322 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVIII. GP
Bericht
des Landesverteidigungsausschusses
über den Antrag 568/A(E) der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend 5-Punkte-Plan zum Schutz der Neutralität
Die Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 19. November 2025 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:
„Die österreichische Neutralität wurde am 26. Oktober 1955 in einem eigenen Bundesverfassungsgesetz beschlossen. In diesem Gesetz erklärt Österreich seine immerwährende Neutralität und verpflichtet sich zur Aufrechterhaltung und Verteidigung dieser Neutralität. Außerdem verbietet das Gesetz den Beitritt zu Militärbündnissen und die Errichtung von fremden Militärstützpunkten auf österreichischem Gebiet. Als neutraler Staat darf sich Österreich auch an keinem zwischenstaatlichen Krieg aktiv oder passiv (etwa durch Waffenlieferungen oder das Bereitstellen seines Staatsgebiets) beteiligen. Eine gewaltige Mehrheit der Österreicher von 75 Prozent spricht sich deutlich für den Neutralitätsstatus unserer Heimat aus.[1]
Die Politik der Europäischen Union im Kontext des Krieges zwischen Russland und der Ukraine hat für Österreichs Wirtschaft und den Wohlstand seiner Bürger sehr negative Implikationen nach sich gezogen. Man sollte in diesem Zusammenhang nicht vergessen, dass im Jänner 2023 die Inflationsrate in Österreich 11,2 Prozent betrug, den höchsten Wert seit dem Juli 1952 (!) – damals in der Nachkriegszeit lag die Teuerung bei 14,1 Prozent.[2] Österreichs Wirtschaft ist geschwächt und die österreichische Bevölkerung leidet unter Kostenexplosionen. Doch neben den volkswirtschaftlich desaströsen Folgen tragen die Sanktionsregime der EU noch eine andere, politisch in ihrer Wirkung kaum zu überschätzende Wirkung in sich: Sie untergraben gemeinsam mit anderen Reaktionen der EU auf den Krieg die Neutralität unserer Heimat Österreich.
Unterstützt wird die Politik der EU seit Beginn des Krieges von der österreichischen Bundesregierung. Gleich ob in schwarz-grüner oder nun in schwarz-rot-pinker Zusammensetzung, die zum jeweiligen Zeitpunkt verantwortliche Bundesregierung in Österreich trug sämtliche Sanktionsregime der EU mit, legte nie ein Veto ein.
Darüber hinaus setzte die Bundesregierung Handlungen, welche die Neutralität Österreichs weiter massiv untergruben. Die Republik Österreich unterstützt die Kriegspartei Ukraine in Milliardenhöhe (3,74 Milliarden bis zum August 2025)[3], etwa über die sogenannte ‚Europäische Friedensfazilität‘ und finanziert sogar über die EU-Ausbildungsmission (EUMAM Ukraine) die Ausbildung ukrainischer Soldaten, sprich einer fremden Armee im Kriegseinsatz.[4] Vor wenigen Jahren wäre dies wohl noch für jeden Österreicher undenkbar gewesen.
Diese Milliarden Euro an Steuergeldern fehlen nicht nur im eigenen Land an jeder Ecke, sondern sie torpedieren den völkerrechtlichen Status Österreichs als neutraler Staat. Bei einer Ausweitung des Konflikts kann dies verheerende Folgen für alle Österreicher haben.
Die Bundesregierung muss sich daher endlich wieder auf die immerwährende Neutralität – eine Errungenschaft, auf die Österreich zu Recht stolz war – besinnen und entsprechend außenpolitisch verhalten. Statt diese Stück für Stück abzutragen, muss die Bundesregierung jetzt konkrete Schritte setzten, um die Neutralität wiederherzustellen. Es gilt daher die folgenden 5 Punkte umzusetzen:
1. Vermitteln statt Sanktionieren
Österreich kann auf eine jahrzehntelange Tradition als Vermittler in Kriegs- und Krisensituationen zurückblicken. Die verfassungsrechtlich gebotene Neutralität hat zu diesem Status wesentlich beigetragen. Ziel muss es sein, diesen Status als neutraler Staat wiederherzustellen, um als Vermittler eine Plattform für Dialog, Konfliktbeilegung und zur Friedensschaffung anbieten zu können.
2. Wirtschaft nicht politisieren
Vor dem Hintergrund der aktuellen Teuerungen dürfen Unternehmer und ihre Arbeitnehmer nicht länger als politisches Druckmittel missbraucht werden. Die EU-Sanktionsregime haben zwar unsere Volkswirtschaft massiv getroffen, doch werden sie von anderen Drittstaaten mit Leichtigkeit umgangen und haben nur neue wirtschaftliche Abhängigkeiten erzeugt. Aus Sicht der EU waren die Sanktionen wahrlich ein Schuss ins eigene Knie. Die Sanktionsregime sind folgerichtig endlich zu beenden.
3. No-Transport-Zone für Kriegsgerät
Mehrere tausend Truppen- und Ausrüstungstransporte gehen jedes Jahr durch Österreich bzw. durch unseren Luftraum.[5] Militärtransporte über Österreich, welche schlussendlich in einem Kriegsgebiet landen, wie beispielsweise der Ukraine, sind umgehend einzustellen. Um dem Wort ‚immerwährend‘ seine Bedeutung im Hinblick auf die Neutralität zurückzugeben, muss das ab sofort und für die Zukunft immer gelten.
