351 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVIII. GP
Bericht
des Bildungsausschusses
über die Regierungsvorlage (298 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Schulpflichtgesetz 1985 und das Privatschulgesetz geändert werden
Die Bundesregierung hat in das Regierungsprogramm die Punkte „Schule als sicherer Ort“ und „Kopftuch“ aufgenommen. Mit der gegenständlichen Novelle des Schulrechts sollen diese Punkte des Arbeitsprogramms durch folgende Maßnahmen umgesetzt werden:
– Standards für Suspendierungsbegleitung etablieren und begleitende Angebote ausbauen;
– Einbeziehung der Familie und der Schulsozialarbeit bei Suspendierungen und in der Gewaltprävention forcieren;
– Stärkung der Selbstbestimmung von unmündigen Mädchen an Schulen mittels Einführung eines Kopftuchverbots.
Suspendierungsbegleitung:
Derzeit können Schülerinnen und Schüler bei Gefahr im Verzug für einen Zeitraum von bis zu vier Wochen vom Schulbesuch suspendiert werden. Die aktuelle gesetzliche Regelung für Suspendierung sieht keine Maßnahmen der Betreuung der Schülerinnen und Schüler vor. Während der Suspendierung verbleiben viele ohne Unterstützung, was das Risiko einer weiteren Schulentfremdung und Eskalation erhöht. Darüber hinaus gibt es aktuell keine sorgfältig definierten Entscheidungsgrundlagen, ab wann eine Suspendierung gerechtfertigt ist, welchen Präventionsmöglichkeiten Priorität eingeräumt wird und wie individuelle Alternativen ausgestaltet werden könnten. Einzelne Bundesländer haben dazu Initiativen (zB Tirol) gestartet.
Perspektivengespräche:
Schülerinnen und Schüler, die ihre Schulpflicht erfüllt haben und bei welchen schulische Probleme auftreten, brechen relativ häufig die Schule ab. Ein Schulabbruch kann auch zahlreiche andere Gründe haben, die sich aus § 33 des Schulunterrichtsgesetzes – SchUG, BGBl. Nr. 472/1986, ergeben.
Viele Lehrpersonen und vor allem Schulleitungen suchen das Gespräch mit Schulabbrecherinnen und Schulabbrechern, um mit diesen den weiteren Bildungsweg zu besprechen. Weiters wird dabei versucht, die ehemaligen Schülerinnen und Schüler und deren Eltern nicht allein zu lassen und die eigene pädagogische und erzieherische Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen zu hinterfragen.
Aufbauend auf den Erfahrungen und Einzelinitiativen von engagierten Lehrpersonen und Schulleitungen soll eine bundesweite Regelung für Perspektivengespräche geschaffen werden.
Die Ziele des Perspektivengesprächs sollen sein,
• Ursachen und Umstände des Austritts der Schülerin bzw. des Schülers zu verstehen und persönliche, familiäre, sonstige Umfeld bedingte Risikofaktoren zu identifizieren,
• Erfahrungen und Eindrücke der Schülerin bzw. des Schülers zu reflektieren,
• Feedback zur Schule und zum Schulklima zu erhalten,
• Chancen zur Weiterentwicklung sichtbar zu machen und
• gezielte Beratung und Unterstützung beim Wechsel in eine andere Schule oder Ausbildungsform zu bieten.
bieten.
Verbot des Tragens eines Kopftuches
Kinder in ihrer Entwicklung zu schützen und sie zu stärken, ist, neben der elterlichen Verantwortung, auch ein zentrales Anliegen der Bundesregierung. Sowohl das Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern als auch die UN-Kinderrechtskonvention verpflichten dazu, die Rechte der Kinder besonders zu schützen. In einer freien demokratischen Gesellschaft ist es im Sinne der staatsbürgerlichen Erziehung (Art. 14 Abs. 5a B-VG) zudem eine integrale Aufgabe des Bildungssystems, jungen Menschen Perspektiven für ein selbstbestimmtes und aufgeklärtes Leben zu eröffnen. Schulen vermitteln nicht nur Wissen, sondern fördern auch Werte wie Gleichstellung von Frauen und Männern, individuelle Freiheit und soziale Integration. Ziel der gegenständlichen Regelung ist vor diesem Hintergrund die Stärkung der Selbstbestimmung unmündiger Mädchen durch die Einführung eines Kopftuchverbots in der Schule.
Strafbestimmungen:
Bildung ist eine höchstpersönliche Leistung, die von jeder Person nur in eigener Verantwortung erworben werden kann. Eltern und Schule können die von der Schülerin oder dem Schüler zu leistende Arbeit nur unterstützten. Das Recht der Erziehung kommt den Eltern zu und ist vom Staat zu achten. Zwischen den Erziehungsberechtigten und dem Staat, vertreten durch die in der Schule tätigen Personen, die funktionell für die Republik tätig sind, besteht daher eine Bildungs- und Erziehungspartnerschaft. In der einzelnen Schule wird der staatliche Teil der Arbeit an und in der Bildungspartnerschaft, insbesondere von den Lehrpersonen sowie der Schulleitung, erbracht. In einer Partnerschaft kommen jedem der Beteiligten bestimmte, in verschiedenen Regelungen des Schulrechts, in diesem Fall des Schulunterrichtsgesetzes, festgelegte Aufgaben zu. Eine Partnerschaft kann immer nur gelingen, wenn jeder die ihm obliegenden Aufgaben wahrnimmt.
Ziel eines Einschreitens der öffentlichen Verwaltung ist es, einen rechtskonformen Zustand herzustellen. Erst wenn verschiedene Interventionsmaßnahmen ergebnislos bleiben, muss der Unwert eines Verhaltens durch Verwaltungsstrafen zum Ausdruck gebracht und für die Normadressaten spürbar gemacht werden.
Der Bildungsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 4. Dezember 2025 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten MMag. Dr. Agnes Totter, BEd die Abgeordneten Sigrid Maurer, BA, Mag. Marie-Christine Giuliani-Sterrer, BA, Nico Marchetti, Mag. Katayun Pracher-Hilander, Mag. Martina von Künsberg Sarre, Petra Tanzler, Dipl.-Ing. Christian Schandor, Paul Stich und Fiona Fiedler, BEd sowie der Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA und der Ausschussobmann Abgeordneter Hermann Brückl, MA.
Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: F, V, S, N, dagegen: G) beschlossen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Bildungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (298 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2025 12 04
MMag. Dr. Agnes Totter, BEd Hermann Brückl, MA
Berichterstattung Obmann