfaltung von unmündigen Schülerinnen nicht durch das Tragen eines Kopftuchs eingeschränkt wird (vgl. § 2b). Damit soll der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs Folge getragen, ein einheitlicher Schutzstandard gewährleistet und ein Ausweichen auf Privatschulen unterbunden werden.

Zu Z 2 (§ 2b):

Um einen österreichweit stringenten Vollzug des Kopftuchverbots sicherzustellen, stellt § 2b klar, dass das gesetzliche Verbot, in der Schule ein Kopftuch nach islamischen Traditionen zu tragen, für Schülerinnen bis zur Vollendung des 14. Lebensjahrs nicht nur an öffentlichen Schulen, sondern auch an Privatschulen zur Anwendung kommt. Damit wird gewährleistet, dass staatlich gesetzte Schutzstandards nicht durch private Schulträgerschaft relativiert werden.

Zu Z 3 (§ 22 Abs. 1):

Die Regelungen zur Aufsicht über die Privatschulen werden um die Erfüllung der Bestimmung des § 2b erweitert.