4. Höheres Budget für die Landesverteidigung
Gemäß Artikel 9a. des Bundes-Verfassungsgesetzes bekennt sich Österreich zur Umfassenden Landesverteidigung. Ihre Aufgabe ist es, die Unabhängigkeit nach außen sowie die Unverletzlichkeit und Einheit des Bundesgebietes zu bewahren, insbesondere zur Aufrechterhaltung und Verteidigung der immerwährenden Neutralität. Daher muss das Bundesheer, dem die militärische Landesverteidigung gemäß Art. 79 B-VG obliegt, in Budget und Personal endlich wieder auf diese Aufgabe ausgerichtet werden. Notwendig hierfür sind ein Budget von 2 Prozent des jeweils aktuellen BIP, die Verlängerung des Grundwehrdienstes sowie die Wiedereinführung von verpflichtenden Truppenübungen für die Miliz, um dem verfassungsrechtlich vorgegebenen Milizprinzip wieder gerecht werden zu können.
5. EU-Anhängselpolitik beenden - Irische Klausel nutzen
Statt die irische Klausel zu nutzen und sich wahrlich neutral zu verhalten, trägt man EU-Maßnahmen mit, welche die Neutralität untergraben. Man hätte sich jedoch nicht unter Druck setzen lassen müssen. Österreich hätte auch von seinem Vetorecht Gebrauch machen können, um seine Neutralität und seinen Wirtschaftsstandort zu schützen. Mit ihrer EU-Anhängselpolitik leistet die Bundesregierung auch der Entwicklung der EU zu einem Zentralstaat durch die Hintertür Vorschub. Damit muss Schluss sein: Die Neutralität Österreichs ist vor der Brüsseler Kriegstreiberei konsequent zu schützen!“
Der Landesverteidigungsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 27. November 2025 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak die Abgeordneten Douglas Hoyos‑Trauttmansdorff, David Stögmüller und Bernhard Herzog sowie die Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner.
Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag 568/A(E) der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: F, dagegen: V, S, N, G).
Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Friedrich Ofenauer, Robert Laimer und Douglas Hoyos-Trauttmansdorff einen selbständigen Entschließungsantrag gem. § 27 Abs. 3 GOG-NR betreffend Integration der außen-, sicherheits- und verteidigungspolitischen Prioritäten aus dem Ministerratsvortrag vom 09.04.2025 in die Überarbeitung der Österreichischen Sicherheitsstrategie eingebracht, der mit Stimmenmehrheit (für den Antrag: V, S, N, dagegen: F, G) beschlossen wurde.
Dieser selbständige Entschließungsantrag war wie folgt begründet:
„Am 9. April 2025 legte die österreichische Bundesregierung in einem Ministerratsvortrag mit dem Titel ‚Ausrichtung Österreichs in gemeinsamen außen-, sicherheits- und verteidigungspolitischen Fragen‘ die gemeinsamen Grundsätze der Regierungskoalition in den Bereichen Verteidigungs-, Sicherheits- und Außenpolitik fest. Der Ministerratsbeschluss verweist auf die verfassungsrechtlichen Grundlagen der gemeinsamen europäischen Sicherheitspolitik und Österreichs Beiträge und Möglichkeiten, als neutraler Staat, im Rahmen der GSVP. Weiters beschreibt er Möglichkeiten der Teilnahme an internationaler Konfliktprävention im Kontext der NATO-PfP, OSZE und der Vereinen Nationen. Er verweist auf die Umbrüche im geopolitischen Umfeld und beschreibt die rechtlichen Möglichkeiten, diesen in Kooperation mit Partnern entgegenzuwirken und für die Sicherheit Österreichs Sorge zu tragen.“
Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff gewählt.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Landesverteidigungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle
1. diesen Bericht hinsichtlich des Entschließungsantrags 568/A(E) zur Kenntnis nehmen und
2. die angeschlossene Entschließung annehmen.
Wien, 2025 11 27
Douglas Hoyos-Trauttmansdorff Ing. Mag. Volker Reifenberger
Berichterstattung Obmann
[1] https://www.nachrichten.at/politik/innenpolitik/umfrage-neutralitaet-und-wehrpflicht-weiter-unumstritten;art385,4104370 (aufgerufen am 10.11.2025)
[2] https://www.sn.at/wirtschaft/oesterreich/inflation-in-oesterreich-in-zweistelligen-bereich-geklettert-128596618;
https://www.statistik.at/fileadmin/announcement/2023/02/20230223VPIJaenner2023.pdf;
https://www.statistik.at/fileadmin/pages/214/PK 17.01.24 Praesentation.pdf, S. 3
(aufgerufen am 10.11.2025)
[3] https://www.kielinstitut.de/publications/ukraine-support-tracker-data-6453/ (aufgerufen am 10.11.2025)
[4] https://www.consilium.europa.eu/de/policies/military-support-ukraine/ (aufgerufen am 10.11.2025)
[5] 1867/AB vom 11.07.2025 https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVIII/AB/1867
zu Anfrage 2322/J betreffend ‚Verletzung der Neutralität durch ausländische Militärtransporte bei der Durchquerung österreichischen Staatsgebiete‘
https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVIII/J/2322 (aufgerufen am 10.11.2025)