350 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVIII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über die Regierungsvorlage (187 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz und das Landarbeitsgesetz 2021 geändert werden

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Mit BGBl. I Nr. 153/2017 erfolgt eine Angleichung der nach § 1159 ABGB geltenden Kündigungsfristen der Arbeiter an die für Angestellte geltenden Kündigungsbestimmungen des § 20 AngG. Im Zuge dessen wurden die Kollektivvertragspartner nach § 1159 Abs. 2 und Abs. 4 ABGB ermächtigt, für Branchen, in den Saisonbetriebe im Sinne des § 53 Abs. 6 ArbVG überwiegen, die Kündigungsfristen abweichend zu regeln. Diese Ausnahmeregelung trat – nach mehrmaligen Verschiebungen – letztlich mit BGBl. I Nr. 21/2021 mit 1. Oktober 2021 in Kraft. In der Praxis kam es im Zusammenhang mit dieser gesetzlichen Ausnahmeregelung vermehrt zu Auslegungsproblemen. Unklar war bzw. ist insbesondere, wie das Wort „überwiegen“ und der Verweis auf § 53 Abs. 6 ArbVG („erheblich verstärkt“) zu verstehen ist. Aus Gründen der Rechtsicherheit wird daher klargestellt, dass die Kollektivvertragsparteien die Möglichkeit erhalten, in Kollektivverträgen im Zeitraum von 1. Jänner 2018 bis 1. Februar 2025 abweichende Regelungen für Kündigungsfristen und -termine festzulegen. Es ist hiefür jedoch erforderlich, dass die Kollektivvertragsparteien aktiv eine neue Regelung erlassen. Die vorgeschlagene Regelung soll rückwirkend mit 1. Jänner 20xx in Kraft treten.

Diese Änderungen werden im LAG nachvollzogen.

Im Zusammenhang mit den Änderungen im Bereich des § 1159 ABGB sieht das AVRAG für Arbeitnehmer im Bewachungs- sowie im Reinigungsgewerbe Regelungen zur Entrichtung der vom Arbeitgeber nach dem jeweiligen Kollektivvertrag zu leistenden Beiträge an einen Sozialfonds vor. Die Einhebung und Weiterleitung dieser Beiträge an den Sozialfonds soll durch den zuständigen Krankenversicherungsträger erfolgen.

Im Übrigen wird auf die Erläuternden Bemerkungen zu den einzelnen Bestimmungen verwiesen.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes zur Regelung gründet sich auf Artikel 10 Abs. 1 Z 11 B-VG („Arbeitsrecht und Sozialversicherungsrecht“) und hinsichtlich der land- und forstwirtschaftlichen Arbeiterinnen und Arbeiter auf Artikel 11 Abs. 1 Z 9 B-VG („Arbeiterrecht sowie Arbeiter- und Angestelltenschutz, soweit es sich um land- und forstwirtschaftliche Arbeiter und Angestellte handelt“).

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 03. Dezember 2025 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligte sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Michael Seemayer die Abgeordnete Andrea Michaela Schartel.


 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Josef Muchitsch und Fiona Fiedler, BEd, einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

Zu Artikel 1 lit. a (Einleitungssatz):

Beseitigung eines redaktionellen Versehens.

Zu Artikel 1 lit. b und c (§ 1503 Abs. 30 ABGB):

In der Praxis ist es iZm dem § 1159 Abs. 2 und 4 dritter Satz ABGB idgF zu Auslegungsproblemen gekommen. Unklar ist insbesondere, wie das Wort ‚überwiegen‘ und der Verweis auf § 53 Abs. 6 ArbVG (‚erheblich verstärkt arbeiten‘) zu verstehen ist. Die Kollektivvertragsparteien sollen daher in Umsetzung des Regierungsprogramms die Möglichkeit erhalten, in Kollektivverträgen von den allgemeinen Kündigungsbestimmungen abweichende Regelungen für Kündigungsfristen und -termine festzulegen.

Mit dem vorliegenden Abänderungsantrag wird die für die Ermächtigung der Kollektivvertragsparteien zentrale Bestimmung des § 1159 Abs. 3a ABGB idFd Regierungsvorlage in formaler Hinsicht aus dem Dauerrecht gelöst und aus Gründen der leichteren Lesbarkeit in den nunmehrigen § 1503 Abs. 30 ABGB transferiert. Zudem wurde diese Bestimmung unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Begutachtungsverfahrens im Zusammenwirken mit den Sozialpartnern inhaltlich überarbeitet.

