352 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVIII. GP

 

Bericht

des Bildungsausschusses

über den Antrag 544/A(E) der Abgeordneten Sigrid Maurer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau der Schulsozialarbeit und Schulpsychologie zur Stärkung von Konfliktprävention an Österreichs Schulen

 

Die Abgeordneten Sigrid Maurer, BA, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 16. Oktober 2025 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die Schule ist längst nicht mehr nur ein Ort des Lernens, sondern ein zentraler Lebensraum für Kinder und Jugendliche. Hier treffen unterschiedliche Lebensrealitäten, soziale Hintergründe und Belastungen unmittelbar aufeinander. Für viele Schüler:innen ist die Schule damit auch der Ort, an dem sich persönliche Krisen, familiäre Schwierigkeiten oder psychische Belastungen erstmals zeigen. Diese Herausforderungen verlangen nach professioneller Begleitung und frühzeitiger Unterstützung.

Die aktuell geplanten Reformen zur Suspendierungsbegleitung sind ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Es ist essenziell, dass Schüler:innen und Schulen in akuten Krisenfällen besser unterstützt werden. Doch allein eine Begleitung nach einer Suspendierung greift zu kurz – sie setzt erst an, wenn das Problem bereits eskaliert ist. Eine reine Reaktionsstrategie kann die wachsende Zahl an Konflikten und Suspendierungen nicht dauerhaft verringern.

Es braucht einen zusätzlichen Fokus auf Prävention und Entlastung: Konflikte müssen erkannt und bearbeitet werden, bevor sie sich zuspitzen. Das gelingt nur, wenn ausreichend qualifiziertes Personal an den Schulen tätig ist, das Zeit, Kompetenz und Kontinuität in die Beziehungsarbeit mit Kindern und Eltern einbringen kann. Schulsozialarbeit und Schulpsychologie sind hier zentrale Säulen – sie unterstützen nicht nur Schüler:innen, sondern entlasten Lehrkräfte, stärken das Schulklima und fördern ein respektvolles Miteinander.

Derzeit sind diese Ressourcen jedoch vielerorts unzureichend ausgebaut. Lehrkräfte bleiben oft allein mit komplexen sozialen oder psychischen Herausforderungen, die weit über ihre Ausbildung und zeitlichen Möglichkeiten hinausgehen. Ohne strukturelle Verstärkung wird Präventionsarbeit zum Zufallsprodukt einzelner engagierter Personen – und das darf nicht sein.

Es braucht daher einen systematischen Ausbau der Schulsozialarbeit an allen Standorten und eine Aufstockung der Schulpsychologie. Jede Schule sollte über dauerhaft verfügbare, professionell ausgebildete Fachkräfte verfügen, die im Team mit Lehrkräften, Eltern und Schulleitung arbeiten. Nur so kann Schule als stabiler und unterstützender Lebensraum funktionieren – präventiv und ganzheitlich.“

 

Der Bildungsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 11. November 2025 erstmals in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneter Sigrid Maurer, BA die Abgeordneten MMag. Dr. Agnes Totter, BEd, Fiona Fiedler, BEd und Mag. Katayun Pracher-Hilander. Anschließend vertagte der Bildungsausschuss die Verhandlungen mit Stimmenmehrheit (für den Antrag: V, S, N, dagegen: F, G).

 

Der Bildungsausschuss hat die Verhandlungen über den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 4. Dezember 2025 wieder aufgenommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten MMag. Dr. Agnes Totter, BEd, Sigrid Maurer, BA, Mag. Marie-Christine Giuliani-Sterrer, BA, Nico Marchetti, Mag. Katayun Pracher-Hilander, Mag. Martina von Künsberg Sarre, Petra Tanzler, Dipl.-Ing. Christian Schandor, Paul Stich und Fiona Fiedler, BEd sowie der Bundesminister für Bildung Christoph Wiederkehr, MA und der Ausschussobmann Abgeordneter Hermann Brückl, MA.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Nico Marchetti, Mag. Heinrich Himmer, Mag. Martina von Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen einen selbständigen Entschließungsantrag gem. § 27 Abs. 3 GOG-NR betreffend Initiative für starke Schulen: Umsetzung psychosozialer Maßnahmen und gezielter Förderung eingebracht, der mit Stimmenmehrheit (für den Antrag: V, S, N, G, dagegen: F) beschlossen wurde.

