316 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVIII. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über die Regierungsvorlage (302 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 2018, das Bundesvergabegesetz Konzessionen 2018, das Bundesvergabegesetz Verteidigung und Sicherheit 2012, das Bundesgesetz über die Errichtung der Gesellschaft „Familie & Beruf Management GmbH“ und das Straßenfahrzeug-Beschaffungsgesetz geändert werden (Vergaberechtsgesetz 2026)

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

1.     Im Regierungsprogramm für die XXVIII. Legislaturperiode ist die Überführung der Schwellenwerteverordnung (vgl. aktuell dazu die Schwellenwerteverordnung 2025, BGBl. II Nr. 167/2025) ins Dauerrecht und die Anhebung einzelner Schwellenwerte im Unterschwellenbereich vorgesehen. Diese Vorhaben sollen mit dem vorliegenden Entwurf umgesetzt werden.

2.     Am 25. Oktober 2019 wurde im Amtsblatt der Europäischen Union die Durchführungsverordnung (EU) 2019/1780 zur Einführung von Standardformularen für die Veröffentlichung von Bekanntmachungen für öffentliche Aufträge und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1986 (elektronische Formulare – eForms), ABl. Nr. L 272 vom 25.10.2019 S. 7, bekanntgemacht. Diese Verordnung wurde in weiterer Folge durch die Durchführungsverordnung (EU) 2022/2303, ABl. Nr. L 305 vom 25.11.2022 S. 12, und die Durchführungsverordnung (EU) 2023/2884, ABl. Nr. L 2023/2884 vom 21.12.2023 geändert. Die Umstellung auf elektronische Formulare (die „eForms“) spätestens seit 25. Oktober 2023 bedingt Begleitregelungen im Bundesvergabegesetz 2018 – BVergG 2018, BGBl. I Nr. 65/2018, im Bundesvergabegesetz Konzessionen 2018 – BVergGKonz 2018, BGBl. I Nr. 65/2018, und im Bundesvergabegesetz Verteidigung und Sicherheit 2012 – BVergGVS 2012, BGBl. I Nr. 10/2012.

3.     Im Zusammenhang mit dem Zahlungsverzug sind Anpassungen im Hinblick auf die relevanten Regelungen der Richtlinie (EU) 2019/633 über unlautere Handelspraktiken in den Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette, ABl. Nr. L 111 vom 25.04.2019 S. 59, soweit sie die öffentliche Auftragsvergabe betreffen, im Bundesvergabegesetz 2018 vorzunehmen.

4.     Im Regierungsprogramm für die XXVIII. Legislaturperiode wird der Bereich des Vergaberechts in verschiedenster Hinsicht angesprochen, insbesondere ist auch die Transparenz der Verwaltung ein wesentliches Anliegen der Bundesregierung. Zur Umsetzung der Ziele des Regierungsprogrammes sollen, ergänzend zu den Regelungen des Bundesgesetzes über den Zugang zu Informationen (Informationsfreiheitsgesetz – IFG), BGBl. I Nr. 5/2024, entsprechende Adaptionen der gesetzlichen Grundlagen erfolgen.

5.     Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 14. Juli 2022 in den verb. Rs C‑274/21 und C‑275/21, EPIC Financial Consulting, bedingt Anpassungen im vergabespezifischen Rechtsschutz, was auch zum Anlass für eine Vereinfachung des Pauschalgebührensystems genommen werden soll.

6.     Die Bestimmungen zur Rahmenvereinbarung sind infolge mehrerer Urteile des Europäischen Gerichtshofes zur Auslegung der einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 2014/24/EU über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG, ABl. Nr. L 94 vom 28.03.2014 S. 65, und der Richtlinie 2014/25/EU über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG, ABl. Nr. L 94 vom 28.03.2014 S. 243, sowie infolge von Entscheidungen der Verwaltungsgerichte und des Verwaltungsgerichtshofes zum BVergG 2018 anzupassen.

7.     Anlässlich der Novellierungserfordernisse soll die Novelle auch zum Anlass genommen werden, weitere legistische Anpassungen vorzunehmen, die im Bundesvergabegesetz 2018, im Bundesvergabegesetz Konzessionen 2018, Bundesvergabegesetz Verteidigung und Sicherheit 2012 und im Straßenfahrzeug-Beschaffungsgesetz notwendig sind.