Wesentlicher Punkt ist nunmehr, dass die gesetzliche Angleichung der Kündigungsbestimmungen der Arbeitnehmer iSd ABGB an die für Angestellte geltenden Kündigungsbestimmungen des § 20 AngG nunmehr rückwirkend mit 1. Juli 2025 und damit möglichst zeitnah mit der Kundmachung dieser Novelle in Kraft treten soll.

Wie in der Regierungsvorlage 187 BlgNR vorgesehen ist auch nach § 1503 Abs. 30 ABGB erforderlich, dass die Kollektivvertragsparteien zur Inanspruchnahme der gesetzlichen Ermächtigung aktiv eine neue Regelung in einem bestimmten, gesetzlich definierten Zeitfenster erlassen haben. Sah die Regierungsvorlage als Zeitfenster noch den Zeitraum von 1, Jänner 2018 bis 1. Februar 2025 vor, sieht der vorliegende Abänderungsantrag als Zeitfenster nunmehr den Zeitraum von 1 Jänner 2018 bis 30. Juni 2025 vor. Der Beginn dieses Zeitfensters mit 1. Jänner 2018 erklärt sich daraus, dass die mit BGBl. I Nr. 153/2017 geschaffenen Regelungen des § 1159 Abs. 2 und Abs. 4 ABGB ursprünglich mit 1. Jänner 2018 in Kraft treten sollten. Zwar traten diese Bestimmungen letztendlich durch BGBl. I. Nr. 121/2021 erst mit 1. Oktober 2021 in Kraft, doch bezieht sich die dazu ergangene OGH-Rechtsprechung (vgl. OGH 24.3.2022, 9 ObA 116/21f und OGH 27.4.2022, 9 ObA 137/21v) auf den inhaltlich unveränderten Text des § 1159 Abs. 2 und Abs. 4 ABGB idF BGBl. I Nr. 153/2017.

Wie bereits in der Regierungsvorlage vorgesehen ist nach der vorgeschlagenen Regelung das bloße unveränderte Aufrechterhalten einer vor dem 1. Jänner 2018 bestehenden Regelung nicht ausreichend (‚neu‘). Damit unterscheidet sich diese Regelung klar von der bisherigen Rechtsprechung zu § 1159 Abs. 2 ABGB idF BGBl. I. Nr. 153/2017 (vgl etwa OGH 24.3.2022, 9 ObA 116/21f Rz 22), welche keine Notwendigkeit für ein aktives Tun festgestellt hat. Jene kollektivvertraglichen Kündigungsfristen, die aufgrund der bisherigen Rechtsprechung ohne aktives Tun unverändert auch nach dem 1. Jänner 2018 weiter galten, verlieren ab dem Inkrafttreten der vorgeschlagenen gesetzlichen Regelung ihre Gültigkeit.

Unverändert aus der Regierungsvorlage übernommen wurde weiters der sachliche Geltungsbereich der an die Kollektivvertragsparteien gerichteten gesetzlichen Ermächtigung. Dass es sich um Branchen handelt, in denen Saisonbetriebe iSd § 53 Abs. 6 ArbVG überwiegen, ist nach der vorgeschlagenen Fassung des § 1503 Abs. 30 ABGB nicht mehr entscheidend.

Entscheidend für die Inanspruchnahme der Ermächtigung ist der Abschluss einer abweichenden Regelung durch die Kollektivvertragsparteien innerhalb des Zeitfensters und deren Kundmachung. Das Zeitfenster 1. Jänner 2018 bis 30. Juni 2025 stellt sicher, dass kein Kollektivvertrag, der nach dem 30. Juni2025 abgeschlossen wurde, von den Kündigungsfristen und –terminen des § 1159 Abs. 2 und 4 ABGB abweichen kann, auch nicht durch rückwirkendes Inkrafttreten. Dies hält auch § 1503 Abs. 30 Z 1 ABGB ausdrücklich fest. Entscheidend ist der Zeitpunkt der Kundmachung des Kollektivvertrages (§ 14 Abs. 3 ArbVG) in diesem Zeitfenster. Wird ein Kollektivvertrag, der innerhalb dieses Zeitfensters von den Kündigungsbestimmungen des § 1159 Abs. 2 und 4 ABGB abweichende Regelungen rechtswirksam neu aufgenommen hat, inhaltlich unverändert zur Gänze neu kundgemacht, ändert dies nichts an der Wirksamkeit der abweichenden Regelungen.