 

Dieser selbständige Entschließungsantrag war wie folgt begründet:

„Die Schule ist mehr als ein Ort der Wissensvermittlung. Sie ist Lebensraum, sozialer Begegnungsort und zentral für die persönliche und soziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Unterschiedliche Lebensrealitäten, soziale Hintergründe und persönliche Belastungen treffen hier aufeinander. Studien wie die HBSC-Erhebung 2023 zeigen, dass viele Schülerinnen und Schüler Stress und psychische Belastungen erleben und etwa ein Fünftel wiederkehrende depressive Symptome angibt. Krisen der letzten Jahre – wie etwa internationale Konflikte – haben diese Belastungen zusätzlich verstärkt.

Belastungen oder Konflikte zwischen allen Beteiligten entstehen häufig dann, wenn Unterstützungssysteme fehlen oder spät greifen. Eine wertschätzende Schulkultur – geprägt von Respekt, klaren Regeln, transparenten Abläufen und einem achtsamen Miteinander – trägt entscheidend dazu bei, Konflikte früh zu erkennen und Eskalationen vorzubeugen. Prävention, Beziehungspflege, Einbindung der Schulpartner und konstruktive Gesprächskultur sind ebenso wichtig wie pädagogische und psychosoziale Fachkompetenz. Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Schulpersonal in Krisensituationen sollen unterstützt, ihre Konfliktkompetenz gestärkt und ein respektvolles Miteinander gefördert werden. Ergänzend braucht es Strukturen zur Gewalt- und Konfliktprävention und eine konsequente Haltung, um Sicherheit im Schulalltag zu gewährleisten.

Daher wurden bereits wichtige Weichen gestellt, um Schulen in ganz Österreich in ihrem Bildungsauftrag zu unterstützen:

•       Chancenbonus: Zusätzliche Ressourcen für besonders herausfordernde Schulstandorte in allen Regionen.

•       Suspendierungsbegleitung & Perspektivengespräche: Unterstützung für Schülerinnen und Schüler in schwierigen Situationen und erfolgreiche Wiedereingliederung in den Schulalltag. Hierfür werden die erforderlichen Ressourcen für das gesamte Bundesgebiet zur Verfügung gestellt.

•       Schulpsychologie, Schulsozialarbeit & psychosoziales Supportpersonal: Zentrale Säulen zur präventiven Unterstützung, Krisenerkennung und Entlastung von Lehrkräften sowie für den Ausbau von Konfliktresilienz. Verdoppelung der Planstellen im Bereich der Schulpsychologie, Ausbau Schulpsychologie-Hotline, Online-Videoberatung und digitales Chat-Café.

Damit diese Maßnahmen nachhaltig Wirkung entfalten, ist eine qualitätsgesicherte Umsetzung entscheidend. Sie sollen verbindlich in das Qualitätsmanagement und die Schulentwicklung integriert, regelmäßig überprüft und so gestaltet werden, dass die intendierten Unterstützungsangebote tatsächlich bei den Schülerinnen und Schülern ankommen. Schulen sollen Erfahrungen austauschen, bewährte Praktiken verbreiten und die Erkenntnisse aus der Umsetzung nutzen, um Prävention, Konfliktbearbeitung und psychosoziale Unterstützung kontinuierlich zu verbessern. Dazu braucht es klare Standards und eine systematische Verankerung präventiver Maßnahmen, um ein konsistentes Vorgehen an allen Schulstandorten sicherzustellen.

Ein modernes Bildungssystem braucht nicht nur pädagogische Qualität, sondern auch starke psychosoziale Unterstützungsstrukturen, die an allen Schulstandorten verfügbar sind. Ziel ist eine Schule, die sicher, chancengerecht und unterstützend ist – und Kinder und Jugendliche in allen Lebenslagen begleitet. Schulen sollen auf Prävention setzen, bei Konflikten rasch handeln können und ein klares Selbstverständnis als gewaltfreie Orte haben.“

 

Der den Verhandlungen zu Grunde liegende Entschließungsantrag 544/A(E) der Abgeordneten Sigrid Maurer, BA, Kolleginnen und Kollegen fand nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: G, dagegen: F, V, S, N).

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Mag. Martina von Künsberg Sarre gewählt.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Bildungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.     diesen Bericht hinsichtlich des Entschließungsantrags 544/A(E) zur Kenntnis nehmen und

2.     die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2025 12 04

              Mag. Martina von Künsberg Sarre                                        Hermann Brückl, MA

                                  Berichterstattung                                                                          Obmann