Erläuterungen
Allgemeiner Teil
Zuletzt haben sich im Zusammenhang mit der Sozialbetrugsbekämpfung folgende Entwicklungen und Schwierigkeiten gezeigt:
Im Rahmen von Scheinunternehmen werden immer öfter Gesellschafter-Geschäftsführer oder Einzelunternehmer:innen zur Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (SVS) angemeldet, ohne in der Folge die auflaufenden Beiträge zu entrichten, dennoch aber Leistungen aus der SVS zu beziehen.
Nach dem Bundesfinanzgericht sollen nicht bloß geringe Rückstände an Sozialversicherungsbeiträgen für Dienstnehmer:innen nur dann einen Anhaltspunkt für das Vorliegen eines Scheinunternehmens bilden, wenn gleichzeitig auch Anmeldungen zur Sozialversicherung vorgenommen werden.
Die aufgrund der BAO grundsätzlich verpflichtende Beschwerdevorentscheidung auch für Verfahren iZm Feststellungen von Scheinunternehmen führt zu Verzögerungen der Verfahren, ohne dass mit dieser Verpflichtung ein Vorteil für betroffene Unternehmen oder das Amt für Betrugsbekämpfung verbunden wäre.
Banken versuchen mitunter, für die Vorgänge iZm dem „Freezing“ dem Amt für Betrugsbekämpfung Kosten zu verrechnen. Beim Verfahren zur Feststellung von Scheinunternehmen und beim „Freezingbescheid“ bestehen trotz vergleichbarer Gegebenheiten unterschiedliche Vorgänge bei Zustellungen an die Scheinunternehmen.
Darüber hinaus können gerade bei Sozialbetrugsvorgängen bzw. mangelnder Dienstgebermitwirkung die Ermittlungsbehörden häufig nur das Gesamtausmaß der Fehlstunden bzw. der Bemessungsgrundlagen ermitteln. Eine Zuordnung auf bestimmte Versicherungsverhältnisse ist häufig nicht möglich.
Zur Erreichung der verbesserten Sozialbetrugsbekämpfung sind daher die folgenden Maßnahmen vorgesehen:
- Aufnahme der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen in die Kooperationsstellen
- Klarstellung des Verdachtsanhaltspunktes in Bezug auf das Vorliegen von Scheinunternehmen, wonach ein Rückstand nicht im Zeitpunkt der Anmeldung zur Sozialversicherung vorliegen muss sowie eine umfassendere Regelung von Rückständen
- Schaffung einer fakultativen Beschwerdevorentscheidung
- Klarstellung der Unentgeltlichkeit des „Freezingvorgangs“ bei gleichzeitig möglicher Abbuchung der laufenden Kontoführungskosten sowie Vereinheitlichung des Zustellvorgangs
- Ergänzung der sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen der Scheinunternehmensfeststellung
- Erweiterung der sozialversicherungsrechtlichen Auskunftspflichten nach dem Vorbild der Bundesabgabenordnung
- Schaffung der Möglichkeit der Vorschreibung einer der Krankenversicherung zweckgewidmeten Prüfungsabgabe, wenn die Nachverrechnung von Sozialversicherungsbeiträgen mangels Zuordnung nicht möglich ist
- Erweiterung der Auftraggeberhaftung im Baubereich in Fällen der Arbeitskräfteüberlassung
- Verhinderung von Anfechtungen nach der Insolvenzordnung gegenüber Sozialversicherungsträgern
Im Einzelnen sind die vorgeschlagenen Maßnahmen im Besonderen Teil der Erläuterungen dargestellt.
Kompetenzgrundlage:
In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich die Erlassung eines dem Entwurf entsprechenden Bundesgesetzes auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG („Sozial- und Vertragsversicherungswesen“, „Arbeitsrecht“, soweit es nicht unter Art. 11 fällt) und Art. 13 Abs. 1 B-VG bzw. das F-VG 1948 („Abgabenwesen“).