Abstimmung mit den Ländern:

Aufgrund des Art. 14b Abs. 4 B‑VG hat der Bund den Ländern Gelegenheit zu geben, an der Vorbereitung von Gesetzesvorhaben in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens mitzuwirken (vgl. dazu auch die Erläuterungen in AB 1118 BlgNR XXI. GP). Dies erfolgt in Form der bereits seit dem Jahr 2002 eingerichteten Bund-Länder-Arbeitsgruppe. Es fanden daher auch bei der Erstellung des vorliegenden Entwurfes über Einladung des Bundesministeriums für Justiz mehrere Gespräche zwischen Vertretern des Bundes und der Länder statt. Das Ergebnis dieser Bemühungen stellt der vorliegende Entwurf dar.

Regelungstechnik und Inhalt

1. Seit 25. Oktober 2023 sind auf europäischer Ebene für Bekanntmachungen und Bekanntgaben sogenannte „eForms“ zu verwenden. Diese neue Generation an Standardformularen wurde durch die Durchführungsverordnung (EU) 2019/1780 eingeführt, die die Durchführungsverordnung (EU) 2015/1986 zur Einführung von Standardformularen für die Veröffentlichung von Vergabebekanntmachungen für öffentliche Aufträge und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 842/2011, ABl. Nr. L 296 vom 12.11.2015 S. 1, ablöst. Erwägungsgründe 6 und 7 der Durchführungsverordnung (EU) 2019/1780 lauten:

„(6) Gegenwärtig befindet sich der Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe in einem Prozess der Digitalisierung, der in der Mitteilung der Kommission über den weiteren Ausbau des Binnenmarktes sowie in der Mitteilung der Kommission ‚Eine funktionierende öffentliche Auftragsvergabe in und für Europa‘ beschrieben wird. Den Standardformularen kommt bei diesem Wandel eine entscheidende Rolle zu.

(7) Zur Gewährleistung der Effektivität der Standardformulare in einer digitalen Umgebung ist es erforderlich, die in der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1986 festgelegten Standardformulare anzupassen. Angesichts der Zahl und des Umfangs der notwendigen Anpassungen sollte die Durchführungsverordnung (EU) 2015/1986 ersetzt werden.“

Durch die eForms ändert sich der zwingende Inhalt von Bekanntmachungen und Bekanntgaben auf europäischer Ebene nicht (vgl. bspw. weiterhin Anhang VI des BVergG 2018, der Anhang V der Richtlinie 2014/24/EU umsetzt). Es handelt sich jedoch um eine neue technische Methode (ein neues technisches Schema), die seit Oktober 2023 bei der Übermittlung von Bekanntmachungen und Bekanntgaben auf europäischer Ebene berücksichtigt werden muss. Neben den verpflichtenden Inhalten erlauben die eForms außerdem die Bekanntmachung bzw. Bekanntgabe einer Reihe zusätzlicher, optionaler Informationen, die über die Inhalte der bestehenden Formulare hinausgehen und daher auch den einzelnen Mitgliedstaaten erlauben, unterschiedliche Vorgaben zu treffen. Die Europäische Kommission hat in diesem Zusammenhang im Jahr 2021 einen umfassenden „Leitfaden für die politische Umsetzung von eForms“ veröffentlicht (im Folgenden: „eForms-Leitfaden der Kommission“; abrufbar unter: https://op.europa.eu/s/vbDb). Im BVergG 2018, BVergGKonz 2018 sowie im BVergGVS 2012 sind somit Begleitregelungen vorzusehen.

Zur Vorbereitung der erforderlichen Anpassungen in Österreich durch die Einführung der eForms sind mehrere Varianten zur Diskussion gestanden. Insbesondere nach Abstimmung mit den Ländern sowie nach Führung von Gesprächen seitens des Bundesministeriums für Justiz, unter anderem mit Betreibern von Vergabeplattformen, hat sich gezeigt, dass den einzelnen Auftraggebern eine größtmögliche Flexibilität bei der Verwendung von eForms ermöglicht werden soll. Um dem Anliegen der Stärkung der „strategischen“ Beschaffung (nachhaltige, soziale und innovative Aspekte) gerecht zu werden, sollen manche der optionalen Felder in den eForms betreffend diese Aspekte jedoch verpflichtend von Auftraggebern auszufüllen sein.