Hinsichtlich jener Kollektivverträge, die die Voraussetzung für abweichende Regelungen erfüllen, darf auf die in der Regierungsvorlage 187 BlgNR in den Materialien zu § 1159 Abs. 2, Abs. 3a und 4 ABGB angeführten Auflistung verwiesen werden.

§ 1503 Abs. 30 zweiter Satz ABGB stellt ausdrücklich klar, dass in Kollektivverträgen zulässigerweise getroffene abweichende Regelungen der Kündigungsfristen auch nach dem 30. Juni 2025 weiter gelten, allerdings mit der Maßgabe, dass ab diesem Zeitpunkt an die Stelle von Regelungen über Kündigungsfristen, die kürzer als eine Woche sind, Kündigungsfristen im Ausmaß von einer Woche treten.

Sieht ein Kollektivvertrag rechtswirksam kürzere Kündigungsfristen und abweichende Kündigungstermine vor, können innerhalb desselben fachlichen und persönlichen Geltungsbereichs durch dieselben Kollektivvertragsparteien oder deren Rechtsnachfolger auch nach dem 30. Juni 2025 abweichende Regelungen von § 1159 Abs. 2 und 4 ABGB festgelegt werden; diese dürfen jedoch für den Arbeitnehmer nicht ungünstiger sein als die vorherige Regelung.

Durch Ausweitung des fachlichen Geltungsbereichs eines Kollektivvertrages kann es dazu kommen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vom Kollektivvertrag erfasst sind, die bisher nicht erfasst waren. Galten für die neu aufgenommenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (in ihrem bisherigen Kollektivvertrag) bisher keine vom Gesetz abweichenden Regelungen, ändert sich daran nichts. Auch dann nicht, wenn im neuen Kollektivvertrag vom Gesetz abweichende Kündigungsregelungen (für die bereits erfassten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) gelten.

Kommt es durch Zusammenfassung oder Trennung von Branchen zu einem neuen Kollektivvertrag (Neuabschluss), so sollen abweichende Regelungen (verkürzte Kündigungsfristen, andere Kündigungstermine) durch den neuen Kollektivvertrag nur für jene Arbeitsverhältnisse möglich sein, für die der Kollektivvertrag bereits bisher abweichende Regelungen zugelassen hat. Eine Änderung zu Lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer soll jedoch in keinem Fall möglich sein.

Die vorgeschlagenen Änderungen sollen mit 1. Juli 2025 rückwirkend in Kraft treten.

Diese Änderungen sollen auch im Landarbeitsgesetz 2021 nachvollzogen werden (vgl. insbesondere auch die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage betreffend die zweiwöchige Kündigungsfrist). Nachdem im Zeitraum zwischen dem 1. Jänner 2018 und dem 30. Juni 2025 in den Kollektivvertrag neu aufgenommene Kündigungsregelungen unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin aufrecht bleiben und damit auch derjenige Zeitraum erfasst wird, in dem das Landarbeitsgesetz 1984 bzw. die dazu ergangenen Ausführungsgesetze gegolten haben, ist es notwendig, diesen Zeitraum bis zum Inkrafttreten des Landarbeitsgesetzes 2021 auch im Gesetzestext abzubilden. Ordnungsgemäße Kundmachung bedeutet, dass die Kollektivverträge nach § 45 Abs. 2 LAG 1984 oder nach § 122 Abs. 2 Landarbeitsgesetz 2021 kundgemacht worden sind.

Zu Artikel 2 lit. a (Einleitungssatz):

Beseitigung eines redaktionellen Versehens.

Zu Artikel 2 lit. b (§ 7 AVRAG) und Artikel 3 lit. c (§ 113 Landarbeitsgesetz 2021):

Mit diesen Bestimmungen soll die Richtlinie (EU) 2022/2041 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Oktober 2022 über angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union (im Folgenden Mindestlohnrichtlinie), CELEX: 32022L2041, umgesetzt werden. Die Rechtslage in Österreich entspricht im Wesentlichen den Regelungen der Mindestlohnrichtlinie.