Besonderer Teil
Zu Art. 1 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes):
Zu Z 1 (§ 11 Abs. 7):
In den Bescheiden nach § 8 SBBG wird festgestellt, ab welchem Zeitpunkt das Unternehmen als Scheinunternehmen zu qualifizieren ist. Dieser Feststellungszeitpunkt liegt in der Regel viele Monate, manchmal sogar ein Jahr vor dem Rechtskraftdatum des Bescheides. Die Vollzugspraxis zeigt, dass der Großteil der betroffenen Personen im Regelfall auch bereits lange vor Rechtskraft des Bescheides über das Vorliegen eines Scheinunternehmens beim Scheinunternehmen gemeldet war. Aufgrund der derzeit geltenden Rechtslage kann der Krankenversicherungsträger jedoch hinsichtlich der Zeit vor Rechtskraft des Bescheides nach § 8 SBBG die betroffenen Versicherten erst nach Führung eines Feststellungsverfahrens im Verwaltungsverfahren aus der Versicherung ausscheiden.
Zur Verringerung des Verwaltungsaufwandes bei der Beseitigung von betrügerisch herbeigeführten Meldungen zur Sozialversicherung soll daher künftig an den im rechtskräftigen Bescheid nach § 8 SBBG festgestellten Zeitpunkt, ab dem ein Unternehmen als Scheinunternehmen gilt, angeknüpft werden. Das Ende der Pflichtversicherung soll daher – nach Eintritt der Rechtskraft des Scheinunternehmensbescheids – rückwirkend bereits mit dem im Bescheid nach § 8 SBBG festgesetzten Datum des Vorliegens der Scheinunternehmenseigenschaft eintreten.
Zu Z 2 (§ 35a Abs. 1):
Auf Grund der nunmehr erstmaligen Verweisung auf das Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz im § 11 Abs. 7 ASVG ist im § 35a Abs. 1 ASVG der Kurztitel des Gesetzes zu verwenden.
Zu Z 3 (§ 42c)
Nach § 42 Abs. 3 ASVG ist der Versicherungsträger berechtigt, die für das Versicherungsverhältnis maßgebenden Umstände aufgrund anderer Ermittlungen oder unter Heranziehung von Daten anderer Versicherungsverhältnisse bei demselben Dienstgeber sowie von Daten gleichartiger oder ähnlicher Betriebe festzustellen, wenn die zur Verfügung stehenden Unterlagen für die Beurteilung nicht ausreichen. In der Praxis hat sich gezeigt, dass diese dem Versicherungsträger eingeräumte Feststellungsbefugnis oft nicht ausreicht, festgestellte Sachverhalte bzw. bezahlte Entgelte, welche sich aus den Geschäftsbüchern und Aufzeichnungen eines Dienstgebers ergeben, in ausreichendem Maße konkreten als Dienstnehmer tätigen Personen und/oder bestimmten Beitragszeiträumen zuzuordnen. Dies kann darin begründet sein, dass die Identität der tatsächlich tätigen Personen nicht bekannt ist. Die Sachverhaltsermittlungen lassen ohne entsprechende Mitwirkung der Dienstgeber oft keine eindeutige Aufteilung bzw. Zuordnung der festgestellten Beitragsgrundlagen auf konkrete gemeldete Versicherte zu.
Die Befugnis nach § 42 Abs. 3 ASVG setzt nach ständiger Rechtsprechung (z.B. VwGH 19.10.2005, 2002/08/0273) voraus, dass eine konkrete Person als Dienstnehmer:in (oder in einer anderen, die Versicherungspflicht begründenden Weise) für den Dienstgeber (Auftraggeber) tätig gewesen ist und in Bezug auf diese Person die zur Beurteilung des Versicherungsverhältnisses erforderlichen Daten unvollständig sind oder fehlen. Die Bestimmung ermächtige den Versicherungsträger demnach nicht, nicht näher feststellbare Beschäftigungsverhältnisse unbekannter Personen durch die Schätzung von deren Zahl und einer Lohnsumme zu substituieren und auf Grund dieser Lohnsumme eine Beitragsnachverrechnung unter der Annahme eines durchgehenden Beschäftigungsverhältnisses vorzunehmen. Soweit der Versicherungsträger nicht in der Lage ist, Beitragsverpflichtungen einem konkreten Beschäftigungsverhältnis zuzuordnen, könne dieses auch im Schätzungswege nicht substituiert werden. In der Prüfpraxis der Krankenversicherungsträger bzw. der Finanzverwaltung führt dies bei Feststellung von Schwarzlohnzahlungen an nicht näher bekannte Dienstnehmer:innen zu der Diskrepanz, dass eine Nachverrechnung verkürzter Lohnabgaben im Wege der abgabenrechtlichen Schätzung nach § 184 BAO erfolgt, eine Nachverrechnung der ebenfalls verkürzten Sozialversicherungsbeiträge hingegen unterbleibt.