Hinzugetreten ist, dass die bestehenden nationalen Bekanntmachungs- und Bekanntgabeverpflichtungen aus Anlass der erforderlichen Umstellung an die Bekanntmachungs- und Bekanntgabeverpflichtungen auf europäischer Ebene angeglichen werden sollen. Damit soll der Aufwand für Auftraggeber reduziert und die Durchführung eines Vergabeverfahrens vereinfacht werden. Ziel ist es, dass auf europäischer und nationaler Ebene sich die jeweiligen Inhalte grundsätzlich gleichen (und für diese dasselbe technische Schema verwendet werden kann). Im Oberschwellenbereich sollen somit ab Inkrafttreten der Regelungen übereinstimmende Meldungen an die EU und national zu übermitteln sein. Die derzeit noch erforderliche Abgleichung bzw. Anpassung der zu meldenden Daten entfällt damit in Zukunft.

An den Bekanntmachungs- und Bekanntgabeverpflichtungen für Auftraggeber selbst sowie der grundsätzlichen Funktionalität des nationalen Systems soll im Zuge der notwendigen technischen Umstellungen dabei keine Änderung erfolgen. Die mit dem Vergaberechtsreformgesetz 2018, BGBl. I Nr. 65/2018, eingeführte Meldung als Open Government Data (OGD) über data.gv.at bestehend aus Metadaten, Kerndatenquelle und Kerndaten soll dem Grunde nach beibehalten werden. Der Inhalt soll jedoch den eForms entsprechen, ohne technische Abweichungen und insbesondere ohne neue, zusätzliche Felder. Damit soll der technische Aufwand minimiert werden und für den Betrieb der geringstmögliche Verwaltungsaufwand unter Beibehaltung einer hohen Transparenz erzielt werden. Zu berücksichtigen ist dabei, dass eine Umsetzung ohne technische Abweichungen auch beinhaltet, dass sowohl im Ober- als auch im Unterschwellenbereich die technischen Validierungsregeln, die Bestandteil der eForms sind, Gültigkeit haben.

Im Geltungsbereich des BVergGVS 2012 sollen ebenfalls die nationalen Bekanntmachungs- und Bekanntgabeverpflichtungen an das bereits im BVergG 2018 und BVergGKonz 2018 etablierte System angeglichen werden.

2. Der EuGH hat mit Urteil vom 14. Juli 2022 in den verb Rs C‑274/21 und C-275/21, EPIC Financial Consulting, vor dem Hintergrund von Nachprüfungsanträgen und Anträgen auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung an das Bundesverwaltungsgericht betreffend mehrere Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung und Nichtvorliegen einer Bekanntgabe mehrere Bestimmungen des vergabespezifischen Rechtsschutzsystems im BVergG 2018 als mit der Richtlinie 89/665/EWG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge, ABl. Nr. L 395 vom 30.12.1989 S. 33 zuletzt geändert durch die Richtlinie 2014/23/EU über die Konzessionsvergabe, ABl. Nr. L 94 vom 28.03.2014 S. 1, bzw. als mit Art. 47 GRC nicht vereinbar angesehen. Im Besonderen ist davon das Pauschalgebührensystem betroffen. Die gebotene Anpassung (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Juni 2007 in den verb Rs C-231/06 bis C-233/06, Office national des pensions, Rz 38 mwN der Rechtsprechung) soll zum Anlass genommen werden, eine umfassendere Neuregelung zu treffen. Diese soll an erster Stelle eine Vereinbarkeit mit unionsrechtlichen sowie verfassungsrechtlichen Vorgaben (zur „doppelten Bedingtheit“ siehe mwN VfSlg. 17.347/2004) gewährleisten. Sie soll aber insgesamt durch eine Vereinfachung des Gebührensystems administrative Erleichterungen für Antragsteller, Auftraggeber sowie das Bundesverwaltungsgericht zur Folge haben. Durch eine Umstellung auf Gebührenkategorien, die sich ausschließlich am geschätzten Auftragswert bzw. Auftragswert orientieren, soll die Gebührenhöhe von vornherein für Antragsteller transparent und die konkrete Bestimmung der zu entrichtenden Gebühr signifikant vereinfacht werden.

