337 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVIII. GP
Bericht
des Ausschusses für Bauten und Wohnen
über die Regierungsvorlage (269 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Mieten-Wertsicherungsgesetz erlassen sowie das Mietrechtsgesetz und das Richtwertgesetz geändert werden (5. Mietrechtliches Inflationslinderungsgesetz – 5. MILG) und
über den Antrag 98/A(E) der Abgeordneten Mag. Nina Tomaselli, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sofortige Ausweitung der Mietpreisbremse auf freie Mieten!
Regierungsvorlage 269 der Beilagen
A. Begrenzung der vertraglichen Wertsicherung in Wohnungsmietverträgen
Vertragsklauseln betreffend die regelmäßige Valorisierung des (Haupt-)Mietzinses, sogenannte „Wertsicherungsklauseln“, sind ein Bestandteil zahlreicher Mietverträge; welche Auswirkungen sie auf die Höhe der Hauptmietzinse entfalten können, haben die letzten, von Inflationsspitzen geprägten Jahre gezeigt. Die dadurch bewirkten Preiserhöhungen im Bereich der Wohnungsmietverträge haben zuletzt nicht nur zu einer spürbaren finanziellen Belastung der Mieterinnen und Mieter geführt, auch die Inflationsentwicklung wurde hierdurch noch einmal verstärkt.
Mit dem neuen Mieten-Wertsicherungsgesetz wird daher ein wesentliches Regelungsziel verfolgt, zu dem sich die Bundesregierung bekannt hat: Es soll eine Begrenzung der Wertsicherung für den gesamten Wohnbereich geschaffen werden, die den Auswüchsen der Inflation entgegenwirkt, indem auf Basis des Verbraucherpreisindex ein neuer Index für Wohnraumvermietung geschaffen wird (vgl. S. 64 des Regierungsprogramms).
§ 1 des Mieten-Wertsicherungsgesetzes entfaltet Wirkung als „Mietpreisbremse“ für Wohnungsmietverträge. Damit wird sichergestellt, dass künftige Inflationsspitzen nicht ungebremst auf den Wohnungsmietmarkt treffen und zur Gänze von den Mieterinnen und Mietern getragen werden müssen. Diese Regelung umfasst sowohl den Voll- als auch den Teilanwendungsbereich des MRG; sie betrifft auch bereits bei Inkrafttreten bestehende Mietverträge. Auch bei diesen „Altverträgen“ wird die Wertsicherung, nicht nur was die zulässige Höhe, sondern auch was den Valorisierungszeitpunkt betrifft, mit der neuen Rechtslage „gleichgeschaltet“.
Gleichzeitig wird explizit angeordnet, dass auf das in § 1 Abs. 2 des Mieten-Wertsicherungsgesetzes enthaltene Berechnungsmodell in neuen Verträgen verwiesen werden kann, was den Vertragserrichtern die wirksame Vereinbarung einer Wertsicherung erheblich erleichtert.
Die Regelungen zur Verjährung sollen maßgeschneidert auf das Problem reagieren, dass in der Vergangenheit Wertsicherungsklauseln vereinbart wurden, die aufgrund nur begrenzt vorhersehbarer Judikaturentwicklungen nun von der Unwirksamkeit bedroht sind und wo Rückforderungsansprüche über die gesamte Vertragsdauer drohen. Eine allgemeine Neuregelung der Verjährung von Bereicherungsansprüchen aufgrund unzulässiger Vertragsklauseln müsste sich an vergleichbaren Situationen im geltenden Recht messen. Dazu wurde bereits im Jahr 2019 eine Arbeitsgruppe im Bundesministerium für Justiz ins Leben gerufen, um die unterschiedlichen Fristenlängen auf ihre sachliche Rechtfertigung zu untersuchen. Die Arbeitsgruppe kam im Wesentlichen zum Ergebnis, dass eine allgemeine zehnjährige Verjährungsfrist ab Fälligkeit des Anspruchs sachgerecht ist, wobei ab Kenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Tatsachen eine dreijährige, subjektive Frist laufen soll. Dieses Kenntnis-Element bei der Bereicherungsverjährung nimmt der Vorschlag bereits vorweg. Die Begrenzung des Rückforderungsanspruchs auf fünf Jahre war allerdings eine politische Festlegung, die speziell für die Problematik des überraschenden Wegfalls einer Klausel bei Dauerschuldverhältnissen getroffen wurde. Eine solche Begrenzung kann noch nicht zu einer allgemeinen Regel erhoben werden, weshalb sie nur für „Altverträge“, die vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes geschlossen wurden, gelten kann. Außerdem sollen solche Ansprüche ausgenommen werden, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits eingeklagt sind. Auch bei Klauseln, die gegen das Unionsrecht verstoßen, würde eine zeitliche Beschränkung der Rückforderbarkeit unionswidrig sein und unmittelbar Staatshaftungsansprüche nach sich ziehen (wie die Entscheidung des VfGH zu A 27/2021 eindrücklich zeigt, in der der VfGH einen Staatshaftungsanspruch für berechtigt erkannt hat, weil der Gesetzgeber in qualifizierter Weise gegen Unionsrecht und die Vorgaben des Gerichtshofes der Europäischen Union verstoßen habe).