Durch die vorgeschlagenen Regelungen sollen daher einerseits die Auskunfts- und Einsichtsrechte des Versicherungsträgers im ASVG in Anlehnung an die Bundesabgabenordnung (BAO) erweitert werden. Während die Auskunftspflicht nach § 143 Abs. 1 BAO grundsätzlich „jedermann“ trifft, auch wenn es sich nicht um seine persönliche Abgabepflicht handelt, sind die auskunftspflichtigen Stellen in § 42 Abs. 1 ASVG im Einzelnen angeführt. Es sollen daher auch im ASVG unter bestimmten Umständen Dritte zur Auskunft verpflichtet sein. So soll die Verpflichtung zum Tragen kommen, wenn keine (hinreichende) Offenlegung durch die nach § 42 ASVG primär zur Auskunft verpflichteten Dienstgeber erfolgt und sich aus dem bisherigen Verwaltungsverfahren die berechtigte Annahme ergibt, dass diese Dritten über entsprechende Informationen verfügen bzw. aufgrund der Lebenserfahrungen verfügen müssen. Die Auskunft durch Dritte ist wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen. Die Verpflichtung zur Auskunftserteilung schließt die Verbindlichkeit in sich, Urkunden und andere schriftliche Unterlagen, die für die Sachverhaltsermittlung durch den Versicherungsträger von Bedeutung sind, vorzulegen oder die Einsichtnahme in diese zu gestatten (vgl. § 143 Abs. 2 BAO).
Andererseits soll in Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung durch die Möglichkeit der Vorschreibung einer Prüfungsabgabe eine Möglichkeit eröffnet werden, verkürzte Beträge auf Basis geschätzter Grundlagen vorzuschreiben, wenn die Nachverrechnung von Sozialversicherungsbeiträgen mangels Zuordnung zu konkreten Versicherungsverhältnissen nicht in Betracht kommt. Die Vorschreibung einer Prüfungsabgabe ist nur subsidiär zu einer Vorgehensweise nach § 42 Abs. 3 ASVG vorgesehen und soll in sinngemäßer Anwendung des § 42 Abs. 3 ASVG erfolgen. Damit wird klargestellt, dass – abgesehen von der Feststellung der Identität der Versicherten – die bestehenden materiell- und verfahrensrechtlichen Voraussetzungen einer beitragsrechtlichen Schätzung auch bei Vorschreibung der Prüfungsabgabe zu beachten sind. Die Prüfungsabgabe soll – ähnlich wie die Dienstgeberabgabe nach DAG – als ausschließliche Bundesabgabe ausgestaltet werden, die von den Krankenversicherungsträgern im übertragenen Wirkungsbereich eingehoben wird und der Finanzierung der Krankenversicherung zweckgewidmet ist.
Zu Z 4 (§65 Abs. 3)
Das in §§ 27 ff der Insolvenzordnung (IO), RGBl. Nr. 337/1914, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 77/2023, verankerte Anfechtungsrecht stellt sicher, dass bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens getätigte Rechtshandlungen des Insolvenzschuldners rückabgewickelt werden können, um im Sinne des Grundsatzes der par conditio creditorum eine Bevorzugung einzelner Gläubiger in zeitlicher Nähe zur Insolvenz zu verhindern. Festzuhalten ist dazu aber, dass es zu keinem Zeitpunkt zu einer vollständigen insolvenzrechtlichen Gleichbehandlung aller Gläubiger kam. Zwar wurden mit dem Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1982, BGBl. Nr. 370/1982 – IRÄG 1982, grundlegende Weichenstellungen getroffen, um sich der Maxime des klassenlosen Konkurses anzunähern, die u. a. auch die Beseitigung der bis dahin bestehenden Vorrechtsklassen im damaligen Konkurs- und Ausgleichsverfahren bedeuteten (zu Auswirkungen insbesondere auf die Beitragseinhebung der Sozialversicherungsträger vgl. Bartos, Gesetzliche Mängel behindern Beitragseinhebung, SozSi 1987, 508). Weder durch das IRÄG 1982 noch durch spätere Novellierungen wurde aber ein „klassenloser Konkurs“ im Sinne einer gänzlichen Nivellierung divergierender Gläubiger bzw. -vorrechte geschaffen (vgl. dazu die Ausführungen und umfassenden Beispiele bei Prem, Die Anfechtung der Konkursordnung am Beispiel der Sozialversicherungsträger, SozSi 2010, 522 [524]).