Artikel 12 Abs. 2 der Mindestlohnrichtlinie, verpflichtet die Mitgliedstaaten, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihre Vertreterinnen und Vertreter vor Benachteiligungen durch die Arbeitgeberin bzw. den Arbeitgeber oder vor anderen nachteiligen Folgen zu schützen, die sich aus Beschwerden über die Verletzung der in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Tarifverträgen vorgesehenen Rechte im Zusammenhang mit dem Mindestlohnschutz ergeben.

Die Österreichische Rechtsordnung sieht bereits jetzt Schutzvorschriften für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor, die gegenüber ihren Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern Ansprüche geltend machen. Macht eine Arbeitnehmerin bzw. ein Arbeitnehmer offenbar nicht unberechtigte von der Arbeitgeberin bzw. dem Arbeitgeber in Frage gestellte Ansprüche geltend und wird sie bzw. er auf Grund dieser Geltendmachung gekündigt, so kann diese Kündigung gemäß § 105 Abs. 3 lit. i ArbVG angefochten werden. Dieses Anfechtungsrecht kann jedoch nur in betriebsratspflichtigen Betrieben (d.h. in Betrieben mit mindestens fünf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern) und auf Grund einer Kündigung oder Entlassung ausgeübt werden. Darüber hinaus müssen die Ansprüche strittig sein.

In Fällen, die nicht vom Geltungsbereich des Arbeitsverfassungsgesetzes erfasst sind, kommt die Anfechtung einer Kündigung als sittenwidrig iSd § 879 ABGB in Frage. Aber auch hier ist nur die Anfechtung einer Kündigung oder Entlassung möglich. Der Schutzbereich der Mindestlohnrichtlinie ist jedoch wesentlich weiter. Darüber hinaus liegt eine solche Sittenwidrigkeit nur dann vor, wenn die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber aus gänzlich unsachlichem Beweggrund kündigt und dieses Motiv insbesondere aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes zu missbilligen ist (etwa OGH 11.08.1993, 9 ObA 200/93). Insbesondere ist Sittenwidrigkeit nach Auffassung des OGH dann anzunehmen, wenn die vom Richter vorzunehmende Interessenabwägung eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen oder bei Interessenkollisionen ein grobes Missverhältnis zwischen den durch die Handlung verletzten und den durch sie geförderten Interessen ergibt (OGH 25.04.1979, 3 Ob 556, 557/78, SZ 52/67). Es muss sich daher immer um einen groben, krassen oder fundamentalen Verstoß handeln, um Sittenwidrigkeit und damit die Unerlaubtheit des jeweiligen Rechtsgeschäfts anzunehmen. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 879 ABGB ist in jedem Einzelfall zu prüfen. Vor diesem Hintergrund ist nicht sichergestellt, dass jede Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die als Reaktion auf die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Mindestlohnschutz erfolgt, auch als sittenwidrig im Sinne des § 879 ABGB zu werten ist.

Aus diesem Grund soll ein umfassendes Benachteiligungsverbot für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die ihre Ansprüche im Zusammenhang mit dem Mindestlohnschutz geltend machen, geschaffen werden.

Das Benachteiligungsverbot soll vor Reaktionen der Arbeitgeberinnen bzw. Arbeitgeber schützen, die diese auf Grund der Tatsache ergreifen, dass die Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer ihre Rechte im Zusammenhang mit dem Mindestlohnschutz ihnen gegenüber geltend gemacht haben bzw., dass ein Verfahren zur Durchsetzung des Mindestlohnschutzes eingeleitet wurde. Davon soll einerseits den Schutz vor Kündigung und Entlassung erfasst sein. Andererseits soll das Benachteiligungsverbot auch für andere Vergeltungsmaßnahmen wie etwa die Nichtberücksichtigung bei einer Beförderung oder eine Verschlechterung bei den Arbeitsbedingungen gelten.

Der Schutz soll sowohl Beschwerden direkt bei der Arbeitgeberin bzw. dem Arbeitgeber als auch die Einleitung von Gerichts-, oder Verwaltungsstrafverfahren im Zusammenhang mit der Durchsetzung des Mindestlohnschutzes durch die Arbeitnehmerin bzw. den Arbeitnehmer umfassen.