3. Der EuGH hat festgehalten, dass die Rahmenvereinbarung allgemein unter den Begriff „öffentlicher Auftrag“ fällt, weil sie die verschiedenen Aufträge, für die sie gilt, zu einem einheitlichen Auftrag zusammenfasst (EuGH 19.12.2018, C‑216/17, Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato, Rz 62 mwN). Diese Auslegung sei geeignet, die Beachtung der fundamentalen Grundsätze sicherzustellen, die die Vergabe öffentlicher Aufträge regeln und die gemäß Art. 32 Abs. 2 UAbs. 1 der Richtlinie 2004/18 bzw. Art. 33 Abs. 1 UAbs. 1 der Richtlinie 2014/24/EU beim Abschluss einer Rahmenvereinbarung anwendbar sind (mwN EuGH 19.12.2018, C‑216/17, Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato, Rz 62; 17.06.2021, C-23/20, Simonsen & Weel, Rz 61). Gemäß Art. 2a Abs. 2 der Richtlinie 89/665/EWG darf außerdem ein Vertrag im Anschluss an die „Zuschlagsentscheidung für einen Auftrag“ frühestens zehn bzw. 15 Kalendertage nach ihrer Mitteilung geschlossen werden. Gemäß der Rechtsprechung des EuGH entspricht dabei der Abschluss einer Rahmenvereinbarung gemäß Art. 33 Abs. 3 der Richtlinie 2014/24/EU dem Abschluss des in Art. 2a Abs. 2 der Richtlinie 89/665/EWG genannten Vertrags (EuGH 14.7.2022, verb Rs C‑274/21 ua, EPIC Financial Consulting, Rz 64). In diesem Zusammenhang hat der VwGH weiters zu Recht erkannt, dass der Begriff der Zuschlagserteilung in § 334 Abs. 3 im Lichte von Art. 2d Abs. 1 der Richtlinie 89/665/EWG auch Situationen erfasst, in denen eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen wurde (VwGH 26.09.2022, Ra 2021/04/0005).

Nach bisherigem, auch in den Erläuterungen zum BVergG 2018 zum Ausdruck kommenden Verständnis, ist die Bestimmung der Partei bzw. der Parteien der Rahmenvereinbarung nach Durchführung eines „regulären“, allerdings fiktiven Vergabeverfahrens gemäß den allgemeinen Bestimmungen des Gesetzes für die Durchführung eines offenen Verfahrens, eines nicht offenen Verfahrens mit vorheriger Bekanntmachung oder eines Verhandlungsverfahrens erfolgt. Das Vergabeverfahren war insofern fiktiv, als kein Zuschlag erfolgte, sondern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen wurde; eine Vergabe eines Auftrages erfolgte erst in weiterer Folge auf Basis der abgeschlossenen Rahmenvereinbarung (vgl. ErläutRV 69 BlgNR XXVI. GP 167 zu den §§ 153 bis 155). Angesichts der angeführten Rechtsprechung des EuGH sowie des VwGH sowohl zum unionsrechtlichen Verständnis der Rahmenvereinbarung als auch dem gebotenen Rechtsschutz hinsichtlich abgeschlossener Rahmenvereinbarungen, ist dieses Verständnis nicht mehr aufrechtzuerhalten.

Die Rahmenvereinbarung stellt somit einen Vertrag gemäß dem BVergG 2018 dar, der in einem offenen Verfahren, einem nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung oder einem Verhandlungsverfahren vergeben werden kann. Zwar führt die Rahmenvereinbarung nicht unmittelbar zu einem Leistungsbezug, aber in ihr werden die Bedingungen für die Aufträge, die im Laufe eines bestimmten Zeitraums vergeben werden sollen, festgelegt, insbesondere in Bezug auf den Preis und gegebenenfalls die in Aussicht genommene Menge. An diese Bedingungen sind sowohl der Auftragnehmer als auch der Auftraggeber gebunden, wenngleich jedoch zu betonen ist, dass die Rahmenvereinbarung den Auftraggeber nicht dahingehend bindet, die von der Rahmenvereinbarung erfassten Leistungen oder Leistungsgruppen jedenfalls von den Parteien der Rahmenvereinbarung für die Dauer derselben zu beziehen (vgl. § 31 Abs. 7 bzw. § 203 Abs. 7 BVergG 2018 „ohne Abnahmeverpflichtung“ bzw. Erwägungsgrund 61 UAbs. 3 der Richtlinie 2014/24/EU). Für die Zwecke des Verfahrens zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung können daher alle Bestimmungen des BVergG 2018 fruchtbar gemacht werden, die schon bisher für den Abschluss eines (regulären) Leistungsvertrages vorgesehen sind. Davon zu trennen sind in weiterer Folge Verfahren zur unmittelbaren Beauftragung von Leistungen aus einer zuvor abgeschlossenen Rahmenvereinbarung.

4. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des VwGH (vgl. VwGH 20.7.2021, Ro 2019/04/0231, VwGH 30.6.2022, Ro 2020/04/0011, VwGH 21.7.2022, Ro 2020/04/0013) ist das BVergGKonz 2018 auf das Verfahren zur Bestellung von Tabaktrafikanten nach dem Tabakmonopolgesetz 1996 (TabMG 1996), BGBl. Nr. 830/1995, anwendbar. Vor diesem Hintergrund wurden mit Art. 10 des Abgabenänderungsgesetzes 2023, BGBl. I Nr. 110/2023, die Regelungen des TabMG 1996 über die Vergabe von Tabaktrafiken vergaberechtskonform neu gefasst. Flankierend dazu sollen einige Bestimmungen des BVergGKonz 2018 im Einklang mit dem Unionsrecht dahingehend angepasst werden, dass bei Vergaben von Dienstleistungskonzessionen der soziale Charakter der Leistungsvergaben adäquat verfolgt werden kann. Spezifisch für den Kontext der Vergabe von Tabaktrafiken ist festzuhalten, dass ein ausschließliches persönliches Recht zum (Fort-)Betrieb eines Tabakfachgeschäftes zugunsten von bestimmten nahen Angehörigen unter engen Voraussetzungen (insbes. mindestens fünfjährige vollbeschäftigte Erwerbstätigkeit im Zuge der letzten sieben Jahre vor dem Zeitpunkt der Beendigung des Konzessionsvertrages, wesentliche Existenzerschwerung) die einmalige Konzessionsvergabe ohne vorherige Bekanntmachung gemäß § 22 Abs. 3 Z 3 lit. c BVergGKonz 2018 („sonstiges ausschließliches Recht“) rechtfertigen kann (vgl. dazu § 27 TabMG 1996). Als Ausnahmevorschrift vom Vergaberegime sind diese Voraussetzungen nach ständiger Judikatur des EuGH restriktiv und im Einklang mit dem Unionsrecht auszulegen; die Beweislast für das Vorliegen der rechtfertigenden Umstände trifft denjenigen, der sich auf diese Ausnahme berufen will (vgl. etwa EuGH 16.6.2022, Rs C-376/21, Obshtina Razlog, Rz 69).

5. Aufgrund des Regierungsprogrammes der XXVIII. GP sollen die Schwellenwerte für Direktvergaben aus der Schwellenwerteverordnung als Dauerregelungen in die gesetzlichen Grundlagen aufgenommen werden. Dies wird zum Anlass genommen, das gesamte Schwellenwertregime im Unterschwellenbereich neu zu ordnen. Weitere unionsrechtlich zulässige Anpassungen im Baubereich im Sinne einer weiteren Flexibilisierung werden zu überlegen sein. Der Anhebung der Schwellenwerte im Unterschwellenbereich ist durch die Schwellenwerte auf Unionsebene eine absolute Grenze gesetzt. Im Zuge der für 2026 geplanten Revision der Vergaberichtlinien wird zu prüfen sein, inwiefern eine weitere Flexibilisierung etwa in Form einer Indexierung der Schwellenwerte möglich sein wird.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung der in diesem Bundesgesetz enthaltenen zivilrechtlichen Bestimmungen ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 6 B‑VG. Die Zuständigkeit zur Erlassung der sonstigen Bestimmungen stützt sich auf Art. 14b Abs. 1 B‑VG, ausgenommen der Anforderungen an zu beschaffende Leistungen für Auftraggeber des Bundes.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Gemäß Art. 14b Abs. 4 B‑VG bedarf die Kundmachung des Gesetzes der Zustimmung der Länder.

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Mit der vorliegenden Sammelnovelle werden Begleitregelungen zur Durchführungsverordnung (EU) 2019/1780 erlassen und es wird die Richtlinie (EU) 2019/633, soweit sie das öffentliche Auftragswesen betrifft, berücksichtigt. Bestimmungen zur (Stammfassung der) Richtlinie 2009/33/EG über die Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge, ABl. Nr. L 120 vom 15.5.2009 S. 5, entfallen angesichts der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1161 zur Änderung der Richtlinie 2009/33/EG über die Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge, ABl. Nr. L 188 vom 12.7.2019 S. 116, im Straßenfahrzeug-Beschaffungsgesetz – SFBG, BGBl. I Nr. 163/2021.

Umzusetzende bzw. zu berücksichtigende EU-Rechtsvorschriften:

1.     Richtlinie (EU) 2019/633 über unlautere Handelspraktiken in den Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette, ABl. Nr. L 111 vom 25.04.2019 S. 59.