B. Befristungen
Befristungsvereinbarungen bei Wohnungsmietverträgen spielen in der Praxis eine große Rolle und bestimmen die Lebensrealität vieler Mieterinnen und Mieter. Durch Befristungen sind Mieterinnen und Mieter mit der Unsicherheit konfrontiert, ob überhaupt und wenn doch, unter welchen Bedingungen, insbesondere mit welcher Mietzinshöhe, ihr Mietvertrag verlängert wird. Wird eine Verlängerung des Mietvertrags zu einem (deutlich) höheren Mietzins angeboten, steht der Mieter oder die Mieterin unter dem Druck, diese Mietzinserhöhung ohne weiteres zu akzeptieren, wenn er oder sie in der Wohnung bleiben möchte. Wird der Mietvertrag aber nicht verlängert, sind Mieterinnen und Mieter gezwungen, eine neue Wohnung zu suchen, was nicht nur mit einem hohen Grad an Unsicherheit und Belastung, sondern auch mit persönlichem und finanziellem Aufwand, etwa für den Umzug, verbunden ist.
Im Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes (MRG) ist bei Wohnungsmietverträgen derzeit eine Mindestbefristungsdauer von drei Jahren vorgesehen.
Die Bundesregierung hat sich dazu bekannt, dass langfristige Mietverhältnisse anzustreben sind (Regierungsprogramm 2025-2029 „Jetzt das Richtige tun. Für Österreich.“ S 63).
Mit dem vorliegenden Entwurf soll die derzeitige Mindestbefristungsdauer im MRG auf fünf Jahre verlängert werden, es sei denn, der Vermieter ist kein Unternehmer im Sinn des Konsumentenschutzgesetzes. Dadurch soll den Mieterinnen und Mietern – trotz Befristung des Wohnungsmietvertrages – eine höhere Stabilität in ihrer Lebenssituation und eine bessere finanzielle Planbarkeit gewährleistet werden. Das Risiko häufiger Umzüge und damit einhergehender finanzieller Belastungen wird verringert. Gleichzeitig bleibt es dabei, dass die Mieterin bzw. der Mieter einen befristeten Wohnungsmietvertrag vorzeitig beenden kann.
Auch für Vermieterinnen und Vermieter können längere Mietverträge durch die geringere Mieterfluktuation eine bessere Planbarkeit bieten und den Aufwand der Suche nach neuen Mieterinnen und Mietern verringern.
C. Begrenzung der Valorisierung der Richtwerte und der Kategoriebeträge
Im Regierungsprogramm 2025 – 2029 ist angekündigt, dass im Vollanwendungsbereich des MRG sowie bei Kategorie- und WGG-Mieten die Indexierung des Mietzinses auf Basis des VPI für 2025 ausgesetzt wird und für 2026 mit maximal einem Prozent und für 2027 mit maximal zwei Prozent festgesetzt wird. Ab 2028 soll der neue Index für Wohnraumvermietung Anwendung finden, der auf Basis des VPI mit maximal drei Prozent sowie bei darüber liegenden Inflationsraten mit einer Hälfteregelung Mieterin, Mieter / Vermieterin, Vermieter festgesetzt wird.
Die Indexierung für 2025 wurde bereits mit dem 4. Mietrechtlichen Inflationslinderungsgesetz, BGBl. I Nr. 12/2025, ausgesetzt. Die restlichen Ankündigungen sollen nun im Rahmen dieses Vorhabens umgesetzt werden:
Die Valorisierung der Kategoriebeträge (und anderer Beträge im MRG) sowie der Richtwerte soll (wie schon durch das 3. Mietrechtliche Inflationslinderungsgesetz, BGBl. I Nr. 176/2023, vorgesehen) jeweils zum 1. April erfolgen. Die Valorisierung soll sich ausschließlich nach der Inflation des jeweiligen Vorjahres richten, konkret in dem Maß erfolgen, das dem Vergleich des Jahresdurchschnittswerts des Verbraucherpreisindex des jeweiligen Vorjahres mit dem Jahresdurchschnittswert davor entspricht. Die im 3. Mietrechtlichen Inflationslinderungsgesetz noch vorgesehene Durchschnittsbetrachtung über drei Jahre entfällt.
Die Valorisierung zum 1. April 2026 soll mit einem Prozent gedeckelt werden, die Valorisierung zum 1. April 2027 mit zwei Prozent. Ab dem 1. April 2028 soll eine Deckelung dann relevant werden, wenn eine Erhöhung über drei Prozent läge. In diesen Fällen soll der drei Prozent übersteigende Wert bei der Valorisierung nur zur Hälfte heranzuziehen sein.
Kompetenzgrundlage
Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 B‑VG (Zivilrechtswesen).
Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens
Keine.
Antrag 98/A(E)
Die Abgeordneten Mag. Nina Tomaselli, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 7. März 2025 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:
„Mietkosten stiegen in den vergangenen Jahren im Vergleich zur gewöhnlichen Inflation überdurchschnittlich. Dafür hauptverantwortlich ist der Anstieg im freien, nicht regulierten Mietsektor. Mit entsprechenden Folgen für die ca. 1 Million betroffenen Menschen, die in diesen Wohnungen wohnen. Sie wohnen in den teuersten – da unregulierten – Mietwohnungen und müssen zusätzlich noch die höchsten Mietpreissteigerungen berappen.
Es überrascht daher sehr, dass die von der Bundesregierung am 5.3.2025 eingebrachte Mietpreisbremse sich nur auf Mieten nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz und auf Richtwert- und Kategoriemieten bezieht.
Aus der Pressemitteilung der SPÖ vom selbigen Tag wird die Staatsekretärin des (hinkünftigen) Ministeriums für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport mit ‚Die SPÖ hält, was sie verspricht‘ zitiert.[1]
Tatsächlich hat die SPÖ in Ihrem Wahlprogramm folgendes angekündigt:
‚Durch die Teuerung sind Mieten, besonders jene im privaten Bereich, massiv gestiegen. Wir fordern ein Aussetzen aller Mieterhöhungen – also das Einfrieren aller Mieten – bis Ende 2026. Danach dürfen Mieten maximal zwei Prozent pro Jahr steigen – entsprechend dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB).‘[2]
Gerade die SPÖ hat bei dem von der Vorgängerregierung beschlossenen Mietpreisdeckel aufgrund des Nicht-Einbeziehens der freien Mieten nicht mit Kritik gespart. Die damalige Bautensprecherin Ruth Becher hielt das Paket für ‚völlig ungeeignet‘[3] und sprach von einer ‚Mogelpackung‘[4]. SPÖ-Chef Babler sprach von einem ‚Schmähdeckel‘.[5] Finanzsprecher Kai Jan Krainer rechnete in der Nationalratssitzung vom 30.3.2024 vor, dass vom vorgelegten Mietpreisdeckel ‚von den ca. vier Millionen Menschen in Österreich, die zur Miete wohnen, zwei Millionen (sic!) gar nichts davon haben, weil sie sogenannte freie Mietverträge haben.‘ Da gebe es nicht einmal den Versuch, einen Deckel draufzugeben.
Die Bundesregierung, bestehend aus ÖVP, SPÖ und NEOS mit einem neuerdings eigenen Minister für Wohnen, weigert sich den Mieter:innen in unregulierten Mietwohnungen wirksam zu helfen. Eine Erhöhung der Wohnbeihilfe, wie sie von der türkis-grünen Bundesregierung auf Schiene gebracht worden ist, ist nicht vorgesehen.“
Der Ausschuss für Bauten und Wohnen hat die Regierungsvorlage 269 der Beilagen und den Entschließungsantrag 98/A(E) in seiner Sitzung am 2. Dezember 2025 in Verhandlung genommen.
Über die Regierungsvorlage erstattete die Abgeordnete Julia Elisabeth Herr Bericht.
Die Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli erstattete Bericht über den Entschließungsantrag 98/A(E).
An der sich daran anschließenden Debatte beteiligten sich außer den Berichterstatterinnen Abgeordneten Julia Elisabeth Herr und Mag. Nina Tomaselli die Abgeordneten Norbert Sieber, Michael Oberlechner, MA, Mag. (FH) Janos Juvan, Dr. Markus Tschank, Mag. Harald Schuh, Mag. Manfred Sams, Andreas Ottenschläger, Veit Valentin Dengler und Paul Stich sowie der Bundesminister für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport Andreas Babler, MSc und die Ausschussobfrau Abgeordnete Mag. Elke Hanel-Torsch.
Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: V, S, N, G, dagegen: F) beschlossen.
Damit gilt der Entschließungsantrag 98/A(E) als miterledigt.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Bauten und Wohnen somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (269 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2025 12 02
Julia Elisabeth Herr Mag. Elke Hanel-Torsch
Berichterstattung Obfrau
[1] https://www.spoe.at/aktuelles/grosser-spoe-erfolg-regierung-beschliesst-mietpreisstopp/
[2] https://www.spoe.at/leistbares-leben/
[3] https://www.derstandard.at/story/3000000186844/spoe-pocht-weiter-auf-mietenstopp-und-systemwechsel
[4] https://www.diepresse.com/17918553/nationalrat-beschliesst-mietendeckel-opposition-sieht-mogelpackung
[5] https://mietervereinigung.at/News/841/60272/Andreas-Babler-im-Interview-Mit-Wohnen-darf-kein-Profit-gemacht-werden