Dieses Benachteiligungsverbot soll jedoch nicht nur jene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfassen, die ihre Rechte im Zusammenhang mit dem Mindestlohnschutz selbst geltend gemacht haben. Artikel 12 der Mindestlohnrichtlinie verlangt den Schutz aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die benachteiligt werden, weil ein Verfahren zur Einhaltung der Rechte auf den Mindestlohnschutz eingeleitet wurde, auch wenn sie dieses nicht selbst eingeleitet haben.

Die Mitglieder des Betriebsrates als Vertretung Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Betrieb sind durch das Benachteiligungsverbot des § 115 Abs. 3 ArbVG und die Kündigungsschutzbestimmungen der §§ 120ff ArbVG ausreichend geschützt.

Vom Schutzbereich dieser Bestimmung ist das zwingend nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Entgelt umfasst. Unter dem nach Kollektivvertrag zustehende Entgelt ist der kollektivvertragliche Mindestlohn zu verstehen. Die Formulierung entspricht § 3 Abs. 1 LSD-BG. Zum kollektivvertraglichen Entgelt zählt insbesondere der Grundlohn, Sonderzahlungen, Überstundenzuschläge, Zulagen und Zuschläge, Prämien etc., nicht umfasst sind Überzahlungen.

Die Änderungen des AVRAG sollen im Landarbeitsgesetz 2021 nachvollzogen werden.

Zu Artikel 2 lit. c bis e (§§ 18b, 18c und 19b Abs. 1 Z 63 AVRAG):

Im Kollektivvertrag für Wachorgane im Bewachungsgewerbe sowie im Kollektivvertrag für Arbeiterinnen/Arbeiter in der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung sind jeweils Sozial- und Weiterbildungsfonds eingerichtet, die den Beschäftigten dieser Branchen nach dem Vorbild des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG), Weiterbildung ermöglichen und zur sozialen Absicherung beitragen sollen. In der Praxis hat sich die Betragseinhebung als schwierig und bürokratisch aufwändig erwiesen.

Das Einheben des Beitrags der Arbeitgeber durch den zuständigen Sozialversicherungsträger ist demgegenüber zuverlässiger und effizienter, wie auch das Bespiel des AÜG zeigt.

Die §§ 18b und 18c in der Fassung der Regierungsvorlage wurden unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Begutachtungsverfahrens im Zusammenwirken mit den Sozialpartnern sowie der ÖGK und des Dachverbandes grundlegend überarbeitet. Im Wesentlichen ist Folgendes vorgesehen:

Ab 1. Juli 2026 gelten für die Einhebung von Beiträgen, die Arbeitgeber aufgrund der Bestimmungen im Kollektivvertrag für Wachorgane im Bewachungsgewerbe an den Sozialfonds Bewachungsgewerbe (§ 30 dieses Kollektivvertrags) sowie aufgrund des Kollektivvertrages für Arbeiterinnen/Arbeiter in der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung, im sonstigen Reinigungsgewerbe und in Hausbetreuungstätigkeiten an den in § 19 dieses Kollektivvertrags angeführten Sozialfonds zu entrichten haben die Vorschriften der gesetzlichen Krankenversicherung über den Abzug des Versicherungsbeitrages vom Entgelt. Diese Sozialfonds sind als Vereine konstituiert.

Die nach dem jeweiligen Kollektivvertrag zu leistenden Beiträge der Arbeitgeber sind zusammen mit den Beiträgen zur Sozialversicherung vom zuständigen Sozialversicherungsträger einzuheben und an den jeweiligen Sozialfonds weiterzuleiten. Gesetzlich klargestellt ist nunmehr, dass Beitragsgrundlage die nach dem ASVG geltende allgemeine Beitragsgrundlage bis zur Höhe der gemäß § 45 ASVG festgelegten Höchstbeitragsgrundlage ist.

Für den Abzug der Beiträge nach § 18b Abs. 1 AVRAG und deren Übermittlung an den jeweiligen Sozialfonds hat der Arbeitgeber gemeinsam mit der Meldung der monatlichen Beitragsgrundlagen gemäß § 34 ASVG dem zuständigen Sozialversicherungsträger zusätzlich folgende, in § 18b Abs, 2 Z 1 bis 6 AVRAG angeführten Daten bekannt zu geben:

-       Name und Anschrift des Arbeitgebers,

-       Name und Sozialversicherungsnummer des Arbeitnehmers, für den die Beiträge nach Abs. 1 geleistet werden,

-       Bezeichnung des Sozialfonds, an den die Beiträge nach Abs. 1 abzuführen sind (Sozialfonds Bewachungsgerbe nach § 30 des Kollektivvertrags für Wachorgane im Bewachungsgewerbe oder Sozialfonds gemäß § 19 des Kollektivvertrags für Arbeiterinnen/Arbeiter in der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung, im sonstigen Reinigungsgewerbe und in Hausbetreuungstätigkeiten),

-       Höhe der für den Arbeitnehmer geleisteten Beiträge,

-       Angabe der Beitragsgrundlage und

-       Angabe des Beitragszeitraumes.

