335 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVIII. GP
Bericht
des Finanzausschusses
über die Regierungsvorlage (311 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz geändert werden (Betrugsbekämpfungsgesetz 2025 Teil Sozialabgaben – BBKG 2025 Teil Sozialabgaben)
Zuletzt haben sich im Zusammenhang mit der Sozialbetrugsbekämpfung folgende Entwicklungen und Schwierigkeiten gezeigt:
Im Rahmen von Scheinunternehmen werden immer öfter Gesellschafter-Geschäftsführer oder Einzelunternehmer:innen zur Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (SVS) angemeldet, ohne in der Folge die auflaufenden Beiträge zu entrichten, dennoch aber Leistungen aus der SVS zu beziehen.
Nach dem Bundesfinanzgericht sollen nicht bloß geringe Rückstände an Sozialversicherungsbeiträgen für Dienstnehmer:innen nur dann einen Anhaltspunkt für das Vorliegen eines Scheinunternehmens bilden, wenn gleichzeitig auch Anmeldungen zur Sozialversicherung vorgenommen werden.
Die aufgrund der BAO grundsätzlich verpflichtende Beschwerdevorentscheidung auch für Verfahren iZm Feststellungen von Scheinunternehmen führt zu Verzögerungen der Verfahren, ohne dass mit dieser Verpflichtung ein Vorteil für betroffene Unternehmen oder das Amt für Betrugsbekämpfung verbunden wäre.
Banken versuchen mitunter, für die Vorgänge iZm dem „Freezing“ dem Amt für Betrugsbekämpfung Kosten zu verrechnen. Beim Verfahren zur Feststellung von Scheinunternehmen und beim „Freezingbescheid“ bestehen trotz vergleichbarer Gegebenheiten unterschiedliche Vorgänge bei Zustellungen an die Scheinunternehmen.
Darüber hinaus können gerade bei Sozialbetrugsvorgängen bzw. mangelnder Dienstgebermitwirkung die Ermittlungsbehörden häufig nur das Gesamtausmaß der Fehlstunden bzw. der Bemessungsgrundlagen ermitteln. Eine Zuordnung auf bestimmte Versicherungsverhältnisse ist häufig nicht möglich.
Zur Erreichung der verbesserten Sozialbetrugsbekämpfung sind daher die folgenden Maßnahmen vorgesehen:
- Aufnahme der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen in die Kooperationsstellen
- Klarstellung des Verdachtsanhaltspunktes in Bezug auf das Vorliegen von Scheinunternehmen, wonach ein Rückstand nicht im Zeitpunkt der Anmeldung zur Sozialversicherung vorliegen muss sowie eine umfassendere Regelung von Rückständen
- Schaffung einer fakultativen Beschwerdevorentscheidung
- Klarstellung der Unentgeltlichkeit des „Freezingvorgangs“ bei gleichzeitig möglicher Abbuchung der laufenden Kontoführungskosten sowie Vereinheitlichung des Zustellvorgangs
- Ergänzung der sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen der Scheinunternehmensfeststellung
- Erweiterung der sozialversicherungsrechtlichen Auskunftspflichten nach dem Vorbild der Bundesabgabenordnung
- Schaffung der Möglichkeit der Vorschreibung einer der Krankenversicherung zweckgewidmeten Prüfungsabgabe, wenn die Nachverrechnung von Sozialversicherungsbeiträgen mangels Zuordnung nicht möglich ist
- Erweiterung der Auftraggeberhaftung im Baubereich in Fällen der Arbeitskräfteüberlassung
- Verhinderung von Anfechtungen nach der Insolvenzordnung gegenüber Sozialversicherungsträgern
Im Einzelnen sind die vorgeschlagenen Maßnahmen im Besonderen Teil der Erläuterungen dargestellt.
Kompetenzgrundlage:
In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich die Erlassung eines dem Entwurf entsprechenden Bundesgesetzes auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG („Sozial- und Vertragsversicherungswesen“, „Arbeitsrecht“, soweit es nicht unter Art. 11 fällt) und Art. 13 Abs. 1 B-VG bzw. das F-VG 1948 („Abgabenwesen“).
Der Finanzausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 20. November 2025 erstmals in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Andreas Hanger die Abgeordneten Kai Jan Krainer und Mag. Nina Tomaselli. Gemäß § 40 Abs. 1 GOG-NR beschloss der Finanzausschuss bei der Debatte einstimmig, die gegenständliche Regierungsvorlage einer Ausschussbegutachtung zu unterziehen. Anschließend wurden die Verhandlungen vertagt. Die eingelangten Stellungnahmen wurden auf der Homepage des Parlaments veröffentlicht.
Der Finanzausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 2. Dezember 2025 erneut in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Kai Jan Krainer, Michael Fürtbauer, MMag. Markus Hofer, Mag. Arnold Schiefer, Mag. Nina Tomaselli und Mag. (FH) Kurt Egger sowie der Bundesminister für Finanzen Dr. Markus Marterbauer.
Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Andreas Ottenschläger, Kai Jan Krainer und MMag. Markus Hofer einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:
„Zu Art. 1 Z 1 (§ 11 Abs. 7 ASVG):
Auf Anregung des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger soll die Bestimmung in ihrem Wortlaut hinsichtlich der Rückwirkung des Endes der Pflichtversicherung bis zu dem im Bescheid nach § 8 SBBG angeführten Datum, ab dem ein Unternehmen als Scheinunternehmen gilt, konkretisiert werden.
Zu den Art. 1 Z 1a und 2a sowie Art. 2 Z 2 (§§ 35a Abs. 1 und Abs. 2 erster Satz ASVG und 229h GSVG)
Nach § 8 SBBG ist das Amt für Betrugsbekämpfung für die Durchführung der Ermittlungen hinsichtlich des Verdachtes auf Vorliegen eines Scheinunternehmens sowie für die Feststellung der Scheinunternehmerschaft zuständig. Es erfolgt dementsprechend eine begriffliche Anpassung.
Zu Art. 2 Z 1 (§ 7a GSVG):
Durch die vorgeschlagene Änderung soll klargestellt werden, dass die Pflichtversicherung bei einer rechtskräftigen Feststellung des Vorliegens eines Scheinunternehmens nur hinsichtlich einer bei diesem Scheinunternehmen bestehenden organschaftlichen Vertretung oder Inhaberschaft endet.“
Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Andreas Ottenschläger, Kai Jan Krainer und MMag. Markus Hofer mit Stimmenmehrheit (dafür: V, S, N, G, dagegen: F) beschlossen.
Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Kai Jan Krainer gewählt.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2025 12 02
Kai Jan Krainer Andreas Ottenschläger
Berichterstattung Obmann