2.     Richtlinie (EU) 2019/1161 zur Änderung der Richtlinie 2009/33/EG über die Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge, ABl. Nr. L 188 vom 12.07.2019 S. 116, in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr. L 220 vom 07.09.2023 S. 23.

3.     Durchführungsverordnung (EU) 2019/1780 zur Einführung von Standardformularen für die Veröffentlichung von Bekanntmachungen für öffentliche Aufträge und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1986 (elektronische Formulare – eForms), ABl. Nr. L 272 vom 25.10.2019 S. 7, zuletzt geändert durch die Durchführungsverordnung (EU) 2023/2884, ABl. Nr. L 2023/2884 vom 21.12.2023.

4.     Durchführungsbeschluss (EU) 2022/418 über die Anwendbarkeit des Artikels 34 der Richtlinie 2014/25/EU auf nicht-kommerzielle Busverkehrsdienste in österreichischen Regionen im Zuständigkeitsbereich der regionalen Verkehrsverbünde Verkehrsverbund Ost-Region (VOR) und Oberösterreichischer Verkehrsverbund (OÖVV), ABl. Nr. L 85 vom 14.03.2022 S. 119.

5.     Verordnung (EU) 2022/1031 über den Zugang von Wirtschaftsteilnehmern, Waren und Dienstleistungen aus Drittländern zum Unionsmarkt für öffentliche Aufträge und Konzessionen und über die Verfahren zur Unterstützung von Verhandlungen über den Zugang von Wirtschaftsteilnehmern, Waren und Dienstleistungen aus der Union zu den Märkten für öffentliche Aufträge und Konzessionen von Drittländern (Instrument betreffend das internationale Beschaffungswesen — IPI), ABl. Nr. L 173 vom 30.06.2022 S. 1.

6.     Richtlinie (EU) 2022/2041 über angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union, ABl. Nr. L 275 vom 25.10.2022 S. 33.

7.     Richtlinie (EU) 2022/2381 zur Gewährleistung einer ausgewogeneren Vertretung von Frauen und Männern unter den Direktoren börsennotierter Gesellschaften und über damit zusammenhängende Maßnahmen, ABl. Nr. L 315 vom 07.12.2022 S. 44.

8.     Verordnung (EU) 2022/2560 über den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen, ABl. Nr. L 330 vom 23.12.2022 S. 1.

9.     Richtlinie (EU) 2023/970 zur Stärkung der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durch Entgelttransparenz und Durchsetzungsmechanismen, ABl. Nr. L 132 vom 17.05.2023 S. 21.

10.   Verordnung (EU) 2023/1542 über Batterien und Altbatterien, zur Änderung der Richtlinie 2008/98/EG und der Verordnung (EU) 2019/1020 und zur Aufhebung der Richtlinie 2006/66/EG, ABl. Nr. L 191 vom 28.07.2023 S. 1, zuletzt geändert durch die (EU) 2025/1561 in Bezug auf die Pflichten der Wirtschaftsakteure hinsichtlich der Strategien zur Erfüllung der für Batterien geltenden Sorgfaltspflicht, ABl. Nr. L 2025/1561 vom 30.07.2025, zuletzt berichtigt durch ABl. Nr. L 2025/90794 vom 08.10.2025..

11.   Richtlinie (EU) 2023/1791 zur Energieeffizienz und zur Änderung der Verordnung (EU) 2023/955, ABl. Nr. L 231 vom 20.09.2023 S. 1.

12.   Verordnung (EU) 2023/2675 über den Schutz der Union und ihrer Mitgliedstaaten vor wirtschaftlichem Zwang durch Drittländer, ABl. Nr. L 2023/2675 vom 07.12.2023, in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr. L 2024/90409 vom 10.07.2024.

13.   Richtlinie (EU) 2024/1760 über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1937 und der Verordnung (EU) 2023/2859, ABl. Nr. L 2024/1760 vom 05.07.2024.

 

Der Justizausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 25. November 2025 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Manfred Sams die Abgeordneten Mag. Johanna Jachs, Mag. Harald Stefan und Dr. Alma Zadić, LL.M. sowie die Bundesministerin für Justiz Dr. Anna Sporrer.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: V, S, N, dagegen: F, G) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (302 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2025 11 25

                            Mag. Manfred Sams                                                      Mag. Klaus Fürlinger

                                  Berichterstattung                                                                          Obmann