So wurde im Hinblick auf die besondere Gläubigerrolle der Sozialversicherungsträger im Rahmen des AuftraggeberInnen-Haftungsgesetzes (BGBl. I Nr. 91/2008) in § 67a Abs. 4 ASVG eine insolvenzrechtliche Privilegierung vorgesehen, die vom Gesetzgeber ausdrücklich mit dieser besonderen Gläubigerrolle begründet wurde (ErlRV 523 BlgNR XXII.GP 5). Diese ergibt sich aus der spezifischen Ausgestaltung des Sozialversicherungsverhältnisses, das kraft Erfüllung des gesetzlichen Tatbestands ex lege entsteht. Im Gegensatz zu den meisten anderen Gläubigergruppen können sich Sozialversicherungsträger die Schuldner nicht aussuchen, sondern haben jede Person, die die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, als Versicherte in die Versicherung aufzunehmen (dazu umfassend Souhrada, Gedanken zur Beitragseinhebung, SozSi 1995, 747; Kietaibl, Zwei sozialversicherungsrechtliche Fragen zur Dienstgeberinsolvenz: Meldepflicht über die Zahlungsunfähigkeit und Anfechtbarkeit von Beitragszahlungen, DRdA 2011, 416 [422]). In dieser Rolle als Pflichtgläubiger bestehen gewisse Ähnlichkeiten mit dem Fiskus im Hinblick auf Steuerschulden.
Zudem stehen den Beitragsforderungen des Versicherungsträgers konkrete Leistungsverpflichtungen der Sozialversicherungsträger gegenüber, die einzelnen Versicherten gegenüber auch unabhängig von der tatsächlichen Einbringlichkeit der Forderung uneingeschränkt aufrecht bleiben. Damit unterscheiden sich Krankenversicherungsträger auch von allen anderen Gläubigern mit Kontrahierungszwang wie Verkehrsbetrieben, Energieversorgungsunternehmen, privaten Haftpflichtversicherungen udgl., die bei Zahlungsverzug oder Zahlungsausfall umfassende Einschränkungen ihrer Leistungen vornehmen können.
Dieser Sonderstellung hat auch in jüngerer Zeit der Verfassungsgerichtshof Rechnung getragen, indem er den Ausschluss der Anfechtungstatbestände nach der Insolvenzordnung im Zusammenhang mit dem Covid-19-Ratenzahlungsmodell der Österreichischen Gesundheitskasse als verfassungskonform beurteilte (VfGH 18.6.2022, G 344/2021).
Es soll daher vorgesehen werden, dass entrichtete Beiträge sowie Sicherheiten und Pfändungspfandrechte, die für Beiträge bestellt oder erworben wurden, nicht nach der Insolvenzordnung angefochten werden können, wenn das Vermögen des Schuldners ausreicht, um zumindest die Anlaufkosten des Insolvenzverfahrens zu finanzieren.
Reicht das Vermögen des Schuldners hingegen nicht aus, um die Anlaufkosten des Insolvenzverfahrens zu decken, soll eine Anfechtbarkeit der entrichteten Beiträge bzw. der für diese Beiträge bestellten Pfandrechte oder Sicherheiten bis zu dem auch in § 72a Abs. 1 Insolvenzordnung angeführten Betrag von 4 000 Euro möglich sein. Dadurch wird verhindert, dass in jenen Fällen, in denen derzeit die Eröffnung des Insolvenzverfahrens möglich ist, weil aufgrund einer erfolgreichen Anfechtung entrichtete Beiträge in die Masse zurückgezahlt werden mussten, es zukünftig zu Abweisungen mangels Masse kommt. Indem durch erfolgreiche Anfechtung weiterhin ein Betrag von bis zu 4 000 Euro verfügbar gemacht werden kann, wird die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sowie die Bestellung eines Insolvenzverwalters ermöglicht. Dadurch wird gewährleistet, dass auch zukünftig im Rahmen des Insolvenzverfahrens die Vermögenssituation des Schuldners genau überprüft und gegebenenfalls Malversationen der Geschäftsleitung aufgedeckt werden können.
Zu Z 5 und 6 (§ 67a Abs. 1 und 3):
Wird die Erbringung von Bauleistungen von einem Unternehmen an ein anderes Unternehmen ganz oder teilweise weitergegeben, so haftet das Auftrag gebende Unternehmen nach der derzeit geltenden Rechtslage für alle Beiträge und Umlagen des Auftrag nehmenden Unternehmens bis zu einem Höchstausmaß von 20 % des geleisteten Werklohns.
Aus der Vollzugspraxis wird berichtet, dass es sich bei einer Vielzahl von Subleistungen, die von betrügerisch tätigen Bauunternehmen herrühren, de facto um verschleierte Arbeitskräfteüberlassungen handle. Die betrügerisch tätigen Unternehmen würden über keinerlei Infrastruktur verfügen und tatsächlich nur mit der Arbeitsleistung der überlassenen Arbeitskräfte kalkulieren, wenngleich pro forma ein Gewerk verrechnet würde. Die tätigen Dienstnehmer:innen würden zudem mit sehr niedrigen Beitragsgrundlagen angemeldet und ein großer Teil des tatsächlich bezogenen Entgelts „schwarz“ ausbezahlt. Die auflaufenden Beitragsrückstände werden durch die derzeit zu entrichtenden 20 % „aufgesogen“, stellen somit für den Subunternehmer keine Belastung dar und befreien den Auftraggeber zudem vollständig aus der Haftung.
Aufgrund der Verweisungen auf den Bauleistungsbegriff des § 19 Abs. 1a UStG ist auch die Überlassung von Arbeitskräften als Bauleistung anzusehen, wenn die überlassenen Arbeitskräfte Bauleistungen erbringen. Bei der Einführung der Auftraggeberhaftung wurde im Rahmen einer Schätzung der Sozialpartner auf jenen Prozentsatz des Werklohns geblickt, der im Bauleistungsbereich bei einer Durchschnittsbetrachtung über unterschiedliche Bauleistungen typischerweise für die Sozialbeiträge verwendet wird (vgl Bartos, SozSi 2008, 426 [430], Meissnitzer-Faure/Rebhahn in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 67a ASVG Rz 48). Im Bereich der (verschleierten) Arbeitskräfteüberlassungen im Baubereich, deren pro forma verrechnete Werklöhne typischerweise keinen Anteil für Material bzw. Maschinen enthalten, erscheint diese Quote zu niedrig bemessen, wodurch auch die präventive Wirkung der Auftraggeberhaftung im Vergleich zu anderen Bauleistungen vermindert ist. Zur Sicherung des Beitragsvolumens und um den effektiven Anteil der haftungsgegenständlichen Beiträge und Umlagen realitätsnah abzubilden, wird daher eine Anhebung der Haftungsgrenze auf 32 % für jene Fälle vorgeschlagen, in denen die Leistungserbringung in Form einer Arbeitskräfteüberlassung erfolgt. Systemkonform soll auch die Haftungsbefreiung des § 67a Abs. 3 Z 2 ASVG in Fällen der Arbeitskräfteüberlassung künftig erfordern, dass das Auftrag gebende Unternehmen einen Haftungsbetrag im Ausmaß von 32% an das bei der Österreichischen Gesundheitskasse eingerichtete Dienstleistungszentrum überweist.
Schlussbestimmung.
Zu Art. 2 (Änderung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes):
Zu Z 1 und 2 (§§ 7a und § 229a):
Immer öfter werden Scheinunternehmen auch dazu verwendet, Gesellschafter-Geschäftsführer bzw. Gesellschafterinnen-Geschäftsführerinnen oder natürliche Personen, die als Einzelunternehmer bzw. Einzelunternehmerinnen Scheinunternehmenseigenschaften erwerben, zur Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (SVS) anzumelden und in der Folge die anlaufenden Beiträge nicht zu entrichten, dennoch aber Leistungen der SVS zu beziehen.
Die SVS soll daher als Kooperationspartnerin in die Lage versetzt werden, zeitnahe Informationen über etwaige Scheinunternehmen zu erhalten und geeignete Maßnahmen zur rückwirkenden Beendigung der einschlägigen Versicherungsverhältnisse nach dem GSVG vornehmen zu können.
In Anlehnung an die Regelungen zur Beendigung von Versicherungsverhältnissen nach § 11 Abs. 7 ASVG soll auch im GSVG normiert werden, dass die Pflichtversicherung der im § 2 Abs. 1 Z 1 bis 4 bezeichneten Personen sowie die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der im § 3 Abs. 1 Z 2 bezeichneten Personen, die nach den Feststellungen im rechtskräftigen Bescheid nach § 8 SBBG organschaftliche Vertreter bzw. Vertreterinnen oder Inhaber bzw. Inhaberinnen eines Scheinunternehmens waren, nicht erst mit Rechtskraft des Bescheides endet, sondern – nach Eintritt der Rechtskraft des Scheinunternehmensbescheids – bereits mit dem Ende des Kalendermonats, in den das im Bescheid nach § 8 SBBG festgesetzte Datum des Vorliegens der Scheinunternehmenseigenschaft fällt oder in dem die Vertretung oder Inhaberstellung eines solchen Unternehmens später übernommen wurde.
Zu Z 3 (§ 424):
Schlussbestimmung.
Zu Art. 3 (Änderung des Sozialbetrugsbekämpfungsgesetzes):
Zu Z 1 (§ 3 Abs. 2):
Immer öfter werden Scheinunternehmen auch dazu verwendet, Gesellschafter-Geschäftsführer oder natürliche Personen, die als Einzelunternehmer Scheinunternehmenseigenschaften erwerben, zur Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (SVS) anzumelden und in der Folge die auflaufenden Beiträge nicht zu entrichten, dennoch aber Leistungen aus der SVS zu beziehen.
Daher soll die SVS als Kooperationsstelle in die Lage versetzt werden, zeitnahe über die Sozialbetrugsdatenbank Informationen über die Scheinunternehmen zu erhalten (vgl. §§ 5 und 8 SBBG), um geeignete Maßnahmen – nach dem GSVG zur Stornierung der Versicherungsverhältnisse – vornehmen zu können.
Zu Z 2 (§ 8 Abs. 1 Z 2):
Die Z 2 soll nunmehr nicht nur Personen erfassen, die unselbständig erwerbstätig sind, sondern auch solche, die selbständig erwerbstätig sind.
Zu Z 3 (§ 8 Abs. 3 Z 6):
Derzeit wird von Seiten des Bundesfinanzgerichts die Bestimmung des § 8 Abs. 3 Z 6 so ausgelegt, dass Beitragsrückstände nur dann als Anhaltspunkt für das Vorliegen eines Scheinunternehmens gewertet werden können, wenn gleichzeitig auch Anmeldungen zur Sozialversicherung vorgenommen werden. Bloß laufend steigende Beitragsrückstände werden hingegen – soweit eine weitere Anmeldung zur Sozialversicherung nicht erfolgt – nicht berücksichtigt. Dies steht im Widerspruch zum Einleitungsteil des § 8 Abs. 3, wonach die Aufzählung von Anhaltspunkten für das Vorliegen eines Scheinunternehmens lediglich demonstrativ ist. Daher soll die Wortfolge „im Zeitpunkt einer Anmeldung des/der Dienstnehmers/Dienstnehmerin zur Sozialversicherung“ entfallen. Die Beschreibung des Anhaltspunktes soll weiters insofern verändert werden, als klargestellt wird, dass auch maßgebliche Rückstände von BUAG-Beiträgen und Lohnsteuer für die Beurteilung herangezogen werden sollen. Insbesondere Grund und Entwicklung der Rückstände können Indizien für das Vorliegen eines Scheinunternehmen darstellen. Kurzfristige Anstiege von Rückständen auf Grund von Prüfungshandlungen ohne Hinweise auf Scheinunternehmerschaft sind hingegen unbeachtlich. Wie bisher handelt es sich lediglich um einen Anhaltspunkt, der nach § 8 Abs. 2 in einer Gesamtbetrachtung zu würdigen ist.
Zu Z 4 (§ 8 Abs. 12 Z 5):
Die zwingende Beschwerdevorentscheidung im Abgabenverfahren wurde durch das Finanzverwaltungsgerichtsbarkeitsgesetz 2012 (FVwGG), Bundesgesetz BGBl. I Nr. 14/2013, eingeführt. Damit wurde das Konzept einer bloßen ermessensgebundenen Befugnis der Abgabenbehörde aufgegeben. Maßgeblicher Grund für diese Bestimmung war eine verwaltungsinterne Vorkontrolle in Massenverfahren wie dem Abgabenrecht. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei Verfahren nach dem SBBG nicht um ein Massenverfahren. Vielmehr ist es im Interesse der redlichen Wirtschaft, (Beschwerde-)Verfahren nach dem SBBG rasch zu führen, um schnellere Rechtssicherheit zu ermöglichen. Daher soll durch Einführung einer fakultativen Beschwerdevorentscheidung das rasche Verfahren im Anwendungsbereich des SBBG auch im Rechtsmittelverfahren umgesetzt werden und eine Beschleunigung des Verfahrens herbeiführen. Dies nicht nur bei Beschwerden gegen Feststellungsbescheide gemäß § 8 SBBG, sondern insbesondere auch im Verfahren betreffend der sonstigen Maßnahmen gemäß §§ 293ff BAO zum SBBG (etwa bei einer Beschwerde gegen die bescheidmäßige Abweisung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Erhebung des Widerspruches nach Abs. 7). Da es im Ermessen der Behörde liegt, eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, ist so die erstinstanzliche Möglichkeit, allfällige Fehler im Bescheid zu korrigieren, nach wie vor gegeben. Unberührt bleibt die Anwendung der vom § 262 Abs. 2 BAO zu unterscheidenden Bestimmungen der BAO, nach denen mit Beschwerdevorentscheidung vorzugehen ist (falls die Beschwerde nicht zulässig ist oder nicht fristgerecht eingebracht wurde und daher mit Beschwerdevorentscheidung zurückzuweisen ist oder falls die Beschwerde als zurückgenommen gilt oder zurückgenommen wurde und daher mit Beschwerdevorentscheidung als gegenstandslos zu erklären ist).
Zu Z 5 und 6 (§ 8a Abs. 1 und 4):
Scheinunternehmen agieren regelmäßig in einer Rolle, in der sie sogenannte Schein- und Deckungsrechnungen erstellen, insbesondere um Schwarzlohnzahlungen von Arbeitnehmern/Dienstnehmern zu ermöglichen, die von anderen Unternehmen – mit zu wenigen Stunden bzw. unrichtiger fachlicher Einstufung – unrichtig angemeldet bzw. ohne Anmeldung beschäftigt werden. Grundlage dieser Schein- und Deckungsrechnungen sind vorgetäuschte Überlassungen und vorgetäuschte Subvergaben. Bei Zahlungen aufgrund von Schein- und Deckungsrechnungen agieren Scheinunternehmen als Durchleiter an andere Scheinunternehmen oder als Instrument zur Geldbehebung (bei Bankomaten). Den Hochrechnungen des Amtes für Betrugsbekämpfung auf Basis der Geldwäscheverdachtsmeldungen des Bundeskriminalamtes, die zur Schaffung des § 8a mittels Betrugsbekämpfungsgesetz 2024 Teil II, BGBl. I Nr. 108/2024, geführt haben, liegt ein ungeklärter Abfluss von Bargeld in Höhe von jährlich bis zu 800 Millionen Euro über Scheinunternehmen zugrunde (vgl. ErläutRV 2599 BlgNR XXVII. GP 3 sowie die dazu erstellte Wirkungsorientierte Folgenabschätzung 11).
Die Bescheide über die Nicht-Abwicklung von Geldtransaktionen („Freezingbescheide“) haben sich als Instrument zur Bekämpfung der Scheinunternehmen bewährt und kommen nunmehr auch vermehrt zum Einsatz. Für die Zustellung der Bescheide an die Kontoinhaber soll vereinheitlichend auf § 8 Abs. 5 und 6 abgestellt werden, da die Gegebenheiten vergleichbar sind (in Bezug auf das Vorliegen einer Abgabestelle und die An- bzw. Abwesenheit des Empfängers) und somit auch Rechtssicherheit bei der Zustellung geschaffen werden soll. Dabei ist mit der Zustellbestimmung auch deshalb kein Nachteil für den Kontoinhaber verbunden, da er von der Nicht-Abwicklung (dem Freezingbescheid) ohnehin über die Bank (über das Konto) informiert wird. Die Unentgeltlichkeit der Maßnahme soll gesetzlich bestimmt werden, gleichzeitig soll in § 8a Abs. 1 den Banken aber die Möglichkeit der Kontogebührenvorschreibung eingeräumt werden.
Zu Z 7 (§ 12 Abs. 6):
Inkrafttreten.