§ 18 Abs. 3 AVRAG stellt klar, dass die zuständigen Sozialversicherungsträger berechtigt sind, als Abgeltung für ihre Aufwendungen eine Vergütung von den eingehobenen (überwiesenen) Beiträgen in Höhe von 0,5 vH einzubehalten.

§ 18 Abs. 5 AVRAG stellt – im Hinblick darauf, dass es sich bei den nach § 18b Abs. 1 AVRAG zu leistenden Beiträge um Entgelte sowie im Hinblick darauf, dass der zuständige Sozialversicherungsträger lediglich als ‚Verrechnungsstelle‘ handelt, klar, dass der jeweilige Sozialfonds unbeschadet der Bestimmungen der §§ 18b und 18c AVRAG berechtigt ist, Arbeitgeber, welche ihrer Verpflichtung zur Entrichtung der nach § 18b Abs. 1 AVRAG zu leistenden Beiträge nicht vollständig und fristgerecht nachkommen, auf Zahlung an den Sozialfonds beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht zu klagen. Diesbezügliche Klagen gelten als Arbeitsrechtssachen nach § 50 ASGG. Der zuständige Sozialversicherungsträger ist über die Einbringung einer Klage nach dem ersten Satz entsprechend zu informieren.

Die ursprüngliche Bestimmung des § 18c AVRAG wurde unter Einbeziehung des Dachverbandes und der ÖGK grundlegend überarbeitet. Wesentlich ist nunmehr, dass die Daten, die der jeweilige Sozialfonds zur Erfüllung seiner nach dem Kollektivvertrag bzw. nach den Vereinsstatuten vorgesehenen Aufgaben benötigt, zur Gänze durch den jeweiligen Sozialversicherungsträger zur Vergütung gestellt werden können und es keiner Einbindung des Dachverbandes mehr bedarf.

Dem entsprechend stellt § 18c AVRAG klar, dass der zuständige Sozialversicherungsträger im Zusammenhang mit der Einhebung der kollektivvertraglich vereinbarter Beiträge dem in § 18b Abs. 2 Z 3 genannten Sozialfonds monatlich für die Abwicklung der Leistungen folgende Daten auf elektronischem Weg zur Verfügung zu stellen:

-       Daten gemäß § 18b Abs. 2 sowie die Adressen der Arbeitnehmer, für die Beiträge nach § 18b Abs. 1 geleistet werden;

-       Name und Anschrift der Arbeitgeber, sowie eine Information, ob bei diesem Arbeitgeber ein Beitragsrückstand besteht;

-       Im Falle einer Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, für welches Beiträge nach § 18b Abs. 1 zu leisten waren, Name und Sozialversicherungsnummer des Arbeitnehmers, Name und Anschrift des Arbeitgebers, zu dem das Arbeitsverhältnis bestand, Beendigungsdatum und Art der Beendigung;

Gemäß § 18c Abs. 2 AVRAG sind dem zuständigen Sozialversicherungsträger die aus der Datenbereitstellung entstehenden Aufwendungen aus den Mitteln der Sozialfonds zu erstatten.

Die Sozialfonds dürfen die vom zuständigen Sozialversicherungsträger bereitgestellten Daten nur insoweit verwenden, als diese für die Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Gewährung einer Förderung vorliegen, erforderlich sind, und zum Zwecke der Information der Arbeitnehmer durch den Sozialfonds über seine Leistungen und der Übermittlung etwaiger Förderangebote. Die Sozialfonds sind berechtigt, diese Daten bis zu zwölf Monate zu speichern und zu verarbeiten.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Josef Muchitsch, Fiona Fiedler, BEd, mit Stimmenmehrheit (dafür: V, S, N, G, dagegen: F) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2025 12 03

                              Michael Seemayer                                                              Josef Muchitsch

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann